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Hood sah schuldbewußt drein und hielt in seiner Arbeit inne.

»Entschuldigen Sie, Reverend, ich habe Sie nicht kommen hören. Es gibt manchmal Tage, an denen man verzweifeln könnte.«

»Was ist denn passiert?«

»Meine Hilfskraft hat sich eben aufs Pferd gesetzt und ist weggeritten, ohne ein Wort zu sagen.«

»Etwa Franz Pape?« fragte Jacob, der hellhörig geworden war.

Hood nickte griesgrämig. »Genau der. Ich hätte ihn gar nicht erst einstellen sollen. Aber ich brauchte dringend jemanden, nachdem sich mein Stallbursche das Bein gebrochen hat. Alle haben mich gewarnt, daß man mit diesem Deutschen nichts als Ärger hat. Ich hätte auf sie hören sollen.«

»Ist er zu seiner Farm geritten?« fragte Jacob weiter.

»Wahrscheinlich. Für den Saloon ist es noch ein bißchen früh.«

»Und er hat nicht gesagt, warum er weggeritten ist?«

»Kein Sterbenswörtchen. Ich habe nur gesehen, daß mein Neffe angelaufen kam und etwas mit ihm beredet hat.«

»Ihr Neffe? Etwa Barry Hood, der Sohn des Bürgermeisters.«

»Yeah, stimmt. Mein Bruder sollte Barry den Umgang mit Pape besser untersagen. Ist bestimmt nicht gut für Barry, wenn sie dauernd zusammenhocken.«

Hood legte den Hammer beiseite und wischte sich den Schweiß von der Stirn. Er blickte seine Besucher forschend an.

»Weshalb interessieren Sie sich so für Pape?«

Jacob erklärte es ihm und fragte, ob er Näheres über Dilger wisse.

»Nicht mehr, als Ihnen mein Bruder schon erzählt hat. Wahrscheinlich taugte er mehr als Pape. Seit Dilgers Tod ist mit Pape überhaupt nichts mehr anzufangen. Die Farm läßt er einfach verkommen. Es war ein schwarzer Tag in der Geschichte von Hoodsville, als dieser Haggard in die Stadt kam und sich nach zwei jungen Deutschen erkundigte.«

»Was geschah dann?« fragte Irene.

»Haggard ritt hinaus zur Farm. Er kehrte nicht zurück. Pape kam kurz darauf in die Stadt und erzählte, Haggard und Dilger hätten sich gegenseitig erschossen.«

»Aus welchem Grund?«

»Das wußte Pape auch nicht. Er sagte, weder er noch Dilger hätten Haggard gekannt. Haggard sei auf die Farm gekommen, hätte einen Streit angefangen und dann grundlos seinen Revolver gezogen. Auch Dilger griff zur Waffe. Beide schossen, und beide trafen. Die beiden Leichen lagen vor dem Farmhaus, als ich hinausritt.«

»Wieso Sie, Mr. Hood?« fragte der Reverend.

»Ich habe noch einen Nebenjob. Ich bin hier der Sheriff .«

*

»Die Hoods haben die wichtigen Ämter in der Stadt anscheinend gut unter sich aufgeteilt«, meinte Jacob, als sie mit dem Planwagen hinaus zu Franz Papes Farm fuhren.

»Wer eine Stadt gründet, bestimmt auch, was in ihr geschieht«, erwiderte Reverend Driscoll, der neben Jacob und Irene auf dem Bock saß. »Das ist häufig so.«

»Vielen Dank auch noch, Reverend«, sagte Jacob.

Driscoll sah ihn erstaunt an. »Wofür bedanken Sie sich, Mr. Adler?«

»Dafür, daß Sie uns helfen. Sie haben sicher auch noch anderes zu tun, als mit uns durch die Gegend zu fahren.«

Der Reverend winkte ab. »Hoodsville hat so viele Jahre auf eine Kirche gewartet, da kommt es auf ein paar Tage mehr bestimmt nicht an. Außerdem interessiert mich diese Geschichte. Ich möchte wissen, vor wem oder was Pape davonläuft.«

»Sie meinen, er hat Angst vor etwas?« fragte Irene.

Driscoll nickte. »Es muß damit zusammenhängen, daß wir uns nach Dilger erkundigt haben. Weshalb sollte er sonst so eilig aus der Stadt verschwunden sein, nachdem er mit Barry Hood gesprochen hat? Der Junge hat ihm bestimmt gesteckt, daß wir seinen Vater über Dilger befragt haben.«

»Sehr mysteriös, das Ganze«, knurrte Jacob und lenkte den Planwagen durch das verschneite Land.

