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Sie mussten zwanzig Minuten lang so dagesessen haben. Entlang der geschwungenen Linie des Strandes sah sie winzige Feuer im sich verdichtenden Dunkeclass="underline" Büroparties. Irgendwo sehr nahe erklang das Knirschen von Füßen auf Sand. Sie wandte sich um und sah, dass es Pham Nuwen war. »Hierher«, rief sie.

Pham schlenderte auf sie zu. Seit ihrer letzten Auseinandersetzung hatte er sich sehr rar gemacht; Ravna vermutete, dass manche von ihren Sticheleien ihm sehr nahe gegangen waren. Für diesmal hoffe ich, dass der ALTE es ihn hat vergessen lassen. Pham Nuwen hatte das Zeug, eine wirkliche Persönlichkeit zu sein; es war nicht richtig gewesen, ihn zu kränken, weil sich sein Gebieter außerhalb ihrer Reichweite befand.

»Nimm Platz. Die Galaxis geht in einer halben Stunde auf.« Die Skrodfahrer raschelten; sie waren so in den Sonnenuntergang versunken gewesen, dass sie den Besucher erst jetzt bemerkten.

Pham Nuwen ging ein, zwei Schritte an Ravna vorbei, blieb stehen, die Arme in die Hüften gestemmt, und starrte aufs Meer. Er erwiderte ihren Blick, und das grüne Zwielicht verlieh seinem Gesicht einen unheimlich wilden Ausdruck. Er ließ sein altes, schiefes Lächeln aufblitzen: »Ich glaube, ich muss mich bei dir entschuldigen.«

Hat der ALTE dir endlich erlaubt, dich der Menschheit zuzugesellen? Doch Ravna war gerührt. Sie schlug die Augen vor ihm nieder. »Ich mich bei dir vermutlich auch. Wenn der ALTE nicht helfen will, dann will er es nicht; ich hätte die Beherrschung nicht verlieren sollen.«

Pham Nuwen lachte leise. »Dein Fehler war sicherlich der geringere. Ich versuche immer noch, herauszubekommen, was ich falsch gemacht habe, und… ich glaube, ich habe jetzt keine Zeit, es herauszufinden.«

Er blickte wieder aufs Meer hinaus. Nach einer Weile stand Ravna auf und trat zu ihm. Aus der Nähe sah sein starrer Blick glasig aus. »Was stimmt nicht?« Verdammt, ALTER. Wenn du ihn aufgeben willst, dann tu es nicht stückchenweise!

»Du bist die große Expertin für transzendente MÄCHTE, hm?«

Wieder Sarkasmus. »Also…«

»Gibt es bei den großen Jungs Kriege?«

Ravna zuckte die Achseln. »Man kann Gerüchte über alles Mögliche finden. Wir glauben, dass Konflikte vorkommen, aber zu subtil, als dass man es Krieg nennen könnte.«

»Du hast verdammt Recht. Es gibt Kämpfe, aber die haben mehr Haken als alles hier unten. Die Vorteile der Zusammenarbeit sind normalerweise so groß, dass… Das ist zum Teil der Grund, weshalb ich die PERVERSION nicht ernst genommen habe. Außerdem kann einem das Geschöpf Leid tun: ein räudiger Köter, der den eigenen Bau beschmutzt. Selbst wenn sie die anderen MÄCHTE töten wollte, so jemand könnte das niemals. Nicht in einer Milliarde Jahre…«

Blaustiel rollte neben sie heran. »Wer ist das, meine Dame?«

Es war die für die Fahrer typische Sorte Gesprächsunterbrechung, an die sie sich erst allmählich gewöhnte. Wenn Blaustiel nur mit seinem Skrodgedächtnis synchron werden würde, wüsste er es. Dann kam ihr die Frage richtig zu Bewusstsein. Wer ist das? Sie warf einen Blick auf ihr Datio. Es zeigte den Status der Transceiver, schon die ganze Zeit über, seit Pham Nuwen eingetroffen war. Und… bei den MÄCHTEN, drei Transceiver waren von einem einzigen Kunden in Beschlag genommen worden!

Sie wich rasch einen Schritt zurück. »Sie!«

»Ich! Wieder Auge in Auge, Ravna.« Das Grinsen war eine Parodie von Phams selbstsicherem Lächeln. »Tut mir Leid, dass ich heute Abend nicht charmant sein kann.« Er schlug sich täppisch gegen die Brust. »Ich benutze die unterschwelligen Instinkte dieses Dings… Ich bin zu sehr damit beschäftigt, am Leben zu bleiben.«

Speichel rann sein Kinn hinab. Phams Augen fixierten sie immer wieder und glitten dann beiseite.

