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»Ich weiß, ich weiß. Doch du und ich existieren, und das sollte auch unmöglich sein. Alle zusammen können wir vielleicht dafür sorgen, dass eine größere Unmöglichkeit wahr wird.« Vielleicht können wir dem Übel, das hier neu zur Welt gekommen ist, Schaden zufügen.

Ein Wunsch und ein Entschluss. Die beiden ließen ihr Bewusstsein über das lokale Netz verschwimmen, bis zur blassesten Farbe der Wahrnehmung verblichen. Und schließlich gab es einen Plan, ein Täuschungsmanöver — wertlos, wenn sie nicht unabhängig davon der Außenwelt eine Nachricht zukommen lassen konnten. Würde die Zeit dafür noch reichen?

Tage verstrichen. Für das Übel, das in den neuen Maschinen heranwuchs, war jede Stunde länger als alle Zeit davor. Nun war das Neugeborene weniger als eine Stunde von seiner großen Blüte entfernt, in Sicherheit über den interstellaren Raum ausgebreitet.

Die Menschen hier vor Ort konnten bald beseitigt werden. Selbst jetzt waren sie lästig, wenngleich amüsant. Manche von ihnen glaubten tatsächlich, sie könnten entkommen. Seit Tagen legten sie ihre Kinder in Kälteschlaf und verstauten sie an Bord des Frachters. »Vorbereitungen zum normalen Abflug«, so nannten sie diesen Zug in ihren Planungsprogrammen. Seit Tagen waren sie damit beschäftigt, die Fregatte wieder startklar zu machen — hinter einer Maske aus leicht zu durchschauenden Lügen. Manche von den Menschen wussten, dass sie etwas ins Leben gerufen hatten, das ihr Ende sein konnte, vielleicht das Ende ihres Straumli-Bereichs. Derlei Katastrophen hatten sich schon ereignet, es gab Geschichten von Rassen, die mit dem Feuer gespielt hatten und darin verbrannt waren.

Keiner von ihnen ahnte die Wahrheit. Keiner von ihnen ahnte, welche Ehre ihnen zuteil geworden war: dass sie die Zukunft einer Milliarde von Sternensystemen verändert hatten.

Aus Stunden wurden Minuten, aus den Minuten Sekunden. Und nun war jede Sekunde so lang wie alle Zeit zuvor. Die Blüte war jetzt so nahe, so nahe. Die vor fünf Milliarden Jahren verlorene Herrschaft würde zurückerlangt und diesmal behauptet werden.

Nur etwas fehlte, und das hatte kaum mit den Plänen der Menschen zu tun. Im Archiv, tief in den Rezepten verborgen, hätte sich ein wenig mehr befinden müssen. In den Jahrmilliarden konnte schon etwas verloren gegangen sein. Das Neugeborene fühlte all seine Kräfte von einst, als Anlage…, und dennoch hätte da noch etwas sein müssen, etwas, das es bei seinem Untergang erfahren hatte, oder etwas, das seine Feinde hinterlassen hatten (falls es je welche gegeben hatte).

Lange Sekunden der Suche in den Archiven. Es gab Lücken, beschädigte Prüfsummen. Manche von den Schäden waren einfach Alter…

Draußen erhoben sich das Containerschiff und die Fregatte vom Landefeld, stiegen auf lautlosen Agraven über den Ebenen von Grau auf Grau empor, über den fünf Milliarden Jahre alten Ruinen. Fast die Hälfte der Menschen war an Bord dieser Schiffe. Ihr Fluchtversuch, so sorgsam getarnt. Der Versuch war bislang stillschweigend geduldet worden; es war noch nicht ganz Zeit für die Blüte, und die Menschen hatten noch einen gewissen Nutzen.

Unter der Ebene des übergeordneten Bewusstseins durchwühlten seine paranoiden Neigungen die Datenbanken der Menschen. Sie prüften, einfach um sicherzugehen. Einfach um sicherzugehen. Die Verbindungen im ältesten lokalen Netz der Menschen arbeiteten nur mit Lichtgeschwindigkeit. Tausende von Mikrosekunden wurden darauf verwandt (verschwendet), in diesem Netz hin und her zu schnellen, den Alltagskram zu sortieren — um schließlich einen unglaublichen Punkt zu entdecken:

Inventar: Quantendaten-Container, Anzahl (1), vor hundert Stunden auf die Fregatte verladen!

