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»Fünf Minuten«, meldete Lieutenant Castries.

Desjani wurde wieder ernst. »Glauben Sie, den Syndiks bei Midway gelingt es, die Enigmas wenigstens für eine Weile aufzuhalten?«

»Ich weiß nicht«, sagte Geary und wünschte, er könnte zumindest eine plausible Einschätzung der Lage vornehmen. »Es hängt alles davon ab, was ihnen zur Verfügung steht und wie geschickt sie das einsetzen. Wenn ihnen keine Verstärkung geschickt worden ist, dann haben sie gegen eine so große Enigma-Streitmacht keine Chance. Aber ich bin mir ja nicht mal sicher, ob sie sich überhaupt noch als Syndiks bezeichnen. Mein Eindruck von ihnen war, dass zumindest einige der CEOs bei Midway der Syndikat-Regierung nicht allzu loyal gegenüberstehen.«

»Loyal und Syndik-CEOs? Haben Sie gerade beides in einem Atemzug ausgesprochen?«, fragte Desjani. »Vertrauen Sie dieser Frau, mit der Sie gesprochen haben? Wie hieß sie noch mal?«

»Iceni. CEO Iceni. Ich würde nicht behaupten, dass ich ihr vertraue. Ich bin schließlich nicht verrückt. Aber unsere Interessen könnten eine gemeinsame Schnittmenge haben, wie Victoria Rione es wohl ausdrücken würde.«

Das brachte ihm einen finsteren Blick ein. »Mir wäre es recht, wenn Sie in einer Unterhaltung mit mir nicht diese Frau zitieren würden.«

»Tschuldigung.«

»Eine Minute bis zum Verlassen des Sprungraums«, meldete Lieutenant Castries mit unverändert ruhiger Stimme. Dennoch konnte man deutlich spüren, wie die Anspannung auf der Brücke anstieg.

»Zeit, sich auf den Job zu konzentrieren«, sagte Desjani zu Geary.

»Schilde auf Maximum«, verkündete Lieutenant Yuon. »Alle Waffen bereit.«

Die letzten Sekunden wurden heruntergezählt, Geary spürte, wie sich sein Magen auf eine vertraute Weise verkrampfte. Dann folgte der Moment der Desorientierung, und das Grau des Sprungraums war mit einem Mal dem von Sternen erfüllten Schwarz gewichen, als sie Midway erreichten.

Was sie am meisten gefürchtet hatten — die Sirenen der Gefechtssysteme, die vor in unmittelbarer Nähe befindlichen gegnerischen Schiffen warnten —, trat nicht ein. Diese Systeme waren so vorprogrammiert worden, dass sie sofort mit allen verfügbaren Waffen auf Enigma-Schiffe feuerten, sollten die sich vor dem Sprungpunkt in Position gebracht haben. Aber auch das war nicht der Fall. Als Geary die vom Sprung hervorgerufene Verwirrung abschüttelte, sah er auf seinem Display die Symbole aufleuchten, doch keines von ihnen befand sich in der Nähe seiner Flotte. Der Feind war nicht gekommen, um sie bei ihrer Ankunft gebührend zu empfangen, dennoch hielten sich die Enigmas im System auf.

»Was machen die da?«, fragte sich Desjani.

»Ich weiß es nicht«, konnte Geary nur antworten.

Er hatte erwartet und befürchtet, dass die Enigmas sofort Kurs auf das Hypernet-Portal nehmen würden, das nicht ganz sechs Lichtstunden von diesem Sprungpunkt entfernt war und sich fast auf der gegenüberliegenden Seite des Systems befand. Hätten die Enigmas auf 0,2 Licht oder mehr beschleunigt, wären sie gerade einmal dreißig Stunden später am Portal eingetroffen. Dort wäre es für zweihundertzweiundzwanzig Enigma-Kriegsschiffe ein Leichtes gewesen, binnen kürzester Zeit die Trossen zu zerstören, die zusammen die Energiematrix aufrechterhielten.

Ebenso hätten die Enigmas die primäre bewohnte Welt anfliegen können, die in nur viereinhalb Lichtstunden um ihren Stern kreiste, um ein Orbitalbombardement zu beginnen, das alles menschliche Leben ausgelöscht und den Planeten unbewohnbar gemacht hätte.

Stattdessen verharrten die Enigmas in einer Entfernung von dreißig Lichtminuten von dem Sprungpunkt, durch den Gearys Flotte ins System gekommen war.

