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Und ich hatte meine.

Am sechzehnten Oktober erschienen die gesetzlich vorgeschriebenen Zehn-Wochen-Vorwarndekorationen für Weihnachten in den Schaufenstern. Der Wahltag kam rasend schnell näher.

Es sind die letzten zehn Tage einer Kampagne, die zählen. Ich war bereit für sie. Ich hatte alles getan, was ich vorgehabt hatte, und ich hatte es wirklich gut getan. Ich fühlte mich diese ganzen Tage über in wirklich guter Verfassung, abgesehen von einer leichten Tendenz, das große Zittern zu kriegen, wenn sich eine Dose Moke im Zimmer befand (so viel zur Aversionstherapie), und einem beträchtlichen Gewichtsverlust. Die Leute blieben stehen, um mir zu sagen, wie gut ich aussähe. Das brauchten sie nicht; ich sah so gut aus, wie man es von jemandem erwarten konnte, dessen nächtlicher Schlaf jedesmal von Träumen über Gehirnauisbrennen verstümmelt wurde. Dixmeister tanzte in mein Büro hinein und wieder hinaus, elektrisiert von seinen neuen Verantwortlichkeiten, in ehrfürchtiges Staunen versetzt von den neuen Themen, von denen ich nach und nach den Schleier des Geheimnisses lüftete. »Das ist wirklich starker Tobak, Mr. Tarb«, meinte er unbehaglich zu mir, »aber sind Sie sich sicher, daß Sie nicht zu weit gehen?«

»Täte ich das«, lächelte ich ihn an, »glauben Sie nicht, daß Mitzi Ku mich dann gestoppt hätte?« Vielleicht hätte sie das, wenn ich ihr gesagt hätte, worum es dabei ging. Aber der Augenblick dafür war vorüber. Ich hatte mich festgelegt.

Ich hielt ihn auf, als er sich abwandte, um hinauszueilen. »Dixmeister«, sagte ich, »ich habe da ein paar Beschwerden von den Sendeanstalten über verstümmelte Signale bei unseren Übertragungen erhalten.«

»Übertragungsschwund? Aber Mr. Tarb, ich habe keine Memos darübergesehen...«

»Die kommen später. Ich habe es bei direkten Gesprächen mit den Leuten vom Sender erfahren. Darum möchte ich, daß Sie das überprüfen. Besorgen Sie mir ein Verkabelungsdiagramm dieses Gebäudes; ich möchte sehen, wo jedes Signal von seinem Ausgangspunkt bis zu den Hauptanschlüssen der Telefongesellschaft draußen hingeht.«

»Gewiß, Mr. Tarb! Sie meinen nur die Reklameübertragungen, natürlich?«

»Natürlich nicht. Ich will alles. Und ich will es jetzt.«

»Das wird Stunden dauern, Mr. Tarb«, jammerte er. Er hatte Familie, und er dachte daran, was seine Frau sagen würde, wenn er am Ersten Geschenkeabend nicht nach Hause kam.

»Sie haben ja auch Stunden«, erklärte ich ihm. Die hatte er. Und ich wollte nicht, daß er diese Stunden damit verbrachte, nach hereinkommenden Memos Ausschau zu halten, die nicht existierten, oder mit dem Stab von irgend jemand anderem darüber zu schwatzen, was Mr. Tarb jetzt wieder machte. Als er die gesamte elektronische Verkabelung für mich auf dem Schirm hatte, ließ ich eine Hardcopy davon ausdrucken, stopfte sie in die Tasche und zwang ihn dazu, sich mir bei einer pyhsischen Inspektion des Ortes anzuschließen, wo alle Leitungen zusammenliefen, dem Fernmelderaum im Kellergeschoß.

»Ich war noch nie im Kellergeschoß, Mr. Tarb«, winselte er. »Können wir das nicht der Telefongesellschaft überlassen?«

»Nicht, wenn wir jemals wieder befördert werden wollen, Dixmeister«, erklärte ich ihm freundlich, und so nahmen wir zusammen den Lift nach unten, so weit er ging, und dann einen Lastenaufzug noch zwei Stockwerke tiefer. Das Kellergeschoß war dreckig, düster, dumpfig, deprimierend - jede Menge Dinge, die mit »D« anfingen, einschließlich desolat. Hier gab es Hunderte von Quadratmetern Raum, aber sie waren zu abstoßend, um sie zu vermieten, sogar an Nachtschläfer. Es war genau das, was ich wollte.