»Was machen Sie mit Pham!«

Der Abgesandte Apparat trat auf sie zu, strauchelte. »Ich mache Platz«, erklang Pham Nuwens Stimme.

Ravna sagte Grondrs Sprechfunkcode. Es kam keine Antwort.

Der Abgesandte Apparat schüttelte den Kopf. »Die Vrinimi-Org hat gerade viel zu tun — sie versucht mich von ihrer Ausrüstung loszuwerden, versucht, ihren Mut zusammenzunehmen und mich mit Gewalt wegzudrängen. Sie glauben nicht, was ich ihnen sage.« Er lachte, ein schneller erstickter Laut. »Egal. Ich sehe jetzt, der Angriff hier war einfach nur tödliche Diversion… Wie findest du das, Klein Ravna? Weißt du, die PEST ist keine PERVERSION DER KLASSE ZWEI. In der Zeit, die mir bleibt, kann ich nur raten, was es ist… Etwas sehr Altes, sehr Großes. Was immer es ist, es frisst mich bei lebendigem Leibe.«

Blaustiel und Grünmuschel waren nahe an Ravna herangerollt. Ihre Wedel machten schwache knisternde Geräusche. Etliche tausend Lichtjahre entfernt, weit im Transzens, kämpfte eine MACHT um ihr Leben. Und alles, was sie sahen, war ein Mann, aus dem ein sabbernder Schwachkopf geworden war.

»Hier also meine Entschuldigung, Klein Ravna. Wenn ich euch geholfen hätte, hätte mich das wahrscheinlich gerettet.« Seine Stimme versagte, und er schnappte nach Luft. »Aber euch jetzt zu helfen, dient der… Vergeltung ist ein Motiv, dass du verstehen würdest. Ich habe euer Schiff herabgerufen. Wenn ihr schnell fliegt und nicht den Agrav benutzt, überlebt ihr vielleicht die nächste Stunde.«

Blaustiels Stimme war zugleich schüchtern und stürmisch. »Überleben? Nur ein konventioneller Angriff könnte hier unten funktionieren, und nichts deutet darauf hin.«

Ein Irrer inmitten der sanften, stillen Nacht. Ravnas Datio zeigte nichts Seltsames außer der großen Bandbreite, die der ALTE belegte.

Pham Nuwen stieß ein keuchendes Lachen aus. »Oh, er ist schon konventionell, aber sehr schlau. Ein paar Gramm sich vermehrender Unordnung, über Wochen hinweg eingeschleust. Jetzt blüht sie, zeitlich abgestimmt mit dem Angriff, den ihr seht… Die Wucherung wird binnen Stunden absterben, nachdem sie die gesamte schöne Hohe Automatik von Relais zerstört hat… Ravna! Nehmt das Schiff, oder sterbt innerhalb der nächsten tausend Sekunden. Nehmt das Schiff. Wenn ihr überlebt, fliegt zum Grund. Holt das…« Der Abgesandte Apparat verschluckte den Rest des Satzes. Er straffte sich und lächelte ein letztes Mal sein grünliches Lächeln. »Und hier ist mein Geschenk für euch, die beste Hilfe, die ich noch zu geben vermag.«

Das Lächeln verschwand. Der glasige Blick wich Verwunderung… und dann wachsendem Entsetzen. Pham Nuwen tat einen gewaltigen Atemzug und hatte Zeit für einen einzigen bellenden Schrei, ehe er zusammenbrach. Er fiel vornüber und lag sich windend und keuchend im Sand.

Ravna rief abermals Grondrs Code und lief zu Pham Nuwen. Sie wälzte ihn auf den Rücken und versuchte seinen Mund frei zu bekommen. Der Anfall dauerte einige Sekunden, Phams Glieder zuckten unkontrolliert hin und her. Ravna steckte harte Treffer ein, während sie versuchte, ihn zur Ruhe zu bringen. Dann erschlaffte Pham, und sie konnte kaum seinen Atem spüren.

Blaustiel sagte: »Irgendwie hat er sich der ADR bemächtigt. Sie ist viertausend Kilometer entfernt und kommt geradewegs auf die Docks zu. Wehe! Wir sind ruiniert.« Ungenehmigte Flüge in der Nähe der Docks waren ein Grund zu Beschlagnahme.