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In gewisser Weise ergab das sogar einen Sinn. »Sie gehen davon aus, dass die lebenden Sterne etwas für Ironie übrig haben.«

»Lieber Himmel, Admiral, sehen Sie sich das Universum doch nur an. Wenn das, was dies alles geschaffen hat, keinen Sinn für Ironie hat, wie wollen Sie dann die Existenz so mancher Dinge im Universum erklären? Das beste Beispiel sind doch schließlich wir Menschen.«

Admiral Lagemann hatte tatsächlich recht. »Was sagt Ihre Crew zu dem Namen?« Die Besatzung war recht klein, vor allem im Verhältnis zur Größe des Superschlachtschiffs. Gerade mal rund hundert Offiziere und Matrosen befanden sich an Bord, dazu kamen noch die Marines.

»Überraschend einverstanden. Einige von den Leuten kommen von der letzten Invincible, und ihnen gefällt der Gedanke, vielleicht endlich den Fluch dieses Namens brechen zu können. Den Marines gefällt er noch besser, weil sie davon ausgehen, dass er Bedrohungen wie magnetisch anziehen wird.«

»Tatsächlich?«, fragte Geary.

»Na ja, so begeistert sind die Marines eigentlich nicht, aber sie mögen die dicke Panzerung dieses Dings… entschuldigen Sie, ich wollte natürlich sagen: der neuen Invincible

»Dann wünsche ich Ihnen viel Glück. Wir sehen uns bei Midway wieder.« Geary beendete die Verbindung und schaute zu Desjani. »Haben Sie das mitbekommen?«

Sie saß mit entsetztem Gesichtsausdruck da, der sich allmählich in Richtung Unglauben verschob. »Das will er wirklich machen? Er ist ja noch verrückter als Benan.«

»Wenn er das Monstrum auf den Namen Invincible tauft, kann die Flotte keine anderen Schiffe so taufen, richtig?«

Desjanis Miene nahm einen berechnenden Zug an. »Richtig. Glaube ich jedenfalls. Und diese Superschlachtschiffe sind sehr schwer aus dem Weg zu räumen.« Sie deutete auf ihr Display.

Geary sah, dass sie ein großes virtuelles Fenster geöffnet hatte, das eine Ansicht des Bärkuh-Schiffs zeigte… der Invincible zeigte, korrigierte er sich. In Großaufnahme sah er die gleiche gepanzerte Hülle, die er zuletzt beim Angriff der Marines zu Gesicht bekommen hatte. Die Oberfläche aus Metall und Legierungen wies zwar an manchen Stellen Kerben auf, die vom Beschuss durch die Allianz-Flotte stammten, aber überwiegend war die dunkle Hülle so glatt und so strahlend, dass sich die Sterne in ihr zu spiegeln schienen.

»Wie kriegt man eine so dicke Panzerung hin?«, wunderte sich Geary.

»Ich vermute, das gehört zu den Dingen, denen unsere Ingenieure und Wissenschaftler auf den Grund gehen wollen«, sagte Desjani. »Es ist eigentlich nicht meine Sache, weil ich Schnelligkeit, Beweglichkeit und Schlagkraft mag. Aber wenn ich mir diesen Rumpf und die Größe des Schiffs ansehe, dann denke ich doch, dass das ein irres Schiff ist.«

»Aber nicht wirklich unbesiegbar.«

»Nein, natürlich nicht. Aber dieser Admiral Lagemann könnte recht haben. Wir sagen damit aus: ›Wir haben es begriffen, lebende Sterne. Wir wissen, dieser Name passt nicht mal zu diesem Schiff, und wir selbst haben den Beweis dafür erbracht.‹«

Sie wurden unterbrochen, da Dr. Nasr sich bei Geary meldete und dabei finster dreinblickte. »Zwei weitere Bärkühe sind während des Transits von Hua nach hier gestorben«, erklärte der Arzt. »Soweit wir das beurteilen können, haben sie zu viel Beruhigungsmittel erhalten. Mit Sicherheit lässt sich das aber nicht sagen.«

Damit blieben noch drei lebende Kik-Gefangene übrig. Geary wandte den Blick ab. »Warum lassen die sich nicht von uns retten?«

»Wir haben darüber gesprochen, Admiral. Aber aus ihrer Sicht erhalten wir sie nur am Leben, damit wir später eine frische Mahlzeit haben.«

»Doctor, ich würde gern Ihre ehrliche Meinung hören. Wie verfahren wir hier richtig?«

