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«Und wie?», fragte Tuppence und riss die Augen auf.

«Indem ich ihr eine Reihe von Fragen stelle», antwortete Sir James leichthin. «Das ist unsere Methode.»

«Und wenn sie nun nichts sagt?», fragte Hersheimer.

«Ich glaube, sie wird reden. Ich verfüge über ein paar recht wirkungsvolle Hebel, die ich ansetzen kann. Aber sollte dennoch dieser Fall eintreten, was höchst unwahrscheinlich wäre, bliebe noch immer die Möglichkeit der Bestechung.»

«Ausgezeichnet!», rief Hersheimer. «Und da komme ich ins Spiel. Falls nötig, können Sie bei mir mit Summen bis zu einer Million Dollar rechnen. Jawohl.»

Sir James musterte Hersheimer eine ganze Weile. «Mr Hersheimer», erklärte er schließlich, «das ist ein sehr hoher Betrag.»

«Gewiss. Aber diesen Leuten kann man kein Trinkgeld anbieten. Ich kann den Betrag sogleich zur Verfügung stellen, wobei auch noch ein entsprechendes Honorar für Sie herausspringt.»

Sir James errötete ein wenig. «Von einem Honorar kann nicht die Rede sein. Ich bin kein Privatdetektiv.»

«Entschuldigen Sie. Ich war wohl wieder ein wenig übereilt. Ich hatte die Absicht, eine hohe Belohnung für etwaige Nachforschungen über Jane auszusetzen, aber bei Scotland Yard hat man mir dringend davon abgeraten. Aber diese Burschen sind ja verkalkt.»

«Wahrscheinlich hatten sie Recht», entgegnete Sir James.

«Auf Mr Hersheimer können Sie sich in dieser Hinsicht verlassen», warf Tuppence ein. «Er macht Ihnen da nichts vor. Geld hat er haufenweise.»

«Mein Alter hat es großartig verstanden, Geld zu machen», erklärte Hersheimer. «Wie denken Sie sich die Sache?»

Sir James überlegte eine Weile. «Es ist keine Zeit mehr zu verlieren. Je eher wir zuschlagen, desto besser.» Er wandte sich an Tuppence: «Wissen Sie, ob Mrs Vandemeyer heute Abend zum Essen ausgeht?»

«Ja, ich glaube wohl, aber sie wird nicht lange wegbleiben, denn sonst hätte sie den Schlüssel vom Sicherheitsschloss mitgenommen.»

«Gut. Ich werde sie gegen zehn Uhr aufsuchen. Um wie viel Uhr müssen Sie zu Hause sein?»

«Um halb zehn bis zehn etwa.»

«Kommen Sie gegen halb zehn. Und ich bin um zehn Uhr da. Mr Hersheimer kann ja unten in einem Taxi warten.»

«Er hat sich bereits einen Rolls-Royce gekauft», erklärte Tuppence stolz, als wäre sie selber die Besitzerin des Wagens.

«Noch besser. Falls es mir gelingt, die Adresse zu erfahren, können wir uns gleich dorthin begeben und, wenn nötig, Mrs Vandemeyer mitnehmen. Verstehen Sie?»

«Ja.» Tuppence erhob sich. «Jetzt fühle ich mich schon sehr viel wohler!»

«Verlassen Sie sich noch nicht zu sehr darauf, Miss Tuppence.» Hersheimer wandte sich dem Anwalt zu. «Ich hole Sie also, falls es Ihnen recht ist, gegen halb zehn Uhr ab.»

«Das wird wohl am besten sein.» Er gab beiden die Hand und einen Augenblick später standen sie wieder draußen.

«Ist er nicht großartig?», meinte Tuppence begeistert.

«Nun ja, ich geb’s zu. Der ist in Ordnung. Wie wär’s, fahren wir gleich ins Ritz zurück?»

«Ich glaube, ich muss ein wenig laufen. Ich bin viel zu aufgeregt. Setzen Sie mich doch am Park ab. Oder wollen Sie mitkommen?»

Hersheimer schüttelte den Kopf. «Ich fahre erst tanken. Und dann muss ich noch ein paar Telegramme abschicken.»

«Gut. Ich bin um sieben Uhr im Ritz. Aber wir werden auf dem Zimmer essen müssen. In diesem Fähnchen kann ich mich unten nicht sehen lassen.»

Tuppence ging raschen Schrittes durch den Park. Sie warf einen Blick auf ihre Uhr. Es war nun fast sechs. Sie fühlte sich nach der frischen Luft und der körperlichen Bewegung sehr viel wohler. Je näher sie Hyde Park Corner kam, umso stärker wurde die Versuchung, sogleich zum South Audley Mansions zu gehen.

Sie meinte, es könnte nichts schaden, das Haus wenigstens aus der Ferne zu betrachten. Vielleicht fiele es ihr dann leichter, bis halb zehn zu warten.

