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Während er um Ecken und durch Schlüssellöcher spähte, saßen zwei von Schreiber da und machten Notizen. Nach zehn Tagen hatte er genug beisammen, um sogar Feilonius zu beeindrucken.

Feilonius’ offizieller Wohnsitz war von Räumen für Assistenten und Wachen umringt. Das war nicht der Ort für ein geheimes Angebot. Außerdem hatte Schreiber mit dem direkten Herangehen schon früher Pech gehabt. Man konnte tagelang auf eine Audienz warten, und je geduldiger man war, je mehr man die Regeln achtete, um so weniger war man für die Bürokraten vorhanden.

Aber Feilonius war manchmal allein. Da war dieser Eckturm auf der alten Mauer, auf der Waldseite der Burg… Spät am elften Tage seiner Nachforschungen begab sich Schreiber auf jenen Turm und wartete. Eine Stunde verging. Der Wind flaute ab. Schwerer Nebel zog sich vom Hafen herüber. Er quoll an der alten Mauer herauf wie träger Meerschaum. Alles wurde sehr, sehr still — wie immer im dichten Nebel. Schreiber schnüffelte schlechtgelaunt auf der Plattform des Turms herum, er war wirklich baufällig. Der Mörtel bröckelte unter seinen Krallen. Es fühlte sich an, als könnte man manche von den Steinen einfach aus der Mauer ziehen. Verdammt. Vielleicht würde Feilonius vom Schema abweichen und heute nicht hier heraufkommen.

Aber Schreiber wartete noch eine halbe Stunde — und seine Geduld machte sich bezahlt. Er hörte Stahl auf der Wendeltreppe klicken. Es gab keine Denklaute, dafür war es einfach zu neblig. Eine Minute verging. Die Falltür ging auf, und ein Kopf ragte hervor.

Selbst in dem Nebel klang Feilonius’ Überraschung als festes Zischen.

»Frieden, mein Herr! Ich bin es nur, Euer loyaler Yaqueramaphan.«

Der Kopf kam weiter hervor. »Was sollte ein loyaler Bürger hier oben tun?«

»Tja, ich bin hier, um Euch zu treffen«, sagte Schreiber lachend, »in diesem Euren Geheimbüro. Kommt herauf. Bei diesem Nebel ist hier genug Platz für uns beide.«

Eins nach dem anderen mühten sich Feilonius’ Glieder durch die Falltür herauf. Manche schafften es gerade noch, ihre Messer und Juwelen scharrten über den Türrahmen; Feilonius war nicht der schlanksten Rudel eines. Der Sicherheitschef stellte sich an der gegenüberliegenden Seite des Turms in einer Reihe auf, eine Haltung, die Misstrauen ausdrückte. Er hatte nichts von dem aufgeblasenen, herablassenden Rudel ihrer Öffentlichen Begegnungen. Schreiber grinste in sich hinein. Er konnte sicher sein, dass ihm der andere Aufmerksamkeit zollte.

»Nun?«, sagte Feilonius tonlos.

»Ich möchte Euch meine Dienste anbieten. Ich glaube, meine Anwesenheit hier zeigt, dass ich für Holzschnitzerins Sicherheitsdienst von Nutzen sein kann. Wer außer einem begabten Profi hätte feststellen können, dass Ihr diesen Ort als Euren geheimen Bau benutzt?«

Feilonius schien sich ein wenig zu entspannen. Er lächelte sarkastisch. »In der Tat, wer? Ich komme genau aus dem Grunde hierher, dass dieser Teil der alten Mauer von keiner Stelle der Burg aus zu sehen ist. Hier kann ich… mit den Bergen in Zwiesprache treten, und frei sein vom alltäglichen Verwaltungskram.«

Yaqueramaphan nickte. »Ich verstehe. Aber Ihr irrt Euch in einem Punkt.« Er zeigte an dem Sicherheitschef vorbei. »Ihr könnt es durch all den Nebel hindurch nicht sehen, aber auf der Hafenseite der Burg gibt es eine einzige Stelle, die einen Blick auf Euren Turm erlaubt.«

»So? Wer könnte von da schon viel… Ach, das Augenwerkzeug, das du aus der Republik mitgebracht hast!«

»Genau.« Schreiber langte in eine Tasche und holte ein Fernrohr hervor. »Selbst über den Burghof hinweg habe ich Euch erkannt.« Die Augenwerkzeuge hätten Schreiber berühmt machen können. Leider hatte die Ehre ihn gezwungen zuzugeben, dass er die Geräte von einem Erfinder in Rangathir gekauft hatte. Freilich war er es gewesen, der den Wert der Erfindung erkannt hatte, er, der es benutzt hatte, um bei Johannas Rettung zu helfen. Als sie herausfanden, dass er nicht recht wusste, wie die Linsen funktionierten, hatten sie eine als Geschenk angenommen und ihren eigenen Glasmachern gegeben. O ja, er war immer noch der beste Benutzer von Augen-Werkzeugen in diesem Teil der Welt.

