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»Verschwinde vom Deck, Blaustiel! Ich habe keine Zeit mehr, dich im Auge zu behalten.« Pham setzte mit einem Sprung über den Zwischenraum und traf auf Ravna, kurz vor dem Fahrer.

Sie schwebte zwischen den beiden und sprach schnelclass="underline" »In Ordnung, Pham. Er wird gehen.« Sie strich mit der Hand über einen von Blaustiels heftig vibrierenden Wedeln. Eine Sekunde später erschlaffte Blaustiel. »Ich gehe. Ich gehe.« Sie ließ ermutigend die Hand auf ihm — und hielt sich zwischen ihm und Pham, während Blaustiel niedergeschlagen das Deck verließ.

Als der Skrodfahrer draußen war, wandte sie sich Pham zu. »Kann es denn kein Fehler im Navigator gewesen sein, Pham?«

Der andere schien die Frage nicht zu hören. Sobald sich die Luke geschlossen hatte, war er ans Steuerpult zurückgekehrt. Nach der letzten Schätzung der ADR blieben ihnen noch dreiundfünfzig Stunden bis zur Ankunft der PEST. Und nun mussten sie Zeit auf eine Korrektur der Geschwindigkeitsanpassung verschwenden, von der sie geglaubt hatten, sie hätten sie vor drei Wochen erledigt. »Irgendjemand, irgendetwas hat uns reingelegt…« Pham murmelte auch noch, als er mit der Steuersequenz fertig war. »Vielleicht ist es ein Fehler. Dieser nächste verdammte Brand wird so manuell gesteuert, wie es nur geht.« Beschleunigungssignale hallten durchs Innere der ADR. Pham klickte durch Monitorfenster und suchte nach losen Gegenständen, die groß genug waren, um Schaden anrichten zu können. »Schnall dich jetzt auch fest.« Er langte nach dem Pult, um die fünf Minuten Wartefrist zu umgehen.

Ravna sprang quer übers Deck, entfaltete dabei den Schwerelosigkeits-Sattel zum Sitz und schnallte sich an. Sie hörte, wie Pham über den allgemeinen Meldungskanal vor der Ausschaltung der Wartefrist warnte. Dann schaltete sich das Impulstriebwerk ein, ein träger Druck zurück in das Gespinst. Vier Zehntel Ge — alles, was die arme ADR noch zustande brachte.

Wenn Pham ›Handsteuerung‹ sagte, dann meinte er es auch so. Wie sich zeigte, war das Hauptfenster jetzt achsenzentriert. Der Ausschnitt verschob sich nicht nach der Laune des Piloten, und es gab keine hilfreichen Beschriftungen und Schemata. Soweit möglich, sahen sie eine Direktansicht entlang der Hauptachse der ADR. Die Randfenster wurden in fester Anordnung gegenüber dem Hauptfenster gehalten. Phams Augen huschten von einem zum anderen, während seine Hände über das Steuerpult glitten. Soweit es möglich war, flog er nach seinen Sinneseindrücken und traute niemandem sonst.

Doch Pham hatte noch Verwendung für den Ultraantrieb. Sie waren zwanzig Millionen Kilometer vom Ziel entfernt, einen submikroskopischen Sprung weit. Pham manipulierte die Antriebsparameter und versuchte, einen exakten Sprung kleiner als das Standardintervall zu machen. Alle paar Sekunden verschob sich das Sonnenlicht um ein Stück; erst kam es über Ravnas linke Schulter und dann über die rechte. Damit wurde es nahezu unmöglich, die Verbindung zu Jefri wiederherzustellen.

Plötzlich war das Fenster unter ihren Füßen von einer Welt ausgefüllt, groß und mit einer fast vollen Tagseite in Blau und wirbelndem Weiß. Wie Jefri Olsndot gesagt hatte, war die Klauenwelt ein normaler erdähnlicher Planet. Nach den Monaten im Raum und dem Verlust von Sjandra Kei überwältigte der Anblick Ravna. Ozean, die Welt bestand größtenteils aus Ozean, doch nahe an der Tag-Nacht-Grenze lagen dunklere Schattierungen von Land. Ein einzelner winziger Mond war über dem Globus zu sehen.

Pham holte tief Luft. »Er ist ungefähr zehntausend Kilometer entfernt. Perfekt. Außer dass wir uns mit siebzig Kilometer pro Sekunde nähern.« Selbst während sie hinsah, schien die Welt anzuwachsen, ihnen entgegenzufallen. Pham beobachtete den Planeten noch ein paar Sekunden lang. »Keine Sorge, wir treffen nicht auf, wir werden knapp an der, äh, Nordhalbkugel vorbeifliegen.«

Der Globus schwoll unter ihnen an und verdeckte den Mond. Sie hatte es immer geliebt, wenn bei Sjandra Kei Herte erschien. Doch jene Welt hatte kleinere Ozeane und war kreuz und quer mit Dirokim-Pfaden überzogen. Dieser Ort hier war so schön wie Relais und schien wirklich unberührt zu sein. Die kleine Polarkappe lag im Sonnenlicht, und sie konnte die Küstenlinie verfolgen, die südlich davon zum Terminator hin verlief. Ich sehe die Nordwestküste. Da unten ist Jefri! Ravna langte nach ihrer Tastatur und forderte das Schiff auf, sowohl Ultrawellenkontakt als auch Funkverbindung zu versuchen.

