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Clifton hatte gehört, dass Toby gleichzeitig mit einem halben Dutzend Mädchen ins Bett ging, um seinen Hunger zu stillen. Aber natürlich funktionierte das nicht. Was Toby brauchte, war ein Mädchen, und das hatte er nie gefunden. Also spielte er weiter mit der großen Zahl.

Er hatte das verzweifelte Verlangen, immer Menschen um sich zu haben.

Einsamkeit. Toby fühlte sie nur dann nicht, wenn er vor seinem Publikum stand, wenn er dessen Beifall vernehmen und dessen Liebe spüren konnte. Es war alles so einfach, dachte Clifton. Wenn Toby nicht auf der Bühne stand, schleppte er sein Publikum mit sich herum. Er war stets von Musikern und Handlangern und Textern und Showgirls und abgetakelten Komikern und wen er sonst in seinen Umkreis ziehen konnte umgeben.

Und nun wollte er Clifton Lawrence. Ganz.

Clifton betreute ein Dutzend Klienten, aber deren Gesamteinkommen war nicht viel größer als Tobys Einkommen aus Auftritten in Nachtklubs, im Fernsehen und in Filmen; denn die Abschlüsse, die Clifton für Toby erzielen konnte, waren phantastisch. Trotzdem traf Clifton seine Entscheidung nicht des Geldes wegen. Er traf sie, weil er Toby Temple liebte und Toby ihn brauchte. So wie er Toby brauchte. Clifton erinnerte sich, wie schal sein Leben gewesen war, bevor Toby auftauchte. Jahrelang hatte er vor keiner neuen Aufgabe gestanden. Er war auf der Woge alter Erfolge geschwommen. Und er dachte jetzt an die knisternde Spannung, die Toby um sich verbreitete, den Spaß und das Gelächter und die herzliche Kameradschaft, die sie miteinander verband.

Als Toby zu Clifton zurückkam und ihm seinen Drink reichte, hob Clif-ton das Glas und sagte: »Auf uns beide, mein Junge.«

Es war eine Zeit der Erfolge und des Amüsements und der Parties, und Toby war immer »obenauf«. Die Leute erwarteten von ihm, dass er komisch war. Ein Schauspieler konnte sich hinter den Worten Shakespeares oder Shaws oder Molieres verstecken, und ein Sänger konnte auf die Hilfe von Gershwin oder Rodger and Hart oder Cole Porter zählen. Ein Komiker jedoch war ganz auf sich gestellt. Seine einzige Waffe war sein Witz.

Toby Temples Stegreifwitze wurden bald in ganz Hollywood berühmt. Auf einer Party für den hochbetagten Begründer eines Studios wurde Toby gefragt: »Ist er tatsächlich schon einundneunzig?«

Toby erwiderte: »Aber ja. Und wenn er hundert wird, wird er bestimmt gegen zwei andere eingetauscht.«

Bei einem Dinner erzählte ein berühmter Arzt, zu dessen Patienten viele Stars gehörten, einer Gruppe von Schauspielern einen langatmigen und gequälten Witz.

»Doc«, bat Toby, »unterhalten Sie uns nicht – retten Sie uns!« Eines Tages brauchte das Studio für einen Film Löwen, und als Toby sie in einem Lastwagen ankommen sah, schrie er gellend: »Christen – noch zehn Minuten!«

Tobys derbe Scherze wurden legendär. Eines Tages sagte ein Produzent zu ihm: »Wie ich höre, finden bei Ihnen dauernd wilde Parties statt. Ich habe noch nie eine Hollywood-Orgie mitgemacht.«

Prompt antwortete Toby: »Sie haben Glück. Freitagabend findet bei mir wieder so was statt. Sie brauchen sich nicht um ein Mädchen zu bemühen. Die sind haufenweise da. Alle nackt.«

Freitagabend erschien der aufgeregte Produzent in Tobys Heim und wurde vom Butler empfangen.

»Hier entlang, bitte, Sir«, sagte der Butler. Er führte den Produzenten in eine große Garderobe, in der sich Kleidungsstücke, Damenwäsche, Unterhosen, Hemden, Krawatten und Jacketts, auf den Stühlen häuften. »Sie können hier ablegen. Die Herrschaften sind im Salon.«

Der Produzent zog sich hastig aus. Vom Salon her konnte er schwatzende und lachende Männer- und Frauenstimmen vernehmen. Nackt tippelte er durch die Halle, stieß die Salontür auf und trat ein. Er sah sich hundert Gästen in Abendkleidung gegenüber.

Eines Tages, als Toby einen Fahrstuhl verließ, drehte er sich zu einem aufgeblasenen Hauptabteilungsleiter einer Fernsehgesellschaft um und fragte: »Übrigens, Peter, wie haben Sie das eigentlich geschafft, aus dem Sittenprozess herauszukommen?« Die Fahrstuhltür schloss sich, und der Abteilungsleiter blieb mit einem halben Dutzend Leuten zurück, die ihn misstrauisch musterten.

