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Sarah sah sie mit einem durchdringenden Blick an.

»Was ist los, Em?«

»Ich habe einen kleinen Plan«, antwortete Mrs. Lacey fröhlich. »Ich glaube, sie paßt genau zu David. Ich weiß natürlich, daß er fürchterlich in dich verliebt gewesen ist, liebe Sarah, aber du kannst ja nichts mehr mit ihm anfangen, weil er nun einmal nicht dein Typ ist. Ich möchte ihn gern wieder glücklich sehen, und ich glaube, Diana paßt gut zu ihm.«

»Was bist du für eine Kupplerin, Em!«

»Ich weiß. Alte Frauen sind das immer. Mir scheint, Diana hat schon ein Auge auf ihn geworfen. Glaubst du nicht auch, daß sie genau die Richtige für ihn ist?«

»Ich würde das nicht behaupten. Diana ist viel zu - nun ja, zu exaltiert, viel zu humorlos. Wenn er mit ihr verheiratet ist, wird er sich meiner Meinung nach schrecklich langweilen.«

»Na ja, wir werden es ja sehen. Du willst ihn doch auf keinen Fall mehr, Liebling, oder?«

»Nein, wirklich nicht«, gab Sarah schnell zur Antwort. Dann fragte sie plötzlich unvermittelt: »Desmond gefällt dir doch, nicht wahr, Em?«

»Er ist charmant, ja, ja«, antwortete Mrs. Lacey.

»Großvater mag ihn nicht.«

»Nein, das kannst du wohl kaum von ihm erwarten. Aber er wird sich ändern, wenn er sich erst einmal an die Tatsache gewöhnt hat. Du darfst ihn nur nicht drängen, meine liebe Sarah. Alte Leute ändern ihre Meinung nur langsam, und dein Großvater ist dazu noch halsstarrig.«

»Was Großvater denkt oder sagt, ist mir egal. Ich heirate Desmond, wenn es mir gefällt.«

»Ich weiß, Liebes, ich weiß ... Aber sei doch einmal realistisch! Dein Großvater könnte dir viele Steine aus dem Weg räumen, das weißt du ja wohl. Außerdem bist du noch nicht volljährig. In einem Jahr kannst du erst tun und lassen, was du willst. Dann hat auch Horace nichts mehr dagegen.«

»Du bist auf meiner Seite, nicht wahr?« fragte Sarah.

»Ich möchte, daß du glücklich wirst«, entgegnete Mrs. Lacey. »Ah, da kommt ja der junge Mann mit dem Auto. Weißt du, ich mag diese engen Hosen, die die Männer heutzutage tragen. Sie sehen sehr schick aus - aber sie betonen natürlich auch X-Beine.«

Ja, erschrak Sarah, Desmond hat ja X-Beine. Sie hatte es bisher noch nicht bemerkt.

»Geh nun, Liebling, und amüsiere dich gut!«

Mrs. Lacey blickte Sarah nach, wie sie zum Auto ging. Dann erinnerte sie sich an ihren Gast aus dem Ausland und ging in die Bibliothek. Als sie zur Tür hineinschaute, sah sie allerdings, daß Hercule Poirot eingeschlummert war. Sie lächelte vor sich hin, während sie durch die Halle in die Küche ging, um noch einiges mit Mrs. Ross zu besprechen.

»Komm, Süße!« sagte Desmond. »Macht deine Familie Theater, weil du mit mir in ein Lokal gehen willst? Die sind hier Jahre zurück, was?«

»Nein, sie machen kein Theater«, antwortete Sarah gereizt, während sie ins Auto stieg.

»Was will dieser Ausländer hier? Er ist Detektiv, nicht wahr? Was will ein Detektiv hier?«

»Er ist nicht beruflich hier. Edwina Morecombe, meine Patentante, hat uns gebeten, ihn aufzunehmen. Ich glaube, er hat sich schon lange von seinem Beruf zurückgezogen.«

»Klingt, als ob er ein ausgedienter alter Droschkengaul wäre.«

»Ich glaube, er möchte ein altenglisches Weihnachtsfest miterleben«, erklärte Sarah nicht gerade überzeugend.

Desmond lachte verächtlich.

»So ein Quatsch! Ich frage mich nur, wie du so ein Weihnachten aushalten kannst.«

Sarah warf ihr rotes Haar zurück, und ihr energisches Kinn schob sich vor.

»Mir gefällt es!« Trotzig stieß sie die Worte hervor.

