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Wäre ich in wettlustiger Gemütsverfassung gewesen, hätte ich darauf gewettet, daß der erste, der an meine Tür hämmerte, der Alte sein würde, weil er nur quer durch die Stadt kommen mußte. Ich hatte mich getäuscht. Der Alte mußte mit Mitzi und Des in Rom gewesen sein - wahrscheinlicher, schon auf dem halben Weg zurück mit der Nachtrakete, um dieses unerwartete Feuer zu löschen -, denn der erste war Val Dambois. Hinterlistiger alter Gauner! Man konnte sich nicht einmal darauf verlassen, daß er ausgetrickst blieb, wenn man ihn austrickste, weil er mich offensichtlich schnurstracks zurück ausgetrickst hatte. »Sie sind also doch nicht in das Mondschiff eingestiegen«, sagte ich benommen. Er bedachte mich mit einem unheilverkündenden Blick.

Der Blick war nicht halb so unheilverkündend wie das, was er in der Hand hielt. Es war kein Schocker, nicht einmal eine Tötungswaffe. Es war schlimmer als beides. Es war eine Campbellsche Handwaffe, die überhaupt nur zu besitzen für einen Zivilisten eindeutig illegal war; noch illegaler aber war es, sie außerhalb besonders ausgewiesener Areale zu benutzen. Und am schlimmsten von allem war, daß man Marie allein im Büro zurückgelassen hatte und sie auf ihrer Liege eingedöst war. Er war an dem Einwickelnetz an der Tür vorbei, bevor irgend jemand ihn aufhalten konnte.

Ich zitterte. Das ist an sich überraschend, denn ich hätte nicht gelaubt, daß noch irgend etwas in der Lage sein würde, einen Menschen zu erschrecken, der schon so viel zu fürchten hatte wie ich. Irrtum. In die flackernde Mündung des limbischen Projektors zu sehen, verwandelte mein Rückgrat in Gelee und mein Herz in Eis. Und er richtete sie genau auf mich. »Werbefritzen-Bastard!« knurrte er. »Ich wußte, daß Sie etwas im Schilde führten, als Sie mich so schnell loswerden wollten. Gut, daß es immer einen Moke-Kopf auf dem Raumhafen gibt, den man bestechen kann, einen Freiflug zu unternehmen, so daß ich zurückkommen und darauf warten konnte, Sie auf frischer Tat zu ertappen!«

Er redete immer zuviel, dieser Val Dambois. Das gab mir die Gelegenheit, meine Nervenkraft wieder zusammenzunehmen. Ich sagte mit aller Tapferkeit, derer ich fähig war, während ich mir ein Lächeln abrang und meinen Tonfall kühl und selbstsicher hielt -das hoffte ich jedenfalls, auch wenn er in meinen Ohren nicht so klang-: »Sie haben zu lange gewartet, Val. Es ist alles vorbei. Die Werbespots werden bereits ausgestrahlt.«

»Sie werden nicht lange genug leben, um Ihre Freude daran zu haben!« schrieb er und hob den Lauf der Campbell.

Ich behielt mein Lächeln bei. »Val«, sagte ich geduldig, »Sie sind ein Narr. Wissen Sie dann nicht, was vorgeht?«

Leichtes Schwanken der Pistole; mißtrauisch: »Was?«

»Ich mußte Sie aus dem Weg schaffen«, erklärte ich, »weil Sie zu viel reden. Mitzis Befehle. Sie traute Ihnen nicht.«

»Traute mir nicht?«

»Weil Sie eine Nulpe sind, verstehen Sie das nicht? Verlassen Sie sich nicht auf mein Wort - sehen Sie selbst. Der nächste Spot ist Mitzi persönlich...« Und ich warf einen raschen Blick auf den Wandschirm.

Und das tat auch Val Dambois. Er hatte schon vorher Fehler gemacht, aber dies war der endgültig letzte. Er nahm die Augen von Marie. Man kann ihm das nicht gänzlich vorwerfen, wenn man den Zustand bedenkt, in dem Marie sich offensichtlich befand, aber er hatte Grund, es zu bedauern. Zingg machte ihr Schocker, und der limbische Projektor fiel Val aus der Hand, und Val fiel geradewegs hinterher.

Ein bißchen später flog die Tür des Lagerraumes auf, und der Rest meines Teams wogte herein, aus ihren unruhigen Nickerchen erwacht. Marie hatte sich auf einen Ellbogen gestützt und grinste - ihre Liege enthielt ihr mechanisches Herz, aber sie hatte eine Hand für den Schocker frei, wenn er benötigt wurde. »Ich hab' ihn für dich erwischt, Tenny«, sagte sie stolz.

