»Toby hat mir erzählt, wieviel Sie für ihn getan haben«, sagte sie.
»Wirklich?« Er verachtete sich für die Begierde in seiner Stimme.
Jill lächelte. »Er erzählte mir von dem Tag, als er Ihnen vormachte, Sam Goldwyn würde Sie anrufen, und dass Sie trotzdem hingingen, um sich Toby anzusehen. Das war nett.«
Clifton beugte sich vor und sagte: »Ich möchte nicht, dass irgend etwas die Beziehung zwischen Toby und mir beeinträchtigt. Ich stecke in der Klemme und brauche Sie. Ich bitte Sie, alles zu vergessen, was zwischen uns gewesen ist. Ich bitte um Entschuldigung für mein Verhalten. Ich glaubte, Toby schützen zu müssen. Nun, ich hatte Unrecht. Ich glaube, Sie werden eine großartige Frau für ihn sein.«
»Das wünsche ich mir. Von ganzem Herzen.«
»Wenn Toby mich fallenläßt, ich – ich glaube, es würde mich umbringen. Ich spreche jetzt nicht vom Geschäft. Er und ich haben – er ist wie ein Sohn für mich. Ich liebe ihn.« Er verachtete sich dafür, aber er hörte sich wieder bitten: »Jill, um Himmels willen…« Er brach mit erstickter Stimme ab.
Sie blickte ihn lange mit ihren tiefbraunen Augen an und streckte ihm dann die Hand hin. »Ich hege keinen Groll«, sagte Jill. »Können Sie morgen abend zum Dinner kommen?«
Clifton atmete tief ein, lächelte dann glücklich und sagte: »Danke.« Seine Augen waren plötzlich feucht. »Ich – ich werde Ihnen das nie vergessen. Niemals.«
Als Clifton am nächsten Morgen sein Büro betrat, fand er einen Einschreibebrief vor, der ihn davon in Kenntnis setzte, dass seine Mitarbeit nicht mehr benötigt werde und dass er nicht mehr berechtigt sei, Toby Temple als Agent zu vertreten.
30.
Jill Castle war das Aufregendste, was Hollywood seit der Erfindung des Kinos erlebt hatte. In einer Gesellschaft, wo jeder das Spiel von des Kaisers Kleidern spielte, benutzte Jill ihre Zunge wie eine Sense. In einer Stadt, in der die Schmeichelei Grundlage jeder Unterhaltung war, sagte Jill furchtlos ihre Meinung. Sie hatte Toby an ihrer Seite, und sie schwang seine Macht wie eine Keule, attackierte alle wichtigen Studioleiter. So etwas hatten sie noch nicht erlebt. Sie wagten nicht, Jill zu beleidigen, weil sie Toby nicht beleidigen wollten. Er war Hollywoods kreditwürdigster Star, und sie wollten ihn, sie brauchten ihn.
Toby war erfolgreicher denn je. Seine Fernsehshow hielt immer noch Platz eins bei der wöchentlichen Einschaltquote, seine Filme brachten enormes Geld, und wenn Toby in Las Vegas spielte, verdoppelten die Kasinos ihre Gewinne. Toby war die heißeste Ware im Showgeschäft. Sie wollten ihn für Gastrollen, Plattenalben, persönliche Auftritte, für Werbung, Benefizveranstaltungen, Unterhaltungsfilme – sie wollten, sie wollten, sie wollten.
Die wichtigsten Leute in der Stadt überschlugen sich, um Toby zu gefallen. Sie begriffen schnell, dass der Weg, Toby zu gefallen, über Jill führte. Sie begann, alle Verabredungen und Termine für Toby selber zu planen und sein Leben zu organisieren, so dass nur für diejenigen Raum darin war, die ihr passten. Sie hatte eine unüberwindliche Mauer um ihn errichtet, und nur die Reichen, die Berühmten und die Mächtigen durften passieren. Sie war der Gralshüter. Das kleine polnische Mädchen aus Odessa, Texas, empfing und war Gast von Gouverneuren, Botschaftern, berühmten Künstlern und dem Präsidenten der Vereinigten Staaten. Diese Stadt hatte ihr Schreckliches angetan. Aber das würde nie mehr geschehen. Nicht, solange sie Toby hatte.
Die Menschen, die sich wirklich in Schwierigkeiten befanden, waren diejenigen, die auf Jills Abschussliste standen. Sie lag mit Toby im Bett und ließ ihre ganze Sinnlichkeit spielen.
