»Das ist richtig.« Smythes Grinsen wurde noch etwas breiter. »Aber, Admiral, Folgendes wussten wir nicht. Es sind nur die schwächsten Systemkomponenten durchgebrannt. Wir hatten zwar dadurch einen extremen Anstieg an Ausfällen, aber es bedeutet auch, dass uns jetzt erst einmal eine Phase mit relativ wenigen Störungen bevorsteht. Die Komponenten, die am ehesten hätten versagen müssen, haben versagt, während die anderen vermutlich noch eine ganze Weile länger funktionieren werden.«
Geary ließ sich das Ganze erst zweimal durch den Kopf gehen, damit er sicher sein konnte, dass er es auch richtig verstanden hatte. »Mit anderen Worten: Wenn wir das nächste Mal in eine Schlacht ziehen, wird es wohl nicht zu einer ganzen Serie von Systemausfällen quer durch die Flotte kommen?«
»Solange diese Schlacht nicht in zu ferner Zukunft stattfindet. Innerhalb der nächsten vier Wochen dürfte es keine Probleme geben.«
»Das nenne ich eine gute Neuigkeit.«
»Sie müssen dabei aber nicht so überrascht klingen, Admiral.«
Während ihm klar wurde, dass er freudig lächelte, legte Geary noch eine Frage nach: »Heißt das, wir haben eine Chance, uns mit Reparatur- und Austauscharbeiten einen kleinen Vorsprung zu verschaffen?«
Aber Smythe schüttelte den Kopf. »Nein, Sir. Wir hängen da im Zeitplan so hinterher, dass wir keine Chance auf einen Vorsprung haben. Wir werden weiterhin tun, was wir können, aber bevor wir es schaffen, dermaßen viele interne Systeme auf einer so großen Zahl von Schiffen zu ersetzen, wird es noch einige Ausfälle geben.«
»Verstehe.«
»Hilfreich wäre es natürlich«, ergänzte Smythe, »wenn wir nicht so viel Zeit damit verbringen müssten, die Gefechtsschäden zu reparieren.«
»Ich werde tun, was ich kann, um weitere Gefechtsschäden zu vermeiden, Captain Smythe.« Geary überlegte angestrengt. Da war doch noch irgendwas gewesen… »Hat Lieutenant Jamenson noch irgendetwas zu dem Thema herausgefunden, in das sie sich vertieft hat?«
»Vertieft? Ach, jetzt weiß ich, was Sie meinen. Nein, tut mir leid, sie war in letzter Zeit genauso eingespannt wie wir alle. Im Augenblick ist sie auf der Orion und kümmert sich mit ihrem Team um die Taue, die das GKS halten.«
»Das GKS?« Geary blinzelte und versuchte, der Abkürzung einen Sinn zu verleihen.
»Das Große Kik-Schiff«, erklärte Smythe.
Ich brauche dringend einen offiziellen Namen für das Ding, dachte Geary.
»Gut, Captain Smythe. Und vielen Dank für die erfreulichen Neuigkeiten.«
Nachdem Smythes Bild verschwunden war, schaute Geary sehnsüchtig zu seinem Bett. Doch mit der letzten Unterhaltung war er an Dinge erinnert worden, um die er sich auch noch kümmern musste. Er rief Admiral Lagemann auf dem von den Bärkühen erbeuteten Superschlachtschiff.
Lagemann antwortete recht schnell und grinste Geary an, während er eine ausholende Geste beschrieb. »Willkommen auf der Brücke des Schiffs, das mein Kommando darstellt, Admiral Geary.«
»Wissen wir inzwischen sicher, dass das die Brücke ist?«
»Wir sind uns ziemlich sicher«, antwortete der Admiral. »Die Designphilosophie der Kiks weicht in interessanten Punkten von den üblichen Gewohnheiten der Menschen ab.« Er bewegte seine Hand dicht über seinem Kopf hinweg. »Unter anderem ziehen sie ihre Decken niedriger ein als wir. Meine Crew klagt darüber, dass sich schon zu viele Leute den Kopf angestoßen haben, wenn sich einer von uns zwischendurch einfach mal unüberlegt bewegt. Auf die Dauer werden wir alle Haltungsschäden davontragen.«
»Wie viel Platz haben Sie?«
»Die Brücke, dazu ein paar angrenzende Abteile. Die Ingenieure haben für diese Gebiete eine tragbare Lebenserhaltungseinheit zusammengebaut. Wenn wir den Bereich verlassen, müssen wir Schutzanzüge tragen, weil die Atmosphäre im restlichen Schiff so übel ist wie in einer Kaschemme in einem Raumhafen.« Lagemann deutete auf einige Konsolen, die vor ihm aufgebaut waren. »Sie haben auch Sensor- und Komm-Kabel verlegt und ein einfaches Netzwerk eingerichtet, damit wir wenigstens sehen können, was draußen los ist.«
»Arbeiten irgendwelche von den Geräten der Bärkühe noch?«
»Keine Ahnung.« Lagemann streckte eine Hand nach einer der Originalkonsolen aus, hielt sich dann aber in letzter Sekunde davon ab, etwas zu berühren. »Die Ingenieure haben alles abgeschaltet, und sie raten uns dringlichst davon ab, auch nur ein einzelnes Kik-System wieder einzuschalten. Sie sind in Sorge, dass die Kiks vielleicht noch irgendeine Selbstzerstörungsroutine aktiviert haben, die nur nicht mehr ausgelöst werden konnte. Wenn wir irgendein System neu starten, dann könnte die Aktivierung dabei zu Ende geführt werden — mit sehr unerfreulichen Konsequenzen für uns alle hier.«
Geary schickte ein stummes Stoßgebet als Dank dafür zum Himmel, dass jemand klug genug gewesen war, solche Möglichkeiten in Erwägung zu ziehen. »Wie sieht es sonst bei Ihnen aus?«
»Wir haben Schlafsäcke und Nahrungsrationen von den Marines erhalten«, antwortete Lagemann. »Diese Schlafsäcke sind gar nicht so übel.«
»Und die Rationen?«
»Besser als die Rationen der Flotte, aber das sagt letztendlich nicht viel aus.«
»Allerdings nicht«, bestätigte Geary.
