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Und was war mit der PEST — nicht mit der Flotte, die die ADR verfolgt hatte, sondern der PEST selbst? Sie war ein Geschöpf der Obergrenze und des Transzens. In sehr großem Abstand hatte sie viel von dem Himmel bedeckt, den Ravna in dieser Nacht sah. Konnte Phams Rache sie wirklich zu Fall gebracht haben? Wenn all die Opfer einen Sinn hatten, dann gewiss. Eine Flutwelle, so gewaltig, dass sie das Langsam Tausende von Lichtjahren emportrieb, durch das Untere und Mittlere Jenseits hindurch, vorbei an den großartigen Zivilisationen an der Obergrenze… und ins Transzens hinein. Kein Wunder, dass sie so viel darangesetzt hat, uns aufzuhalten. Eine MACHT, vom Langsam überflutet, wäre keine MACHT mehr, könnte wahrscheinlich überhaupt nicht weiterleben. Wenn, wenn, wenn. Wenn Phams Flutwelle so hoch emporsteigen konnte.

Und das werde ich niemals erfahren.

* * *

CRYPTO: 0

EMPFANGEN VON:

SPRACHPFAD: Optima

VON: Gesellschaft für rationale Forschungen

GEGENSTAND: Rufzeichen

SCHLAGWÖRTER: Hilfe!

ZUSAMMENFASSUNG: Ist das Netz zerfallen, oder was?

VERTEILER:

Pestgefahr

Gesellschaft für rationales Netzwerk-Management

Interessengruppe Kriegsbeobachter

DATUM: 0,412 Ms seit Abbruch des Kontakts

TEXT DER BOTSCHAFT:

Ich habe noch immer keinen Kontakt mit einer Netzstation spinwärts von mir wiederherstellen können. Anscheinend befinde ich mich unmittelbar am Rand einer Katastrophe.

Wenn ihr dieses Rufzeichen empfangt, antwortet bitte! Bin ich in Gefahr?

Zu eurer Information, ich kann ohne weiteres Stationen empfangen, die sich antispinwärts befinden. Soweit ich verstehe, werden Versuche unternommen, Botschaften außen um die Galaxis herum weiterzugeben. Das würde uns zumindest eine Vorstellung vom Ausmaß des Verlusts geben. Bisher ist nichts zurückgekommen — kein Wunder, wenn man die Zahl der einzelnen Sprünge und die Kosten bedenkt.

Unterdessen sende ich Rufzeichen wie dieses aus. Ich verwende darauf enorme Mittel, kann ich euch sagen — aber es ist so wichtig. Ich habe gerichtete Sendungen an alle Knotenstationen innerhalb meiner Reichweite spinwärts von mir geschickt. Keinerlei Antwort.

Noch bedrohlicher: Ich habe versucht, ›über Kopf‹ zu senden, also über bekannte Stationen im Transzens oberhalb der Katastrophe. Die meisten davon würden normalerweise nicht antworten, wie die MÄCHTE nun einmal sind. Aber ich habe keine einzige Antwort erhalten. Es ist dort still wie in den Tiefen. Es hat den Anschein, als sei ein Teil des Transzens selbst erfasst worden.

Abermals: Wenn ihr diese Botschaft empfangt, antwortet bitte!

AUS DER SPACE OPERA SCHLAU WERDEN

Ein Nachwort des Autors

Ein Feuer auf der Tiefe war mein erster in großem Stil angelegter interstellarer Abenteuerroman, das heißt, meine erste Space Opera. Ich hatte immer Vergnügen an solchen Romanen, viele Jahre lang aber auch Bedenken. Der Grund? Nun ja, denken Sie an das Tempo des technischen Fortschritts hier auf der Erde während der letzten paar Jahrhunderte. Es erscheint sehr plausibel, dass Fortschritt, den wir für eine Sache von Jahrmillionen hielten, binnen Jahrhunderten — oder sogar Jahrzehnten — erreicht werden kann (ich erörtere diesen Gedanken etwas ausführlicher in meinem Essay »Die Technologische Singularität« [* Deutsch in »Das Science Fiction Jahr 2004«, hrsg. von Wolfgang Jeschke und Sascha Mamczak, München 2004. Unter der Internet-Adresse http://www-rohan.sdsu.edu/faculty/vinge/misc/singularity.html ist der Originaltext zu finden.]). Die relevante Schlussfolgerung lautet, dass interstellare Reiche — wenn es sie gibt — jenseits dessen liegen würden, was menschlichem Denken und Wissen zugänglich ist. Und mittlerweile sieht es leider so aus, als könnten sogar interplanetare Reiche in die nachmenschliche Ära gehören. Derlei Schlussfolgerungen werden noch von dem bestärkt, was wir in den letzten Jahrzehnten aus der Astronomie erfahren haben.

