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Nach kurzem Überlegen fragte Desjani: »Wie schaffen Sie es nur weiterzumachen, wenn Sie noch so sehr Ihr Bestes geben können, und trotzdem sterben Leute?«

Der Treffer hatte gesessen, aber er begriff die Logik hinter ihrer Erwiderung. »Ich schätze, ich halte mir vor Augen, wie viel schlimmer die Dinge sein könnten, wenn ich nicht alles in meiner Macht Stehende versuchen würde.«

»Ja, so geht es mir auch. Üblicherweise.«

Captain Smythe stellte zum wiederholten Mal unter Beweis, wie wertvoll er für Geary war, indem er den gewaltigen Reparaturaufwand quer durch die gesamte Flotte koordinierte und seine Ingenieure mit genügend Koffein und Schokolade versorgte, damit sie weiterarbeiteten. (Die Speise der Götter«, erklärte Smythe unaufgefordert. »Wenn in den alten Mythen von Nektar und Ambrosia die Rede ist, dann meinen die eigentlich Kaffee und Schokolade.«) Die acht Hilfsschiffe hatten inzwischen an den am schlimmsten zugerichteten Kriegsschiffen angedockt oder befanden sich auf dem Weg dorthin.

Commander Lommand von der Titan hatte sein Rücktrittsgesuch eingereicht, was von Geary prompt abgelehnt und um den Befehl an den Kapitän ergänzt worden war, er solle lieber seine äußerst talentierten Leute daransetzen, die Schiffe zu reparieren, unter anderem auch sein eigenes.

Das Verwaltungssystem der Flotte ließ einen weiteren Alarm aufblinken, die nüchterne Erklärung dazu besagte, dass der verfügbare Lagerraum für totes Personal erschöpft sei und man Beerdigungen vornehmen sollte, um das Problem zu lösen. Während Geary diesen Ratschlag las, wusste er nur zu gut, dass er sein Display weder mit Fäusten noch mit irgendwelchen Gegenständen traktieren konnte, da alles wirkungslos die virtuelle Anzeige durchdringen würde. Dennoch fühlte er sich versucht, etwas in dieser Art zu unternehmen.

»General Charban, Gesandte Rione, nachdem wir den Spinnenwölfen klargemacht haben, dass sie die Finger von diesem letzten Superschlachtschiff lassen sollen, müssen wir so schnell wie möglich herausfinden, ob wir unsere Toten in diesem Sternensystem sicher beerdigen können.«

Rione schaute zur Seite, während Charban bedächtig nickte. »Ich verstehe, Admiral.«

Zweifellos hatte der Mann verstanden, überlegte Geary. Die Bodenstreitkräfte hatten während des Krieges oftmals verheerende Verluste erlitten, wenn sie um ganze Welten kämpften und dabei große Teile eben dieser Welten verwüsteten. Wie viele Soldaten hatte Charban während seiner Dienstzeit verloren? Wie viele dieser Soldaten hatten ihr Leben bei der Eroberung einer Welt verloren, die beim nächsten Strategiewechsel schon wieder aufgegeben und verlassen wurde? Oder die von den Bodentruppen verlassen werden musste, bevor die Syndik-Kriegsschiffe aus dem Orbit den Tod auf sie herabregnen lassen konnten?

Geary hatte das ganze Jahrhundert verschlafen, während die Frauen und Männer um ihn herum von diesen Opfern geprägt worden waren. Desjani machte ihm von Zeit zu Zeit — bei manchen Gelegenheiten wütender als bei anderen — klar, dass er ihre Einstellung nicht verstehen konnte, auch wenn sie von ihm an jene Dinge erinnert werden mussten, an die ihre Vorfahren geglaubt hatten, bevor sie in die Fänge dieses Krieges geraten waren.

Und nun waren noch mehr aus ihren Reihen bei einer Schlacht ums Leben gekommen, die so unerbittlich verlaufen war wie jedes beliebige Gefecht zu Kriegszeiten. Er hatte es geschafft, ihnen dabei zu helfen, diesen Krieg zu überleben. Würde er nun auch sicherstellen können, dass diese Männer und Frauen den Frieden überlebten?

»Admiral«, meldete sich Rione aus dem Konferenzraum an Bord der Dauntless, in dem hektisch daran gearbeitet wurde, mit den Spinnenwölfen kommunizieren zu können. »Wir haben den Leuten hier begreiflich machen können, dass wir uns um das letzte Superschlachtschiff kümmern.«

»Den Leuten hier?«, wiederholte er ratlos, dann begriff er. »Sie meinen die Spinnenwölfe?«

»Ja, Admiral.« Ihr Tonfall hatte jetzt etwas Tadelndes an sich. »Wir müssen sie als Leute betrachten, weil sie Leute sind.«

»Außergewöhnlich hässliche Leute«, murmelte Desjani.

