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Nun hatte das Radio annähernd die Form eines Umhangs; Stahls Schneider hatten an den Schultern und am Bauch Verschlussspangen hinzugefügt. Aber es war dem kleinen Amdi viel zu groß. Es stand um ihn herum wie ein Zelt. »Seht ihr? Seht ihr?« Der winzige Kopf ragte hervor und blickte erst Stahl, dann Tyrathect an, in der Hoffnung, sie möchten ihm glauben.

Jefri sagte etwas. Das Amdi-Rudel kreischte ärgerlich zurück. Dann: »Jefri macht sich andauernd Sorgen, aber jemand muss die Radios ausprobieren. Es gibt ein kleines Problem mit der Geschwindigkeit. Radio geht viel schneller als Schall. Jefri hat einfach Angst, es könnte so schnell sein, dass es das Rudel, welches es benutzt, verwirrt. Das ist Unsinn. Um wie viel schneller könnte es denn sein als Denken mit den Köpfen zusammen?« Es klang wie eine Frage. Tyrathect/Flenser lächelte. Das Welpenrudel konnte nicht richtig lügen, doch er erriet, dass Amdi die Antwort auf seine Frage kannte — und dass sie ihm nicht in den Kram passte.

Auf der anderen Seite des Saales hörte Stahl mit vorgereckten Köpfen zu — ein Bild wohlwollender Geduld. »Es tut mir Leid, Amdi. Es ist einfach zu gefährlich, als dass du der Erste sein könntest.«

»Aber ich bin tapfer! Und ich will helfen.«

»Tut mir Leid. Wenn wir wissen, dass es ungefährlich ist…«

Amdi stieß einen Schrei der Entrüstung aus, viel höher als normale Zwischenrudel-Sprache, fast in der Tonlage des Denkens. Er lief um Jefri herum und rempelte dessen Beine mit seinen Hinterteilen an. »Heimtückischer Verräter!«, schrie er und setzte die Beleidigungen auf Samnorsk fort.

Es dauerte etwa zehn Minuten, bis er sich halbwegs beruhigt hatte. Er und Jefri saßen am Boden und murrten miteinander in Samnorsk. Tyrathect beobachtete die beiden und Stahl auf der anderen Seite des Raumes. Wenn Ironie Geräusche machen würde, wären sie inzwischen alle taub. Ihr ganzes Leben lang hatten Flenser und Stahl andere Experimenten unterworfen — für gewöhnlich mit tödlichen Folgen. Nun hatten sie ein Opfer, das buchstäblich darum bettelte, Opfer sein zu dürfen — und das abgewiesen werden musste. Selbst wenn Jefri keine Einwände erhoben hätte, war das Amdi-Rudel zu wertvoll, als dass man es aufs Spiel setzen konnte. Zudem war Amdi ein Achtsam. Es war ein Wunder, dass so ein großes Rudel überhaupt funktionieren konnte. Welche Gefahren das Radio auch in sich barg, für ihn waren sie viel größer.

Also würde ein passendes Opfer gefunden werden. Ein passender armer Schlucker. Sicherlich gab es davon massenhaft in jenen Verliesen unter der Verborgenen Insel. Tyrathect dachte zurück an all die Rudel, die getötet zu haben sie sich erinnern konnte. Wie sehr sie Flenser hasste, seine berechnende Grausamkeit. Ich bin um so vieles schlechter als Stahl. Ich habe Stahl gemacht. Sie rief sich ins Gedächtnis, wo ihre Gedanken die letzte Stunde über gewesen waren. Das war einer von den schlechten Tagen, einer von den Tagen, an denen Flenser aus den Winkeln ihres Verstandes hervorkroch, wenn sie die Kraft der Vernunft höher und höher ausspielte, bis daraus kalte Rationalität wurde, und aus ihr er. Dennoch, ein paar Sekunden lang hatte sie vielleicht noch die Gewalt. Was konnte sie damit tun? Eine Seele, die stark genug war, konnte sich selbst verleugnen, konnte eine andere Persönlichkeit werden… konnte, wenn es zum Äußersten kam, mit sich selbst Schluss machen.

»Ich… ich will das Radio erproben.« Die Worte waren fast eher ausgesprochen als gedacht. Schwaches, dummes Ding.

»Was?«, sagte Stahl.

