Выбрать главу

Der Hauptfeldwebel nickte. »Sie haben es vorverlegt, weil das Wetter ideal ist.« Jetzt, da ich wußte, wonach ich suchen mußte, konnte ich den um seine Schultern geschlungenen Überwurf aus polarisiertem Stoff und die riesigen geräuschdämpfenden Ohrenschützer sehen, die unter seinem Kinn baumelten. »Die Sache ist...«

Geräusche am Ende der Station. Eine Tür, die sich öffnete. Ein Licht.

»Verdammt!« bellte er. »Hören Sie zu, ich habe noch eine Menge zu erledigen. Gehen Sie und holen Sie sie, ja, Leutnant? Unten wartet ein Winzling auf Sie, mit Schutzausrüstungen für Sie beide - er wird Sie zu ihr bringen - er...«

Schritte näherten sich. »Tut mir leid, Leutnant«, keuchte er. »Ich muß gehen.«

Und er ging.

So glitt ich aus dem Bett, sobald die Schwester ihre Runden gemacht hatte und wieder verschwunden war, schlüpfte in meine Kleider, schlich mich aus der Station. Mein Kopf hämmerte, und ich wußte, daß das letzte, was ich brauchte, ein Eintrag wegen Entfernens ohne Erlaubnis aus dem Hospital in meiner Personalakte war, zusätzlich zu all den anderen Minuspunkten. Das Komische war, daß ich keinen Augenblick zögerte.

Ich zögerte nicht einmal lange genug, um zu erkennen, daß es komisch war. Erst später fiel mir auf, daß es in der Vergangenheit eine Menge Anlässe gegeben hatte, bei denen der eine oder andere seinen Kopf in die Schlinge gesteckt hatte, um mich vor etwas zu retten. Bisher war es mir nie schwergefallen, das zu vergessen, wenn eine Gelegenheit kam, mich dafür erkenntlich zu zeigen. Alles, an was ich dachte, war, daß ich Gert etwas schuldete und sie mich brauchte, um ihr aus der Klemme zu helfen. Also ging ich... und hielt nur einmal inne, an der Pforte des Hospitals, um mir ein paar Mokes aus dem Verkaufsautomaten zu besorgen. Und ich glaube tatsächlich, wenn die Maschine nicht gerade da und in Reichweite gewesen wäre, wäre ich wohl auch ohne sie gegangen.

Der Winzling wartete wie angekündigt, nicht nur mit kompletter Ausrüstung für zwei, sondern sogar mit einem Esel und einem zweirädrigen Karren. Das einzige, woran es ihm mangelte, waren Englischkenntnisse. Aber da er anscheinend auch ohne Anweisungen von mir wußte, wohin es ging, stellte das offenbar kein Problem dar.

Es war eine heiße, dunkle Nacht, so dunkel, daß es fast erschreckend war. Man konnte den Himmel sehen! Ich meine nicht einfach einen Taghimmel oder auch nur einen Nachthimmel, wenn die Lichter von unten ihm diesen trübrotlichen Schimmer geben, ich meine Sterne. Jeder hat von Sternen gehört, aber wie viele Menschen haben wirklich einen gesehen? Und hier gab es Millionen von ihnen, die sich über den Himmel erstreckten, hell genug, daß man bei ihrem Licht sehen konnte... Hell genug jedenfalls, daß der Esel sehen konnte, denn er schien keinerlei Schwierigkeiten zu haben, seinen Weg zu finden. Wir waren von den Hauptstraßen herunter und strebten den nahegelegenen Hügeln zu. Zwischen uns und den Hügeln lag ein Tal. Ich hatte davon gehört; es war eine Art Sehenswürdigkeit in dieser Gegend, weil es fruchtbar war. Was die Gobi zu einer Gobi macht - das heißt, einer Geröllwüste -, sind Trockenheit und Wind. Die Trockenheit verwandelt den Boden in Staub. Der Wind bläst den Staub davon, bis alles, was übrigbleibt, endlose Quadratkilometer steiniger Wüste sind. Außer, da es hin und wieder an ein paar isolierten Orten - einem Tal, einer schützten Hügelflanke - ein bißchen Wasser gibt und diese Stellen den Mutterboden einfangen. Andere Offiziere hatten mir erzählt, daß dieses hier fast wie ein italienischer Weingarten sei, mit Spaliertrauben und sogar plätschernden Bächlein. Ich hatte es nicht der Mühe für wert erachtet, es zu besuchen. Ich hatte auch nicht geplant, es jetzt zu besuchen, besonders bei Nacht, besonders, wenn - ich warf einen verstohlenen Blick auf meine in der dunklen Nacht leuchtende Uhr - etwa einer Stunde und fünf Minuten die Hölle losbrechen sollte. Und tatsächlich besuchten wir es diesmal nicht. Der Winzling nahm einen Weg um den Weingarten herum, hielt den Karren an, bedeutete mir, auszusteigen, und wies einen Hügel hinauf.