Als es wieder soweit war, über einen neuen Vertrag zu verhandeln, ließ sich Toby einen abgerichteten Panther ins Studio liefern. Toby öffnete die Tür des Büros von Sam Winters, der mitten in einer Besprechung war.

»Mein Agent möchte Sie sprechen«, sagte Toby. Er scheuchte den Panther ins Büro und schloss die Tür.

Wenn Toby später die Geschichte erzählte, behauptete er, dass drei von den Burschen im Büro beinahe einen Herzschlag bekommen hätten und es einen Monat gedauert hätte, bis der Gestank des Pantherurins aus dem Zimmer verflogen war.

Toby hatte einen Stab von zehn Textern, an der Spitze O'Hanlon und Rainger. Toby nörgelte ständig über das ihm gelieferte Material. Einmal verpflichtete Toby eine Prostituierte in sein Autorenteam. Als er erfuhr, dass seine Texter die meiste Zeit im Schlafzimmer zubrachten, musste er das Mädchen rauswerfen. Ein anderes Mal brachte Toby einen Leierkastenmann und dessen Affen zu einer Drehbuchbesprechung mit. Es war demütigend und erniedrigend, aber O'Hanlon und Rainger und die anderen Autoren schluckten es, weil Toby ihre Ideen in reines Gold verwandelte. Er war der Beste im Geschäft.

Toby war freigebig bis zur Verschwendung. Er beschenkte seine Angestellten und Freunde mit goldenen Uhren und Zigarettenanzündern oder mit kompletten Garderoben und Europareisen. Er hatte immer eine Unmenge Geld bei sich und zahlte alles bar, sogar zwei Rolls-Royces. Er hatte ein weiches Herz. Jeden Freitag stellten sich ein Dutzend Schmarotzer bei ihm ein. Einmal sagte Toby zu einem von ihnen: »He, was suchen Sie denn heute hier? Ich habe doch gerade in Variety gelesen, dass Sie ein Engagement bekommen haben.« Der Mann sah Toby an und erwiderte: »Verdammt, habe ich nicht zwei Wochen Kündigungsfrist?«

Es kursierten unzählige Geschichten über Toby, und fast alle entsprachen der Wahrheit. Einmal kam während einer Besprechung einer der Autoren zu spät, eine unverzeihliche Sünde. »Es tut mir leid, dass ich zu spät komme«, entschuldigte er sich. »Mein Junge ist heute früh überfahren worden.«

Toby sah ihn an und fragte: »Haben Sie die Texte fertig?« Alle Anwesenden waren empört. Nach der Sitzung sagte einer der Autoren zu O -Hanlon: »Das ist der kälteste Schweinehund auf der ganzen Welt.«

Toby ließ einen der besten Gehirn-Chirurgen einfliegen, um den verunglückten Jungen zu operieren, und bezahlte sämtliche Krankenhausrechnungen. Zum Vater sagte er: »Wenn Sie irgend jemand etwas davon erzählen, fliegen Sie raus.«

Arbeit war das einzige, was Toby seine Einsamkeit vergessen ließ, das einzige, was ihm echte Freude bereitete. War eine Show ein Erfolg, war Toby der amüsanteste Mensch auf der Welt, lief jedoch etwas schief, war er unausstehlich und machte jeden zur Zielscheibe seiner Wut. Er musste alles besitzen. Einmal nahm er während einer Besprechung Raingers Kopf zwischen seine Hände und rief den Anwesenden zu: »Das ist meiner. Er gehört mir.«

Gleichzeitig wuchs sein Hass auf die Autoren, weil er sie brauchte, aber auf niemanden angewiesen sein wollte. Deshalb strafte er sie mit Verachtung. Am Zahltag machte er Papierflieger aus ihren Schecks und ließ sie herumsegeln. Beim geringsten Lapsus warf er sie hinaus. Eines Tages erschien ein Autor sonnengebräunt, und Toby entließ ihn sofort. »Warum denn?« fragte ihn O'Hanlon. »Er ist einer unserer besten Schreiber.«

»Hätte er gearbeitet«, antwortete Toby, »wäre er nicht braungebrannt.«

Ein neuer Autor brachte einen Witz über Mütter und musste gehen.

Wenn ein Gast in seiner Show einen Lacherfolg hatte, pflegte Toby auszurufen: »Sie sind phantastisch! Ich hätte Sie am liebsten jede Woche in meiner Show.« Er warf dem Regisseur einen Blick zu und sagte: »Verstanden?«, und der Regisseur wusste, dass der Schauspieler nie mehr in Tobys Show auftreten durfte.