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Noch immer waren Haupttransceiver auf die Flotten ausgerichtet. Sie hätten ebenso gut in einem Hauptstamm des Netzes sein können. Der Nachrichtenverkehr war ein breiter Wasserfall und überstieg völlig die gegenwärtige Empfangskapazität der Ølvira. Nichtsdestoweniger hatte Svensndot ein Auge darauf. Irgendwo dort gab es vielleicht einen Schlüssel, eine Erleuchtung… Die Mehrheit der ›Kriegsbeobachter‹ oder der Gruppe ›Bedrohungen‹ schien wenig Interesse für die Allianz oder die Vernichtung von Sjandra Kei an sich aufzubringen. Die meisten waren entsetzt über die PEST, die sich noch immer über die Obergrenze des Jenseits ausbreitete. Keine von den Höchsten Zivilisationen hatte erfolgreich Widerstand geleistet, und es gab Gerüchte, zwei weitere MÄCHTE, die sich eingemischt hatten, seien vernichtet worden. Es gab welche (insgeheim Sprachrohre der PEST?), die die neue Stabilität an der Obergrenze begrüßten, selbst wenn sie auf ständigem Parasitismus beruhte.

Die Jagd hier unten am Grund, der Flug der Aus der Reihe und ihrer Verfolger, schien eigentlich die einzige Stelle zu sein, wo die PEST keinen vollständigen Triumph errungen hatte. Kein Wunder, dass sie Gegenstand von 10.000 Botschaften pro Stunde waren.

Die Geometrie des Austritts aus der Flutwelle war außerordentlich günstig für die Ølvira. Sie hatten sich am Rande des Geschehens befunden, doch nun hatten sie Stunden Startvorsprung vor den Hauptflotten. Glimfrell und Tirroll arbeiteten mehr als je in ihrem Leben, sie verfolgten das allmähliche Auftauchen der Flotte und teilten den anderen Schiffen der Sicherheitsgesellschaft die Identität der Ølvira mit. Solange Skrits und Limmende nicht aus dem Langsam hervortraten, war Kjet Svensndot der ranghöchste Offizier der Organisation. Außerdem kannten ihn die meisten Befehlshaber persönlich. Kjet war nie der Typ eines Admirals gewesen; seinen Rang als Gruppenkapitän hatte er für seine Fähigkeiten als Pilot erhalten, und das in Friedenszeiten. Er hatte sich immer damit abgefunden, den Willen seiner Arbeitgeber zu tun. Nun jedoch…

Der Gruppenkapitän nutzte die Privilegien seines Rangs. Die Schiffe der Allianz wurden nicht verfolgt. (»Warten Sie, bis wir alle zusammen handeln können«, befahl Svensndot.) Mögliche taktische Pläne sprangen zwischen den Schiffen der auftauchenden Flotte hin und her, einschließlich Vorgehensweisen für den Fall, dass das Hauptquartier zerstört war. Einigen Kommandeuren gegenüber deutete Kjet an, dass dies der Fall sein könnte, dass sich Limmendes Flaggschiff in der Hand des Feindes befand und dass die Allianz in gewisser Hinsicht nur ein Nebeneffekt jenes wahren Feindes war. Sehr bald würde Kjet auf den ›Verrat‹ festgelegt sein, den er plante.

Das Flaggschiff Limmendes und der Kern der Pestflotte tauchten fast gleichzeitig aus dem Langsam auf. Signalalarme erklangen auf dem Deck der Ølvira, während vorrangige Botschaften eintrafen und die Crypto-Apparatur des Schiffs durchliefen. »Absender: Limmende im HQ. Priorität Sternenbrecher«, sagte die Stimme des Schiffs.

Glimfrell legte die Botschaft auf den Hauptbildschirm, und Svensndot spürte, wie ihm kalte Gewissheit den Nacken hinaufkroch.

… Alle Einheiten haben fliehende Schiffe zu verfolgen. Dies ist der Feind, die Mörder unseres Volkes. WARNUNG: Tarnung zu erwarten. Vernichten Sie alle Schiffe, die diese Befehle widerrufen. Schlachtordnung und Beglaubigungscodes folgen.

Die Schlachtordnung war einfach, selbst für die Verhältnisse der Sicherheitsgesellschaft: Limmende wollte, dass sie sich trennten und verschwanden und gerade lange genug blieben, um ›getarnte Feinde‹ zu vernichten. Kjet sagte zu Glimfrelclass="underline" »Was ist mit den Beglaubigungscodes?«

Der Dirokim schien wieder er selbst zu sein. »Sie sind sauber. Wir würden die Botschaft gar nicht empfangen, wenn der Absender nicht über die heutige Tagesmatrix verfügen würde… Wir bekommen die ersten Anfragen von den anderen, Chef. Über Ton- und Bildkanal. Sie wollen wissen, was sie tun sollen.«

