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Und es würde einen Kampf geben, kein Zweifel. Sich unter Ultraantrieb in die Position für eine Auseinandersetzung zu manövrieren, war schwer — wenn die andere Seite auszuweichen versuchte. Doch die Flotte der PEST blieb beharrlich bei ihrer Jagd auf die Aus der Reihe. Langsam, langsam kamen die beiden Flotten dahin, dasselbe Raumgebiet einzunehmen. Gegenwärtig waren sie über Kubik-Lichtjahre verstreut, doch mit jedem Sprung war die Aniara-Flotte des Gruppenkapitäns besser auf das Antriebsstakkato ihrer Beute abgestimmt. Manche Schiffe befanden sich schon wenige hundert Millionen Kilometer vom Feind entfernt — oder von der Stelle, wo der Feind gewesen war oder sein würde. Die taktischen Zielzuweisungen wurden festgelegt. Der erste Feuerwechsel lag nur noch ein paar hundert Sekunden entfernt.

»Nachdem die Aprahanti fort sind, haben wir die zahlenmäßige Überlegenheit. Ein normaler Feind würde sich jetzt zurückziehen…«

»Aber genau das ist die Pestflotte nicht.« Es war der rothaarige Bursche, der jetzt redete. Es war gut, dass Glimfrell sein Gesicht nicht an der Rest von Svensndots Flotte weitergegeben hatte. Der Bursche handelte die meiste Zeit kantig und fremdartig. Jetzt eben schien er darauf aus zu sein, jede Idee, die Svensndot aufbrachte, zu verwerfen. »Der PEST sind ihre Verluste gleichgültig, wenn sie nur bei der Ankunft die Oberhand hat.«

Svensndot zuckte die Achseln. »Sehen Sie, wir werden tun, was wir können. Das Feuer wird in einhundertundfünfzig Sekunden eröffnet. Wenn sie nicht einen geheimen Vorteil haben, können wir diesmal gewinnen.« Er musterte sein Gegenüber scharf. »Oder meinen Sie das? Könnte die PEST…« Noch immer trafen Geschichten darüber ein, wie sich die PEST an der Obergrenze des Jenseits ausbreitete. Zweifellos war es eine transhumane Intelligenz. Ein unbewaffneter Mann konnte einem Rudel Hunde zahlenmäßig unterlegen sein und sie dennoch besiegen. Könnte also die PEST…

Pham Nuwen schüttelte den Kopf. »Nein, nein, nein. Die Taktik der PEST hier unten wird Ihrer wahrscheinlich unterlegen sein. Ihren großen Vorteil hat sie an der Obergrenze, wo sie ihre Sklaven wie die Finger einer Hand unter Kontrolle hat. Ihre Kreaturen hier unten sind wie schlecht synchronisierte Fern-Manipulatoren.« Nuwen bedachte etwas außerhalb des Kamera-Blickfelds mit einem Stirnrunzeln. »Nein, was wir fürchten müssen, ist ihre strategische Schläue.« Seine Stimme klang auf einmal abwesend, und das war irritierender als die Ungeduld zuvor. Es war nicht die Ruhe von jemandem, der sich einer Drohung stellt; es war eher die Ruhe eines Schwachsinnigen. »Einhundert Sekunden bis zum Kontakt… Gruppenkapitän, wir haben eine Chance, wenn Sie Ihre Kräfte auf die richtigen Punkte konzentrieren.« Ravna schwebte von oben her ins Bild, legte dem Rotschopf eine Hand auf die Schulter. Gottsplitter hatte sie ihn genannt, ihre Geheimwaffe gegen den Feind. Gottsplitter, die Sterbebotschaft einer MACHT; Anfall oder ein Schatz — wer konnte das sagen?

Verdammt. Wenn die anderen Kerle schlecht synchronisierte Fern-Manipulatoren sind, was wird dann aus uns, wenn wir Pham Nuwen folgen? Doch er wies Tirroll an, die Ziele zu markieren, die Nuwen nannte. Neunzig Sekunden. Zeit für die Entscheidung. Kjet deutete auf die roten Markierungen, die Tirroll über die feindliche Flotte verstreut hatte. »Ist an diesen Zielen irgendwas Besonderes, ’Roll?«

Einen Moment lang pfiff der Dirokim. Quälend langsam erschienen in den Fenstern vor ihm die Korrelationen. »Die Schiffe, die er als Ziele nennt, sind weder die größten noch die schnellsten. Es wird zusätzliche Zeit erfordern, für sie in Position zu gehen.« Flaggschiffe? »Noch etwas. Manche von ihnen haben hohe Echtgeschwindigkeiten, überhaupt nicht das, was man als Restimpuls erwarten kann.« Schiffe mit Staustrahlantrieb? Planetenknacker?

