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»Jawohl.« In Srecks Augen stand eine stumpfe Skepsis, doch das würde ihn bei der Stange halten, ein plausibler Vorwand, das Rätselraten fortzusetzen.

»Zündet das Öl vor den Mauern an. Schickt die Soldaten vor die Stellen, wo du glaubst, dass Amdijefri dort herauskommen wird. Die Besucher müssen das sehen, wenn es die rechte Wirkung haben soll. Und…« und sprenge das Flüchtlingsschiff! Fast wären ihm die Worte herausgerutscht, doch er fing sich rechtzeitig. Der Sprengstoff in den Kiefern und der Schiffskuppel würde alles innerhalb der Außenmauern einstürzen lassen und die meisten Rudel darin töten. Wenn er Sreck damit beauftragte, würde Stahls wirkliches Ziel allzu deutlich werden. »… und beeilt euch, ehe Holzschnitzerins Soldaten den Ring schließen können. Das ist die letzte Hoffnung der Bewegung, Sreck.«

Das Rudel ging mit gesenkten Köpfen rückwärts die Treppe hinab. Stahl behielt eine ausdrucksvolle Haltung bei und blickte kühn über das Schlachtfeld, bis Sreck außer Sicht war. Dann langte er über die Zinnen und warf das Radio auf den steinernen Umgang. Es zerbrach nicht, und nun drang Ravnas Pfahlwesen-Stimme nörgelnd daraus hervor. Stahl sprang die Stufen hinab. »Nichts kriegst du«, schrie er in der Klauensprache zurück. »Alles, was du haben willst, wird sterben!«

Und dann war er unten und rannte über den Burghof. Er huschte außer Sicht, in den Korridor hinein, der rings um die Kiefer des Willkommens lief. Es wäre leicht gewesen, sie zu sprengen, doch höchstwahrscheinlich wären die Hauptkuppel und das Schiff darin heil geblieben. Nein, er musste zum Herzen gehen. Das Schiff und all die schlafenden Pfahlwesen töten. Er betrat einen geheimen Raum, nahm zwei Armbrüste — und den zusätzlichen Radioumhang, den er vorbereitet hatte. In dem Umhang befand sich eine kleine Bombe. Er hatte die Idee an dem zweiten Satz Radios ausprobiert, der Träger war auf der Stelle gestorben.

Eine weitere Treppenflucht hinab in einen Versorgungsgang. Der Schlachtlärm blieb hinter ihm zurück. Das Klirren seiner eigenen Klauen war das lauteste Geräusch. Rings um ihn stapelten sich Pulverfässer, Nahrungsvorräte, frisches Bauholz. Die Zündschnüre und Initialladungen lagen nur fünfzig Ellen weiter. Und Stahl verlangsamte den Schritt, krümmte die Krallen, sodass das Metall an ihnen keinen Lärm machte. Er lauschte. Blickte nach allen Seiten. Irgendwie wusste er, dass der andere hier sein würde. Das Flenser-Fragment. Flenser hatte von Anbeginn seines Daseins wie ein Fluch über ihm gehangen, selbst dann noch, als Flenser größtenteils gestorben war. Doch erst seit diesem klaren Verrat war Stahl imstande, seinem Hass freien Lauf zu lassen. Höchstwahrscheinlich hoffte der Meister, zusammen mit den Kindern zu entkommen, doch es konnte sein, dass Flenser alles zu gewinnen plante. Es konnte sein, dass er zurückgekehrt war. Stahl wusste, dass sein eigener Tod nahe bevorstand. Und trotzdem konnte er immer noch triumphieren. Wenn er mit eigenen Zähnen und Klauen den Meister töten könnte… Bitte, bitte sei hier, lieber Meister. Sei hier und glaube, du könntest mich noch einmal überlisten.

Der Wunsch wurde erfüllt. Er hörte schwache Denkgeräusche. Nahe. Köpfe erhoben sich hinter den Fässern über ihm. Zwei von dem Fragment zeigten sich weiter vorn im Korridor.