Hätte er nicht in den letzten paar Stunden den Grund gelegt, so wäre Kjets Meuterei völlig aussichtslos gewesen. Wäre die Sicherheitsgesellschaft eine richtige Militärorganisation gewesen, wäre Limmendes Befehl vielleicht blindlings befolgt worden. So wie die Dinge lagen, erwogen die anderen Befehlshaber die Fragen, die Svensndot aufgeworfen hatte: Auf diese Entfernungen waren Bildübertragungen leicht, und die Flotte besaß hinreichend große Einwegcodierer, um riesige Informationsmengen zu verarbeiten. Dennoch hatte ›Limmende‹ eine ausgedruckte Botschaft für ihre vorrangige Botschaft gewählt. Wenn die Verschlüsselung korrekt war, war sie militärisch vollkommen sinnvoll, doch es war auch, was Svensndot vorhergesagt hatte: Das vermeintliche Hauptquartier hatte keine rechte Lust, hier unten, wo perfekte Tarnung unmöglich war, sein Gesicht zu zeigen. Seine Befehle würden schriftlich eintreffen oder als Animationen, die jeder scharfe Beobachter erkennen konnte.

An solch einer dünnen Schnur von Schlussfolgerungen hingen Kjet und seine Freunde.

Kjet betrachtete den Lichtknoten, der die Pestflotte darstellte. Sie litt nicht unter Unentschlossenheit. Keins von ihren Schiffen zog sich in sicherere Höhen zurück. Was immer dort den Befehl führte, gebot über eine Disziplin, die die der meisten menschlichen Armeen übertraf. Es würde für sein einziges Ziel, die Verfolgung eines einzelnen kleinen Sternenschiffs, alles opfern. Was nun, Gruppenkapitän?

Ein kleines Stück vor diesem kalten Lichtklumpen tauchte ein vereinzeltes Lichtpünktchen auf. »Die Aus der Reihe!«, sagte Glimfrell. »Jetzt fünfundsechzig Lichtjahre voraus.«

»Ich empfange verschlüsselte Bilder von ihr, Chef. Dieselbe angeknackste XOR-Matrix wie zuvor.« Er legte das Signal auf den Hauptschirm, ohne Kjets Anweisung abzuwarten.

Es war Ravna Bergsndot. Den Hintergrund bildete ein Wirrwar von Bewegung und Geschrei; der seltsame Mensch und ein Skrodfahrer stritten sich. Bergsndot blickte von der Kamera weg und trug ihren Teil zum Geschrei bei. Es sah noch schlimmer aus, als Kjet es von den ersten Momenten nach dem Austritt seines Schiffes in Erinnerung hatte.

»Das ist jetzt egal, sagte ich dir! Lass ihn in Ruhe. Wir müssen Verbindung…« Dann bemerkte sie offensichtlich Glimfrells Bestätigungssignal. »Sie sind da! Bei den MÄCHTEN, Pham, bitte…« Sie winkte wütend ab und wandte sich der Kamera zu. »Gruppenkapitän. Wir sind…«

»Ich weiß. Wir sind schon seit Stunden aus der Flutwelle heraus. Wir befinden uns jetzt nahe am Zentrum der Verfolger.«

Sie schnappte nach Luft. Selbst bei hundert Stunden Vorausplanung folgten die Ereignisse zu schnell für sie. Und für mich auch. »Das ist wenigstens etwas«, sagte sie nach einem Augenblick. »Alles, was wir vorher gesagt haben, gilt noch, Gruppenkapitän. Es ist die PEST, die uns auf den Fersen ist. Bitte!«

Svensndot bemerkte eine Kontrolllampe neben dem Fenster. Der dreiste Glimfrell leitete die Sendung an alle in der Flotte weiter, denen sie trauen konnten. Gut. Er hatte die Situation in den letzten Stunden mit den anderen durchgesprochen, doch es war etwas anderes, Ravna Bergsndot auf dem Bildschirm zu sehen, jemanden von Sjandra Kei, der noch lebte und ihre Hilfe brauchte. Ihr könnt den Rest eures Lebens damit zubringen, im Mittleren Jenseits der Rache nachzujagen, doch ihr werdet nichts als die Geier töten. Das, was auf Ravna Bergsndot Jagd macht, muss der Urheber all dessen sein.

Die Schmetterlinge waren längst weg und sangen immer noch das Loblied ihres Mutes übers Netz. Weniger als ein Prozent der Sicherheitsgesellschaft hatte ›Limmendes‹ Befehl, ihnen nachzusetzen, befolgt. Diese waren nicht das Problem: Es waren die zehn Prozent, die zurückblieben und sich zu den Streitkräften der PEST gesellten, die Kjet Svensndot Sorgen bereiteten. Manche von diesen Schiffen waren vielleicht nicht unterwandert, hielten sich vielleicht an Befehle, denen sie glaubten. Es würde sehr schwer sein, auf sie zu schießen.