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Ich sah zu, wie sie gingen, Mitzi und der Alte und die Frau bei ihnen - klein, untersetzt, und das, was sie gemurmelt hatte, als sie mich erblickte, schien einen Akzent gehabt zu haben. »Sie ist von RussCorp, nicht wahr?« fragte ich Dambois, und er gab mir die Antwort, die ich erwartete. Er knurrte:

»Maul halten. «

Ich nickte. Er mußte es mir nicht bestätigen. Allein die Tatsache, daß er und der Alte sich auf diese Weise in Mitzis Wohnung schlichen, verriet mir alles, was ich wissen mußte. Die Verschwörung war erheblich umfangreicher, als Mitzi zugeben hatte. Und erheblich älter. Wie hatte der Alte seinen Reichtum bekommen? Durch die Venus. Durch eine »Lotterie«, in der er »zufällig« gewonnen hatte. Wie hatte Mitzi ihren bekommen? Durch eine »Schadenersatzzahlung« für den »Unfall«. Und wie Dambois? Durch »Handelsgewinne«. Alles von der Venus. Alles unüberprüfbar durch irgend jemanden auf der Erde.

Alles für denselben Zweck benutzt.

Und wenn RussCorp darin verwickelt war, betraf es nicht nur Amerika. Ich mußte annehmen, daß es weltweit war. Ich mußte annehmen, daß für jede Krume an Information, die Mitzi so zögernd preisgegeben hatte, ein ganzer verborgener Laib dahinter stand. »Es spricht manches dafür, daß Sie mir trauen können«, erwähnte ich Dambois gegenüber. »Schließlich habe ich bisher niemandem ein Wort gesagt.« Und natürlich antwortete er nur mit: »Maul halten.«

»Ja«, sagte ich nickend. »Ach, haben Sie etwas dagegen, wenn ich mir noch ein bißchen Kaffee nehme?«

»Stillsitzen«, schnappte er, dann dachte er einen Augenblick darüber nach. Widerstrebend fügte er hinzu: »Ich hole ihn für Sie, aber Sie bleiben hier.« Er ging hinüber zur Kanne, aber er ließ keine Sekunde die Augen von mir - weiß der Himmel, was er erwartete. Ich rührte mich nicht. Ich saß still, ganz wie befohlen, und horchte auf das An- und Abschwellen lauter Stimmen aus Mitzis Schlafzimmer. Ich konnte die Worte nicht verstehen. Andererseits brauchte ich das auch nicht; ich war mir ziemlich sicher, zu wissen, worüber sie diskutierten.

Als sie herauskamen, betrachtete ich forschend ihre Gesichter. Sie waren alle ernst. Mitzis war undurchdringlich. »Wir haben eine Entscheidung gefällt«, sagte sie düster. »Setz dich und trink deinen Kaffee, und ich werde dich darüber informieren.«

Nun, das war der erste Hoffnungsstrahl in einer sonnenlosen Lage. Ich hörte aufmerksam zu. »In erster Linie«, sagte sie langsam, »ist das hier meine Schuld. Ich hätte dich schon vor einer Stunde hier herausschaffen sollen. Ich wußte, daß sie zu einem Treffen kommen würden.«

Ich nickte, um anzuzeigen, daß ich zuhörte, und warf zugleich rasche Blicke um mich, um ihre Mienen zu taxieren. Keine von ihnen war aufschlußreich. »Ja?« fragte ich intelligent.

»Also wäre es falsch, moralisch falsch«, sagte sie, und jedes Wort kam in abgegrenzten Intervallen heraus, als wöge sie jedes einzeln ab, »zu sagen, irgend etwas von dem hier sei deine Schuld.« Sie hielt inne, als warte sie auf eine Reaktion von mir.

»Danke«, sagte ich, nervös meinen Kaffee schlürfend. Aber sie sprach nicht weiter. Sie fuhr nur fort, mich zu betrachten, und komisch, der Ausdruck auf ihrem Gesicht veränderte sich nicht, wohl aber ihr Gesicht selbst. Es verschwamm. Die Züge liefen zusammen. Der ganze Raum verdunkelte sich und schien zusammenzuschrumpfen... Es kostete mich diese ganze Zeit, zu bemerken, daß der Kaffee ein ganz kleines bißchen merkwürdig geschmeckt hatte.

Und ach, wie wünschte ich mir, niemals diese Selbstmordankündigung geschrieben zu haben! Ich wünschte es mir angestrengt und mit jeder Faser meines Wesens, unmittelbar bis an den Punkt, wo meine Wünsche völlig zu funktionieren aufhörten und auch meine Augen und auch meine Ohren und schließlich - in der Mitte eines stummen Entsetzensschreis, der inständig um eine weitere Chance bat, um einen Tag länger zu leben bettelte - auch mein Gehirn.