Im Sternenlicht konnte ich undeutlich eine Art Gebäude sehen, hüttenartig, ganz für sich stehend. »Du meinst, ich soll dort hinaufgehen?« fragte ich. Der Winzling zuckte die Achsel und deutete erneut. »Ist Feldwebel Martels in jener Hütte?« Wieder ein Achselzucken. »Zum Teufel«, sagte ich, drehte mich um und begann seufzend, den Hügel hinaufzusteigen.

Das Sternenlicht reichte dann doch nicht ganz aus, um dabei zu sehen. Ich stolperte und fiel ein dutzendmal hin, während ich versuchte, jene schwächliche Entschuldigung für einen Pfad zu erklettern - jenen verdammten, schmutzigen, staubigen Pfad, der so trocken war, daß ich, wenn ich ausglitt, sehr wahrscheinlich nicht mehr als ein oder zwei Meter zurückrutschte. Wenigstens zweimal riß ich mir die Haut auf. Als ich das zweite Mal mühsam wieder auf die Füße kam, hustete etwas whump jenseits der Hügel, und einen Augenblick später kam es whump... whump... whump von überall ringsumher, am Horizont, und an einem Dutzend Stellen wurden die Sterne von sich langsam ausbreitenden Wolken aus Dunkelheit befleckt. Ich brauchte nicht erklärt zu bekommen, was das war: Himmelsschirme. Die Operation konnte jeden Augenblick beginnen.

Ich roch die Hütte, bevor ich sie erreichte. Sie wurde dazu verwendet, Trauben zu Rosinen zu trocknen, und sie stank betäubend nach Wein. Aber über diesem Übelkeit erregenden Fruchtgestank war etwas Stärkeres - nein, nicht bloß stärker. Beinahe beängstigend. Es erinnerte ein bißchen an Essen - ÄchtFlaisch vielleicht, oder TruThan - aber etwas an dem Geruch war falsch. Nicht Verderb. Schlimmer als Verderb. Mein Magen hatte mich schon seit einiger Zeit daran erinnert, daß ich ihm in letzter Zeit das Leben arg schwer gemacht hatte; der Geruch trieb ihn beinahe zur Rebellion. Ich schluckte und tastete mich in die Hütte.

Im Innern war eine Art Licht. Sie hatten ein Feuer gebaut - um sehen zu können, während' sie gestohlene Rationen aßen, nahm ich an. Falsche Annahme! So falsch wie die andere Annahme, nämlich daß Feldwebel Martels' "schlechte Angewohnheit" etwas in der Art war wie mit den Eingeborenen in die Falle zu steigen oder sich vielleicht mit selbstgebrauter Hirnbrause zu betrinken. Wie naiv ich gewesen war! Rings um das Feuer in der Hütte hatte sich ein halbes Dutzend Soldaten versammelt, und was sie mit dem Feuer machten, war, ein Tier darüber zu dörren. Schlimmer noch, sie aßen das tote Tier. Gert Martels starrte mit offenem Mund zu mir auf, und in der Hand hatte sie einen Teil seines Vordergliedes. Sie hielt es bei seinem Knochengerüst...

Das gab meinen Magen des Rest. Ich mußte nach draußen stolpern.

Ich schaffte es so gerade noch. Als ich damit fertig war, alles zu erbrechen, was ich in den letzten vierundzwanzig Stunden zu mir genommen hatte, atmete ich tief durch und ging wieder nach drinnen. Jetzt waren sie erschrocken, denn sie schauten mich im Feuerschein mit bleichen, ängstlichen Gesichtern an.

»Ihr seid schlimmer als Schlitzaugen«, erklärte ich ihnen mit bebender Stimme. »Ihr seid schlimmer als Veenies. Feldwebel Martels! Legen Sie das hier an. Dir übrigen zieht die Köpfe ein, steckt die Finger in die Ohren und öffnet für die nächste Stunde nicht die Augen. Die Operation beginnt in zehn Minuten!«

Ich wartete nicht ab, um ihre gequälten Beschwerden zu hören oder auch nur zu sehen, ob Gert Martels tat, was ich ihr befohlen hatte, Ich verließ dieses Höllenloch, so schnell ich konnte, und glitt und rutschte ein Dutzend Meter den Pfad hinunter, bevor ich lange genug anhielt, um die Ohrenschützer an Ort und Stelle zu schieben und die Kapuze über alles zu stülpen. Danach konnte ich natürlich nicht mehr das Geringste hören, am allerwengisten, wie Gert Martels neben mir auftauchte. Eine Unterhaltung war unmöglich. Das war auch gut so. Es gab nichts, was ich in diesem Augenblick zu ihr hätte sagen mögen. Oder hören. Wir suchten uns einen Weg den Hügel hinunter, wo der Winzling mit seinem Esel wartete, quetschten uns in den Karren, der in Richtung, des Lagers stand. Der Winzling nahm die Zügel auf...