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Europa war eine Serie von Triumphen.

An Tobys Premierenabend im Palladium in London war Oxford Circus von einer Menschenmenge blockiert, die versuchte, einen Blick auf Toby und Jill zu erhaschen. Den gesamten Bezirk um die Argyll Street herum hatte die Polizei abgesperrt. Als die Menschenmassen außer Kontrolle gerieten, wurde zur Unterstützung eiligst berittene Polizei eingesetzt. Punkt acht Uhr traf die königliche Familie ein, und die Vorstellung begann.

Toby übertraf die höchsten Erwartungen. Mit seinem Gesicht, das vor Unschuld strahlte, attackierte er die britische Regierung und ihren alten Akademikerdünkel. Er erklärte, wie sie es fertigbrachte, weniger mächtig als Uganda zu sein, und wie das einem verdienstvolleren Land nicht hätte passieren können. Sie brüllten vor Lachen, weil sie wussten, dass Toby Temple nur Spaß machte. Er meinte kein Wort im Ernst. Toby liebte sie. Und sie liebten ihn.

Der Empfang in Paris war noch stürmischer. Jill und Toby waren Gäste im Elysee-Palast und wurden in einer Limousine des Präsidenten durch die Stadt gefahren. Sie erschienen jeden Tag auf den Titelseiten der Zeitungen, und wenn sie im Theater auftauchten, musste das Polizeiaufgebot verstärkt werden, um die Menschen zurückzuhalten. Nach der Vorstellung wurden Toby und Jill zu ihrer Limousine geleitet, als plötzlich die Menge die Polizeikette durchbrach und Hunderte von Franzosen sie bestürmten: »Toby, Toby… on veut Toby!« Sie streckten ihm Kugelschreiber und Autogrammbücher entgegen und drängten nach vorn, um den großen Toby Temple und seine großartige Jill zu berühren. Die Polizei war nicht in der Lage, sie zurückzuhalten; die Menge fegte sie beiseite, riss an Tobys Kleidern und kämpfte um ein Souvenir. Toby und Jill wurden beinahe erdrückt, aber Jill hatte keine Angst. Dieser Tumult war eine Huldigung für sie. Sie hatte diesen Menschen Toby zurückgegeben.

Die letzte Station ihrer Reise war Moskau.

Moskau im Juni ist eine der reizvollsten Städte der Welt. Graziöse weiße Birken, umgeben von gelben Blumenrabatten, säumen die breiten Boulevards, auf denen Einheimische und Besucher im Sonnenschein flanieren. Es ist die Saison der Touristen. Abgesehen von offiziellen Besuchern werden alle Touristen in Rußland durch Intourist betreut, der von der Regierung kontrollierten Agentur, die Verkehrsverbindungen, Hotelunterkünfte und gelenkte Stadtrundfahrten arrangiert. Aber auf Toby und Jill wartete auf dem Internationalen Flughafen von Scheremetjewo eine große Limousine, die sie ins Metropol Hotel fuhr, das sonst nur für VIPs aus den Satellitenstaaten reserviert ist.

General Juri Romanowitsch, ein hoher Parteifunktionär, kam ins Hotel, um sie willkommen zu heißen. »Wir zeigen nicht viele amerikanische Filme in Rußland, Mr. Temple, aber Ihre Filme sind hier oft gelaufen. Das russische Volk ist der Meinung, dass es für das Genie keine Grenzen gibt.«

Toby war für drei Vorstellungen im Bolschoitheater engagiert worden. Am Eröffnungsabend wurde Jill in den Beifall mit einbezogen. Wegen der Sprachgrenze brachte Toby den größten Teil seines Auftritts als Pantomime, und das Publikum war hingerissen. Er hielt eine Hetzrede in seinem Pseudo-Russisch, und ihr Lachen und ihr Applaus hallten in dem riesigen Theater wie eine Liebeserklärung wider.

An den nächsten beiden Tagen begleitete General Romanowitsch To-by und Jill auf privaten Stadtrundfahrten. Sie besuchten den Gorki-Park, fuhren auf dem Riesenrad und besichtigten die historische Sankt Basilius Kathedrale. Sie wurden in den Moskauer Staatszirkus geführt, und es wurde ein Bankett für sie gegeben, wo ihnen der goldene Kaviar, der seltenste von acht Kaviarsorten, serviert wurde.

