»Und Dr. Shwartz?«
»Eine bessere Verbündete als sie können Sie sich gar nicht wünschen, Admiral. Sie haben ihr gleich drei intelligente nichtmenschliche Spezies präsentiert, mit denen sie sich befassen kann. Die Umstände, unter denen wir mit diesen Spezies zusammengetroffen sind, waren nicht immer so, wie wir sie uns gewünscht hätten. Aber Dr. Shwartz ist eine von den wenigen Akademikerinnen, denen klar ist, dass es einen Unterschied gibt zwischen dem Universum, in dem sich ihre Theorien bewegen, und dem realen Universum.«
»Vielen Dank, General«, sagte Geary. »Kehren Sie jetzt bitte in Ihr Quartier zurück und fahren Sie Ihren Metabolismus weit genug runter, damit Sie sich ausruhen können.«
Die nächsten dreieinhalb Tage im Sprungraum verliefen ruhig. Geary fiel auf, dass Desjani ihre Crew zwar nach wie vor beschäftigte, aber gleichzeitig ungewöhnlich viel Freizeit gewährte, damit jeder sich eine längere Pause gönnen konnte. Er selbst gab sein Bestes, obwohl ihn ständig die Sorge plagte, wie weit die Enigmas noch von Midway entfernt waren. Hinzu kam die Frage, ob die Spinnenwölfe nicht vielleicht doch zu dem Schluss kommen würden, dass die Menschen eigentlich zu unberechenbar waren und es sich nicht lohnte, in ihnen Freunde oder Verbündete zu sehen.
Geary war längst wieder auf der Brücke der Dauntless, als die Flotte den Sprungraum verließ und in einem System auftauchte, das nach menschlichen Maßstäben erstklassig war. Zwölf Planeten kreisten um einen Stern, dessen nuklearer Hochofen so stabil lief, wie man es sich nur vorstellen konnte. Einer der Planeten war acht Lichtminuten von diesem Stern entfernt, sodass auf ihm ideale Voraussetzungen für Leben in der Form herrschten, wie die Menschheit es kannte. Zwei weitere Planeten kreisten auf ihrem Orbit bei neun Lichtminuten umeinander, beide waren relativ kühl, Ebbe und Flut mussten auf ihnen spektakulär sein. Zwei Lichtstunden seitlich der Flotte fand sich das, was nichts anderes als das Hypernet-Portal sein konnte.
»Richtig nett«, kommentierte Desjani zustimmend, während ihr Blick auf dem Display weiter nach irgendwelchen Bedrohungen suchte. In diesem System wimmelte es von Schiffen der Spinnenwölfe, die zwar alle die gleiche, wunderschön stromlinienförmige Bauart aufwiesen, von denen aber der größte Teil auf Strecken unterwegs war, die darauf hindeuteten, dass es sich bei ihnen um Handelsschiffe handelte, die von Planet zu Planet flogen.
Neben den sechs Schiffen der Spinnenwölfe, von denen die Allianz-Flotte begleitet wurde, hielten sich am Sprungpunkt nur zwei weitere ihrer Schiffe auf.
Geary schüttelte den Kopf. »Wir wissen, dass sie Schiffe vorausgeschickt haben, um unsere Ankunft anzukündigen, dennoch hätte ich erwartet, dass dieser Sprungpunkt von einer größeren Streitmacht bewacht wird, selbst wenn sie sich als Ehrengarde getarnt hätte. Können Sie sich vorstellen, dass Sie eine Flotte aus Kriegsschiffen einer fremden Spezies einfach Ihr Territorium durchfliegen lassen würden?«
»Vergessen Sie nicht diese getarnten Mega-Minen, die die Spinnenwölfe bei Honor versteckt hatten«, betonte Desjani. »Sie könnten hier alles Mögliche verborgen halten, das uns eine Menge Kummer bereiten würde, sobald wir was Verkehrtes machen.«
»Ich weiß Ihre Warnung zu schätzen, Captain«, erwiderte er. Sie hatte völlig recht. Nur weil er keine Vorsichtsmaßnahmen sehen konnte, bedeutete das nicht, dass da auch nichts war. »Gesandte Rione, General Charban, nehmen Sie bitte Kontakt mit unseren neuen Freunden auf und fragen Sie an, ob wir uns auf direktem Kurs zum Hypernet-Portal begeben sollen.«
Virtuelle Fenster öffneten sich rund um Geary. Dr. Setin, Lieutenant Iger, Captain Smythe… alle baten sie ihn inständig darum, so viel Zeit wie möglich zu schinden, damit sie mehr über dieses von den Spinnenwölfen bewohnte System herausfinden konnten. Geary schnitt ihnen allen das Wort ab, dankbar dafür, dass er als Flottenbefehlshaber diese Möglichkeit besaß. Dann antwortete er ihnen allen gleichzeitig: »Wir nehmen mit den Spinnenwölfen Kontakt auf, um sie zu fragen, auf welchem Kurs wir dieses System durchfliegen sollen. Wir werden ihre Wünsche befolgen müssen. Alle Sensoren dieser Flotte sammeln so viele Daten, wie sie nur können, und das werden sie auch weiter machen, solange wir uns in diesem Sternensystem befinden. Mehr kann ich Ihnen allen nicht versprechen.«
Desjani deutete auf ihr Display. »Unsere Eskorte nimmt Kurs auf das Portal. Folgen wir ihr?«
»Ja.« Bis die Gesandten den Kontakt zu den Aliens wiederherstellen konnten, mochte einige Zeit vergehen, daher hielt Geary es für das Sinnvollste, sich an die sicherste Vorgehensweise zu halten, und die bestand nun einmal darin, die Flotte hinter den sechs Schiffen der Spinnenwölfe herfliegen zu lassen. Erleichtert nahm er zur Kenntnis, dass die vier mit dem erbeuteten Schiff der Bärkühe verbundenen Schlachtschiffe den Kurswechsel ebenfalls mühelos hinbekamen.
