Es gab einige Leute in Tobys Umgebung, die der Meinung waren, Jills Einfluss könne nicht von Dauer sein, sie sei nur ein zeitweiliger Eindringling, eine vorübergehende Laune. Also tolerierten sie sie oder behandelten sie mit kaum verhüllter Verachtung. Das war ihr Fehler. Jill schloss einen nach dem anderen aus. Sie wollte niemanden in der
Nähe haben, der in Tobys Leben wichtig gewesen war oder der ihn gegen sie beeinflussen könnte. Sie sorgte dafür, dass Toby seinen Anwalt und seine Public-Relations-Firma wechselte, und stellte Leute nach ihrer eigenen Wahl ein. Sie wurde die drei Macs und Tobys Gefolge von Handlangern los. Sie wechselte alle Dienstboten aus. Es war jetzt ihr Haus, und sie war darin die Herrin.
Eine Party bei den Temples war zur begehrtesten Sache der Stadt geworden. Jeder, der etwas galt, war da. Schauspieler mischten sich mit Angehörigen der Oberen Zehntausend, mit Gouverneuren und Direktoren mächtiger Wirtschaftsunternehmen. Die Presse war immer vollzählig anwesend, eine Art Bonus für die glücklichen Gäste. Nicht nur, dass sie zu den Temples gingen und sich wunderbar amüsierten, es erfuhr auch jeder, dass sie bei den Temples gewesen waren und sich wunderbar amüsiert hatten.
Wenn die Temples nicht Gastgeber waren, waren sie Gäste. Es gab eine wahre Flut von Einladungen. Sie wurden zu Premieren, Wohltätigkeitsessen, politischen Veranstaltungen, Eröffnungen von Restaurants und Hotels eingeladen.
Toby hätte es genügt, allein mit Jill zu Hause zu bleiben, aber sie ging gerne aus. An manchen Abenden mussten sie auf drei oder vier Parties gehen, und sie hetzte Toby von einer zur anderen.
»Himmel, du hättest Unterhaltungschef beim Fernsehen werden sollen«, sagte Toby lachend.
»Ich tu's für dich, Liebling«, erwiderte Jill.
Toby machte einen Film für MGM und hatte einen aufreibenden Arbeitsplan. Eines Abends kam er spät und erschöpft nach Hause und fand seine Abendgarderobe für ihn herausgelegt. »Wir gehen doch nicht schon wieder aus, Baby? Wir sind nicht einen einzigen Abend in dem ganzen gottverfluchten Jahr zu Hause geblieben!«
»Es ist der Hochzeitstag der Davis. Sie wären schrecklich beleidigt, wenn wir nicht aufkreuzten.«
Toby ließ sich aufs Bett fallen. »Ich habe mich auf ein hübsches heißes Bad und einen ruhigen Abend gefreut. Nur wir beide.«
Aber Toby ging zu der Party. Und weil er immer »aufgekratzt«, immer der Mittelpunkt sein musste, schöpfte er aus seinem riesigen KraftReservoir, bis jeder lachte und applaudierte und jedem erzählte, was für ein überaus komischer Mann Toby Temple war. Spät in jener Nacht, als Toby im Bett lag, konnte er nicht schlafen; sein Körper war ausgelaugt, aber sein Geist durchlebte wieder die Triumphe des Abends, Satz für Satz, Gelächter um Gelächter. Er war ein sehr glücklicher Mann. Und alles verdankte er Jill. Wie wäre Tobys Mutter von ihr begeistert gewesen.
Im März bekamen sie eine Einladung zu den Filmfestspielen in Cannes.
»Kommt nicht in Frage«, sagte Toby, als Jill ihm die Einladung zeigte. »Das einzige Cannes, zu dem ich gehe, ist mein Badezimmer. Ich bin müde, Liebling. Ich habe mir den Hintern abgearbeitet.«
Jerry Guttmann, Tobys Public-Relations-Mann, hatte Jill gesagt, es bestünde eine gute Chance, dass Tobys Film ausgezeichnet werden würde, und es wäre gut, wenn Toby anwesend wäre.
Kürzlich hatte Toby geklagt, dass er immer müde sei und doch nicht schlafen könne. Nachts nahm er Schlaftabletten, durch die er am anderen Morgen benommen war. Jill bekämpfte das Gefühl der Müdigkeit, indem sie ihm Benzedrin zum Frühstück verabreichte, so dass Toby genügend Energie hatte, um den Tag zu überstehen. Jetzt schien der Kreislauf von Aufputschmitteln und Beruhigungsmitteln seinen Tribut von ihm zu fordern.
