Выбрать главу

Sie hatten sogar manche von den Kom-Parametern sehr sorgfältig zurückgesetzt… und sie dann hastig wieder auf den alten Wert eingestellt, als nichts geschah. Vielleicht hatten sie den Änderungen nicht genug Zeit gegeben, dass sie funktionieren konnten. Vielleicht hatten sie jetzt wirklich etwas durcheinandergebracht.

Sie blieben den ganzen Nachmittag über in der Steuerkabine und fühlten abwechselnd Furcht und Langeweile und Enttäuschung. Nach vier Stunden siegte zumindest vorerst die Langeweile. Jefri war schließlich in seines Vaters Hängematte eingenickt, zwei von Amdi zusammengerollt in den Armen.

Amdi streifte müßig im Raum herum und betrachtete die Raketensteuerung. Nein… nicht einmal sein Selbstvertrauen war groß genug, damit herumzuspielen. Ein anderes von ihm rüttelte an der Wandpolsterung. Eine Zeit lang konnte er immer beobachten, wie der Pilz wuchs. Es ging alles so langsam.

Das graue Zeug hatte sich eigentlich ein gutes Stück weiter ausgebreitet als bei der letzten Betrachtung. Hinter dem Polster war es ziemlich dick. Er schob eine Nase zwischen Wand und Stoff. Es war dunkel, doch durch die Lücke an der Decke sickerte etwas Licht herein. An den meisten Stellen war der Schimmel gerade mal einen Zoll dick, aber hier hinten waren es fünf oder sechs. Genau über seiner forschenden Nase wuchs ein großer Klumpen aus der Wand. Er war so groß wie manche von den Moosornamenten, mit denen Versammlungssäle in den Burgen verziert wurden. Dünne graue Fäden wuchsen von dem Pilz herab. Fast hätte er Jefri gerufen, aber seine beiden in der Hängematte hatten es so gemütlich.

Er brachte mehrere Köpfe nahe an das fremdartige Zeug. Die Wand dahinter sah auch ein wenig seltsam aus — als ob ein Teil ihrer Substanz von dem Schimmel aufgenommen worden wäre. Und das Graue selbst — wie Rauch. Er befühlte die Fäden mit einer Nase. Sie waren fest, trocken. In seiner Nase kribbelte es. Amdi erstarrte vor jäher Überraschung. Mit den Gliedern, die ihn selbst von hinten beobachteten, sah er, dass zwei von den Fäden eben den Kopf seines Gliedes durchdrungen hatten! Und dennoch verspürte er keinen Schmerz, nur ein leichtes Kribbeln.

»Was… was?« Jefri war gerade aufgeweckt worden, als Amdi sich um ihn drängte.

»Ich habe etwas wirklich Seltsames hinter der Wandpolsterung gefunden. Ich habe diesen großen Pilzbuckel berührt, und…«

Während er sprach, wich Amdi sachte von dem Ding an der Wand zurück. Die Berührung hatte nicht wehgetan, ihn aber eher nervös als neugierig gemacht. Er spürte, wie die Fäden langsam herausglitten.

»Ich hab dir gesagt, wir sollen nicht mit dem Zeug spielen. Es ist schmutzig. Ein Glück, dass es wenigstens nicht riecht.« Jefri war aus der Hängematte gestiegen. Er durchquerte die Kabine und hob die Polsterung an. Amdis vorderstes Glied verlor das Gleichgewicht und sprang von dem Pilz weg. Es gab ein klackendes Geräusch, und er fühlte einen stechenden Schmerz in der Lippe.

»He, ist das Ding groß!« Dann, als er Amdi vor Schmerz pfeifen hörte: »Alles in Ordnung?«

Amdi wich von der Wand zurück. »Ich denke.« Die Spitze einer letzten Faser steckte noch in seiner Lippe. Es tat nicht so weh wie die Nesseln, die er ein paar Tage vorher erwischt hatte. Amdijefri sah sich die Wunde an. Was von dem rauchigen Strang übrig war, wirkte hart und spröde. Jefris Finger zogen es sachte heraus. Dann wandten sie sich beide um und bestaunten das Ding in der Wand.

»Es hat sich wirklich ausgebreitet. Sieht so aus, als ob es auch die Wand angegriffen hätte.«

Amdi betupfte seine blutige Schnauze. »Hm. Ich verstehe, warum deine Leute dir gesagt haben, du sollst dich davon fern halten.«

»Vielleicht sollten wir von Herrn Stahl alles wegschrubben lassen.«

Eine halbe Stunde lang krochen die beiden überall hinter der Polsterung herum. Das graue Zeug hatte sich weit ausgebreitet, doch es gab nur die eine Stelle, wo es so wundersame Blüten trieb. Sie kehrten dorthin zurück, um sie anzustarren, und steckten Teile der Kleidung in die Büschel. Keiner riskierte mehr eine Berührung mit Fingern oder Nasen.

