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Ravna folgte dem Rudel, Jefri dicht hinter ihr. Es klang nicht so, als ob irgendetwas geschähe. Das Innere der Kuppel war wie ein Grabgewölbe, es hallte von den Worten der wenigen Rudel wider, die es bewachten. Hier aber, auf halbem Wege die Treppe hinauf, klangen selbst diese Töne gedämpft, und nichts drang oben durch die Luke. »Pham?«

»Er ist da oben.« Johanna sagte es vom Fuß der Treppe her. Sie und Holzschnitzerin schauten zu ihnen hoch. Sie zögerte. »Ich bin nicht sicher, ob mit ihm alles in Ordnung ist. Nach der Schlacht wirkte er… seltsam.«

Holzschnitzerins Köpfe schwankten hin und her, als versuche sie, sie im Schein der Lukenleuchten besser sehen zu können. »Die Akustik in diesem Schiff von euch ist grauenhaft. Wie können Menschen das aushalten?«

Amdi: »Ach, so schlimm ist es gar nicht. Jefri und ich haben eine Menge Zeit da oben verbracht. Ich hab mich dran gewöhnt.« Zwei von seinen Köpfen drückten gegen die Luke. »Ich weiß nicht, warum Pham und Pilger uns hinausgeworfen haben, wir hätten im anderen Raum bleiben und richtig still sein können.«

Ravna trat vorsichtig zwischen den vorderen Welpen des Rudels hindurch und klopfte gegen die Metallverkleidung. Die Luke war nicht verschlossen, jetzt konnte sie die Schiffsbelüftung hören. »Pham, wie steht’s?«

Es gab ein rasselndes Geräusch und das Klicken von Klauen. Helles, flackerndes Licht strömte die Treppe herab. Ein einzelner Hundekopf erschien. Ravna konnte Weiß rings um seine Augen sehen. Hatte das etwas zu bedeuten? »Hallo«, sagte er. »Äh, sieh mal. Es ist jetzt ein bisschen eng geworden. Pham… ich glaube, Pham sollte jetzt nicht gestört werden.«

Ravna schob die Hand durch die Öffnung. »Ich habe nicht vor, ihn zu stören. Aber ich komme herein.« Wie lange haben wir um diesen Augenblick gekämpft. Wie viele Milliarden sind unterwegs umgekommen. Und jetzt sagt mir so ein redender Hund, dass es ein bisschen eng geworden ist.

Der Pilger schaute auf ihre Hand herab. »Gut.« Er schob die Luke weit genug auf, um sie durchzulassen. Die Welpen waren rasch um ihre Füße, wichen aber vor Pilgers Blick zurück. Ravna bemerkte es nicht…

Das ›Schiff‹ war kaum mehr als ein Frachtcontainer, eine Transportkapsel. Die Fracht — diesmal die Kälteschlaf-Zellen — war entladen worden und hatte größtenteils ebenen Boden zurückgelassen, der mit Hunderten von Halterungen übersät war.

All dies bemerkte sie kaum. Es war das Licht, das Ding, was ihren Blick fesselte. Es wuchs aus den Wänden hervor und sammelte sich in der Mitte des Raums so hell, dass es fast nicht auszuhalten war. Seine Gestalt änderte sich ständig, die Farben flossen von Rot über Violett nach Grün. Pham saß mit gekreuzten Beinen bei den Geräten, mittendrin. Die Hälfte seines Haars war weggebrannt. Seine Hände und Arme zitterten, und er murmelte etwas in einer unbekannten Sprache. Gottsplitter. Zweimal waren sie der Begleiter der Katastrophe gewesen. Der Wahnsinn einer sterbenden MACHT — und nun die einzige Hoffnung. O Pham.

Ravna trat einen Schritt auf ihn zu, fühlte, wie sich Kiefer um ihren Ärmel schlossen. »Bitte, er darf nicht gestört werden.« Der eine, der ihren Arm festhielt, war ein großer Hund mit Kampfnarben. Der Rest des Rudels — Pilger — blickte nach innen zu Pham hin. Der Wilde starrte sie an, sah irgendwie, dass ihr der Zorn ins Gesicht schoss. Dann sagte das Rudeclass="underline" »Sehen Sie, Ihr Pham befindet sich in einer Art Gedächtnislücke, die ganze normale Persönlichkeit ist für Denkoperationen geopfert worden.«

Was? Pham musste mit diesem Pilger gesprochen haben.

Ravna machte eine beschwichtigende Geste. »Ja, ja. Ich verstehe.« Sie starrte ins Licht. Die wechselnde Form, die anzusehen so schwer fiel, ähnelte den Grafiken, die man auf den meisten Bildschirmen erzeugen kann, die närrischen Schnitte von hochdimensionalem Schnickschnack. Es leuchtete in reinstem monochromatischem Licht, das aber durch die Farbskala wanderte. Ein großer Teil des Lichts musste kohärent sein: Interferenztupfer glitten über jede feste Oberfläche. An manchen Stellen war die Interferenz deutlicher, Streifen von Hell und Dunkel, die in dem Maße über die Wände glitten, wie die Farbe wechselte.

