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Da versinkt man ja bis zum Hals!«

Der blonde Helmut lachte. »Du vielleicht! Ich wette mit

dir, daß ich in ein paar Stunden in Bergstadt bin!« (Er

hatte sich das W e t t e n noch immer nicht abgewöhnt.)

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»Du kannst es ja versuchen«, sagte der Junge. »Ich habe

keine Lust, irgendwo vor lauter Schnee plötzlich keine

Luft mehr zu bekommen und zu ersticken!«

»Du bist eben ein Feigling!« sagte Helmut. »Ich habe kei-

ne Lust, hier herumzusitzen und zu warten, bis jemand

kommt und uns ausgräbt. Ich werde euch schon beweisen,

daß ich nach Bergstadt komme. Ich schicke euch dann von

dort eine Ansichtskarte!«

Herr Wiedmann drehte sich um und sah ihn wütend an.

»Halt den Mund«, sagte er. »Mußt du schon wieder an-

fangen?«

»Ich will nicht ewig hierbleiben und erleben, daß noch

eine Lawine herunterkommt«, erwiderte Helmut böse.

»Wir wollen alle nicht ewig hierbleiben«, sagte Tante

Beate. »Und du hast unrecht, wenn du glaubst, daß du

durch den Schnee kommen würdest. Der Schnee ist hier

an manchen Stellen mehrere Meter tief.«

»Man könnte ja einen Weg schaufeln«, meinte Helmut.

»Ja«, sagte Herr Wiedmann, »das könnte man. Und was

glaubst du, wie lange wir da brauchen würden?«

»Das weiß ich nicht!« Helmut bekam einen roten Kopf.

»Aber ich denke, es ist immer noch besser, wir graben

einen Weg, und es dauerte zwei Tage, bis wir durch sind,

als wir sitzen hier herum und tun gar nichts.«

Ein paar Kinder riefen, das sei auch ihre Ansicht.

»Warte einen Moment«, sagte Thomas. »Du denkst im-

mer nur an dich. Du bist ein Junge, und du bist einer von

den Kräftigsten. Was glaubst du, wie bald die Schwäche-

ren und die Mädchen nicht mehr weiterkönnten!«

»Dann sollen die Schwächeren und die Mädchen eben

hierbleiben und warten, bis man sie ausgräbt!« rief Hel-

mut.

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»Ja, und du und ein paar andere gehen davon, was?« rief

Martin.

»Klar«, sagte Helmut, »warum nicht?«

»Jetzt hört aber endlich auf!« rief Tante Beate. »Das

kommt ja gar nicht in Frage. Entweder alle gehen oder

keiner. W i r werden doch hier niemanden allein zurück-

lassen!«

Helmut schwieg beschämt.

Herr W i e d m a n n stand auf und sagte: »Mir scheint, ihr

vergeßt alle miteinander, daß wir einen sehr kranken

Jungen im W a g e n haben.« Er sah kurz hinunter zu Karli,

der wieder in Tante Beates Schoß lag und ihm müde zu-

blinzelte. »Wenn irgend jemand es eilig hat, nach Berg-

stadt zu kommen, dann ist er es«, fuhr Herr Wiedmann

fort. »Oder bist du anderer Ansicht?« fragte er und sah

Helmut scharf an.

»Natürlich nicht«, sagte dieser. »Wir könnten ihn ja hin-

bringen.«

»Ja, das ist es gerade«, meinte Herr Wiedmann. »Wenn

wir uns alle miteinander aufmachen und einen Weg gra-

ben - was glaubt ihr wohl, wie lange wir dazu brauchen?

Mindestens dreimal so lange, als wenn wir versuchen,

Karli allein durchzubringen. W a s wollt ihr mit eurem Ge-

päck machen? Wo wollt ihr schlafen, wenn es Abend

wird und wir noch nicht durch den Schnee sind? Und was

soll geschehen, wenn einer von euch nicht weiterkann?«

Niemand antwortete.

»Na also«, sagte Herr Wiedmann, »seht ihr!« Er faltete

seine Karte wieder zusammen und steckte sie ein. »Ich

denke, ich werde versuchen, mit Karli die Stadt zu errei-

chen, und ihr bleibt schön hier bei Tante Beate und war-

tet, bis Hilfe kommt. In der Stadt kann ich gleich dafür

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sorgen, daß Leute aufbrechen und euch entgegengraben.«

»Was hat denn der Karli eigentlich?« fragte Helmut, et-

was ruhiger.

»Das weiß ich nicht genau«, erwiderte Herr Wiedmann,

»aber es könnte sein, daß er Diphtherie hat. Das ist eine

sehr gefährliche Krankheit, und wenn er sie wirklich hat,

dann muß er schnellstens zu einem Arzt, der ihm Medi-

zin gibt.«

Die kleine, zarte Hanna, die wortlos und mit weit aufge-

rissenen Augen zugehört hatte, drängte sich plötzlich

nach vorne, hängte sich an Herrn Wiedmanns Arm und

rief verzweifelt: »Bitte, Onkel, nimm wenigstens mich

mit, wenn du gehst! Ich werde dir gewiß nicht im Weg

sein, aber ich will nicht hierbleiben! Ich habe solche

Angst!«

»Liebe Hanna«, sagte Tante Beate, »die anderen Kinder

haben bestimmt auch Angst! Was soll Herr Wiedmann

sagen, wenn sie alle mitgenommen werden wollen?«

»So viel Angst wie ich können sie gar nicht haben«, sagte

Hanna.