Ich bin nicht der Einzige, der die Beschränkungen spürt, die sich aus unserem Fortschritt in der Computertechnik und den Biowissenschaften und aus unserem Wissen um die zeitlichen Maßstäbe der Evolution und der interstellaren Umwelt ergeben. Viele Verfasser von »harter« Science Fiction haben einen Blick auf die Zahlen geworfen und sind zu dem Schluss gekommen, dass jede Space Opera, die Raum für Akteure von menschlichem Maß bietet (also solche, die Autor und Leser zu verstehen vermögen), spezielle Arbeit am Hintergrund erfordert. Einer der interessanten Aspekte der Science Fiction im Laufe der letzten Jahre waren die unterschiedlichen Arten, wie die Autoren diese Frage in Angriff genommen haben.

In Ein Feuer auf der Tiefe habe ich das Problem gelöst, indem ich mir vorgestellt habe, das Weltall sei in Zonen unterschiedlicher technischer Möglichkeiten unterteilt — was ich Zonen des Denkens nenne. Dementsprechend wird also in unserer nahen Zukunft die Rechenleistung der Computer auf einem Niveau stehen bleiben, das nicht viel höher als das bereits erreichte liegt. Die Jahrhunderte verstreichen, und es gelingt uns niemals, übermenschlich intelligente Computer zu bauen (und die weitervererbte Software wird so uralt sein, dass ihre Verwendung ins Gebiet der Archäologie fällt). Zivilisationen steigen auf und gehen unter; Raumfahrt — einschließlich interstellarer Reisen im Unterlicht-Bereich — wird möglich. Viele tausend Jahre später reisen einige von unseren Nachkommen so weit, dass sie das große Geheimnis entdecken: dass nämlich in den äußeren Bereichen der Galaxis Überlichtflüge und wirklich hochleistungsfähige Datenverarbeitung möglich sind. Und in der größten Entfernung schließlich kann sogar transzendente Intelligenz existieren.

Diese Aufspaltung nach dem Grad des technisch Möglichen erlaubt es mir, mir den Pelz zu waschen, ohne nass zu werden. In der Langsamen Zone (wo wir Menschen uns jetzt befinden) kann ich klassische Abenteuer im Unterlichtbereich inszenieren, aber keine Übermenschen auftreten lassen. Im Jenseits erlaube ich Überlichtflüge und interstellare Imperien, aber immer noch keine übermenschlichen Mächte. Nur im Transzens sind solche Mächte möglich. In gewisser Hinsicht nehme ich also die übliche technische Abfolge, wie man sie in der Zeit erwartet, und drehe sie in die Raumdimensionen.

Es ist interessant, darüber zu spekulieren, was eigentlich die Zonen bewirkt. Sowohl in diesem Roman als auch in den anderen Geschichten, die ich über die Zonen geschrieben habe, gibt es viele Anhaltspunkte. Im Internet habe ich gesehen, dass Science-Fiction-Leser einige andere sehr interessante Erklärungen für die Zonen vorschlagen. Schwebt mir eine spezielle Erklärung vor? (Das Folgende ist inoffiziell — wenn etwas anderes eine bessere Geschichte ergibt, werde ich es mir vielleicht anders überlegen!) Ja, ich habe so etwas wie eine Erklärung. Ich glaube, dass es so viele verschiedene Möglichkeiten gibt, dass vermutlich keine einfache Änderung der Physik die Zonen bewirken könnte. Der Mechanismus der Zonen ähnelt ein wenig einem guten Rechtsanwalt, der sich darauf einstellt, dem Erfindungsreichtum jener vernunftbegabter Wesen entgegenzuwirken, die da glauben, sie könnten übermenschliche Intelligenz erschaffen. Für jeden konkreten Ansatz zur Erschaffung eines Übermenschen kann es in der Langsamen Zone einen ersichtlichen Grund geben, aber in ihrer Gesamtheit passen alle diese Anhaltspunkte zu keiner einfachen Erklärung. Wahrscheinlich sind also die Zonen (wie in diesem Roman einige Absender von Nachrichten ans Bekannte Netz spekulieren) etwas künstlich Geschaffenes, vielleicht das Werk intelligenter Wesen.

Glaube ich, dass wir wirklich in einem Weltall der Zonen des Denkens leben? Nein! Das ist einfach meine »einzige phantastische Annahme« für diese Folge von Geschichten. Es ist eine Annahme, die es mir erlaubt, die Technologische Singularität in sicherem Abstand von der Handlung dieser Geschichten zu halten. Ich fürchte jedoch, dass ich, wenn ich das Schreiben von Zonen-Geschichten erörtere, mitunter so klinge, als glaubte ich an die Existenz der Zonen. Doch darin äußert sich nur meine Begeisterung für die Konstruktion einer literarischen Fiktion. Wenn man erst einmal eine verrückte Annahme getroffen hat, macht es Spaß, die Konsequenzen zu verfolgen und zu versuchen, Widersprüche in dieser Annahme zu finden.