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»Oh? Du glaubst wirklich, ich musste alle umbringen lassen, die die Säle unter der Verborgenen Insel gebaut haben?«

»Was? Du meinst, du hast es nicht getan? Wie…?«

Das Flenser-Fragment lächelte sein altes, die Reißzähne bleckendes Lächeln. »Denk drüber nach, Stahl. Zur Übung.«

Stahl ordnete die Notizen auf dem Pult und tat so, als studierte er sie. Dann schauten alle von ihm das andere Rudel an. »Tyrathect. Ich achte dich um des Flensers willen, der in dir steckt. Aber denk daran: Dein Leben hängt von meinem guten Willen ab. Du bist nicht der Flenser im Wartestand.« Die Nachricht war letzten Herbst gekommen, kurz ehe der Winter den letzten Pass über die Eisfänge schloss: Die Rudel, die den Rest des Meisters enthielten, waren nicht aus der Parlaments-Senke entkommen. Flensers Ganzheit war für immer dahin. Das war eine unbeschreibliche Erleichterung für Stahl gewesen, und danach war das Fragment eine Zeit lang ziemlich lenkbar gewesen. »Keiner von meinen Leutnants würde mit der Wimper zucken, wenn ich alle von dir tötete — sogar die Glieder Flensers.« Und ich werde es tun, wenn du mich genug unter Druck setzt, das schwöre ich.

»Natürlich, lieber Stahl. Du befiehlst.«

Für einen Augenblick schimmerte die Angst des anderen durch. Denk dran, dachte Stahl bei sich, denk immer dran: Das ist nur ein Fragment des Meisters. Das meiste davon ist eine kleine Schullehrerin, nicht Der Große Meister Mit Dem Messer. Gewiss, die beiden Flenser-Glieder dominierten das Rudel völlig. Der Geist des Meisters war hier im Raum, aber besänftigt. Tyrathect konnte gelenkt und die Kraft des Meisters für Stahls Zwecke benutzt werden.

»Gut«, sagte Stahl glatt. »Solange dir das klar ist, kannst du von großem Nutzen für die Bewegung sein. Insbesondere« — er blätterte in den Papieren — »möchte ich mit dir die Situation mit den Besuchern überdenken.« Ich brauche Rat.

»Ja.«

»Wir haben ›Ravna‹ davon überzeugt, dass sich ihr lieber Jefri in akuter Gefahr befindet. Amdijefri hat ihr von allen Angriffen Holzschnitzerins erzählt, und wie sehr wir einen überwältigenden Überfall fürchten.«

»Und das kann wirklich geschehen.«

»Ja. Holzschnitzerin plant wirklich einen Angriff, und sie hat ihre eigene Quelle ›magischer‹ Hilfe. Wir haben etwas weitaus Besseres.« Er tippte auf die Papiere, auf die Ratschläge, die seit dem frühen Winter herabkamen. Er erinnerte sich, wie Amdijefri die ersten Seiten gebracht hatte, Seiten voll Zahlentabellen, Anweisungen und Diagrammen, alle in sauberem, aber kindlichem Stil gezeichnet. Stahl und das Fragment hatten tagelang versucht zu verstehen. Manche von den Bezügen waren klar. Die Rezepte des Besuchers erforderten Silber und Gold in Mengen, die sonst zur Finanzierung eines Krieges ausgereicht hätten. Doch was war jenes ›flüssige Silber‹ ? Tyrathect hatte es erkannt; der Meister hatte so etwas in seinen Labors in der Republik benutzt. Schließlich hatten sie die notwendige Menge beschafft. Doch für viele von den Bestandteilen waren nur die Methoden zu ihrer Herstellung angegeben. Stahl erinnerte sich, wie das Fragment darüber gegrübelt und Pläne gegen die Natur geschmiedet hatte, als sei sie einfach ein weiterer Gegner. In den Rezepten der Mystiker wimmelte es von ›Krakenhorn‹ und ›gefrorenem Mondlicht‹ . Die Anweisungen Ravnas waren manchmal noch sonderbarer. Es gab Anweisungen innerhalb von Anweisungen, lange Abschweifungen zur Erprobung gewöhnlicher Materialien, um herauszufinden, welches wirklich dem größeren Plan gerecht wurde. Bauen, erproben, bauen. Es war wie die eigene Methode des Meisters, nur ohne die Sackgassen.

Manches davon ergab schon früh Sinn. Sie würden die Sprengstoffe und Kanonen haben, die Holzschnitzerin für ihre Geheimwaffe hielt. Doch so vieles war noch unverständlich — und es wurde nie einfacher.

Stahl und das Fragment arbeiteten den ganzen Nachmittag, planten, wie die neuesten Versuche organisiert werden sollten, entschieden, wo nach den neuen Bestandteilen zu suchen sei, die Ravna verlangte.

