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Glimfrell lehnte sich von seinem Pult zurück. »Hei — willkommen also in der Langsamen Zone.«

Die Langsame Zone. Ravna Bergsndot schaute über das Deck der Aus der Reihe II. Irgendwie hatte sie sich im Hintergrund ihrer Gedanken das Langsam als eine beengende Dunkelheit vorgestellt, bestenfalls von Fackeln erhellt, das Reich von Schwachköpfen und mechanischen Rechenmaschinen. In Wahrheit sah es nicht viel anders als vorher aus. Decke und Wände leuchteten ganz wie zuvor. Die Sterne schienen noch durch die Bildschirmfenster (nur dass es jetzt sehr lange dauern konnte, ehe sich einer von ihnen bewegte).

Es waren die anderen Bildschirme der ADR, die die Veränderungen am augenscheinlichsten darstellten. Die Ultraspuren-Einheit blinkte monoton, und eine rote Aufschrift zeigte die seit der letzten Aktualisierung der Werte vergangene Zeit an. Die Navigationsfenster waren voll von den Ausgaben der Diagnoseroutinen, die die Antriebsprozessoren testeten. Eine hörbare Meldung in Triskweline wiederholte immer wieder: »Achtung. Übergang ins Langsam registriert. Sofort Rücksprung ausführen! Achtung. Übergang ins Langsam registriert. Sofort…«

»Schalt das ab!« Ravna ergriff den Sattel und schnallte sich an. Sie fühlte sich richtig benommen, obwohl das eine (sehr natürliche) Panik sein konnte. »Das ist vielleicht ein Grundschlepper! Wir fliegen geradewegs in die Langsame Zone hinein, und er kann weiter nichts, als nachher Warnungen auszuteilen!«

Grünmuschel schwebte näher heran, indem sie sich wie auf Zehenspitzen mit ihren Ranken von der Decke abstieß. »Selbst Grundschlepper können so etwas nicht vermeiden, meine Dame Ravna.«

Pham sagte etwas zum Schiff, und die meisten Bildschirme erloschen.

Blaustieclass="underline" »Sogar ein großer Zonensturm erstreckt sich normalerweise nicht weiter als ein paar Lichtjahre. Wir waren zweihundert Lichtjahre über der Zonengrenze. Was uns getroffen hat, muss eine ungeheure Flutwelle sein, die Sorte, von der man nur in Archiven liest.«

Ein schwacher Trost. »Wir wussten, dass so etwas geschehen konnte«, sagte Pham. »In den letzten Wochen war ziemlich viel los.« Zur Abwechslung schien er sich nicht allzu sehr zu ärgern.

»Ja«, sagte sie. »Wir haben damit gerechnet, vielleicht langsamer zu werden, aber doch nicht das Langsam.« Wir sitzen in der Falle. »Wo liegt das nächste bewohnbare System? Zehn Lichtjahre entfernt? Fünfzig?« Die Vorstellung von der Dunkelheit war nun wahr geworden, und der Sternenhimmel jenseits der Schiffswände war nicht mehr freundlich und beruhigend. Sie waren von endlosem Nichts umgeben und bewegten sich mit einem verschwindenden Bruchteil der Lichtgeschwindigkeit… eingesargt; all der Mut von Kjet Svensndot und seiner Mannschaft vergebens; Jefri Olsndot für immer ohne Rettung.

Phams Hand berührte ihre Schulter, die erste Berührung seit… Tagen? »Wir können es immer noch zur Klauenwelt schaffen. Das ist ein Grundschlepper, weißt du noch? Wir sind nicht gefangen.

Zum Teufel, der Staustrahlantrieb in dieser Karre ist besser als alles, was ich je in der Dschöng Ho hatte. Und damals hielt ich mich für den freiesten Menschen im Weltall.«

Jahrzehnte unterwegs, die meiste Zeit im Kälteschlaf. So war die Welt der Dschöng Ho gewesen, die Welt von Phams Erinnerungen. Ravna atmete stoßweise aus und lachte schwach. Für Pham hatte der schreckliche Druck abgenommen, zumindest vorübergehend. Er konnte Mensch sein.

»Was ist da so komisch?«, fragte Pham.

Sie schüttelte den Kopf. »Wir alle. Egal.« Sie atmete ein paarmal langsam durch. »In Ordnung. Ich glaube, ich bin zu einer vernünftigen Unterhaltung imstande. Die Zone ist also hochgeschwappt. Etwas, das normalerweise tausend Jahre braucht — sogar bei einem Sturm —, um sich ein einziges Lichtjahr weit zu verlagern, hat sich plötzlich um zweihundert verschoben. Ha! Noch in einer Million Jahren werden Leute davon in den Archiven lesen. Ich bin mir nicht sicher, ob ich so viel Ehre haben möchte… Wir wussten, dass es einen Sturm gab, aber ich hätte nie erwartet, unterzugehen«, im Meer versunken, Lichtjahre tief.