»Und ob du das hast«, pflichtete ich bei, und dann zu Gert Martells: »Hilf mir, ihn in den Lagerraum zu schaffen.«

Also verstauten wir ihn in dem Raum, wo früher einmal die Techniker ihre Bereitschaftsschichten verdöst hatten, und ließen ihn dasselbe tun. Den limbischen Projektor übergab ich Jimmy Paleologue. Ich konnte es nicht ertragen, das Ding anzufassen, aber ich dachte, daß er es vielleicht als wertvolle Ergänzung zu unserem beschränkten Arsenal betrachten würde. Noch ein Irrtum. Er stürzte damit hinaus auf den Flur, ich hörte das Geräusch laufenden Wassers aus dem Fürkleinejungs, und als er zurückkam, war der Projektor tropfnaß. »Der wird nie wieder funktionieren«, knirschte er und warf ihn in einen Papierkorb. »Was meinst du, Tarb? Wieder schichtweise weiterschlafen?«

Ich schüttelte den Kopf. Der Schlafraum war jetzt zu einem Gefängnis geworden, und außerdem waren wir alle hellwach. »Können ebensogut den Spaß genießen«, sagte ich und ließ sie zurück, während sie Kaffee brauten, um die letzten Reste von Müdigkeit zu vertreiben. Ich wollte einen Blick auf die Werbezeit werfen, und ich wollte es in der Abgeschiedenheit meines eigenen Büros tun.

Es war nicht ermutigend. Sie sendeten jetzt nichts als Verlautbarungen mit Überschriften wie:

KFH-Chef verspricht volle Strafverfolgung

und

Gehirnausbrennen im H & K-Fall als wahrscheinlich angesehen

Ich rieb mir unbehaglich das Genick und fragte mich, wie es wohl sein mochte, eine geistlose Pflanze zu sein.

Mir blieb nicht lange, mich dieser unerfreulichen Beschäftigung zu widmen, weil Mitzi, so vermute ich, schließlich doch noch die Nachtrakete erwischt hatte. Es gab ein Rattern und ein Quieksen und einen Haufen erleichterter Lacher, und als ich meine Tür aufbekam, war sie da. In Gert Martels' Einwickelnetz hängengeblieben. »Was machen wir mit der hier?« fragte Nels Rockwell durch seine Bandage. »Es ist immer noch reichlich Platz im Lagerraum.«

Ich schüttelte den Kopf. »Sie nicht. Sie kann in mein Büro kommen.«

Als Marie den Saft im Netz abdrehte, stolperte Mitzi und fiel halb hin. Sie fing sich, zu mir hochfunkelnd. »Du Narr, Tenn!« fauchte sie. »Was zum Teufel glaubst du eigentlich, machst du da?«

Ich half ihr auf. »Du hättest mich nicht zur Kur schicken sollen, Mitzi. Sie hat mich kuriert.«

Ihr Kinn fiel herunter. Sie ließ zu, daß ich ihren Arm nahm und sie in mein Büro führte. Sie setzte sich schwer hin, starrte mich an. »Tenny«, sagte sie, »weißt du, was du getan hast? Ich konnte es nicht glauben, als man mir erzählte, was du als politische Werbespots ausstrahlst - das ist beispiellos!«

»Leute, die die Wahrheit sagen, ja«, nickte ich. »Ist noch nie versucht worden, so weit ich weiß.«

»O, Tenny! "Wahrheit". Werde erwachsen!« explodierte sie. »Wie können wir mit der Wahrheit gewinnen?«

Ich sagte sanft: »Als ich entgiftet wurde, mußte ich eine Menge Seelenforschung betreiben - es war besser, als mir die Kehle durchzuschneiden, weißt du. Also stellte ich Fragen. Eine davon möchte ich dir stellen: In welcher Weise ist das, was wir tun, richtig?«

»Tenny!« Sie war schockiert. »Verteidigst du die Werbefritzen? Sie haben ihren eigenen Planeten geplündert, und jetzt wollen sie das gleiche mit der Venus machen!«

»Nein«, sagte ich und schüttelte den Kopf, »du beantwortest die Frage nicht. Ich habe nicht gefragt, warum sie unrecht haben, weil ich weiß, warum sie unrecht haben. Ich wollte wissen, ob wir recht haben.«

»Verglichen mit den Werbefritzen...«

»Nein, das genügt auch nicht. Nicht "verglichen mit". Verstehst du, es reicht nicht, weniger schlecht zu sein. Weniger schlecht ist immer noch schlecht.«

»So ein frommes Gewäsch habe ich noch nie gehört...« begann sie und hielt dann lauschend inne. Plötzliche Geräusche einer Kabbelei aus dem Vorraum: das wütende Bellen eines Mannes - Haseldynes?; knappe Befehle in einer höheren Stimme - Gert Martels'?; das Geräusch einer sich schließenden Tür. Sie starrte mich erstaunt an. »Du wirst niemals damit durchkommen«, flüsterte sie.