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Das nächste, was ich wußte, war, daß ich mich auf halbem Weg zurück zum Hauptquartier längs jener armseligen, heißen, staubigen Straße befand, und daß ich zu Fuß ging.

Niemals zuvor habe ich solche Wut verspürt. Sie grenzte schon an Wahnsinn - grenzte sogar sehr dicht daran, denn was anderes als geistige Umnachtung hätte mich veranlassen können, durch dieses Inferno zu marschieren, wo sogar die Winzlinge sich von ihren Eseln oder Yaks von Ort zu Ort tragen ließen? Außerdem war ich durstig. Ich hatte ziemlich heftig den Mokes zugesprochen - nicht einfach nur puren Mokie-Kokes, sondern gespritzt mit allem Alkoholischen, was das Offizierskasino zu bieten hatte. Aber das alles war auf dem Weg aus mir herausgekocht, und der Rückstand, der zurückgeblieben war, war konzentrierter, kristallklarer Zorn.

Wie konnte ich in die Zivilisation zurückkommen? - zurückkommen und Gerechtigkeit bekommen; bekommen, was Mitzi Ku mir schuldete! Es mußte einen Weg geben. Ich war Feldgeistlicher. Konnte ich mir Urlaub aus dringenden familiären Gründen gewähren? Wenn ich das nicht konnte, konnte ich einen Nervenzusammenbruch vortäuschen und irgendeinen freundlichen Arzt dazu bringen, mich mit Tabletten zu versorgen, die Herzklopfen verursachten? Wenn ich davon nichts tun konnte, wie standen die Chancen, sich als blinder Passagier auf dem Rückflug des nächsten Frachtflugzeuges zu verstecken, das landete? Wenn auch das nicht ging...

Und natürlich ging nichts von alledem. Ich hatte gesehen, was mit den winselnden Schwachköpfen geschah, die mit ihren Ammenmärchen von fremdgehenden Ehefrauen oder unerträglichen Schmerzen im verlängerten Rücken in mein Büro kamen; Urlaube aus dringenden familiären Gründen aus dem Reservat hinaus wurden nicht gewährt, und es bestand keine Chance, sich als blinder Passagier an Bord zu schmuggeln.

Ich saß fest.

Außerdem begann es mir jetzt richtig schlecht zu gehen. Exzessives Trinken und schlaflose Nächte hatten rein gar nichts für meinen von Mokes gebeutelten Körper getan. Die Sonne war gnadenlos, und jedesmal, wenn ein Fahrzeug vorbeikam, glaubte ich, ich würde mir die Lungen aushusten. Es waren auch viele Fahrzeuge unterwegs, denn hinter vorgehaltender Hand wurde gemunkelt, daß unsere Operation endlich losgehen solle. Jeden Augenblick jetzt. Die schweren Angriffsgeschütze waren an Ort und Stelle. Die Einheiten hatten ihre vorgesehenen Angriffsziele mitgeteilt bekommen. Die taktische Unterstützungslogistik war einsatzbereit.

Ich blieb schlagartig mitten auf der Straße stehen, benommen schwankend, während ich versuchte, meine Gedanken zu sammeln. Darin lag eine Bedeutung, eine Hoffnung... natürlich! War die Operation erst einmal beendet, würden wir alle turnusgemäß zurück in die Zivilisation versetzt werden! Sicherlich, ich würde immer noch in der Armee sein, aber in irgendeinem Lager in den Vereinigten Staaten, wo ich mühelos einen Achtundvierzig-Stunden-Passierschein organisieren konnte, lange genug, um zurückzukehren und Mitzi und ihrem ekelhaften Kumpanen gegenüberzutreten...

»Tenny!« rief eine Stimme, »O Tenny, dem Himmel sei Dank, daß ich dich gefunden habe - Mensch, Junge, du bist ganz schön in Schwierigkeiten!«

Ich blinzelte durch den blendenden Staub und das Leuchten. Ein zweirädriges Uygher-"Taxi" hielt neben mir an, und heraus sprang Gert Martels, das hagere, vernarbte Gesicht besorgt. »Der Oberst ist auf dem Kriegspfad! Wir müssen dich gründlich instand setzen, bevor sie dich findet!«

Ich wankte auf den Klang ihrer Stimme zu, »Zum Teufel mit dem Oberst«, krächzte ich.

»O bitte, Tenny«, bettelte sie, »steig in das Taxi. Duck dich, damit niemand dich sieht, wenn eine Patrouille vorbeikommt.«

»Sollen sie mich doch sehen!« Das Merkwürdige an StUffz. Martels war, daß sie dauernd verschwamm. Einen Teil der Zeit war sie eine nebelhafte Gestalt aus schwarzem Rauch, durchscheinend gegen den blendenden Himmel. Einen Teil der Zeit war sie klar konturiert, und ich konnte sogar den Ausdruck auf ihrem Gesicht lesen - Sorge; heftige Gemütsbewegung; dann seltsamerweise Erleichterung.