»Sie wissen ja, dass die uns genauso beobachten, nicht wahr?«, merkte Desjani an, während die Flotte auf den Kurs der Eskortschiffe einschwenkte.
»Ich weiß«, bestätigte er. Sein Blick war auf die beiden Schiffe der Spinnenwölfe konzentriert, die sie beim Verlassen des Sprungraums empfangen hatten. Ohne Vorwarnung beschleunigten sie und jagten zwischen den Schiffen der Allianz-Flotte hindurch, wobei sie sich mit der Eleganz eines Delfins bewegten, der unter Wasser um Hindernisse herumschwamm.
»Sie haben Kurs auf das GKS genommen«, sagte Desjani mit angespannter Stimme.
»Das GKS? Ach ja, das Superschlachtschiff der Kiks«, fiel Geary in diesem Moment wieder ein. Mit der Faust schlug er auf seine Komm-Kontrolle. »An alle Einheiten, hier spricht Admiral Geary. Stellen Sie sich keinem Schiff der Spinnenwölfe in den Weg, und eröffnen Sie nicht das Feuer, solange ich nicht ausdrücklich den Befehl dazu erteilt habe. Kein Waffenkontrollsystem darf ein Schiff der Spinnenwölfe auch nur als Ziel erfassen.«
Die beiden Spinnenwolf-Schiffe wurden langsamer und gingen auf einen Parallelkurs zu dem Superschlachtschiff und den vier Allianz-Schiffen, von denen es geschleppt wurde. Obwohl beide mit 0,1 Licht durchs All flogen, wirkte es, als würden diese Schiffe einfach im Weltraum stehen. Mit einer ungeheuer präzisen Bewegung teilten sich die Schiffe der Spinnenwölfe auf und flogen dicht über das ehemalige Kik-Schiff hinweg, um es genau zu untersuchen. Dieser Vorgang war noch nicht beendet, als sich Rione bei Geary meldete.
»Die Spinnenwölfe bitten um Erlaubnis, jemanden an Bord des gekaperten Bärkuh-Schiffs schicken zu dürfen.«
Dreizehn
Geary sah Rione eindringlich an. »Sind Sie sich sicher, dass die dem Schiff nur einen Besuch abstatten wollen? Oder wollen sie es unter ihre Kontrolle bringen? Oder Ausrüstungsgegenstände mitnehmen?«
Desjani schaute stur geradeaus und tat so, als hätte sie nichts mitbekommen. Also lag die Entscheidung ganz allein bei ihm. »Na gut. Sagen Sie ihnen, sie können ein paar Teams rüberschicken«, sagte er zu Rione, ehe er eine andere Taste bediente. »Admiral Lagemann, sind Sie auf Besucher eingestellt?«
Es dauerte eine weitere halbe Stunde, ehe eines der Spinnenwolf-Schiffe sich der Luftschleuse näherte, die die Ingenieure dort eingebaut hatten, wo von den Marines Löcher in den Rumpf des Superschlachtschiffs gesprengt worden waren, um an Bord zu gelangen. Inzwischen stand ein Empfangskomitee bereit, unter anderem bestehend aus Admiral Lagemann, dem hochrangigsten Marine an Bord, sowie einigen Ingenieuren. Obwohl die Menschen allesamt Schutzanzüge oder Gefechtsrüstungen trugen und die Spinnenwölfe selbst auch von ihrer Schutzpanzerung eingehüllt waren, vollzogen sie ihre obligatorische Begrüßung in Form der vorsichtigen »Luftumarmung«, bei der jeder unmittelbare Körperkontakt mit den Menschen vermieden wurde.