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»Erfahrung darin, wie wir kämpfen«, ergänzte Desjani. »Sehen Sie sich nur an, wie sie Ihnen ständig aktualisierte Daten liefert. Das ist der Kommando- und Kontrollstil der Syndiks. Aber sie ist davon abhängig, dass man ihr sagt, was sie tun soll. Ihre Manöverlösungen sind technisch durchweg gut, auch wenn sie eleganter ausfallen könnten.«

»Sie sind von den Spinnenwölfen verwöhnt.« Noch so eine Sache, von der er nie erwartet hätte, dass sie über seine Lippen kommen würde.

»Da haben Sie verdammt recht.« Desjani verzog den Mund zu einem flüchtigen Grinsen. »Wir werden die Syndiks… die ehemaligen Syndiks dabei beobachten können, wie sie gegen einen anderen Kontrahenten kämpfen. Diese Gelegenheit habe ich noch nie gehabt. Aber ich muss Sie warnen. Wenn ich sehe, wie diese Kommodor gegen die Enigmas dort kämpft, wäre sie nicht in der Lage, mit dem, was sie hat, etwas gegen Boyens’ Flotte auszurichten.«

»Aber Sie halten es nach wie vor für verkehrt, wenn ich versuche, ihnen irgendetwas beizubringen.«

»Ja, ja, ja. Habe ich meine Meinung klar zum Ausdruck gebracht?«

»Das haben Sie«, sagte Geary. Solange er keine guten Argumente hatte, mit denen er sich gegen sie behaupten konnte, würde er das Thema nicht mit Desjani besprechen können.

Es dauerte weitere sechs Stunden, ehe Kommodor Marphissas Flotte die Enigmas erreicht hatte. Kurz vor dem eigentlichen Zusammentreffen teilten sich die zwei Schweren, die sechs Leichten Kreuzer und die zwölf Jäger auf, damit sie die verstreuten gegnerischen Schiffe erreichen konnten. Zwei der fünf Schiffe wurden gefechtsunfähig geschossen, ein drittes verlor die Steuerkontrolle und trudelte von seinem ursprünglichen Kurs abgelenkt durchs All.

Die Flotte formierte sich zum Teil, wobei drei Leichte Kreuzer die Verfolgung des beschädigten Enigma-Schiffs aufnahmen, während der Rest eine Schleife flog, um die beiden Schiffe zu jagen, die weiter auf den Gasriesen zuhielten. Mit einer Mischung aus Wut und Hilflosigkeit sah Geary mit an, wie diese beiden Enigma-Schiffe kinetische Projektile auf das Orbitaldock und das Schlachtschiff abfeuerten. Dann zogen sie abrupt nach unten weg, um einem Zusammentreffen mit den letzten beiden Schweren Kreuzern zu entgehen, die ihnen aus der Richtung des Orbitaldocks entgegenkamen.

»Fünfunddreißig Minuten, bis die Projektile die Orbitaleinrichtung und das…« Lieutenant Castries unterbrach sich kurz. »Ähm… es bewegt sich.«

Geary blinzelte, als er auf sein Display sah. Das Schlachtschiff hatte den Hauptantrieb teilweise gestartet, war aber weiterhin fest mit dem Dock verbunden. »Die werden das Dock in Stücke reißen. Das ist solchen Belastungen nicht gewachsen.«

Doch vor ihren Augen wurde der Antrieb des Schlachtschiffs weiter hochgefahren, ohne dass ein Teil des Docks herausbrach oder das Schiff selbst zerrissen wurde. »Die Schiffe von Captain Smythe sind noch fast eine Lichtstunde hinter uns«, sagte Geary. »Haben wir hier irgendeinen Ingenieur, der uns erklären kann, was wir da sehen?«

»Maschinenraum«, wandte sich Desjani an den betreffenden Wachhabenden. »Ich brauche jemanden, der Erfahrung mit strukturellen Belastungen bei großen Orbitalanlagen hat. Derjenige soll sofort Kontakt mit der Brücke aufnehmen.«

Eigentlich war es gar nicht so verwunderlich, dass sich kurz darauf Master Chief Gioninni bei ihnen meldete. »Ja, Captain?«

»Sie haben auf großen Orbitalanlagen gearbeitet, Master Chief?«

»Ich habe auf allem gearbeitet, Captain. Was brauchen Sie denn?«

Sie zeigte auf die Displays. »Können die so was hinbekommen?«

Gioninni sah sich an, wie das Schlachtschiff beharrlich die weitaus größere und schwerere Orbitaleinrichtung von der Stelle bewegte. »Sie tun es, Captain, auch wenn sie eigentlich nicht dazu in der Lage sein sollten.« Der Master Chief verzog das Gesicht, während er weiter beobachtete, was auf seinem Display vor sich ging. »Wissen Sie, was die gemacht haben müssen, Captain? Die müssen herausgefunden haben, wo sich die Belastung sammelt, wenn das Schlachtschiff an der Konstruktion zu ziehen beginnt. Dann haben sie die entsprechenden Stellen verstärkt, damit die das aushalten.«

»Dazu sind sie in der Lage?«, wunderte sich Desjani.

