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»Ich war fast der perfekte Kapitän. Fast. Ich wollte immer sehen, was jenseits des Raumes lag, über den wir Berichte hatten. Jedes Mal, wenn ich wirklich reich wurde, so reich, dass ich meine eigene Flottille ausrüsten konnte, ging ich irgendein verrücktes Risiko ein und verlor alles. Ich war das Jojo der Flotte. Einmal war ich Fünferkapitän, das nächste Mal programmierte ich die Instandhaltungssysteme auf so einer verdammten 08/15-Route. Wenn man bedenkt, wie sich beim Unterlichthandel die Zeit zieht, gab es ganze Generationen, die mich für ein legendäres Genie hielten — und andere, die meinen Namen als Synonym für Blödian verwendeten.«

Er hielt inne, und seine Augen weiteten sich vor angenehmer Überraschung. »Ha! Ich weiß wieder, was ich da am Ende getan habe. Ich war gerade im Blödian-Teil meines Zyklus, aber das machte nichts. Da war dieser Zwanzigerkapitän, noch verrückter als ich. Ich kann mich an ihren Namen nicht entsinnen. Ihren? Das kann nicht sein; ich hätte nie unter einer Frau als Kapitän gedient.« Er führte fast ein Selbstgespräch. »Jedenfalls wollte der Bursche alles auf eine Karte von der Sorte setzen, über die normale Leute höchstens mal bei einem Bier diskutierten. Er nannte sein Schiff die — hm, es bedeutet so etwas wie ›wilder dummer Vogel‹ —, das gibt Ihnen eine Vorstellung von ihm. Er rechnete sich aus, dass es irgendwo im Weltall ein paar technisch wirklich hochentwickelte Zivilisationen geben müsse. Die Schwierigkeit bestand darin, sie zu finden. Auf seltsame Art hatte er fast erraten, dass es die Zonen gibt. Das Problem war nur, er war nicht verrückt genug; in einer Kleinigkeit irrte er sich. Können Sie sich denken, worin?«

Ravna nickte. Wenn man bedachte, wo Phams Wrack gefunden worden war, lag es auf der Hand.

»Tja. Ich wette, die Idee ist älter als die Raumfahrt: Die ›älteren Rassen‹ müssen sich zum Galaxiskern hin befinden, wo die Sterne dichter stehen und es exotische Schwarzloch-Phänomene gibt, aus denen man Energie gewinnen kann. Er nahm seine ganze Zwanzigerflotte mit. Sie sollten fliegen, bis sie jemanden fänden oder haltmachen und eine Kolonie gründen müssten. Dieser Kapitän rechnete sich aus, dass wir den Erfolg wahrscheinlich nicht mehr erleben würden. Doch bei richtiger Planung würden wir in eine dicht gestirnte Region gelangen, wo es leicht wäre, eine neue Dschöng Ho zu gründen — und die würde noch weiter vordringen.

Jedenfalls war ich froh, wenigstens als Programmierer anheuern zu können; dieser Kapitän wusste alles über mich, was nicht passte.«

Die Expedition dauerte tausend Jahre und drang zweihundertfünfzig Lichtjahre galaxiseinwärts vor. Das Raumgebiet der Dschöng Ho lag näher am Grunde des Langsam als die Alte Erde, und sie flogen von dort aus nach innen. Dennoch war es pures Pech, dass sie schon nach zweihundertfünfzig Lichtjahren auf den Rand der Tiefen trafen. Nach und nach verlor der Wilde Dumme Vogel den Kontakt zu den anderen Schiffen. Manchmal geschah es ohne Vorwarnung, ein andermal gab es Anzeichen von Computerversagen oder schweren Bedienfehlern. Die Überlebenden erkannten ein Muster, errieten, dass allgemeine Bauteile ausfielen. Natürlich brachte niemand die Probleme mit dem Raumgebiet in Verbindung, in das sie eintraten.

