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»Entschlüssel das Zeug«, sagte Svensndot knapp. Die letzten Wochen hatten gezeigt, dass diese Gesellschaft kläglich versagte, wenn es um militärische Nachrichtendienste und Signale ging. Da konnten sie aus diesen Fehlleistungen auch einen Vorteil ziehen.

»Jawohl!« Glimfrell tippte auf eine einzelne Taste. Irgendwo im Signalprozessor der Ølvira wurde ein langes Segment ›zufälligen‹ Rauschens in Rahmen aufgeteilt und exakt dem ›zufälligen‹ Rauschen der empfangenen Datenrahmen überlagert. Es gab eine merkliche Pause (verdammter Grund!), und dann erschien im Kommunikationsfenster ein flaches Videobild.

»… vierte Wiederholung dieser Botschaft.« Die Worte waren Samnorsk, in einem reinen Dialekt von Herte i Sjandra. Die Sprecherin war… Einen Moment lang, der sein Herz stocken machte, sah er wieder Ølvira, lebendig. Er atmete langsam aus, versuchte sich zu entspannen. Schwarzhaarig, schlank, violettäugig — ganz wie Ølvira. Und ganz wie noch eine Million Frauen von Sjandra Kei. Es bestand eine Ähnlichkeit, doch so schwach, dass er sie früher niemals wahrgenommen hätte. Für einen Augenblick konnte er sich ein Universum außerhalb ihrer verlorenen Flotte und Ziele außerhalb von Vergeltung vorstellen. Dann zwang er seine Aufmerksamkeit wieder zur Sache, damit er so viel wie möglich in den Bildern des Fensters sah.

Die Frau sagte: »Wir werden sie noch dreimal wiederholen. Wenn Sie bis dahin noch nicht antworten, werden wir es mit einem anderen Ziel versuchen.« Sie wich von der Aufnahmekamera zurück und erlaubte einen Blick in den Raum hinter ihr. Er war tief, mit niedriger Decke. Ein Bildschirm mit Ultraantriebs-Spuren beherrschte den Hintergrund, doch Svensndot beachtete ihn kaum. Im Hintergrund sah er zwei Skrodfahrer. Einer trug auf seinem Skrod Streifen, die auf eine Handelstradition mit Sjandra Kei hindeuteten. Der andere musste ein Minderer Skrodfahrer sein, sein Skrod war klein und ohne Räder. Die Kamera schwenkte, konzentrierte sich auf eine vierte Gestalt. Einen Menschen? Wahrscheinlich, aber nicht von nyjoranischer Abstammung. Zu anderen Zeiten wäre diese Erscheinung eine große Neuigkeit in allen Menschenzivilisationen im Jenseits gewesen. Nun registrierte Svensndot diesen Punkt nur als weiteres Verdachtsmoment.

Die Frau fuhr fort: »Sie sehen, dass wir Menschen und Skrodfahrer sind. Wir sind die gesamte Besatzung der Aus der Reihe II. Wir sind weder Teil der Allianz für die Verteidigung noch Agenten der PEST… Doch wir sind in der Tat der Grund dafür, dass sich ihre Flotten hier unten befinden. Wenn Sie das verstehen, dann sind Sie sicherlich von Sjandra Kei. Wir müssen mit Ihnen reden. Bitte benutzen Sie für die Antwort die Schlusssequenz der Matrix, die diese Botschaft entschlüsselt.« Das Bild flackerte, und wieder erschien das Gesicht der Frau im Vordergrund. »Dies ist die fünfte Wiederholung dieser Botschaft«, sagte sie. »Wir werden sie noch zweimal wiederholen…«

Glimfrell schaltete den Ton ab. »Wenn sie es ernst meint, bleiben uns ungefähr hundert Sekunden. Was nun, Kapitän?«

Auf einmal war die Ølvira kein unbedeutender Nachzügler mehr. »Wir antworten«, entschied Svensndot.

Die Antwort und die Empfangsbestätigung darauf waren eine Sache von Sekunden. Danach… genügten fünf Minuten Unterredung mit Ravna Bergsndot, um Kjet davon zu überzeugen, dass die Flottenzentrale hören musste, was sie zu sagen hatte. Sein Schiff würde nur eine Relaisstation sein, aber wenigstens hatte es etwas sehr Wichtiges weiterzuleiten.