»Nein, Baby, es kann dir nicht gefallen. Morgen machen wir Schluß. Wir fahren nach Scarborough oder sonstwohin.«

»Unmöglich.«

»Warum denn?«

»Ich würde sie verletzen.«

»Fauler Zauber! Dir macht doch dieser kindische, sentimentale Blödsinn im Grunde auch keinen Spaß.«

»Nun ja, im Grunde vielleicht nicht, aber ...«

Sie fühlte sich schuldig, weil ihr bewußt wurde, daß sie Weihnachten aufrichtig herbeisehnte. Es war ein schönes Fest, aber sie schämte sich, es Desmond gegenüber einzugestehen. Mit diesem Schuldgefühl konnte sie das Fest und das Familienleben nicht genießen. Einen Augenblick lang wünschte sie, Desmond wäre jetzt nicht hier. Sie wünschte sich tatsächlich, daß Desmond niemals hergekommen wäre. Es war für sie schöner, Desmond in London zu sehen, nicht aber hier zu Hause.

Inzwischen waren die Jungen und Bridget wieder vom See zurückgekehrt. Sie diskutierten noch ernsthaft über die Probleme, die das Schlittschuhlaufen mit sich brachte. Ab und zu hatte es geschneit.

»Es wird die ganze Nacht schneien«, prophezeite Colin. »Ich wette, der Schnee wird bis zum Weihnachtsmorgen viele Zentimeter hoch liegen.«

Das war eine erfreuliche Aussicht.

»Wir bauen einen Schneemann«, schlug Michael vor.

»Guter Gott«, antwortete Colin, »ich habe zum letztenmal einen Schneemann gebaut, als ich vier Jahre alt war.«

»Ich fürchte, das ist ziemlich schwierig«, meinte Bridget.

»Wir könnten Monsieur Poirot kopieren«, schlug Colin vor. »Einen schwarzen Schnurrbart bekommt er. In der Frisierkommode ist einer.«

»Weißt du, ich kann mir nicht vorstellen, daß Monsieur Poirot mal Detektiv gewesen ist. Ich kann mir überhaupt nicht vorstellen, daß er sich verkleiden könnte«, sagte Michael nachdenklich.

»Das stimmt«, pflichtete Bridget bei, »man kann sich nicht vorstellen, daß er mit einem Mikroskop herumläuft, Spuren sucht oder Fußabdrücke ausmißt.«

»Ich habe eine Idee«, sagte Colin. »Wir können für ihn eine Schau abziehen.«

»Was willst du damit sagen?« fragte Bridget.

»Wir inszenieren einen Mord für ihn.«

»Das ist eine großartige Idee!» rief Bridget aus. »Meinst du eine Leiche im Schnee oder so etwas Ähnliches?«

»Ja. Er würde sich dann bei uns wie zu Hause fühlen, oder?«

Bridget kicherte.

»Ich weiß nicht, ob ich es so weit treiben würde.«

»Wenn es schneit«, sagte Colin, »haben wir einen idealen Rahmen für das Ganze. Eine Leiche und Fußspuren ... Wir müssen uns alles sorgfällig überlegen. Wir müssen einen Dolch aus Großvaters Sammlung stehlen und ein bißchen Blut herbeischaffen.«

Sie blieben stehen und begannen hitzig zu diskutieren. Sie bemerkten dabei gar nicht, daß es heftig zu schneien anfing.

»Im alten Klassenzimmer liegt noch ein Farbkasten. Damit könnten wir Blut mischen; am besten mit Karmesinrot.«

»Ich glaube, daß Karmesinrot zu hell ist«, meinte Bridget. »Die Farbe müßte dunkler sein.«

»Wer will die Leiche sein?« fragte Michael.

»Ich bin die Leiche«, antwortete Bridget schnell.

»Hör mal zu«, sagte Colin, »ich bin die Leiche.«

»Nein, auf keinen Fall. Ich bin richtig dafür. Es muß ein Mädchen sein ... Ein schönes Mädchen liegt leblos im Schnee!«

»Ein schönes Mädchen! Ha-ha«, lachte Michael spöttisch.

»Ich habe sogar schwarzes Haar.«

»Was hat das damit zu tun?«

»Nun ja, das sieht im Schnee besonders gut aus, und ich werde meinen roten Schlafanzug anziehen.«

»Wenn du einen roten Schlafanzug anhast, kann man die Blutflecken nicht sehen«, widersprach Michael.

»Aber der Anzug hat weiße Aufschläge, darauf könnte doch das Blut sein. Wäre das nicht großartig? Glaubst du wirklich, daß er darauf hereinfällt?«

»Er fällt darauf herein, wenn wir es richtig machen«, antwortete Michael. »Deine Fußspuren werden im Schnee sein und die einer anderen Person. Die Spuren führen bis zur Leiche, dann zweigen sie ab - natürlich sind das die Spuren eines Mannes. Poirot wird die Spuren nicht verwischen wollen, deshalb wird er auch nicht merken, daß du gar nicht tot bist. Glaubt ihr das etwa nicht?«