Als Toby entspannt und verausgabt war, schmiegte sie sich in seine Arme und sagte: »Darling, habe ich dir eigentlich schon von der Zeit erzählt, als ich auf der Suche nach einem Agenten war und zu dieser Frau ging – wie hieß sie doch gleich? – o ja! Rose Dunning. Sie sagte mir, sie habe eine Rolle für mich, und sie setzte sich auf ihr Bett, um den Text mit mir zu lesen.«
Toby wandte sich um und sah sie mit zusammengekniffenen Augen an. »Was ist passiert?«
Jill lächelte. »Dumm und unschuldig, wie ich war, fühlte ich, während ich las, ihre Hand meinen Schenkel hinaufstreichen.« Jill warf den Kopf zurück und lachte. »Ich war zu Tode erschrocken. Ich bin nie in meinem Leben so schnell gerannt.«
Zehn Tage später wurde Rose Dunnings Agenturlizenz von der Zulassungskommission der Stadt auf Dauer widerrufen.
Am folgenden Wochenende waren Toby und Jill in ihrem Haus in Palm Springs. Toby lag auf einem Massagetisch im Patio, ein türkisches Handtuch unter sich, während Jill ihm eine lange, entspannende Massage zuteil werden ließ. Toby lag auf dem Rücken, Wattebäusche schützten seine Augen gegen die starken Sonnenstrahlen. Jill massierte seine Füße mit einer halbcremigen Lotion ein.
»Du hast mir wahrhaftig die Augen über Cliff geöffnet«, sagte Toby. »Er war nichts als ein Parasit, der mich aussaugte. Wie ich höre, läuft er in der Stadt herum und versucht, einen Partnerschaftsvertrag zu kriegen. Niemand will ihn haben. Ohne mich kann er sich nicht mal verhaften lassen.«
Jill zögerte einen Augenblick und sagte: »Cliff tut mir leid.«
»Das ist die gottverdammte Schwierigkeit mit dir, Liebling. Du denkst mit dem Herzen statt mit dem Kopf. Du musst härter werden.«
Jill lächelte. »Ich kann nichts dafür. So bin ich eben.« Sie begann, an Tobys Beinen zu arbeiten, ihre Hände strichen mit leichten, seine Sinne weckenden Bewegungen langsam seine Schenkel hinauf. Er bekam eine Erektion.
»O Gott«, stöhnte er.
Ihre Hände bewegten sich höher hinauf, auf Tobys Leisten zu. Sie glitt mit den Händen zwischen seine Schenkel, unter ihn und schob einen cremigen Finger in seinen Anus. Sein Penis wurde steinhart. »Schnell, Baby«, verlangte er. »Leg dich auf mich.«
Sie waren auf See, mit der Jill, dem großen Motorsegler, den Toby ihr gekauft hatte. Tobys erste Fernsehshow der neuen Saison sollte am folgenden Tag aufgezeichnet werden.
»Das ist der schönste Urlaub, den ich in meinem ganzen Leben gehabt habe«, sagte Toby. »Ich hasse es, wieder an die Arbeit zu gehen.«
»Es ist eine wundervolle Show«, sagte Jill. »Es hat mir soviel Spaß gemacht, sie vorzubereiten. Alle waren so nett.« Sie verstummte kurz und fügte wie beiläufig hinzu: »Fast alle.«
»Was meinst du damit?« Tobys Stimme klang scharf. »Wer war nicht nett zu dir?«
»Niemand, Liebling. Ich hätte es nicht erwähnen sollen.«
Aber schließlich erlaubte sie Toby, es ihr zu entlocken, und am nächsten Tag wurde Eddie Berrigan, der Besetzungschef, gefeuert.
In den folgenden Monaten erfand Jill diese und jene Geschichte über weitere Besetzungschefs auf ihrer Liste, und einer nach dem anderen verschwand. Jeder, der sie einst ausgenutzt hatte, würde büßen müssen. Es war, dachte sie, wie beim Paarungsritus mit der Bienenkönigin. Sie hatten alle ihr Vergnügen gehabt, und jetzt mussten sie sterben.
Sie nahm Sam Winters aufs Korn, den Mann, der Toby gesagt hatte, sie habe kein Talent. Sie sagte nie ein Wort gegen ihn; im Gegenteil, sie lobte ihn Toby gegenüber. Aber sie lobte immer andere Studio-Chefs ein kleines bisschen mehr… Die anderen Gesellschaften hatten Programme, die für Toby besser geeignet waren… Regisseure, die ihn wirklich verstanden. Jill fügte hinzu, sie könne sich nicht helfen, aber sie glaube, dass Sam Winters Tobys Talent nicht wirklich schätze. In Kürze war auch Toby dieser Meinung. Nachdem Clifton Lawrence fort war, hatte Toby niemanden mehr, mit dem er sich unterhalten konnte, außer Jill. Als Toby beschloss, seine Filme bei einer anderen Gesellschaft zu drehen, glaubte er, es sei seine eigene Idee. Aber Jill sorgte dafür, dass Sam Winters die Wahrheit erfuhr. Vergeltung.