Am Nachmittag vor Tobys letztem Auftritt machten sich die Temples für einen Einkaufsbummel fertig. Toby sagte: »Warum gehst du nicht allein, Baby? Ich glaube, ich werde mich eine Weile hinlegen.«

Jill sah ihn einen Augenblick forschend an. »Fühlst du dich nicht wohl?«

»O doch. Ich bin bloß ein bisschen müde. Geh nur und kauf Moskau leer.«

Jill zögerte. Toby sah blass aus. Wenn diese Tournee vorüber war, würde sie dafür sorgen, dass er eine lange Erholungspause bekam, ehe er eine neue Fernsehshow begann. »Also gut«, stimmte sie zu, »mach ein Nickerchen.«

Jill ging durch die Halle zum Ausgang, als sie eine Männerstimme rufen hörte: »Josephine«, und noch während sie sich umwandte, wusste sie, wer es war, und im Bruchteil einer Sekunde geschah das Wunder wieder.

David Kenyon kam lächelnd auf sie zu und sagte: »Ich freue mich so, dich zu sehen«, und sie glaubte, ihr Herz würde aufhören zu schlagen. Er ist der einzige Mann, dem das je bei mir gelungen ist, dachte Jill.

»Darf ich dich zu einem Drink einladen?« fragte David.

»Ja«, antwortete sie.

Die Hotelbar war groß und gut besucht, aber sie fanden einen vergleichsweise ruhigen Tisch in einer Ecke, wo sie sich unterhalten konnten.

»Was machst du in Moskau?« fragte Jill.

»Ich versuche, für unsere Regierung ein Ölabkommen auszuarbeiten.«

Ein gelangweilter Ober schlenderte an ihren Tisch und nahm ihre Getränkebestellung entgegen.

»Wie geht es Cissy?«

David sah sie kurz an und sagte dann: »Wir haben uns vor ein paar Jahren scheiden lassen.« Er wechselte bewusst das Thema. »Ich habe deinen Lebensweg verfolgt. Ich bin von Kindesbeinen an ein Fan von Toby Temple gewesen.« Das klang so, als ob Toby sehr alt wäre. »Ich bin froh, dass er wieder gesund ist. Als ich las, dass er einen Schlaganfall hatte, machte ich mir Sorgen um dich.« In seinen Augen lag ein Ausdruck, der Jill an längst vergangene Zeiten erinnerte.

»Ich fand Toby in Hollywood und London großartig«, sagte David.

»Warst du da?« fragte Jill überrascht.

»Ja.« Dann fügte er schnell hinzu: »Ich hatte geschäftlich dort zu tun.«

»Warum bist du nicht hinter die Bühne gekommen?«

Er zögerte. »Ich wollte nicht aufdringlich sein. Ich wusste nicht, ob du mich sehen wolltest.«

Ihre Getränke wurden in schweren, gedrungenen Gläsern serviert.

»Auf dich und Toby«, sagte David. Und in der Art, wie er es sagte, lag ein Hauch von Trauer und Sehnsucht…

»Wohnst du immer im Metropol?« fragte Jill.

»Nein. Es war verdammt schwierig -« Er bemerkte die Falle zu spät. Er lächelte schief. »Ich hätte schon vor fünf Tagen aus Moskau abreisen sollen. Ich blieb, weil ich hoffte, dir zu begegnen.«

»Weshalb, David?«

Er antwortete lange nicht. Dann sagte er schließlich: »Jetzt ist es zwar zu spät, aber ich werde es dir dennoch sagen, weil ich glaube, dass du ein Recht hast, es zu erfahren.«

Und er sprach über seine Ehe mit Cissy, wie sie ihn überlistet hatte, von ihrem Selbstmordversuch und von der Nacht, als er Jill gebeten hatte, ihn am See zu treffen. Es kam alles in einem zutiefst erregten Wortschwall heraus, der Jill erschütterte.

»Ich habe dich immer geliebt.«

Sie saß da und lauschte ihm, und ein Gefühl des Glücks durchströmte

ihren Körper wie wärmender Wein. Es war, als ob ein schöner Traum wahr würde, es war alles, was sie gewollt, was sie sich gewünscht hatte. Jill blickte den Mann ihr gegenüber forschend an, und sie erinnerte sich an seine kräftigen Hände und an seinen harten, fordernden Körper, und sie schwankte unter einem Ansturm der Gefühle. Aber Toby war ein Teil von ihr geworden, er war ihr Fleisch und Blut; David…

Eine Stimme neben ihr sagte: »Mrs. Temple! Wir haben Sie überall gesucht!« Es war General Romanowitsch.

Jill sah David an. »Ruf mich morgen früh an.«

Tobys letzte Vorstellung im Bolschoitheater war aufregender als alles, was jemals dort gegeben worden war. Die Zuschauer warfen Blumen auf die Bühne und jubelten und trampelten und weigerten sich zu gehen. Es war ein Höhepunkt in Tobys triumphaler Laufbahn. Nach dem Auftritt war ein Empfang vorgesehen, aber Toby sagte zu Jilclass="underline" »Ich bin erledigt, Göttin. Warum gehst du nicht allein hin? Ich fahre ins Hotel zurück und nehme eine Mütze Schlaf.«