Aber die Worte waren deutlich gewesen, und Stahl hatte es gehört. Das Flenser-Fragment lächelte trocken. »Ich möchte sehen, was das Radio zustande bringt. Lass es mich versuchen, lieber Stahl.«

Sie nahmen die Radios in den Hof hinaus, auf die Seite des Sternenschiffs, die den Blicken der Allgemeinheit verborgen war. Hier wären nur Amdijefri, Stahl und wer immer ich momentan gerade bin. Das Flenser-Fragment lachte gegen die aufsteigende Furcht an. Disziplin, hatte sie gedacht! Vielleicht war es so am besten. Er stand in der Mitte des Hofes und ließ sich von dem Menschen in die Radiokleidung helfen. Seltsam, ein anderes vernunftbegabtes Wesen so nahe und ihn überragen zu sehen.

Jefris unglaublich feingliedrige Pfoten ordneten die Jacken lose auf seinen Rücken an. Das Futter war weich, dämpfend. Und im Unterschied zu normaler Kleidung bedeckten die Radios die Trommelfelle des Trägers. Der Junge versuchte zu erklären, was er gerade tat. »Siehst du? Dieses Ding« — er zog an der Ecke des Umhangs — »kommt über den Kopf. An der Innenseite ist (unverständlich), das aus Tönen Radio macht.«

Das Fragment schreckte zurück, als der Junge versuchte, die Klappe nach vorn zu ziehen. »Nein. Ich kann nicht denken, wenn ich diese Umhänge anhabe.« Nur so, wie er dastand, alle Glieder nach innen gewandt, konnte das Fragment das volle Bewusstsein bewahren. Schon jetzt trieben die schwächeren Teile von ihm auf die Panik der Isolation zu. Das Bewusstsein, das Tyrathect war, würde heute etwas lernen.

»Oh, Verzeihung.« Jefri wandte sich um und sagte zu Amdi etwas über die Verwendung des alten Entwurfs.

Amdi stand mit den Köpfen beisammen vielleicht dreißig Fuß entfernt. Alle von ihm blickten finster drein, beleidigt, dass man ihn abgewiesen hatte, nervös, weil der Zweibeiner nicht bei ihm war. Doch als die Vorbereitungen weitergingen, verloren sich die finsteren Blicke. Die Augen des Welpenrudels wurden groß von glücklicher Faszination. Das Fragment fühlte eine Welle von Zuneigung für die Welpen, die fast zu schnell kam und wieder verschwand, als dass es im Bewusstsein registriert wurde.

Nun schob sich Amdi näher heran und machte sich dabei die Tatsache zunutze, dass die Umhänge viel von den Denklauten des Fragments dämpften. »Jefri sagt, vielleicht hätten wir nicht versuchen sollen, das Gedanken-Radio zu machen«, sagte er. »Aber es wird so viel besser sein. Ich weiß es! Und«, sagte er mit vordergründiger Verschlagenheit, »ihr könnt es immer noch mich versuchen lassen.«

»Nein, Amdi. So muss es sein.« Stahls Stimme war ganz sanfte Sympathie. Nur das Flenser-Fragment konnte das breite Grinsen von ein paar Gliedern des Fürsten sehen.

»Gut, in Ordnung.« Die Welpen kamen noch ein wenig näher. »Habt keine Angst, Fürst Tyrathect. Wir haben die Radios eine Zeit lang in der Sonne gehabt. Sie müssen eine Menge Kraft haben. Damit sie funktionieren, zieht ihr einfach alle Riemen eng, sogar die am Halse.«

»Alle zugleich?«

Amdi zappelte ein wenig. »So ist es wahrscheinlich am besten. Sonst gibt es so ein Durcheinander der Geschwindigkeiten, dass…« Er sagte etwas zu dem Zweibeiner.

Jefri beugte sich nahe herab. »Dieser Riemen kommt hierhin, und der hierhin.« Er zeigte auf die Laschen aus Flechtenbein, die die Kopfbedeckung festzogen. »Und dann zieht einfach mit dem Mund hieran.«

»Je stärker man zieht, um so lauter ist das Radio«, fügte Amdi hinzu.

»Gut.« Das Fragment nahm sich zusammen. Er ruckte mit den Achseln die Jacken zurecht und zog Schulter- und Bauchriemen fest. Eine tödliche Dumpfheit. Die Jacken schienen fast mit seinen Trommelfellen zu verschmelzen. Er betrachtete sich selbst und rang verzweifelt um den Rest des Bewusstseins. Die Jacken waren schön, magische Dunkelheit, aber mit einer Spur vom Gold und Silber eines Flenserfürsten. Schöne Folterwerkzeuge. Selbst Stahl hatte sich eine derart wahnwitzige Rache nicht einfallen lassen. Oder?