Выбрать главу

Feilonius stand frei, als sein gedungener Mörder mitten unter Schreiber sprang. Das rationale Denken verblasste in der Raserei von Lärm und schneidendem Schmerz. Sag es Wanderer! Sag es Johanna! Das Gemetzel dauerte zeitlose Augenblicke an, und dann…

Ein Teil von ihm ertrank in klebrigem Rot. Ein Teil von ihm war geblendet. Yaqueramas Gedanken kamen in zerklüfteten Fragmenten. Mindestens einer von ihm war tot: Phan lag enthauptet in einer sich ausbreitenden Blutlache. Sie dampfte in der kalten Luft. Schmerz und Kälte und… Versinken, Ersticken… Sag es Johanna.

Der Mörder und sein Herr waren von ihm zurückgewichen. Feilonius. Sicherheitschef. Chefverräter. Sag es Johanna. Sie standen sehr ruhig da… und sahen zu, wie er verblutete. Zu zimperlich, um ihre Gedanken mit seinen zu vermengen. Sie würden warten. Sie würden warten…, bis seine Denkgeräusche abklangen, und dann ihr Werk vollenden.

Still. So still. Die fernen Gedanken des Mörders. Erstickte Töne, Stöhnen. Niemand würde je erfahren…

Fast alle weg. Ya starrte stumpf auf die beiden fremden Rudel. Eins kam auf ihn zu, Stahlkrallen an den Füßen, Klingen im Mund. Nein! Ya sprang auf, glitt auf dem Nassen aus. Das Rudel stürzte vor, aber Ya stand schon auf der Brüstung. Er sprang zurück und fiel und fiel…

… und stürzte auf Felsen tief unten. Ya schleppte sich von der Mauer weg. Da war Schmerz quer durch seinen Rücken, dann Taubheit. Wo bin ich? Wo bin ich? Nebel überall. Hoch über ihm waren murmelnde Stimmen. Erinnerungen an Messer und Klauen strömten durch seinen kleinen Verstand, wirr durcheinander. Sag es Johanna! Er erinnerte sich… an etwas… von früher. Ein verborgener Pfad durch tiefes Unterholz. Wenn er diesen Weg weit genug ging, würde er Johanna finden.

Ya schleppte sich langsam den Pfad hinauf. Etwas stimmte nicht mit seinen Hinterbeinen, er konnte sie nicht fühlen. Sag es Johanna!

NEUNZEHN

Johanna hustete, alles hier schien immer nur noch schlimmer zu werden. Seit drei Tagen hatte sie eine raue Kehle und Schnupfen. Sie wusste nicht, ob sie Angst haben sollte oder nicht. Krankheiten waren im Mittelalter eine alltägliche Angelegenheit. Eben, und eine Menge Leute sind daran auch gestorben! Sie schnäuzte sich und versuchte sich auf das zu konzentrieren, was Holzschnitzerin gerade sagte.

»Scrupilo hat schon etwas Schießpulver hergestellt. Es funktioniert genauso, wie es das Datio vorausgesagt hat. Leider hätte er beinahe ein Glied bei dem Versuch verloren, es in einer Holzkanone zu verwenden. Wenn wir keine Geschütze machen können, dann fürchte ich…«

Vor einer Woche wäre Holzschnitzerin hier nicht willkommen gewesen; alle ihre Treffen hatten unten in den Sälen der Burg stattgefunden. Doch dann war Johanna krank geworden — es war eine Erkältung, kein Zweifel — und hatte keine Lust gehabt, draußen herumzulaufen. Außerdem hatte Schreibers Besuch sie in gewisser Weise… beschämt. Manche von den Rudeln waren anständig genug. Sie hatte beschlossen, möglichst mit Holzschnitzerin auszukommen — und mit dem Aufgeblasenen Clown auch, falls er jemals wieder vorbeikommen sollte. Solange Kreaturen wie Narbenhintern ihr aus dem Weg blieben… Johanna lehnte sich ein bisschen näher ans Feuer und wischte Holzschnitzerins Einwände weg; manchmal kam ihr dieses Rudel wie ihre älteste Großmutter vor. »Geh davon aus, dass wir welche bauen können. Wir haben eine Menge Zeit bis zum Sommer. Sag Scrupilo, er soll das Datio sorgfältiger studieren und aufhören, nach Abkürzungen zu suchen. Die Frage ist, wie man sie verwenden kann, um mein Sternenschiff zurückzugewinnen.«

Holzschnitzerins Mienen hellten sich auf. Der Sabberer hörte auf, sein Maul abzuwischen, um sich am Wippen der anderen Köpfe zu beteiligen. »Ich habe darüber mit Wand… mit verschiedenen Leuten gesprochen, vor allem mit Feilonius. Normalerweise wäre es schrecklich schwierig, eine Armee zur Verborgenen Insel zu bringen. Zur See geht es schnell, aber unterwegs gibt es ein paar tödliche Engen. Durch den Wald dauert es lange, und die andere Seite würde reichlich Warnungen erhalten. Aber zum großen Glück hat Feilonius etliche sichere Routen gefunden. Möglicherweise schleichen wir uns also…«

Jemand kratzte an der Tür.