Wären seine Gedanken andere gewesen, hätte die weiße Decke, die über diesem Teil von Oregon lag, vielleicht einen märchenhaften Reiz auf ihn ausgeübt. Aber zur Zeit wirkte alles einfach nur so trüb, wie die Stimmung, in der sich Jacob und noch mehr Irene befanden.

Als sich vor ihnen einige Gebäude aus dem einheitlichen Weiß erhoben, wußten sie sofort, daß es die Farm von Franz Pape war. Das große Farmhaus und die umliegenden Stallungen waren in einem derart verfallenen Zustand, daß man die Farm auf den ersten Blick für unbewohnt halten konnte. Aber die aus dem Schornstein aufsteigende Rauchfahne bewies das Gegenteil.

»Jetzt bin ich aber gespannt«, sagte Jacob und schnalzte mit der Zunge, um die Pferde anzutreiben.

Das fiel ihm nicht schwer, denn das letzte Wegstück war abschüssig. Die Farm lag in einer Senke.

Sie waren noch etwa sechzig Fuß vom Farmhaus entfernt, als dicht neben dem vordersten Gespann der Schnee aufspritzte. Da hörten sie auch schon den Knall des Schusses.

»Nein«, stöhnte Jacob auf und dachte an den Überfall im Canyon. »Nicht schon wieder!«

Er riß die Pferde herum und lenkte den Wagen hinter die Rückwand einer großen Scheune, damit das Gebäude sie vor weiterem Beschuß aus dem Farmhaus schützte. Dort zog er die Bremse an, sprang vom Bock und riß den Army Colt aus dem Holster.

»Bleib in Deckung, Irene«, sagte er und sah, daß auch der Reverend seinen Revolver gezogen hatte. »Ob das Pape ist?«

»Wer sonst«, knurrte Driscoll. »Er scheint wirklich nicht erpicht darauf zu sein, sich mit uns zu unterhalten.«

»Mal sehen«, meinte Jacob und streckte langsam seinen Kopf vor, bis er um die Ecke aufs Farmhaus sehen konnte.

Sofort krachte wieder ein Schuß. Zwei Handbreit neben Jacobs Gesicht zersplitterte das Holz der Scheunenwand. Rasch zog er seinen Kopf zurück.

»Sei nicht leichtsinnig, Jacob«, ermahnte ihn Irene ängstlich.

Sie sprach es nicht aus, aber nach Carl wollte sie nicht auch noch Jacob verlieren. Schon der Gedanke daran war ihr unerträglich.

»Ich versuche es von der anderen Seite«, sagte der Reverend. »Vielleicht gelingt mir ein Umgehungsmanöver, wie im Canyon.«

Jacob hatte da seine Zweifel. Die Scheune lag frei. Der Schütze im Farmhaus konnte das Gelände gut überblicken.

Ehe Jacob noch etwas sagen konnte, um Driscoll von seinem Plan abzubringen, war dieser losgerannt.

Er steuerte das hohe Gerüst des Windrads an.

Aber er kam nicht weit. Als ihm ein Schuß den Hut vom Kopf riß, ließ er sich in den Schnee fallen, rollte sich zur Seite, sprang wieder auf und hetzte zurück hinter die Scheunenwand. Dort klopfte er sich den Schnee von der Kleidung, die jetzt mehr weiß als schwarz aussah..

»Mag sein, daß Pape ein Taugenichts ist«, keuchte er. »Aber mit dem Gewehr kann er umgehen, das muß man ihm lassen. Ich schätze, wir sitzen hier fest.«

»Wir müssen versuchen, mit ihm zu reden«, sagte Jacob.

»Das scheint es gerade zu sein, was Pape nicht will.«

»Ich versuche es trotzdem.«

Jacob näherte sich wieder der Ecke, streckte diesmal aber seinen Kopf nicht so weit vor. Er schob den Colt ins Holster, hielt die Hände trichterförmig vor den Mund und rief: »Pape, hören Sie mich?«

Keine Antwort.

»So reden Sie doch mit uns, Pape. Ich heiße Jacob Adler und komme auch aus Deutschland. Bei mir ist Irene Sommer, Carl Dilgers Verlobte.«

»Interessiert mich nicht!« kam endlich eine Anwort, wenn auch nicht die erhoffte.

»Wir wollen Ihnen nichts Böses, Pape«, fuhr Jacob fort. »Wir möchten nur mit Ihnen sprechen.«

»Ich aber nicht mit Ihnen!«

»Warum nicht?«

»Geht euch nichts an! Verschwindet von meinem Land!«

»Wie können wir das, wenn Sie auf uns schießen?«

»Hauen Sie auf dem schnellsten Wege ab! Dann schieße ich nicht!«

»Tja«, machte Jacob. »Da bleibt uns wohl nichts anderes übrig. Ziehen wir uns zurück. Irene, du.«