Der andere Admiral grinste. »Es ist insgesamt ein bisschen beengt und unbequem, aber wir haben alle schon Schlimmeres mitgemacht. Was mich betrifft, geht es mir bestens: Ich habe immerhin das Kommando über das größte Kriegsschiff, das je zur Allianz-Flotte gehört hat.«
»Geben Sie mir Bescheid, wenn sich die Zustände verändern oder wenn Sie auf irgendetwas stoßen, von dem ich wissen sollte.«
»Haben Sie mit Angela Meloch oder Bran Ezeigwe von der Mistral gesprochen?«, wollte Lagemann wissen.
»Nur kurz. Admiral Meloch und General Ezeigwe sind darüber informiert worden, dass sie eine direkte Leitung zu mir haben, damit sie mich rufen können, wenn es etwas gibt, das für mich von Bedeutung sein könnte.«
»Dann sind Sie bei den beiden genau richtig.« Lagemann streckte seinen Arm aus und strich mit den Fingern über die Kante einer Konsole der Bärkühe. »Die Unzufriedenen auf der Mistral und der Typhoon wollen die Vergangenheit einfach nicht ruhen lassen. Sie wollen wieder sein, wer sie früher einmal gewesen sind. Sie wollen die Rollen spielen, von denen sie während des Krieges immer geträumt hatten. Bevor ich gegangen bin, habe ich versucht klarzumachen: ›Das ist alles fort. Ihr könnt nichts von dem verändern, was einmal geschehen ist. Aber ihr könnt nach neuen Träumen Ausschau halten, weil wir von denen überall umgeben sind.‹ Viele von ihnen scheinen darüber ebenso bestürzt zu sein wie über die Ereignisse der letzten Monate. Hätten Sie uns sofort nach Hause gebracht, nachdem wir befreit worden waren, dann wäre die Heimkehr sicher sehr interessant verlaufen. Aber inzwischen hatten wir Zeit genug, uns mit all den Veränderungen vertraut zu machen, und Sie müssen sich zu dem Thema nicht mehr so viele Sorgen machen.« Das Lächeln auf Lagemanns Lippen kündete von seiner ehrlichen Freude. »Ein Raumschiff von Aliens, Admiral Geary. Etwas, das von einer nichtmenschlichen Intelligenz gebaut wurde, die so völlig anders ist als unsere eigene. Das ist einfach… atemberaubend.«
»Ja, das ist wahr«, stimmte Geary ihm zu. »Da sich so viele Dinge auf einmal ereignen, verliere ich so etwas schon mal aus den Augen. Wenn wir das Schiff nach Hause bringen, und wenn wir dazu die Delegation der Spinnenwölfe präsentieren, dann werden wir Dinge lernen und erfahren, über die wir nachgegrübelt haben, seit unsere fernsten Vorfahren zum ersten Mal nachts zum Himmel geschaut und die Sterne gesehen haben.«
»Ich frage mich nur, ob uns diese Antworten auch gefallen werden.«
»So oder so — wir werden sie akzeptieren müssen.«
Als sie sich fast zwei Tage später schließlich dem Sprungpunkt näherten, wanderte Gearys Blick wiederholt zu dem anderen Sprungpunkt, durch den sie in dieses System gelangt waren. Unwillkürlich fragte er sich, ob weitere Schiffe der Bärkühe hier eintreffen würden, eine zweite Angriffswelle, um die fleischfressenden Kreaturen auszulöschen, die plötzlich bei ihnen aufgetaucht waren.