Langsam ging sie näher heran und starrte dabei auf Pham und… das GEGENMITTEL. Denn was sonst konnte es sein? Das Zeug in der Wand, das nun hervorgewachsen war, um die Gottsplitter zu treffen. Das waren nicht einfach Daten, eine zu übertragende Nachricht. Es war eine Transzendente Maschine. Ravna hatte von solchen Dingen gelesen: Geräte, die im Transzens zur Benutzung am Grund des Jenseits hergestellt worden waren. Es war nichts Bewusstes daran, nichts, was die Einschränkungen der Unteren Zonen verletzt hätte — und doch würde es den hier bestmöglichen Gebrauch von der Natur machen, um zu tun, wofür auch immer es sein Erbauer geschaffen hatte. Sein Erbauer? Die PEST? Ein Feind der PEST?

Sie trat noch näher. Das Ding ragte tief in Phams Brust hinein, doch es gab kein Blut, kein aufgerissenes Fleisch. Sie hätte alles für einen holographischen Trick halten können, nur dass sie sah, wie er unter den Vibrationen des Dings erbebte. Sie schnappte nach Luft, hätte ihn beinahe beim Namen gerufen. Doch Pham wehrte sich nicht. Er schien tiefer in den Gottsplittern versunken, als je zuvor, und mehr in Frieden mit sich selbst. Plötzlich traten Hoffnung und Furcht aus ihrem Versteck hervor: die Hoffnung, dass die Gottsplitter vielleicht sogar jetzt noch etwas gegen die PEST tun könnten, und die Furcht, Pham würde dabei umkommen.

Die in sich gekrümmte Evolution des Artefakts verlangsamte sich. Das Licht blieb am fahlen Ende von Blau. Phams Augen öffneten sich. Sein Kopf wandte sich ihr zu. »Der Fahrermythos ist Wirklichkeit, Ravna.« Seine Stimme klang fern. Sie vernahm ein kaum hörbares Lachen. »Die Fahrer dürften es wissen, denke ich. Sie haben es beim letzten Mal erfahren. Es gibt DINGE, die die PEST nicht mögen. Dinge, die selbst der ALTE nur ahnte…«

MÄCHTE jenseits der MÄCHTE? Ravna bekam weiche Knie. Der Bildschirm an ihrem Handgelenk leuchtete zu ihr auf. Keine fünfundvierzig Stunden mehr.

Pham sah ihren abwärtsgerichteten Blick. »Ich weiß. Nichts hat’ die Flotte gebremst. Es ist ein armseliges Etwas, so weit hier unten — aber mehr als mächtig genug, um diese Welt, dieses Sonnensystem zu vernichten. Und das ist es, was die PEST jetzt will. Die PEST weiß, dass ich sie vernichten kann… genauso, wie sie schon einmal vernichtet worden ist.«

Ravna war sich vage bewusst, dass Pilger von allen Seiten herangekommen war. Jedes Gesicht war auf das blaue Gebilde und den darin eingeschlossenen Menschen gerichtet. »Wie, Pham?«, flüsterte Ravna.

Stille. Dann: »Die ganze Zonenturbulenz — das war ein Versuch des GEGENMITTELS zu handeln, aber ohne Koordination. Jetzt lenke ich es. Ich habe begonnen… mit der Gegen-Flutwelle. Sie saugt die örtlichen Energiequellen aus. Spürst du es?«

Gegen-Flutwelle? Wovon redete Pham? Sie blickte abermals auf ihr Handgelenk — und schnappte nach Luft. Die Geschwindigkeit des Feindes war auf zwanzig Lichtjahre pro Stunde heraufgeschnellt, so schnell, wie man es im Mittleren Jenseits erwarten konnte. Was eine Gnadenfrist von fast zwei Tagen gewesen war, dauerte jetzt kaum noch zwei Stunden… Jetzt zeigte der Bildschirm fünfundzwanzig Lichtjahre pro Stunde. Dreißig.

Jemand schlug gegen die Luke.

Scrupilo vernachlässigte seine Pflichten. Er hätte den Vormarsch den Berghang hinan überwachen sollen. Er wusste das und hatte wirklich ein ziemlich schlechtes Gewissen — doch er beharrte in seiner Pflichtvergessenheit. Wie ein Süchtiger, der Krima-Blätter kaut, fand er manche Dinge zu verlockend, um sie sein zu lassen.

Scrupilo trottete hinter den Truppen her und trug das Datio sorgfältig zwischen sich, sodass die rosa Schlappohren nicht über den Boden schleiften. Das Datio zu bewachen, war ja eigentlich gewiss wichtiger, als seine Soldaten anzutreiben. Jedenfalls befand er sich halbwegs nahe genug, um Ratschläge geben zu können. Und was die alltäglichen Verrichtungen betraf, waren seine Leutnants klüger als er. In den letzten paar Stunden hatten die Küstenwinde die Rauchwolken ins Landesinnere geweht, und die Luft war rein und salzig. Auf diesem Teil des Berges war nicht alles verbrannt. Es gab sogar ein paar Blumen und flaumige Samenkapseln. Kurzschwänzige Vögel segelten in der vom Küstental aufsteigenden Luft, ihre Schreie waren eine fröhliche Musik, wie ein Versprechen, dass die Welt bald wieder wie vorher sein würde.