Holzschnitzerin hob ein Paar Köpfe. »Das ist seltsam«, sagte sie.

»Wieso?«, fragte Johanna abwesend. Sie raffte die gefütterte Decke um die Schultern und stand auf. Zwei von Holzschnitzerin gingen mit ihr zur Tür.

Johanna öffnete und schaute in den Nebel hinaus. Plötzlich sprach Holzschnitzerin laut, lauter Kollern. Ihr Besucher hatte sich zurückgezogen. Etwas war wirklich seltsam, und im Moment konnte sie nicht ausmachen, was. Es war das erste Mal, dass sie ein Hundewesen ganz allein sah. Sie war sich der Bedeutung noch nicht ganz bewusst, als die meisten von Holzschnitzerin an ihr vorbei aus der Tür stürzten. Dann begann Johannas Diener oben auf dem Boden zu schreien. Der Klang trieb Schmerz durch Johannas Ohren.

Das einzelne Klauenwesen wand sich unbeholfen auf seinem Hinterteil und versuchte sich davonzuschleppen, doch Holzschnitzerin hatte es umzingelt. Sie rief etwas, und das Kreischen auf dem Boden hörte auf. Man hörte Pfoten über Holzstufen springen, und der Diener sprang ins Freie, seine Armbrüste schussbereit. Von weiter unten am Hang hörte sie Waffengeklirr, als Wachen zu ihnen eilten.

Johanna lief zu Holzschnitzerin, bereit, mit den Fäusten zu jeder notwendigen Verteidigung beizutragen. Doch das Rudel beschnüffelte den Fremdling und leckte seinen Hals. Einen Augenblick später packte Holzschnitzerin das Klauenwesen an der Jacke. »Hilf mir ihn hineintragen, bitte, Johanna.«

Das Mädchen hob die Flanken des Klauenwesens an. Das Fell war feucht vom Nebel — und klebrig von Blut.

Dann waren sie durch die Tür und legten das Glied auf ein Kissen am Feuer. Das Geschöpf stieß jenes tiefe Pfeifen aus, das äußersten Schmerz bedeutete. Es blickte zu ihr auf, die Augen so weit, dass sie ringsherum das Weiße sehen konnte. Einen Moment lang glaubte sie, es sei ihretwegen entsetzt, doch als sie zurücktrat, machte es den Ton nur noch lauter und streckte den Hals zu ihr hin. Sie kniete sich neben das Kissen. Das Wesen legte die Schnauze auf ihre Hand.

»W-was ist das?« Sie blickte an seinem Körper entlang, hinter die gepolsterte Jacke. Die Hüften waren in sonderbarem Winkel verdreht, ein Bein hing nahe am Feuer herab.

»Siehst du denn nicht…«, begann Holzschnitzerin. »Das ist ein Teil von Yaqueramaphan.« Sie schob eine Nase unter das herabhängende Bein und hob es aufs Kissen.

Die Wachen und Johannas Diener sprachen laut miteinander. Durch die offene Tür sah sie Glieder mit Fackeln, sie hatten die Vorderpfoten auf die Schultern ihrer Gefährten gestellt und hielten die Lichter hoch. Niemand versuchte hereinzukommen, der Platz hätte nicht ausgereicht.

Johanna schaute wieder auf das verletzte Klauenwesen. Schreiber? Dann erkannte sie die Jacke. Das Geschöpf erwiderte ihren Blick, noch immer vor Schmerz pfeifend. »Kannst du denn keinen Arzt kommen lassen!«

Holzschnitzerin war rings um sie. Sie antwortete: »Ich bin Arzt, Johanna.« Sie nickte zu dem Datio hinüber und fuhr leise fort: »Wenigstens, was hier als Arzt gilt.«

Johanna wischte Blut vom Halse des Geschöpfs. Es quoll mehr hervor. »Und, kannst du ihn retten?«

»Dieses Fragment vielleicht, aber…« Eins von Holzschnitzerin ging zur Tür und sprach mit den Rudeln draußen. »Meine Leute suchen nach dem Rest von ihm. Ich glaube, er ist größtenteils ermordet worden, Johanna. Wenn es noch andere gäbe… nun ja, sogar Fragmente halten sich beisammen.«