Und die gesamte Aufmerksamkeit des Neugeborenen wandte sich den entfliehenden Schiffen zu. Mikroben, doch auf einmal als bösartig erkannt. Wie hatte das geschehen können? Eine Million Zeitabläufe wurden plötzlich beschleunigt. Eine ordnungsgemäße Blüte kam nicht mehr in Frage, also wurden auch die im Labor zurückgebliebenen Menschen nicht mehr benötigt.

Bei all ihrer kosmischen Bedeutung war die Veränderung gering. Für die zurückgebliebenen Menschen war es ein Moment des Entsetzens, als sie auf ihre Monitore starrten und erkannten, dass all ihre Ängste sich bewahrheiteten (ohne zu erkennen, um wie viel schlimmer die Wahrheit war).

Fünf Sekunden, zehn Sekunden, größere Veränderungen als in zehntausend Jahren einer menschlichen Zivilisation. Eine Milliarde Billionen Gebilde, Schimmel, der sich aus jeder Wand hervorkräuselte und umbaute, was einfach nur übermenschlich gewesen war. Was geschah, war so mächtig wie eine richtige Blüte, nur nicht so fein abgestimmt.

Und niemals den Grund für die Eile aus den Augen verlieren: die Fregatte. Sie hatte auf Raketenantrieb umgeschaltet, stürmte kopflos fort von dem sich durch den Raum wälzenden Frachter. Irgendwie wussten diese Mikroben, dass sie mehr als sich selbst zu retten im Begriff waren. Das Kriegsschiff hatte die besten Navigationscomputer, die derart kleine Geister herzustellen vermochten. Doch es würde noch drei Sekunden dauern, bis es seinen ersten Ultraantrieb-Sprung vollführen konnte.

Die neue MACHT besaß keine Waffen auf dem Himmelskörper, nichts als einen Kommunikationslaser. Der konnte auf die Entfernung der Fregatte nicht einmal Stahl schmelzen. Dennoch wurde der Laser gerichtet, höflich auf den Empfänger des entweichenden Kriegsschiffs abgestimmt. Keine Empfangsbestätigung. Die Menschen wussten, wozu Kommunikation führen konnte. Das Laserlicht flackerte hier und da über den Schiffsrumpf, erhellte glatte Flächen und deaktivierte Sensoren, glitt über die Dorne des Ultraantriebs hinweg. Und suchte, tastete. Die MACHT hatte sich nie damit abgegeben, die Schiffshülle zu sabotieren, doch das war kein Problem. Selbst diese grobschlächtige Maschine besaß Tausende von Robotsensoren, die über ihre Oberfläche verstreut waren, um Zustände und Gefahren zu melden, Dienstprogramme in Gang zu setzen. Die meisten davon waren jetzt abgeschaltet, das Schiff flog beinahe blind. Sie glaubten, wenn sie nicht hinsahen, wären sie sicher.

Noch eine Sekunde, und die Fregatte würde die Sicherheit des interstellaren Raumes gewinnen.

Der Laser flackerte über einen Ausfallsensor, einen Sensor, der kritische Veränderungen in einem der Antriebsdorne melden sollte. Seine Interrupts konnten nicht ignoriert werden, wenn der Sternensprung gelingen sollte. Interrupt akzeptiert. Interruptroutine in Gang, sieht nach, empfängt mehr Licht von dem Laser weit unten… eine Hintertür zum Code des Schiffes, eingerichtet, als das Neugeborene die Bodenausrüstung der Menschen unterwandert hatte…

… und die MACHT war an Bord, nur noch Millisekunden vor dem Sprung. Ihre Agenten — bei dieser primitiven Hardware nicht einmal Menschen ebenbürtig — jagten durch die Automatik des Schiffs, schalteten aus, brachen ab. Es würde keinen Sprung geben. Kameras auf der Brücke des Schiffes zeigten sich weitende Augen, den Anfang eines Schreis. Die Menschen erkannten es, soweit Entsetzen im Bruchteil einer Sekunde Bestand haben kann.

Es würde keinen Sprung geben. Doch der Ultraantrieb war bereits in Gang gesetzt. Es würde den Versuch eines Sprunges geben, der ohne automatische Kontrolle zum Scheitern verurteilt war. Weniger als fünf Millisekunden bis zur Sprungentladung — eine mechanische Kaskade, der keine Software gewachsen war. Die Agenten des Neugeborenen huschten überall in den Computern des Schiffs hin und her und versuchten vergeblich, einen Abbruch zu erzwingen. Fast eine Lichtsekunde weit entfernt, unter dem grauen Geröll beim Hochlabor, konnte die MACHT nur zuschauen. So. Die Fregatte würde vernichtet werden.