Das Haus sah aus wie immer. Was Tuppence eigentlich erwartet hatte, hätte sie nicht zu sagen vermocht. Sie wandte sich gerade ab, als sie einen schrillen Pfiff vernahm. Der treue Albert kam aus dem Haus auf sie zugerannt.

Tuppence furchte die Stirn. Es passte keineswegs zu ihrem Programm, dass man ihre Anwesenheit hier bemerkte. Albert war vor Erregung rot im Gesicht. «Sie reist ab!», schrie er.

«Wer reist ab?», fragte Tuppence scharf.

«Die Verbrecherin. Die tolle Rita. Sie hat mir gerade sagen lassen, ich soll ein Taxi besorgen.»

«Albert», rief Tuppence, «du bist ein toller Kerl! Ohne dich wäre sie uns jetzt entwischt.»

Albert errötete bei diesem Lob vor Stolz noch mehr.

«Es ist keine Zeit mehr zu verlieren», sagte Tuppence und überquerte die Straße. «Ich muss sie aufhalten. Ich muss sie um jeden Preis so lange aufhalten, bis…» Sie unterbrach sich. «Albert, hier ist doch eine Telefonzelle, nicht wahr?»

Der Junge schüttelte den Kopf. «Die meisten Wohnungen haben ihr eigenes Telefon. Aber um die Ecke ist eine Zelle.»

«Geh und ruf gleich im Ritz an. Frag nach Mr Hersheimer. Er soll sofort Sir James abholen und herkommen. Wenn du ihn nicht erreichst, rufst du Sir James Peel Edgerton an. Seine Nummer findest du im Telefonbuch. Erzähl ihm, was los ist. Die Namen vergisst du doch nicht?»

«Verlassen Sie sich nur auf mich. Das mache ich schon.»

Tuppence holte tief Atem, betrat das Haus und lief zur Nummer 20 hinauf. Wie sie Mrs Vandemeyer aufhalten sollte, war ihr unklar, aber irgendwie musste es ihr gelingen. Was hatte wohl diese plötzliche Abreise veranlasst? Hatte Mrs Vandemeyer Verdacht geschöpft?

Tuppence drückte energisch auf die Klingel. Vielleicht würde sie von der Köchin etwas erfahren.

Nichts geschah. Nachdem Tuppence eine Weile gewartet hatte, klingelte sie wieder und drückte mit dem Finger längere Zeit auf den Klingelknopf. Endlich vernahm sie Schritte, und einen Augenblick später öffnete Mrs Vandemeyer selbst. Beim Anblick des Mädchens zog sie die Augenbrauen hoch.

«Sie?»

«Ich hatte Zahnschmerzen, gnädige Frau», erklärte Tuppence. «Ich wollte lieber zu Hause sein und einen ruhigen Abend verbringen.»

«Das ist aber Pech», sagte Mrs Vandemeyer kalt. «Sie sollten sich zu Bett legen.»

«Ach, ich kann ein wenig in der Küche sitzen, gnädige Frau. Die Köchin wird ja…»

«Die Köchin ist ausgegangen», erwiderte Mrs Vandemeyer scharf. «Ich habe sie weggeschickt. Sie gehen wirklich besser zu Bett.»

Plötzlich hatte Tuppence Angst. In Mrs Vandemeyers Stimme war ein Unterton, der ihr nicht gefiel.

«Ich will nicht…»

Und schon berührte, ehe sie sichs versah, kalter Stahl ihre Schläfe. Unerbittlich und drohend sagte Mrs Vandemeyer. «Sie Dummkopf! Glauben Sie etwa, ich wüsste nicht Bescheid? Wenn Sie sich wehren oder schreien, schieße ich Sie nieder.»

Der Stahl drückte etwas fester gegen die Schläfe des Mädchens.

«Und nun marsch», fuhr Mrs Vandemeyer fort. «Hier – in mein Zimmer! Wenn ich mit Ihnen fertig bin, gehen Sie ins Bett. Und Sie werden schlafen, meine kleine Spionin, gut schlafen werden Sie.»

Das Zimmer befand sich in wilder Unordnung; überall lagen Kleidungsstücke herum. Mitten auf dem Fußboden standen ein halb gepackter Koffer und ein Hutkoffer.

Tuppence riss sich zusammen. Ihre Stimme zitterte ein wenig, aber sie hatte den Mut noch nicht verloren. «Hören Sie», sagte sie, «das ist doch Unsinn. Sie können mich doch nicht erschießen. Im Haus würde man den Knall hören.»

«Das riskiere ich», rief Mrs Vandemeyer munter. «Aber solange Sie nicht um Hilfe rufen, passiert Ihnen nichts. Also setzen Sie sich aufs Bett. Heben Sie die Hände über den Kopf – und wenn Ihnen Ihr Leben lieb ist, rühren Sie sich nicht.»

Tuppence gehorchte.