Die Welt war fort und hatte mich zurückgelassen.

II

Sogar dann noch muß Mitzi hart für mich gekämpft haben. Was sie mir heimlich in den Kaffee getan hatten, war am Ende doch nicht tödlich gewesen. Es hatte mich nur eingeschläfert, tief und hilflos schlafen lassen für sehr lange Zeit.

In meinem Traum schrie jemand: »Erster Aufruf - fünf Minuten«, und ich wachte auf.

Ich war nicht mehr in Mitzis Wohnung. Ich war in einer winzigen, spartanischen Zelle mit einer einzigen Tür und einem einzigen Fenster, und vor dem Fenster war es dunkel.

Nachdem ich einmal dahin gekommen war, an die befremdliche Tatsache zu glauben, daß ich noch am Leben war, sah ich mich um. Ich war nicht gefesselt, stellte ich zu meiner Verwunderung fest, und ich schien auch nicht kürzlich zusammengeschlagen worden zu sein. Ich lag leidlich bequem auf einem schmalen Feldbett, mit einem Kissen und einer über meinen irgendwie entkleideten Körper geworfenen leichten Decke. Neben dem Bett stand ein Tisch. Auf dem Tisch stand ein Tablett mit einer Art Haferflocken und einem Glas Vita-Frucht, und zwischen ihnen lag ein Umschlag von der raffinierten Sorte, wie man sie für hochgeheime Agenturbotschaften benutzt. Ich öffnete ihn und las sie rasch, im Wettlauf gegen die Zeit. Sie lautete:

Tenny, Liebster,

Du bist für Dich oder uns als Süchtiger nichts wert. Wenn Du die Entgiftung überlebst, werden wir uns wieder unterhalten.

Viel Glück!

Es gab keine Unterschrift, aber es gab ein P. S.:

Wir haben Leute im Zentrum, um zu berichten, wie Du Dich machst. Ich sollte Dir wohl sagen, daß sie autorisiert sind, selbständige Schritte zu unternehmen.

Einen Augenblick lang grübelte ich darüber nach, was die Worte »selbständige Schritte« bedeuten mochten - einen Augenblick zu lange, denn das Trickpapier versengte mir die Finger, als es das tat, was von ihm erwartet wurde, und sich selber zu zerstören begann. Hastig ließ ich die schwelende Asche fallen und sah mich in dem Raum um.

Er bot nicht viel an Informationen. Die Tür war abgeschlossen. Das Fenster war aus bruchsicherem Glas und hermetisch verriegelt. Offensichtlich wollte dieses Zentrum nicht, daß ich mich vor dieser Entgiftungskiste davonmachte. Es war alles ziemlich bedrohlich, und es gab keine grünen Pillen, um die Gefühle zu betäuben. Immerhin gab es Essen, und ich war am Verhungern. Offensichtlich hatte ich ein paar Mahlzeiten verschlafen. Ich griff gerade nach dem Vita-Frucht, als die Hölle losbrach. Die schreiende Stimme aus meinem Traum war gar kein Traum. Jetzt gellte sie: »Letzter Aufruf - alle raustreten!« Sie war nicht allein. Unterstützt wurde sie von Sirenen und Hupen, um sicherzustellen, daß ich auch gehört hatte; das Türschloß öffnete sich klickend, und rennende Füße auf den Fluren begleiteten ein Hämmern gegen jede Tür. »Raus!« gellte ein einzelnes lebendes menschliches Wesen, während es wild hereinstarrte und ruckweise einen riesigen Daumen bewegte.

Ich sah keinen Grund, mich deswegen mit ihm zu streiten, weil er wenigstens zwei Nummern größer war als Des Haseldyne.

Er trug einen blauen Jogginganzug. Das taten auch ungefähr ein Dutzend andere, die, die das ganze Geschrei machten. Obwohl ich im letzten Augenblick ein paar Shorts gefunden und sie mir geschnappt hatte, fühlte ich mich hoffnungslos unzulänglich gekleidet - aber nicht nur ich allein; neben den Jogginganzug-Typen gab es noch ein paar Dutzend anderer menschlicher Wesen, die alle so mangelhaft angezogen wie ich aus dem Gebäude strömten und wenigstens ebenso unglücklich wirkten. Sie jagten uns hinaus in die schweißige, smogige Luft (es war immer noch dunkel, auch wenn jetzt in einer Ecke des Himmels ein ermutigendes rötliches Glühen war), und dort drängten wir uns zusammen und warteten, daß man uns sagte, was wir tun sollten. Es war, dachte ich, wie der schlimmste Teil der Grundausbildung.