»Wir schalteten von den Staustrahlgeschwindigkeiten herunter, fanden ein Sonnensystem mit einem halb bewohnbaren Planeten. Zu allen anderen hatten wir die Verbindung verloren. Und was wir dann gemacht haben, ist mir nicht so recht klar.« Er lachte trocken. »Wir müssen direkt am Rand gewesen und mit einem IQ von ungefähr 60 herumgetappt sein. Ich weiß noch, dass ich mit dem Lebenserhaltungssystem irgendwelchen Unsinn anstellte. Das war es vermutlich, was uns das Leben kostete.« Einen Augenblick lang sah er traurig und verstört aus. Er zuckte die Achseln. »Und dann erwachte ich in den sanften Klauen der Vrinimi-Org, hier, wo Überlichtflüge möglich sind… und ich sehe sogar den Rand des Himmels.«

Einen Moment lang sagte Ravna nichts. Sie schaute über den Strand auf die Brandung. Das Gespräch dauerte schon lange. Die Sonne lugte unter den Blütenblättern der Bäume hervor, ihr Licht glitt durch das Büro. War sich Grondr bewusst, was sie hier vor sich hatten? Fast alles aus der Langsamen Zone besaß Sammlerwert. Menschen, frisch aus dem Langsam, waren noch wertvoller. Doch Pham Nuwen war vielleicht einmalig. Er allein hatte mehr erlebt, als manche Zivilisationen insgesamt, und er war zu Fuß in die Tiefen vorgedrungen. Sie begriff jetzt, warum er auf das Transzens schaute und es ›Himmel‹ nannte. Es war nicht bloß Naivität, auch kein Fehler im Bildungsprogramm der Organisation. Pham Nuwen hatte schon zwei Transformationen erfahren, von einer vortechnischen Welt zum Sternenreisenden und vom Sternenreisenden zum Jenseiter. Jede war ein Sprung, der fast das Vorstellungsvermögen überstieg. Jetzt sah er, dass noch ein Schritt möglich war, und er war vollends bereit, sich dafür zu verkaufen.

Warum sollte ich also meine Stelle riskieren, um seinen Sinn zu ändern? Doch ihr Mund entwickelte ein Eigenleben. »Warum nicht noch warten mit dem Transzens, Pham? Nehmen Sie sich etwas Zeit, um zu verstehen, was es hier im Jenseits gibt. Sie wären in fast jeder Zivilisation willkommen. Und auf Menschenwelten wären Sie das Wunder des Jahrhunderts.« Ein Blick auf die nicht-nyjoranische Menschheit. Die örtlichen Nachrichtengruppen auf Sjandra Kei hatten Ravna für ehrgeizig bis zum Äußersten gehalten, dass sie zwanzigtausend Lichtjahre entfernt eine Aspirantur annahm. Wenn sie davon zurückkehrte, würde sie sich eine Vollakademiker-Stelle auf jeder von einem Dutzend Welten aussuchen können. Das war nichts gegen Pham Nuwen; manche Leute waren so reich, dass sie ihm eine Welt geben würden, wenn er nur bliebe. »Sie könnten den Preis bestimmen.«

Das Lächeln des Rotschopfs wurde langsam breiter. »Hm, aber wissen Sie, ich habe meinen Preis schon bestimmt, und ich glaube, Vrinimi kann ihn zahlen.«

Ich würde wirklich gern etwas gegen dieses Lächeln tun, dachte Ravna. Pham Nuwens Fahrkarte ins Transzens beruhte auf dem plötzlichen Interesse einer MACHT für die Straumli-PERVERSION. Das Ego dieses Unschuldslamms konnte am Ende womöglich über eine Million Todeswürfel verschmiert sein und dort eine Billion von Simulationen der menschlichen Natur steuern.

Keine fünf Minuten, nachdem Pham Nuwen gegangen war, rief Grondr an. Ravna wusste, dass die Org mithören würde, und sie hatte Grondr schon mitgeteilt, dass sie diesen ›Verkauf‹ eines vernunftbegabten Wesens missbilligte. Dennoch war sie etwas nervös, als sie ihn erblickte.

»Wann wird er eigentlich nach der Transzens abreisen?«

Grondr rieb sich die Sprenkel. Er schien nicht verärgert zu sein. »Nicht in den nächsten zehn, zwanzig Tagen. Die MACHT, die ihn erwerben will, ist mehr daran interessiert, sich unsere Archive anzusehen und zu beobachten, was an Information über Relais geht. Außerdem… bei all seiner Begeisterung, ins Transzens zu gehen, ist der Mensch wirklich sehr vorsichtig.«