»Schüler.«

»Meister.« Stahl lächelte. Alle fünf des anderen waren hier, das Fragment hatte sich vollständig wieder eingeschmuggelt. Doch die Radioumhänge waren weg. Die Glieder waren nackt, das Fell mit eiternden Geschwüren bedeckt. Die Radiobombe würde nutzlos sein. Vielleicht spielte das keine Rolle; Stahl hatte Leichen gesehen, die gesünder als dieser hier aussahen. Außer Sicht hob er seine Armbrüste. »Ich bin gekommen, um dich zu töten.«

Die Totenköpfe schüttelten sich. »Du bist gekommen, um es zu versuchen.«

Mit bloßen Kiefern und Krallen hätte Stahl keine Mühe gehabt, den anderen zu töten. Aber das Fragment hatte drei von sich weiter oben postiert, bei Vorratsfässern, die seltsam wacklig aussahen. Ein direkter Frontalangriff konnte verhängnisvoll sein. Wenn er gute Armbrusttreffer anbringen konnte… Stahl ging langsam weiter, bis kurz vor die Stelle, wo die Fässer hinfallen würden. »Glaubst du wirklich, dass du am Leben bleiben kannst, Fragment? Ich bin nicht dein einziger Feind.« Er wies mit einer Nase zurück in den Korridor. »Da draußen sind Tausende, die es nach deinem Tode dürstet.«

Der andere ließ die Köpfe in einem gespenstischen Lächeln wippen. Neues Blut quoll aus den offenen Wunden. »Lieber Stahl, du scheinst es nie zu begreifen. Du selbst hast es mir ermöglicht, am Leben zu bleiben. Siehst du das nicht? Ich habe die Kinder gerettet. Sogar jetzt hindere ich dich daran, das Sternenschiff zu beschädigen. Das wird mir am Ende eine Kapitulation zu gewissen Bedingungen einbringen. Ein paar Jahre lang werde ich schwach sein, doch ich werde überleben.«

Der alte Flenser schimmerte durch den Schmerz der Wunden hervor. Der alte Opportunismus.

»Aber du bist ein Fragment. Drei Fünftel von dir sind…«

»Die kleine Lehrerin?« Flenser senkte die Köpfe, blinzelte schüchtern. »Sie war stärker, als ich erwartet hatte. Eine Zeit lang beherrschte sie dieses Rudel, doch Stück für Stück habe ich mir den Rückweg erkämpft. Nun bin ich, sogar ohne die anderen, ganz.«

Flenser wieder ganz. Stahl wich zurück, fast auf der Flucht. Doch etwas war da sonderbar. Ja, der Flenser war in Frieden mit sich selbst. Doch nun, da Stahl das Rudel beisammen sah, erblickte er in seiner Körpersprache etwas, das… Dann kam die Erkenntnis, und mit ihr ein Blitz heftigen Stolzes. Einmal in meinem Leben habe ich etwas besser als der Meister verstanden. »Ganz, sagst du? Überlege. Wir beide wissen, wie Seelen im Innern miteinander kämpfen, die kleinen Vernunftargumente, die großen Ungewissheiten. Du glaubst, die andere in dir getötet zu haben, aber woher kommt deine gegenwärtige Zuversicht? Was du gerade tust, ist genau das, was Tyrathect jetzt tun würde. Das ganze Denken gehört jetzt dir, doch zugrunde liegt ihm ihre Seele. Und was du auch glauben magst, es ist die kleine Lehrerin, die gesiegt hat!«

Das Fragment zögerte in plötzlichem Begreifen. Seine Aufmerksamkeit war nur für den Bruchteil einer Sekunde abgelenkt, doch Stahl war bereit: er sprang auf, schoss seine Pfeile ab und stürzte vorwärts, dem anderen an die Kehlen.

VIERZIG

Zu jedem früheren Zeitpunkt hätte das Herumklettern in den Mauern Spaß gemacht. Obwohl es stockdunkel war, ging Amdi vor und hinter ihm, und seine Nasen gaben ihm ein gutes Gespür für den Weg. Zu jedem früheren Zeitpunkt hätte es die Spannung der Entdeckungen gegeben und das Kichern über Amdis langgezogenen Geisteszustand.

Nun aber war Amdis Verwirrung einfach beängstigend. Immer wieder stieß er gegen Jefris Fersen. »Ich gehe so schnell, wie ich kann.« Der Hosenstoff an Jefris Knien war schon von dem rauen Stein aufgerissen. Er kroch schneller, wobei ihm die stechenden Stöße von Stein gegen die Knie kaum zu Bewusstsein kamen. Er prallte auf den Welpen vor sich. Der Welpe war stehen geblieben und schien sich seitlich zu drehen. »Hier ist eine Gabelung. Ich sage, wir… Was sollte ich sagen, Jefri?«

Jefri rollte zurück und stieß mit dem Kopf an. Fast ein ganzes Jahr lang hatten ihn Amdis Zuversicht, seine dreiste Klugheit aufrechterhalten. Jetzt… Plötzlich empfand er die Tonnen von Felsgestein, die von allen Seiten gegen ihn drängten. Wenn der Tunnel nur ein paar Zentimeter schmaler wurde, würden sie für immer hier feststecken.