»Vielleicht haben sie nicht so viel Angst wie du, aber be-

stimmt möchten sie genauso gerne von hier fort. Und sie

haben doch alle dasselbe Recht dazu, findest du nicht?«

»O ja, das schon«, sagte Hanna leise und trat etwas zu-

rück, wobei sie Herrn Wiedmanns Arm wieder losließ.

»Na siehst du!« sagte Tante Beate. »Und du möchtest

doch nicht, daß man dir erlaubt mitzugehen, wenn man es

allen anderen verbieten muß?«

»Nein, das möchte ich nicht«, sagte Hanna noch leiser.

Martin klopfte ihr auf die Schulter und sagte: »Weshalb

hast du eigentlich Angst? Ich bin doch da!«

Und sogar Helmut, der mürrisch danebengestanden war,

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sagte jetzt viel freundlicher: »Na, und ich doch schließlich

auch!«

Hanna lächelte ihm schwach zu. Es tat ihr leid, daß sie

überhaupt davon gesprochen hatte, wie gerne sie mit

Herrn W i e d m a n n gegangen wäre.

Tante Beate war aufgestanden.

»Hört einmal alle zu«, sagte sie. »Ihr sollt nicht den Ein-

druck haben, daß nur das geschieht, was die Erwachsenen

sagen. Ihr h a b t alle gehört, worum es geht. Karli ist

krank, er m u ß ins Krankenhaus. Herr Wiedmann kann

aber nur ihn allein mitnehmen, weil es sonst zu lange

dauert.« T a n t e Beate machte eine Pause und sah sich im

Autobus um. Alle hörten ihr zu. Sogar das dicke schwar-

ze Schaf tat so, als verstünde es jedes Wort.

»Das haben wir, die Erwachsenen, euch vorgeschlagen«,

fuhr Tante Beate dann fort. »Aber wenn ihr der Ansicht

seid, daß ihr ein ebenso großes Recht darauf habt, mit

Herrn W i e d m a n n zu gehen, wie Karli, dann könnt ihr es

sagen. Und wenn mehr mitgehen als hierbleiben wollen,

dann werden wir ihn eben alle begleiten. Nur daß dann

Karli vielleicht zu spät ins Krankenhaus kommt. Das

müßt ihr euch überlegen!«

Herr W i e d m a n n sagte: »Und außerdem müßt ihr euch

überlegen, wie euch wohl zumute wäre, wenn ihr jetzt

selber Diphtherie hättet!«

»Ja«, sagte Tante Beate. »So ist es! Und jetzt heben alle,

die mit Herrn W i e d m a n n gehen wollen, die Hand hoch!«

Sie wartete.

Die Kinder, die vorne standen, sahen sich um. Aber nie-

mand hatte die Hand gehoben. N u r Hannas Arm ging,

wie von selber, halb in die Höhe, aber sie drückte ihn

ganz schnell wieder herunter.

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»Das ist schön von euch«, sagte Tante Beate.

»Das war doch selbstverständlich«, sagte Helmut laut.

»Wenn der arme Karli doch k r a n k ist!«

Herr W i e d m a n n blickte ihn überrascht an, denn Helmut

hatte kurz vorher ganz andere Dinge gesagt, aber dann

lächelte er erfreut und sagte: »So ist es recht, Helmut!«

Danach richtete er seine W o r t e wieder an alle. »Ich glau-

be«, sagte er, »ich habe in Salzburg auch einen Schlitten

hinten beim Gepäck verstaut. W e m gehört denn der?«

»Mir!« rief eine dünne Stimme. Sie gehörte einem klei-

nen Mädchen mit langen Zöpfen, das eine H a n d hob.

»Wie heißt du denn?« fragte Herr W i e d m a n n .

»Agathe«, sagte das Mädchen.

»Würdest du mir deinen Schlitten leihen, Agathe?«

Das kleine Mädchen mit den Zöpfen schluckte schwer.

»Es ist ein ganz neuer Schlitten«, sagte es. »Ich habe ihn

erst vorgestern vom Christkind bekommen!« Es schluckte

noch einmal und fügte hinzu: »Und ich habe meiner

Mami versprochen, daß ich ihn nicht herleihen werde.«

»Aber das wäre ja auch kein gewöhnliches Herleihen«,

sagte Tante Beate. »Schau einmal, Herr W i e d m a n n und

Karli haben einen weiten W e g vor sich, und Karli ist

krank. Vielleicht k a n n er schon bald nicht mehr allein

laufen. Und Herr W i e d m a n n k a n n ihn doch unmöglich

den ganzen W e g auf dem Rücken tragen. W e n n du uns

deinen Schlitten leihen wolltest, dann wäre es viel leich-

ter für Karli.« Agathe drehte hilflos an ihren Zöpfen.

»Na?« sagte Tante Beate.

»Aber paßt auf, daß ihr ihn nicht kaputtmacht«, sagte

Agathe schließlich rasch und mit gesenktem Kopf. Die

anderen Kinder klatschten Beifall, und Agathe eilte nach

hinten, wo sie ihren prächtigen neuen Schlitten unter

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