Die Flottenzentrale weigerte sich, die volle Bildübertragung zu empfangen, die von der Aus der Reihe kam. Jemand im Flaggschiff hielt starr an den Standardprozeduren fest — und kompromittierte Codeschlüssel zu verwenden, brachten sie nicht über sich. Selbst Kjet musste sich mit einer Gefechtsverbindung zufrieden geben: Der Bildschirm zeigte ein Farbbild mit hoher Auflösung. Wenn man genau hinsah, merkte man, dass es eine armselige Animation war… Kjet erkannte Eignerin Limmende und Jan Skrits, ihren Stabschef, doch sie sahen etliche Jahre aus der Mode aus: alte Videoaufnahmen, die von übertragenen Animationsroutinen gesteuert wurden. Der tatsächliche Übertragungskanal umfasste weniger als viertausend Bit pro Sekunde; die Zentrale ging kein Risiko ein.

Gott allein wusste, was sie als Phantombild von Pham Nuwen sahen. Der rauchäugige Mensch hatte seinen Standpunkt schon mehrmals dargelegt. Er hatte so wenig Erfolg, wie Ravna Bergsndot vor ihm. Seine kühle Manier hatte er allmählich eingebüßt.

Auf seinem Gesicht begann sich Verzweiflung abzuzeichnen. »… und ich sage Ihnen, sie sind beide unsere Feinde. Gewiss, die Allianz für die Verteidigung hat Sjandra Kei vernichtet, doch die PEST ist für die Situation verantwortlich, die das ermöglicht hat.«

Die halb einer Karikatur ähnelnde Gestalt von Jan Skrits warf einen Blick auf Eignerin Limmende. Mein Gott, was sind die Animationen am Grund doch schludrig, dachte Svensndot. Als Skrits sprach, passte seine Stimme nicht einmal zu den Lippenbewegungen: »Wir lesen durchaus die Nachrichten in ›Bedrohungen‹ , Herr Nuwen. Die Pestgefahr ist als Vorwand benutzt worden, um unsere Welten zu vernichten. Wir werden nicht aufs Geratewohl Mordzüge unternehmen, schon gar nicht gegen eine Organisation, die offensichtlich der Feind unseres Feindes ist… Oder wollen Sie behaupten, die PEST sei insgeheim mit der Allianz zur Verteidigung verbündet?«

Pham zuckte wütend die Achseln. »Nein. Ich habe keine Ahnung, wie die PEST zur Allianz steht. Aber Sie müssten wissen, welche Untaten die PEST verübt hat, Dinge, die diese ›Allianz‹ bei weitem übertreffen.«

»Ach ja. Davon ist im Netz die Rede, Herr Nuwen. Doch diese Ereignisse liegen Tausende von Lichtjahren weit entfernt. Sie sind durch vielfache Übertragungssprünge und unbekannte Übersetzungen gegangen, ehe sie überhaupt im Mittleren Jenseits eintrafen — selbst, wenn die Geschichten zu Beginn wahr gewesen sein sollten. Es heißt nicht umsonst das Netz der Million Lügen.«

Das Gesicht des Fremden verdüsterte sich. Er sagte laut und zornig etwas in einer Sprache, die fast in nichts an die Nyjora erinnerte. Die Töne sprangen auf und ab, fast wie das Zwitschern der Dirokime. Er zwang sich mit sichtlicher Anstrengung zur Beherrschung, doch als er fortfuhr, hatte sein Samnorsk einen noch stärkeren Akzent als zuvor. »Ja. Aber eins sage ich Ihnen. Ich habe den Untergang von Relais miterlebt. Die PEST übertrifft die schlimmsten Gräuel, die Sie jemals gehört haben. Die Ermordung von Sjandra Kei war ihr kleinster Nebeneffekt. Werden Sie uns gegen die Pestflotte helfen?«

Eignerin Limmende schob ihre massige Gestalt in ihr Sesselgespinst zurück. Sie schaute ihren Stabschef an, und die beiden unterhielten sich unhörbar. Kjets Blick wanderte an ihnen vorbei; das Steuerdeck des Flaggschiffs erstreckte sich ein Dutzend Meter hinter Limmende. Subalterne Offiziere bewegten sich lautlos hin und her, manche verfolgten das Gespräch. Das Bild war scharf und deutlich, doch wenn sich die Gestalten bewegten, taten sie es unbeholfen wie Karikaturen. Und manche Gesichter gehörten Leuten, die, wie Kjet wusste, vor dem Untergang von Sjandra Kei auf andere Schiffe versetzt worden waren. Die Prozessoren hier auf der Ølvira nahmen das in der Bandbreite eingeschränkte Signal von der Flottenzentrale entgegen, ergänzten es um einen detaillierten (und veralteten) Hintergrund und erzeugten das dargestellte Bild. Nie wieder Animationen nach dieser hier, gelobte sich Svensndot, zumindest solange wir hier unten sind.