»Ich habe die Einladung schon angenommen«, sagte Jill zu Toby, »aber ich werde sie rückgängig machen. Kein Problem, Liebling.«
»Fahren wir doch einen Monat nach Palm Springs hinunter und legen uns einfach in die Seife.«
Sie sah ihn verständnislos an. »Was?«
Er saß still da. »Ich meinte Sonne. Ich weiß nicht, warum Seife herauskam.«
Sie lachte. »Weil du so komisch bist.« Jill drückte ihm die Hand. »Auf jeden Fall, Palm Springs klingt wundervoll. Ich bin zu gerne mit dir allein.«
»Ich weiß nicht, was mit mir los ist«, seufzte Toby. »Ich habe einfach nicht mehr genug Saft. Ich glaube, ich werde alt.«
»Du wirst nie alt werden. Du wirst mich noch überleben.«
Er grinste. »Ich schätze, mein Penis wird immer noch weiterleben, wenn ich schon längst gestorben bin.« Er rieb sich den Hinterkopf und sagte: »Ich glaube, ich werde ein Nickerchen machen. Um ehrlich zu sein, ich fühle mich nicht ganz auf dem Posten. Wir haben heute abend doch keine Verabredung, nicht wahr?«
»Nichts, was ich nicht verschieben könnte. Ich werde die Dienstboten wegschicken und das Dinner für dich heute abend selbst kochen. Nur für uns beide.«
»He, das wird großartig sein.«
Er sah sie hinausgehen und dachte: Mein Gott, ich bin der glücklichste Bursche, der je gelebt hat.
Sie gingen spät zu Bett in jener Nacht. Jill hatte Toby ein warmes Bad und eine auflockernde Massage gemacht, seine ermüdeten Muskeln geknetet und die Spannung von ihm genommen.
»Ah, das ist wundervoll«, murmelte er. »Wie bin ich nur ohne dich ausgekommen?«
»Kann ich mir nicht vorstellen.« Sie kuschelte sich an ihn. »Toby, erzähl mir von den Filmfestspielen in Cannes. Wie sind sie? Ich bin noch nie dagewesen.«
»Es ist nur eine Clique kleiner Betrüger, die aus aller Welt zusammenströmen, um sich gegenseitig ihre miserablen Filme aufzuschwatzen. Es ist die größte Hochstapelei in der Welt.«
»Das klingt aufregend«, sagte Jill.
»Nun ja, in gewisser Hinsicht ist es aufregend. Der Ort ist voll von Originalen.« Er musterte sie einen Augenblick. »Willst du wirklich zu diesen dämlichen Filmfestspielen?«
Sie schüttelte schnell den Kopf. »Nein, wir werden nach Palm Springs fahren.«
»Zum Teufel, wir können jederzeit nach Palm Springs fahren.«
»Wirklich, Toby, es ist nicht wichtig.«
Er lächelte. »Weißt du, warum ich so verrückt nach dir bin? Jede andere Frau in der Welt hätte mich geplagt, mit ihr zu den Festspielen zu reisen. Du brennst darauf, dorthin zu kommen, aber sagst du etwas? Nein. Du möchtest mit mir zu den Springs fahren. Hast du schon abgesagt?«
»Noch nicht, aber -«
»Tu's nicht. Wir fahren nach Indien.« Ein verdutzter Ausdruck trat auf sein Gesicht. »Sagte ich Indien? Ich meine – Cannes.«
Als ihre Maschine in Orly landete, wurde Toby ein Überseetelegramm ausgehändigt. Sein Vater war im Altersheim gestorben. Es war zu spät für Toby, zur Beerdigung zu fahren. Er traf Vorkehrungen, dass ein neuer Flügel dem Heim angefügt wurde, der nach seinen Eltern benannt werden sollte.
Die ganze Welt war in Cannes.
Hollywood, London und Rom, vereint zu einer prächtigen, vielsprachigen Kakophonie in Technicolor und Panavision. Aus allen Ecken der Welt scharten sich die Filmemacher an der französischen Riviera, trugen Behälter voller Träume unter den Armen, Zelluloidrollen auf englisch und französisch und japanisch und ungarisch und polnisch, die sie über Nacht reich und berühmt machen sollten. Die Croisette war vollgestopft mit Profis und Amateuren, Veteranen und Neulingen, Kommenden und Gewesenen, und alle konkurrierten um die begehrten Preise. Wenn man einen Preis bei den Filmfestspielen in Cannes errang, bedeutete das Geld auf der Bank; wenn der Gewinner noch keinen Vertrag mit einem Verleih hatte, konnte er einen bekommen, und wenn er schon einen hatte, konnte er ihn verbessern.
Jedes Hotel in Cannes war ausgebucht, und die Besucherflut hatte sich die Küste hinauf und hinunter nach Antibes, Beaulieu, Saint-Tropez und Menton ergossen. Die Bewohner der kleinen Dörfer sperrten vor Ehrfurcht Mund und Nase auf über die berühmten Leute, die ihre Straßen und Restaurants und Bars füllten. '