Der Fernmelderaum lag am Ende eines langen Korridors, unter Staub erstickt. Daneben waren drei Räume mit eingelagerten Mikrofilmen, hauptsächlich dringende Weisungen von der KFH und dem Wirtschaftsministerium - Weisungen, die natürlich nie geöffnet worden waren. Ich sah sorgfältig in jeden Lagerraum, dann baute ich mich an der Tür des Fernmelderaumes auf und schenkte ihm einen raschen Rundblick. Jeder Telefonanruf, jede Datenverbundnachricht, jedes Faksimile und jede Videoübertragung, die ihren Ursprung in der Agentur hatten, liefen durch diesen Raum. Natürlich war er dabei vollautomatisch und -elektronisch; nichts bewegte sich oder leuchtete auf oder klickte. Es gab manuelle Override-Terminals, um Nachrichten um einen defekten Schaltkreis herumzuleiten - oder sie völlig zu unterbinden -, aber es gab keinen Grund, sie zu bemannen. »Sieht ganz in Ordnung aus«, sagte ich.

Dixmeister warf mir einen mürrischen Blick zu. »Ich nehme an, Sie werden alle Schaltkreise testen wollen?«

»Humbug, wozu? Das Problem muß draußen liegen.« Er öffnete den Mund, um zu protestieren, aber ich verschloß ihn mit einem »Und, hören Sie, schaffen Sie diesen ganzen Müll aus diesen Lagerräumen. Ich übernehme sie als Kommandozentrale.«

»Aber, Mr. Tarb!«

»Dixmeister«, sagte ich sanft, »wenn Sie erst einmal in der Starklasse sind, werden Sie das Bedürfnis nach Abgeschiedenheit in Zeiten wie diesen verstehen. So lange versuchen Sie es am besten erst gar nicht. Tun Sie's nur.«

Ich überließ ihn seiner Aufgabe und begab mich zurück zu Mitzis Condo, wobei ich mir sehnlichst wünschte, sie dort anzutreffen. Ich mußte immer noch das eine oder andere Problem lösen. Mitzi war nicht die Person, sie für mich zu lösen, aber sie konnte mir wenigstens die Berührung geliebter Haut und den Trost von Körperwärme geben... wenn dies zufällig eine Nacht war, in der sie zu Hause war.

Sie war es nicht. Alles, was von ihr da war, war eine Nachricht auf selbstentflammendem Papier auf dem Kopfkissen, die besagte, daß sie für ein paar Tage nach Rom mußte.

Es war nicht das, was ich wollte, aber als ich dasaß und mit vier Zentilitern Äthylneutralalkohols in der Hand über die schmutzige, schlafende Stadt hinausstarrte, begann ich zu erkennen, daß es vielleicht das war, was ich brauchte.

III

Meine Drehbücher waren fertig. Die Kandidaten, die in ihnen auftreten sollten, waren ausgewählt und in Verstecken überall in der Stadt auf Abruf bereit. Es war nicht schwierig gewesen, sie zu finden, weil ich genau wußte, was ich wollte; sie in die Stadt zu holen und einsatzbereit zu machen, war erheblich schwieriger gewesen. Aber sie waren da. Vom Condo aus gab ich telefonisch Befehle an Zwei-Mann-Teams von Wackerhut durch, sie zusammenzutreiben und in den Aufnahmestudios abzuliefern, und bis ich das Büro erreichte, waren auch sie da. Die eigentliche Aufnahme war einfach - na ja, verhältnismäßig einfach. Verglichen mit, sagen wir, einer sechsstündigen Gehirn Operation. Sie beanspruchte das ganze Geschick, das ich besaß, und all meine Konzentration, während ich mit meinen Schauspielern probte und den Makeup-Leuten im Nacken saß, während sie sie für die Kameras präparierten, und die Aufnahmeteams antrieb und jede Bewegung und jedes Wort dirigierte.

Der einfache Teil war, daß jeder der Schauspieler seine Zeilen mühelos und überzeugend sprach, weil ich sie aus dem Wissen heraus geschrieben hatte, was sie am besten konnten. Der schwierige Teil war, daß ich nur Rumpfmannschaften benutzen konnte, denn je weniger Leute wußten, was vor sich ging, desto besser. Als das letzte Drehbuch im Kasten war, verfrachtete ich die ganze Crew, Produktion, Make-up und alles, zu imaginären »Außenaufnahmen« nach San Antonio, Texas, mit der Anweisung, so lange zu faulenzen, bis ich eintraf, was nie der Fall sein würde.

Aber wenigstens würden sie in San Antonio mit niemand anderem sprechen. Dann schickte ich meine Schauspieler hinunter in die frisch fertiggestellte Zimmerflucht im Kellergeschoß und bereitete mich auf den schwierigen Teil vor. Ich holte tief Luft, wünschte mir, ich würde mich trauen, eine Pille zu schlucken, um meine Nerven zu beruhigen, turnte fünf Minuten lang heftig, so daß ich außer Atem kam, und stürzte in das Büro, das früher Mitzi gehört hatte. Erschrocken fuhr Val Dambois senkrecht von den Zahlen auf seinem Tischschirm in die Höhe, als ich keuchte: »Val! Dringender Anruf von Mitzi! Sie müssen unbedingt zum Mond fliegen! Der Agent hat einen Herzanfall gehabt, die Kommunikationsverbindung ist unterbrochen!«