Nasr seufzte. »Admiral, der Leitsatz meines Berufsstands besagt, niemandem Leid zuzufügen. Das klingt recht simpel, aber jeder Arzt mit ein klein wenig Erfahrung wird Ihnen bestätigen, dass man sehr schnell in ein ernstes Dilemma verstrickt werden kann, wenn man versucht, diesen Leitsatz ernst zu nehmen. Wir haben versucht, uns richtig zu verhalten, indem wir die Verletzungen der Bärkühe behandelt und ihnen das Leben gerettet haben. Und das geschah nicht bloß aus Eigeninteresse, sondern weil wir ernsthaft daran interessiert waren, mit dieser Spezies eine Kommunikation zu erreichen. Aber unsere wohlmeinenden Absichten haben uns in eine Situation gebracht, in der jede weitere Entscheidung die verkehrte ist. Sie werden alle sterben, Admiral. Wir wissen nicht genug über ihren Metabolismus und über ihren Körper. Entweder verabreichen wir ihnen zu viel oder zu wenig Beruhigungsmittel. Ein wacher Moment genügt, und schon setzen die Bärkühe ihrem Leben selbst ein Ende. Wachen sie nicht auf, sterben sie an einer Überdosis Beruhigungsmittel.«

Geary sah den Arzt eindringlich an. »Wollen Sie mir damit sagen, ich soll sie sterben lassen?«

»Nein, das kann ich nicht machen. Ich sage Ihnen nur, dass sie so oder so sterben werden. Die Frage ist nur: Wann und wo passiert es? Sie können mir befehlen, ihnen weniger oder mehr Beruhigungsmittel zu verabreichen. Oder Sie sagen mir, wir sollen uns möglichst lange bemühen, sie am Leben zu erhalten.«

»Doctor, ich kann Ihnen nicht den Befehl erteilen, sie zu töten. Werden sie leiden, wenn wir versuchen, sie möglichst lange überleben zu lassen?«

»Leiden? Nein, sie wechseln lediglich von Bewusstlosigkeit hinüber in den Tod. Oder sie erwachen kurz und sind gleich darauf tot. Ich weiß nicht, ob das Sterben Schmerzen auslöst, aber nach den Werten der einen Bärkuh zu urteilen, die sich selbst umgebracht hat, und auf der Grundlage der Autopsie scheint es bei ihr kein Trauma ausgelöst zu haben. Der Körper wird vielmehr mit Chemikalien und Hormonen geflutet, die den Schmerz ausblenden und möglicherweise sogar Halluzinationen erzeugen, während die Körperfunktionen in sehr rascher Folge eingestellt werden.«

Es klang fast schon angenehm. Kein Schmerz, dazu womöglich Visionen von dem, was das sterbende Wesen sehen wollte. Trost, Frieden… Und dennoch — das eigene Ende absichtlich herbeizuführen? »Versuchen Sie alles, um sie am Leben zu erhalten. Das sind unsere Regeln, das gebe ich zu. Aber es sind die einzigen Regeln, die ich anwenden kann.«

»Wir ermöglichen ein Ende, wenn es keine Hoffnung mehr gibt und der Patient eine künstliche Verlängerung seines Lebens ablehnt«, machte Dr. Nasr ihm klar.

»Es gibt noch Hoffnung«, sagte Geary und fragte sich, ob er das tatsächlich glaubte.

Der Arzt nickte. Geary hatte dem medizinischen Stab nie das Prinzip verständlich machen können, einem vorgesetzten Offizier zu salutieren. »Eine Sache noch, Admiral. Diese Bürger der Syndikatwelten, die wir vor den Enigmas gerettet haben… Wissen Sie bereits, was mit ihnen geschehen soll?«

»Nein, Doctor. Das weiß ich noch nicht. Ich habe soeben Gott und Richter für diese Bärkühe gespielt. Soll ich das jetzt bei den Syndiks auch machen?«

»Das werden Sie machen müssen, Admiral. Wenn Sie sie den Behörden der Syndikatwelten übergeben, wissen Sie, was mit ihnen geschehen wird. Man wird sie wie Laborratten behandeln, man wird ihnen Schlimmeres antun, als es die Enigmas mit ihnen gemacht haben.«

Geary schüttelte wütend den Kopf. »Wenn ich sie mit zur Allianz nehme, wird man sie nicht besser behandeln! Unsere Forscher tönen, dass man ihre Würde und Menschlichkeit respektieren muss, aber das Ergebnis wird das Gleiche sein.« Er rief einen Bericht auf, an den er sich erinnern konnte, überflog ihn und fand das Gesuchte. »Diese Syndik-Bürger wurden gefragt, was sie wollen, und jeder von ihnen hat gesagt, dass er nach Hause zurückkehren will.«

»Wollen Sie nach Hause zurückkehren, Admiral?«

»Ich…« Ja, aber mein Zuhause existiert nicht mehr. Das ist schon vor langer Zeit verschwunden. Und wenn ich dorthin zurückkehre, wo mein Zuhause einmal war, werde ich keine ruhige Minute haben. So wie diese armen dreihundertdreiunddreißig Syndiks. »Ich verstehe, was Sie meinen, Doctor. Ganz ehrlich. Ich verspreche Ihnen, ich werde nichts entscheiden, solange ich mir nicht umfassende Gedanken über das Wohlergehen dieser Leute gemacht habe.«