»Hm.« Svensndot schaute nur noch eine Sekunde auf den Bildschirm. Dreißig Sekunden, und Jo Haugens Schiff Lynsnar würde Feindberührung haben, aber mit keinem von Pham Nuwens Zielen. »Nimm Verbindung auf, Glimfrell. Sag der Lynsnar, sie soll sich zurückziehen und neue Ziele suchen.« Alle sollten sich neue Ziele suchen.

Die Lichter, die die Aniara-Flotte waren, glitten langsam um den Kern der Pestflotte und suchten ihre neuen Ziele. Zwanzig Minuten vergingen, und mit ihnen nicht wenige Diskussionen mit den anderen Kapitänen. Was Kjet Svensndots Appell zum Erfolg verholfen hatte, war auch der Anlass zu ständigen Fragen und Gegenvorschlägen. Und dann gab es noch die Drohungen, die auf dem Kanal von Eignerin Limmende eintrafen: Tötet alle Meuterer, Tod allen, die der Gesellschaft nicht die Treue halten. Die Codes waren gültig, der Ton aber passte überhaupt nicht zu der milden, profitorientierten Giske Limmende. Jeder sah jetzt, dass es jedenfalls richtig gewesen war, Limmende nicht zu glauben.

Johanna Haugen war die Erste, die Synchronisation mit den neuen Zielen erreichte. Glimfrell öffnete das Hauptfenster für den Datenfluss der Lynsnar: Die Sicht war fast eine natürliche, ein Nachthimmel sich langsam verschiebender Sterne. Das Ziel lag weniger als dreißig Millionen Kilometer von der Lynsnar entfernt, aber etwa eine Millisekunde phasenverschoben. Haugen kam jedes Mal an, unmittelbar bevor oder nachdem der andere gesprungen war.

»Sonden ausgesetzt«, ertönte Haugens Stimme. Jetzt empfingen sie ein optisches Bild von der Lynsnar aus ein paar Meter Entfernung, aufgenommen von einer Kamera in einer der ersten gestarteten Sonden. Das Schiff war kaum zu sehen, eine dunkle Masse, die die Sterne dahinter verdeckte — ein gewaltiger Fisch in den Tiefen eines endlosen Meeres. Ein Fisch, der nun laichte. Das Bild flackerte, die Lynsnar verschwand und tauchte wieder auf, als die Sonde für Augenblicke außer Phase geriet. Ein Schwarm blauer Lichter quoll aus den Laderäumen des Schiffes. Waffensonden. Der Schwarm schwebte rings um die Lynsnar, eichte sich, richtete sich auf den Feind aus.

Das Licht rings um die Lynsnar verglomm in dem Maße, wie die Sonden gruppenweise die Phase in Raum und Zeit wechselten. Tirroll öffnete ein Fenster, das eine Sphäre von hundert Millionen Kilometern rund um die Lynsnar zeigte. Das Ziel war ein roter Punkt, der wie ein verrücktes Insekt die Sphäre umflatterte. Die Lynsnar schlich sich bei achttausendfacher Lichtgeschwindigkeit an ihre Beute an. Manchmal verschwand das Ziel für eine Sekunde, wenn die Synchronisation fast verloren war; dann wieder verschmolzen Lynsnar und Ziel für einen Moment, wenn sich die beiden Schiffe für eine Zehntelsekunde in einer Entfernung von weniger als einer Million Kilometer befanden. Was nicht akkurat dargestellt werden konnte, war die Verteilung der Sonden. Der Laich breitete sich auf einer Myriade von Flugbahnen aus, seine Sensoren auf der Suche nach Anzeichen des feindlichen Schiffes.

»Was ist mit dem Ziel, hat es einen Gegenschwarm abgesetzt? Braucht ihr Unterstützung?«, fragte Svensndot. Tirroll zuckte auf Dirokim-Art die Achseln. Was sie beobachteten, lag drei Lichtjahre entfernt. Er konnte es unmöglich wissen.

Doch Jo Haugen antwortete: »Ich glaube nicht, dass mein Popanz schwärmt. Ich habe nur fünf Sonden verloren, nicht mehr, als von knappen Fehltreffern her zu erwarten ist. Wir werden sehen…« Sie machte eine Pause, doch Spur und Signal der Lynsnar blieben kräftig. Kjet blickte auf die anderen Fenster. Fünf von der Aniara hatten schon Feindberührung, und drei hatten Schwärme ausgesetzt. Nuwen schaute von der Aus der Reihe her schweigend zu. Die Gottsplitter hatten ihren Willen gehabt, und nun waren Kjet und die Seinen festgelegt.