Tyrathect lehnte sich zurück und stieß einen zischenden Seufzer der Verwunderung aus. »Ebene um Ebene aufeinander aufgebaut. Und bald werden wir unsere eigenen Radios besitzen. Der alten Holzschnitzerin wird keine Chance bleiben. Du hast Recht, Stahl. Damit kannst du die Welt beherrschen. Stell dir vor, du erfährst augenblicklich, was in der Hauptstadt der Republik vor sich geht, und kannst nach diesem Wissen Armeen koordinieren. Die Bewegung wird der Verstand Gottes sein.« Das war eine alte Parole, und nun konnte sie wahr werden. »Ich entbiete dir meinen Respekt, Stahl. Du hast einen Griff, der der Bewegung würdig ist.« Lag die Verachtung des Lehrers in seinem Lächeln? »Radio und Kanonen können uns die Welt verschaffen. Aber offensichtlich sind das nur Krumen vom Tisch der Besucher. Wann werden sie eintreffen?«

»In hundert bis hundertzwanzig Tagen, Ravna hat ihre Schätzung abermals berichtigt. Anscheinend haben sogar die Zweibeiner ihre Probleme bei Flügen zwischen den Sternen.«

»Solange bleibt uns also noch, um den Triumph der Bewegung zu genießen. Und dann sind wir nichts, weniger als Wilde. Es wäre vielleicht sicherer gewesen, auf die Gaben zu verzichten und die Besucher zu überzeugen, dass es hier nichts zu retten gibt.«

Stahl schaute durch die Fensterschlitze hinaus, die waagerecht zwischen die Wandbalken eingelassen waren. Er konnte einen Teil der Umbauung des Sternenschiffs und die Burgfundamente sehen, und dahinter die Inseln des Fjordlandes. Plötzlich war er zuversichtlicher, ruhiger als seit langem. Es erschien ihm richtig, seinen Traum zu offenbaren. »Siehst du es wirklich nicht, Tyrathect? Ich frage mich, ob der ganze Meister es verstehen würde, oder ob ich auch ihn übertroffen habe. Anfangs blieb uns keine Wahl. Das Sternenschiff sendete automatisch irgendein Signal an Ravna. Wir hätten es zerstören können, vielleicht hätte Ravna das Interesse verloren… Vielleicht auch nicht, und dann hätten sie uns gegriffen wie einen Fisch mit dem Kescher. Vielleicht bin ich das größere Risiko eingegangen, aber wenn ich gewinne, werde ich mehr erhalten, als du ahnst.« Das Fragment beobachtete ihn mit emporgereckten Köpfen. »Ich habe diese Menschen studiert, Jefri und — durch meine Spione — den anderen unten in Holzschnitzerheim. Ihre Rasse mag älter als unsere sein, und die Tricks, die sie erlernt haben, lassen sie allmächtig erscheinen. Aber die Rasse ist geschwächt. Als Solos arbeiten sie mit Behinderungen, die wir uns kaum vorzustellen vermögen. Wenn ich diese Schwächen ausnutzen kann…

Du weißt, dass sich das normale Rudel um seine Welpen sorgt. Wir haben die elterlichen Gefühle oft genug manipuliert. Stell dir vor, wie es für die Menschen sein muss. Für sie ist ein einzelner Welpe zugleich ein ganzes Kind. Denke an die Druckmittel, die uns das in die Hand gibt.«

»Du willst allen Ernstes alles darauf setzen? Ravna ist nicht einmal Jefris Elter.«

Stahl machte eine unwillige Geste. »Du hast nicht alle von Amdis Übersetzungen gesehen.« Der unschuldige Amdi, der perfekte Spion. »Aber du hast Recht, das eine Kind zu retten, ist nicht der Hauptgrund für den Besuch. Ich habe versucht, ihr wirkliches Motiv herauszufinden. Es gibt hunderteinundfünfzig Kinder in einer Art tödlicher Erstarrung, alle in Särgen innerhalb des Schiffs aufgestapelt. Die Besucher sind verzweifelt daran interessiert, die Kinder zu retten, aber es gibt noch etwas, das sie haben wollen. Sie reden niemals direkt darüber… Ich glaube, es ist in der Maschinerie des Schiffes selbst.«

»Soviel wir wissen, sind die Kinder eine Zuchteinheit, Teil einer Invasion.«

Das war eine alte Befürchtung, doch nachdem er Amdijefri beobachtet hatte, hielt Stahl es für ausgeschlossen. Es mochte andere Fallen geben, aber: »Wenn uns die Besucher belügen, dann können wir wirklich kaum etwas tun, um zu gewinnen. Wir werden gejagte Tiere sein; vielleicht werden wir Generationen später ihre Tricks erlernen können, aber für uns wäre es das Ende. Andererseits haben wir gute Gründe zu der Annahme, dass die Zweibeiner schwach sind, und was immer ihre Ziele sein mögen, sie betreffen uns nicht direkt. Du warst am Tage der Landung dabei, viel näher als ich. Du hast gesehen, wie leicht es war, sie aus dem Hinterhalt zu überfallen, obwohl ihr Schiff uneinnehmbar und ihre einzige Waffe einer kleinen Armee gewachsen ist. Offensichtlich betrachten sie uns nicht als Gefahr. Wie mächtig ihre Werkzeuge auch sein mögen, was sie wirklich fürchten, liegt woanders. Und in diesem Sternenschiff haben wir etwas, das sie brauchen.