Er warf ihr einen warnenden Blick zu, ehe er sich wieder Riones Bild zuwandte. »Danke, ich werde mein Bestes versuchen.«

Rione lächelte ihn gequält an. »Ich kann verstehen, dass Ihnen das schwerfallen wird. Das können Sie mir glauben.«

»Denken Sie und General Charban daran, dann und wann eine Pause einzulegen. Sie arbeiten jetzt schon seit Stunden ununterbrochen.« Als Riones Bild verschwunden war, beugte sich Geary über sein Display. Er musste seine Schiffe in die Nähe des Superschlachtschiffs der Kiks bringen, damit die Spinnenwölfe keinen Zweifel daran haben konnten, dass die Menschen das Schiff für sich beanspruchten.

Einige der Allianz-Schiffe waren erst seit einer halben Stunde unterwegs zum Superschlachtschiff, als ein weiteres Mal ein Alarm losging. Geary, der insgeheim noch immer mit einer gewaltigen Selbstzerstörungsaktion rechnete, zuckte zusammen, als hätte ihn etwas gestochen.

Aber es war keine Markierung zu sehen, die besagte, dass sich das Schiff in eine sich rasch ausweitende Trümmerwolke verwandelt hatte. Vielmehr war die feindliche Einheit noch vorhanden, wenngleich sie zu etwas ganz anderem geworden war als zuvor. »Was haben wir denn jetzt?«

Ein Teil des feindlichen Schiffs war herausgerissen worden, was Geary einen Moment lang vermuten ließ, dass sich im Inneren eine Explosion ereignet hatte, die zu schwach gewesen war, um das Schiff völlig zu zerstören, die aber genügt hatte, um ein Stück herauszusprengen. Aber nach wenigen Sekunden wurde deutlich, dass das losgelöste Teil über einen eigenen Antrieb verfügte und eine Form aufwies, die es wie eine kleinere Version der Bärkuhschiffe aussehen ließ. Dort, wo es größtenteils im Rumpf des Superschlachtschiffs verborgen gewesen war, fand sich nun ein Abdruck, der dem kleineren Schiff entsprach.

»Rettungsschiff«, meldete Lieutenant Castries prompt. »Es beschleunigt und hält auf den Sprungpunkt zu.«

Sie waren also schließlich doch noch auf ein Fluchtschiff gestoßen — aber nur dieses eine? Das zudem noch für solche Geschwindigkeiten ausgelegt war. »Bestimmt werden sie nicht die gesamte Crew da untergebracht haben«, überlegte Geary.

»Ganz bestimmt nicht«, bestätigte Desjani. »Das wäre schlicht unmöglich!«

Die Allianz-Schiffe waren immer noch zu weit entfernt, um das Rettungsschiff abzufangen, doch die Spinnenwölfe stürzten sich bereits voller Eifer auf ihre neue Beute.

»Wollen wir sie dazu auffordern, das Rettungsschiff in Ruhe zu lassen?«, fragte Desjani.

»Ich glaube kaum, dass die Zeit noch dafür reicht«, antwortete er. Allein eine Nachricht bei den Spinnenwölfen ankommen zu lassen, dauerte so lange, dass sie bis dahin mit ihren ersten Schiffen ihr neues Ziel bereits abgefangen hatten.

Desjani nickte und kniff die Lippen zusammen. »Ich vermute, sie werden jetzt das Wrack in Stücke schießen.«

»Könnte sein.« Stirnrunzelnd betrachtete Geary sein Display. »Für ein Rettungsschiff ist das Ding riesig, aber es ist nicht mal halb so groß wie ein Zerstörer.«

»Masse und Länge liegen ungefähr bei einem Drittel«, stimmte sie ihm zu. »Lieutenant Castries, geben Sie mir eine Schätzung, wie viele Kiks sich an Bord dieses Rettungsschiffs befinden könnten.«

Nach ein paar Sekunden kam die Antwort: »Unsere Systeme schätzen, dass dieses Schiff maximal hundert Kreaturen von der Größe der Kiks fassen kann. Vorausgesetzt, sie stehen dort dicht gedrängt und die Ausrüstung beansprucht in etwa genauso viel Platz wie bei unseren Schiffen. Mindestens sollten sie Platz für zwanzig Kiks haben.«