»Der Vergleich mit einem Sturm auf See trifft nicht ganz zu«, sagte Blaustiel. Der Skrodfahrer war noch an der anderen Seite des Decks, wohin er sich zurückgezogen hatte, nachdem er dem Kapitän von Sjandra Kei seine Frage gestellt hatte. Er sah noch immer bestürzt aus, obwohl er wieder exakt und pingelig klang. Blaustiel studierte den Navigationsbildschirm, offensichtlich eine’ Aufzeichnung unmittelbar vor der Flutwelle. Er kopierte das Bild auf eine Anzeigetafel und rollte langsam über die Decke auf sie zu. Grünmuschels Wedel streiften ihn sanft, als er vorbeikam.

Er ließ die Anzeigetafel in Ravnas Hände schweben und fuhr in seinem belehrenden Ton fort. »Sogar bei einem Sturm auf dem Meer ist die Wasseroberfläche niemals so verwirbelt wie bei einer großen Störung der Grenzschicht. Die letzten Nachrichten zeigten sie als eine fraktale Oberfläche von einer Dimensionszahl nahe drei… Wie Schaum und Gischt.« Sogar er konnte die Analogie zu einem Sturm nicht vermeiden. Die Sternbilder hingen ruhig und klar hinter Kristallwänden, und das lauteste Geräusch kam von den Schiffsventilatoren. Dennoch waren sie von einem Mahlstrom verschlungen worden. Blaustiel deutete mit einem Wedel auf die Anzeigetafel. »In ein paar Stunden sind wir vielleicht wieder im Jenseits.«

»Was?«

»Sehen Sie: Die Ebene der Darstellung wird von den Positionen des vermutlichen Flaggschiffs von Sjandra Kei, des abseits fliegenden Schiffs und unserer eigenen bestimmt.« Die drei bildeten ein spitzwinkliges Dreieck, in dem die Ecken von Limmende und Svensndot eng beieinander lagen. »Ich habe die Zeiten festgehalten, wann der Kontakt zu den anderen verlorenging. Beachten Sie: Die Verbindung mit der Sicherheitsgesellschaft brach 150 Sekunden ab, ehe wir getroffen wurden. Aus dem eintreffenden Signal und seiner Anforderung von Protokolländerungen schließe ich, dass sowohl wir als auch das abseits fliegende Schiff etwa zur gleichen Zeit erfasst wurden.«

Pham nickte. »Hm. Die am weitesten entfernten Seiten verloren den Kontakt zuletzt. Das muss bedeuten, dass die Flutwelle von der Seite gekommen ist.«

»Genau!« Von seinem Halt an der Decke langte Blaustiel herunter, um auf die Tafel zu tippen. »Die drei Schiffe waren wie Sonden bei der üblichen Zonographietechnik. Wenn wir die Spuranzeigen zurückspielen, werden wir diese Schlussfolgerung sicherlich bestätigt finden.«

Ravna schaute auf die Tafel. Der spitze Winkel des Dreiecks mit der ADR am Ende zeigte fast genau ins Herz der Galaxis. »Es muss eine riesige Woge steil wie ein Klippe gewesen sein, senkrecht zur übrigen Oberfläche.«

»Eine ungeheure Welle, die seitwärts läuft!«, sagte Grünmuschel. »Und das ist auch der Grund, weshalb es nicht lange dauern wird.«

»Ja. Es sind die radialen Veränderungen, die meistens langfristig wirken. Dieses Ding muss eine Rückfront haben. Wir müssten sie in ein paar Stunden passieren — und wieder im Jenseits sein.«

Also war immer noch ein Wettlauf zu gewinnen… Oder zu verlieren.

Die ersten Stunden waren seltsam. Auf ›ein paar Stunden‹ hatte Blaustiel die Zeit geschätzt, bis sie wieder im Jenseits wären. Sie lungerten auf der Brücke herum, blickten abwechselnd zur Uhr und verdauten das sonderbare Gespräch, das soeben zu Ende gegangen war. Pham baute in sich wieder die Spannung auf, die jeden Moment losbrechen konnte. Jeden Moment konnten sie jetzt wieder im Jenseits sein. Was dann? Wenn nur ein paar Schiffe pervertiert waren, konnte Svensndot vielleicht noch einen Angriff koordinieren. Würde das etwas nützen? Pham spielte die Ultraspur-Aufzeichnungen immer wieder ab und studierte jedes auffindbare Schiff in allen Flotten. »Aber wenn wir herauskommen, wenn wir herauskommen…, werde ich wissen, was ich zu tun habe. Nicht warum ich es tun muss, sondern was.« Und mehr konnte er nicht erklären.