»Sie haben alles da, was sie dafür benötigen, Captain. Das ist eine Schiffswerft, zwar keine von den irrsinnig großen wie die, die wir bei Sancere zerlegt haben, trotzdem ist und bleibt das eine Werft. Das bedeutet, es gibt hier die industrielle Ausstattung und die Materialien, um das zu konstruieren, was sie benötigen. Das Einzige, was sie sonst noch brauchen, ist genügend Zeit.«

»Das Bombardement hat erst vor zehn Minuten begonnen«, wandte Geary ein.

»Ja, Sir. Aber da kein Teil aus dem Dock herausgerissen worden ist, als sie mit dieser Aktion begonnen haben, müssen sie sich so was schon vor einiger Zeit überlegt und verwirklicht haben.«

»Danke, Master Chief«, sagte Desjani.

Gioninni salutierte flink, dann verschwand sein Bild.

»Die Enigmas sind hier vor einem Tag aufgetaucht«, überlegte Geary, »also hatten die Syndiks oder ehemaligen Syndiks auf der Orbitalwerft höchstens diesen einen Tag Zeit, um einzusehen, dass sie die Werft von der Stelle bewegen müssen, und um die entsprechenden Vorkehrungen zu treffen. Da hat jemand sehr vorausschauend gehandelt und Initiative gezeigt.«

»Eine schöne Sache bei einem Allianz-Offizier«, meinte Desjani, »aber nicht so schön bei einem Syndik. Lieutenant Castries, können die das Ding weit genug aus dem Weg schaffen, dass es nicht von den Steinen getroffen wird?«

»Sie haben sie noch so gut wie gar nicht von der Stelle geschafft«, antwortete Castries. »Unsere Systeme müssen zunächst die Masse der Werft schätzen, dann müssen sie schätzen, welchen Schub das Schlachtschiff leisten kann. Da ist eine große Ungewissheit im Spiel, Captain.«

»Hört sich an, als würde die endgültige Antwort ›vielleicht‹ lauten«, erwiderte er.

»Ja, Admiral. ›Vielleicht‹, aber bis zu ein paar Nachkommastellen durchgerechnet.«

»Captain«, meldete sich Lieutenant Yuon zu Wort. »Die Projektile der Enigmas sind auf die Stelle konzentriert, an der sich die Werft und das Schiff befinden, wenn keines von beiden Objekten von der Stelle bewegt wird. Wir arbeiten dagegen mit etwas mehr Spielraum, weil wir dann sicherstellen, dass ein paar Steine immer ins Ziel treffen. Die Enigmas feuern ihre Steine so auf einen Punkt konzentriert ab, dass das Ziel sich tatsächlich gar nicht bewegen darf, wenn es getroffen werden soll. Das heißt wiederum, sie müssen ihre Position gar nicht so sehr verändern, und sie werden trotzdem verfehlt.«

»Fünfzehn Minuten bis zum Einschlag… wenn die sich bis dahin nicht weit genug entfernt haben«, meldete Castries.

Zunächst herrschte einige Aufregung, da die beiden überlebenden Enigmas aus der kleinen Gruppe nicht nur versuchen mussten, Kommodor Marphissas Flotte zu entkommen, sondern auch den Allianz-Schiffen, die ihre Verfolgung nicht abgebrochen hatten. Sie schafften es an den Syndiks vorbei, doch eines von ihnen wurde von Gearys Schiffen getroffen und in Stücke gerissen. Das andere jagte mit maximaler Beschleunigung auf den Sprungpunkt zu und schuf damit einmal mehr einen Abstand zu seinen Verfolgern, den die nicht mehr wettmachen konnten.

Damit blieb nur noch das Drama der sich annähernden kinetischen Projektile.

Geary war daran gewöhnt, Schiffe zu beobachten, die mit Tausenden Kilometern pro Sekunde unterwegs waren, jetzt dagegen hatte er es mit einem Schlachtschiff zu tun, das sich abmühte, eine gewaltige Werft innerhalb von fünfzehn Minuten ein paar Kilometer zu schleppen. Wenn das nicht gelang, würden die kinetischen Projektile eine verheerende Vernichtung anrichten.