»Du hast einen Hitzschlag!« rief sie. »Dem Himmel sei Dank! Mit einem Hitzschlag kann der Oberst nicht rechnen! Fahrer! Du kennen Armee-Hospital, ja? Du fahren dorthin schnell-schnell, ja?« Und ich sah mich von Gert Martels kräftigen Armen auf den Karren gezerrt.

»Wer will denn ins Hospital?« fragte ich streitlustig. »Ich brauche kein verdammtes Hospital! Alles, was ich brauche, ist eine Moke...« Die bekam ich aber nicht. Und wenn doch, so wäre ich nicht in der Lage gewesen, etwas damit anzufangen, denn genau in diesem Augenblick verdunkelte sich der Himmel und legte sich in einem schwarzwollenen Kokon um mich, und ich war für die nächsten zehn Stunden weg.

II

Es waren keine müßigen Stunden. Das Rezept gegen Hitzschlag war: rehydrieren; kühl halten; Bettruhe. Zum Glück war es das gleiche Rezept wie gegen akuten Kater. Ich bekam, was der Doktor verschrieb. Sicher, zu der Zeit wußte ich es nicht, weil ich zuerst ohne Besinnung war und danach mit Drogen in Schlaf versetzt wurde. Ich hatte nebelhafte Erinnerungen an die Nadeln mit physiologischer Kochsalzlösung und Glukose, die dann und wann in meinen Arm stachen, und daran, ganz vorsichtig geweckt zu werden, um gewaltige Mengen von Flüssigkeit zu schlucken. Und an Träume. O ja, Träume. Schlimme Träume. Träume von Mitzi und Des Haseldyne, die in ihren Luxus-Penthäusern zusammenhockten und sich dumm und dämlich lachten, wenn sie an den armen, dummen alten Tennison Tarb dachen.

Und als ich dann schließlich tatsächlich aufwachte, glaubte ich, es sei immer noch ein Traum, weil sich der Hauptfeldwebel über mich beugte, einen Finger an den Lippen. »Leutnant Tarb? Können Sie mich hören? Machen Sie kein Geräusch - nicken Sie einfach mit den Kopf, wenn Sie es können...«

Ich machte den Fehler, zu tun, was er sagte. Ich nickte. Meine Schädeldecke rüttelte sich los und klapperte auf den Boden, wo sie bei jedem Aufprall vor Schmerz explodierte.

»Ich nehme an, Sie haben einen ganz schön schlimmen Kater, stimmt's? Zu bös... aber hören Sie zu, es gibt da ein Problem.«

Die Tatsache, daß es da ein Problem gab, war mir nicht neu. Die einzige Frage war, welches Problem meinte er? Überraschung; es war keines von denen, dich ich schon kannte. Es war etwas Brandneues, und nicht so sehr mein Problem wie das Gert Martels'. Ein Auge nach der Stationsschwester gerichtet, mit seinen Lippen so dicht an meinem Ohr flüsternd, daß sein Atem meine Ohrhärchen kitzelte, erklärte er: »Gert hat da so eine schlechte Angewohnheit, ich nehme an, Sie wissen davon...«

»Was für eine Angewohnheit ist das?« fragte ich.

»Sie wissen es nicht?« Er wirkte überrascht, dann aufrichtig verlegen. »Na ja«, sagte er zögernd, »ich weiß, es klingt echt schofel, aber eine Menge von den Jungs und Mädels, Sie wissen schon, draußen im Feld, wo sie allem möglichen Einflüssen ausgesetzt sind...

Wider gegen jede Klugheit und jedes Wollen stemmte ich mich hoch. »Feldwebel«, sagte ich, »Ich habe nicht die geringste Ahnung, wovon Sie sprechen. Erklären Sie's mir.«

Er sagte: »Sie ist mit den Winzlingen weg. Leutnant. Und sie hat ihre Schutzausrüstung nicht mit. Und es ist T minus zwei Stunden, und der Countdowm läuft.«

Das ging mir unter die Haut. »Sie meinen, die Operation steigt heute nacht?« brüllte ich.

Er zuckte zusammen. »Bitte, sprechen Sie leise. Aber... ja. Sie beginnt um Mitternacht, und jetzt ist es zweiundzwanzig Uhr.«

Ich starrte ihn an. »Heute nacht?« wiederholte ich. Wo war ich gewesen? Wie hatte ich die Vorwarnung verpaßt? Natürlich handelte es sich technisch gesehen um eine Geheiminformation, aber sicherlich mußte es jeder Soldat im Lager Stunden vorher gewußt haben!