Den Pilz an der Wand zu bestaunen, war bei weitem das Aufregendste, was an diesem Nachmittag geschah; es kam keine Nachricht von der ADR.

Tags darauf war das Wetter wieder heiß.

Zwei weitere Tage vergingen… und noch immer war nichts von Ravna zu hören.

Fürst Stahl schritt die Mauern ab, die den Schiffsberg krönten. Es war nahe an Mitternacht, und die Sonne hing etwa fünfzehn Grad über dem nördlichen Horizont. Schweiß durchtränkte sein Fell, dies war der wärmste Sommer seit zehn Jahren. Der trockene Wind wehte schon seit dreißig Tagen. Er war schon keine willkommene Unterbrechung der Kühle des Nordlandes mehr. Die Ernte verdorrte auf den Feldern. Rauch von den Bränden in den Fjords war als bräunlicher Dunst sowohl nördlich als auch südlich der Burg zu sehen. Anfangs war die rötliche Farbe etwas Neues gewesen, eine Abwechslung gegenüber dem endlosen Blau des Himmels und der Ferne und dem weißlichen Schleier der Seenebel. Nur anfangs. Als das Feuer Ost-Stromtal erfasste, war der ganze Himmel in Rot getaucht gewesen. Asche war den ganzen Tag herabgeregnet, und der einzige Geruch war der nach Verbranntem gewesen. Manche sagten, es sei schlimmer als die stickige Luft der Städte im Süden.

Die Soldaten auf den Mauern machten einen großen Bogen um ihn. Es war mehr als Höflichkeit, mehr als die Angst vor Stahl. Seine Truppen waren noch immer nicht an die Verhüllten gewöhnt, und die Tarnlegende, die Sreck verbreitete, trug nicht dazu bei, sie zu beruhigen: Fürst Stahl wurde von einem Solo begleitet — in den Farben eines Fürsten. Das Geschöpf machte keine Denkgeräusche. Es ging unglaublich nahe neben seinem Meister.

Stahl sagte zu dem Solo: »Erfolg ist eine Frage der Zeitplanung. Ich erinnere mich, dass du mich das gelehrt hast«, es eigentlich in mich hineingeschnitten hast.

Das Glied erwiderte seinen Blick und reckte den Kopf hoch. »Nach meiner Erinnerung habe ich gesagt, dass der Erfolg eine Frage ist, wie man sich an Änderungen in der Zeitplanung anpasst.« Die Worte waren perfekt artikuliert. Es gab Solos, die so gut sprechen konnten, doch selbst die Sprachgewandtesten konnten kein vernünftiges Gespräch führen. Es fiel Sreck nicht schwer, seine Truppen davon zu überzeugen, dass die Wissenschaft Flensers eine Rasse von Superrudeln geschaffen hatte, dass die Verhüllten jedes für sich allein so klug waren wie ein gewöhnliches Rudel. Das war eine gute Tarnung für das eigentliche Wesen der Umhänge. Es flößte zugleich Furcht ein und verdunkelte die Wahrheit.

Das Glied trat ein Stückchen näher — näher an Stahl heran, als jemals jemand gewesen war, außer während Morden und Vergewaltigungen und den Auspeitschungen der Vergangenheit. Unwillkürlich leckte sich Stahl die Lippen und wich vor der Bedrohung zurück. Doch in gewisser Hinsicht war das Verhüllte wie ein Leichnam, ohne eine Spur von Denklauten. Stahl ließ die Kiefer zuschnappen und sagte: »Ja. Das Genie liegt darin, zu siegen, auch wenn die Pläne den Bach hinunter gegangen sind.« Er wandte alle Blicke von dem Flenser-Glied ab und musterte den rotverhangenen Horizont. »Wie kommt Holzschnitzerin nach der neuesten Schätzung voran?«

»Sie lagert noch ungefähr fünf Tage südlich von hier.«

»So eine verdammte Unfähigkeit! Es ist kaum zu glauben, dass sie dein Elter ist. Feilonius hat es ihr so leicht gemacht; ihre Soldaten und Spielzeugkanonen hätten fast vor einem Zehntag hier sein müssen…«

»Um fristgerecht abgeschlachtet zu werden.«

»Ja! Lange bevor unsere Freunde vom Himmel ankommen. Statt dessen geht sie ins Landesinnere und scheut dann zurück.«