»Ultrawellenkontakt«, sagte sie eine Sekunde später.

»Was ist zu hören?«

»Es ist gestört. Wahrscheinlich nur ein Rufzeichen«, eine Empfangsbestätigung auf das Signal der ADR hin, das Äußerste, was seit der Flutwelle möglich gewesen war. Jefri war jetzt sehr nahe beim Schiff untergebracht; manchmal hatte sie fast auf der Stelle Antwort erhalten, selbst wenn bei ihm Nacht war. Es wäre gut, wieder mit ihm zu sprechen, auch wenn…!

Die Klauenwelt füllte jetzt den halben Bildschirm aus, mit einem kaum gekrümmten Horizont anstelle des Planetenrunds. Himmelsfarben standen vor ihnen und verschwammen ins Schwarz des Weltraums. Die Eiskappe und Eisberge ließen vor dem Hintergrund des Meeres Einzelheiten über Einzelheiten erkennen. Sie sah Wolkenschatten. Sie verfolgte die Küste südwärts, Inseln und Halbinseln so dicht aneinander, dass man eine von der anderen nicht sicher unterscheiden konnte. Schwärzliche Berge und schwarzgestreifte Gletscher. Grüne und braune Täler. Sie versuchte sich an die Geographie zu erinnern, die sie von Jefri erfahren hatte. Die Verborgene Insel? Doch da waren so viele Inseln.

»Ich habe Funkkontakt zur Planetenoberfläche«, erklang die Stimme des Schiffs. Gleichzeitig zeigte ein blinkender Pfeil auf eine Stelle ein kleines Stück landeinwärts von der Küste. »Wollen Sie den Ton in Echtzeit?«

»Ja. Ja!«, sagte Ravna und schlug dann auf ihre Tastatur, als das Schiff nicht sofort antwortete.

»Hei, Ravna. O Ravna!« Die Stimme des kleinen Jungen sprang aufgeregt übers Deck. Er klang genauso, wie sie es sich vorgestellt hatte.

Ravna verlangte mit ein paar Tastenanschlägen zweiseitige Verbindung. Sie waren jetzt weniger als zweitausend Kilometer von Jefri entfernt, auch wenn sie mit siebzig Kilometern pro Sekunde vorüberflogen. Nahe genug für ein Gespräch über Funk. »He, Jefri!«, sagte sie. »Wir sind endlich da, aber wir brauchen…« Wir brauchen alles an Mitarbeit, was deine vierbeinigen Freunde uns geben können. Wie sagte man das schnell und wirksam?

Doch der Junge da unten hatte schon etwas mitzuteilen: »… brauchen die Hilfe jetzt, Ravna! Die Holzschnitzer greifen uns jetzt an.«

Es gab ein dumpfes Geräusch, als ob das Sprechgerät herumgeworfen würde. Dann eine andere Stimme, hoch und sonderbar undeutlich. »Hier Stahl, Ravna. Jefri Recht. Holzschnitzerin…« Die fast menschliche Stimme löste sich in zischendes Gekoller auf. Einen Augenblick später hörte sie Jefris Stimme: »›Überfall‹ , das Wort heißt ›Überfall‹ .«

»Ja… Holzschnitzerin hat großen, großen Überfall gemacht. Sie überall um uns. Wir sterben in Stunden, wenn ihr nicht helfen.«

Holzschnitzerin hatte niemals ein Krieger sein wollen. Aber ein halbes Jahrtausend lang zu regieren, erfordert eine Reihe von Fertigkeiten, und sie hatte gelernt, wie man Krieg führt. Manches davon — wie den eigenen Leuten zu vertrauen — hatte sie in den letzten paar Tagen zeitweise wieder verlernt. Es hatte wirklich einen Hinterhalt am Margrum-Steig gegeben, aber nicht den, den Fürst Stahl geplant hatte.

Sie blickte über die zeltbestandenen Felder zu Feilonius hinüber. Das Rudel war von gedämpften Geräuschen halb verdeckt, doch sie sah, dass es nicht so munter wie früher war. Wenn er peinlich befragt wird, verliert jeder ein wenig die Selbstbeherrschung. Feilonius wusste: Sein Überleben hing davon ab, dass die Königin ein Versprechen hielt. Dennoch — es war ein schrecklicher Gedanke, dass Feilonius leben würde, nachdem er so viele ermordet und verraten hatte. Sie wurde sich bewusst, dass zwei von ihr vor Wut leise winselten, die zusammengebissenen Zähne gebleckt. Ihre Welpen drängten sich im Gefühl unsichtbarer Bedrohungen an sie. Das zeltbestandene Gebiet stank nach Schweiß und den Denkgeräuschen von zu vielen Leuten auf zu engem Raum. Sie musste wirklich ihren Willen anspannen, um sich zu beruhigen. Sie leckte die Welpen und gab sich eine Weile friedvollen Gedanken hin.