»Es wart nicht eigentlich Ihr, den ich beobachtet habe, mein Fürst. Das war der kleinste Teil meiner Untersuchung. Die letzten zehn Tage über habe ich viele Stunden auf den Burgmauern verbracht.«

Feilonius’ Lippen verzogen sich. »Ach ja.«

»Ich darf sagen, dass nicht viele mich bemerkt haben, und ich habe Sorge getragen, dass niemand mich mein Augen-Werkzeug benutzen sah. Jedenfalls« — er zog sein Buch aus einer anderen Tasche — »habe ich ausführliche Notizen gemacht. Ich weiß, wer wann wohin geht, fast alle Stunden bei Tageslicht hindurch. Ihr könnt euch vorstellen, was meine Technik im Sommer zu leisten vermag!« Er stellte das Buch auf den Fußboden und ließ es zu Feilonius gleiten. Einen Moment später schob der andere ein Glied vor und zog das Buch zu sich heran. Er schien nicht sehr begeistert zu sein.

»Versteht bitte, mein Herr. Ich weiß, dass Ihr Holzschnitzerin erzählt, was in den höchsten Räten der Flenseristen vor sich geht. Ohne Eure Quellen wären wir diesen Fürsten hilflos ausgeliefert, aber…«

»Wer hat dir so etwas gesagt?«

Schreiber schluckte. Einfach dreist leugnen. Er grinste schwach. »Das hat mir niemand zu sagen brauchen. Ich bin ein Profi, wie Ihr selbst, und ich weiß, wie man ein Geheimnis bewahrt. Doch bedenkt: Es kann andere mit meinen Fähigkeiten in der Burg geben, und manche könnten Verräter sein. Möglicherweise hört Ihr von Euren hochgestellten Quellen nie etwas über sie. Denkt an den Schaden, den sie anrichten könnten. Ihr braucht meine Hilfe. Mit meiner Methode könnte ihr jedermann im Auge behalten. Es wäre mir eine Freude, eine Truppe von Detektiven auszubilden. Wir könnten sogar in der Stadt tätig werden, indem wir von den Markttürmen aus beobachten.«

Der Sicherheitschef ging seitlich an der Brüstung herum, er stieß müßig gegen Steine in dem verrotteten Mörtel. »Die Idee hat einiges für sich. Allerdings glaube ich, dass wir alle Agenten Flensers identifiziert haben; wir füttern sie gut… mit Lügen. Es ist interessant, zu hören, wie die Lügen von unseren Quellen da oben zurückkommen.« Er lachte kurz auf und blickte in Gedanken über die Brüstung. »Aber du hast Recht. Wenn wir irgendeinen übersehen, der Zugang zu dem Zweibeiner oder zum Datio hat…, das könnte katastrophal sein.« Er wandte mehr Köpfe Schreiber zu. »Einverstanden. Ich kann dir vier oder fünf Leute geben, damit du sie… äh… in deinen Methoden ausbildest.«

Schreiber konnte sich nicht beherrschen, er sprang vor Begeisterung fast herum, alle Augen auf Feilonius gerichtet. »Ihr werdet es nicht bereuen!«

Feilonius zuckte die Achseln. »Wahrscheinlich nicht. Also, wie vielen anderen hast du von deinen Nachforschungen erzählt? Ich will sie zusammenholen und Geheimhaltung schwören lassen.«

Schreiber straffte sich. »Mein Fürst! Ich habe Euch gesagt, dass ich ein Profi bin. Ich habe das vollständig für mich behalten und auf unser Gespräch gewartet.«

Feilonius lächelte und lehnte sich in fast leutseliger Haltung zurück. »Hervorragend. Dann können wir anfangen.«

Vielleicht war es Feilonius’ Stimme — eine Spur zu laut — oder vielleicht ein kleines Geräusch hinter ihm. Wie dem auch sei, Schreiber wandte einen Kopf von dem anderen ab und sah behände Schatten über die Waldseite der Brüstung kommen. Zu spät hörte er die Denkgeräusche des Angreifers.

Pfeile schwirrten, und Feuer brannte sich durch Phans Kehle. Er würgte, hielt sich aber beisammen und rannte quer über den Turm auf Feilonius zu. »Helft mir!« Der Schrei war verschwendete Mühe. Schreiber wusste es, noch ehe der andere seine Messer zog und zurückwich.