»Die warten auf uns«, sagte Desjani. »Sie wussten, wir würden herkommen, und deshalb warten sie da auf uns, um uns anzugreifen. Aber warum haben sie es nicht so wie bei Alihi mit einem Hinterhalt versucht?«

Kaum hatte sie ausgesprochen, kam ihm die Antwort darauf in den Sinn. »Weil sie zwar wussten, wir würden herkommen, aber keinen präzisen Zeitpunkt kannten. Die Enigmas bei Hua haben einen Alarm ausgegeben, eine überlichtschnelle Nachricht, dass wir uns auf dem Rückflug nach Midway befinden. Dadurch wussten die Enigmas nur in einem groben Rahmen, wann mit unserer Ankunft zu rechnen war. Doch das war nicht genau genug, um einen dieser Hinterhalte direkt am Sprungpunkt zu inszenieren.«

Damit ergab sich eine andere Frage, auf die Desjani prompt zu sprechen kam. »Wenn sie wussten, sie haben noch etwas Zeit, warum haben sie sich dann nicht schon im System ausgetobt. Sie hätten doch längst etwas zerstören können oder sie könnten kurz davor sein, weil sie wissen, dass wir nicht zeitig genug eintreffen, um sie aufzuhalten.«

Sein Blick wanderte vom Hypernet-Portal zu der bewohnten Welt, von dort zu einem Raumdock im Orbit um einen Gasriesen, eine Lichtstunde vom Stern entfernt, von dieser Einrichtung weiter zu den Syndik-Flotten an anderer Stelle in diesem System… Wo soll ich hin? Ich muss versuchen, die… »Verdammt!«

»Heißt das, Sie haben die Antwort auf diese Frage gefunden?«, wollte Desjani wissen.

»Ja.« Er zeigte auf das Display. »Sie wollen uns auch erwischen. Hätten sie das Hypernet-Portal zerstört und die Menschen in diesem System ausgelöscht, dann gäbe es für uns keinen Grund mehr, hierzubleiben und uns ein Gefecht mit ihnen zu liefern.«

»Aber sie wollen, dass wir bleiben und kämpfen.« Sie nickte mit finsterer Miene. »Also lassen sie alles intakt, was wir retten wollen. Das heißt, sie werden auch nicht einfach die Flucht ergreifen. Sie wollen nicht nur dafür sorgen, dass die Haustür wieder fest verschlossen wird. Sie wollen auch dafür sorgen, dass wir ausgeschaltet werden, damit wir nicht kehrtmachen und abermals in ihr Territorium vordringen. Aber so gut stehen ihre Chancen gar nicht. Sie müssen irgendetwas unternehmen, mit dem sie sicherstellen, dass wir komplett ausradiert werden. Und dann…« Sie betrachtete irritiert ihr Display. »Drei Syndik-Flotten. Sind die für uns ein Grund zur Sorge? Werden sie uns helfen? Oder werden sie sich gegen uns wenden? Oder haben sie vielleicht vor, einfach nur dazusitzen und uns zuzusehen, wie wir gegen die Enigmas kämpfen, damit sie sich vor Lachen auf die Schenkel klopfen können, weil sich ihre Feinde gegenseitig zerfleischen?«

»Wenn wir uns um eine Sache nicht sorgen müssen, dann dürfte das ein Angriff der Syndiks auf uns sein.« Er verspürte den dringenden Wunsch zu handeln, doch ihm war auch klar, dass die Flotte bei der momentanen Geschwindigkeit fünf Stunden benötigen würde, um die Enigma-Streitmacht zu erreichen. Viel sinnvoller war es dagegen, sich zunächst ein Bild von der Situation im System zu machen und erst dann zu handeln.

Desjani schüttelte den Kopf. »Diese CEO, die bei unserem letzten Aufenthalt in diesem System das Sagen über die Schiffe hatte… Wie hieß sie noch gleich? Kolani. Sie war schroff und bösartig. Ihr würde es Spaß machen, auf uns loszugehen, selbst wenn das nur noch bedeuten sollte, dass sie unsere Verletzten töten kann, nachdem die Enigmas uns zusammengeschossen haben.«

Drei Syndik-Flotten, die im Vergleich zu den Streitkräften der Allianz und der Enigmas winzig wirkten. Ein Schlachtschiff und zwei Schwere Kreuzer am Orbitaldock nahe dem Gasriesen; ein weiteres Schlachtschiff mit sechs Schweren und vier Leichten Kreuzern sowie zehn Jägern in der Nähe des Hypernet-Portals; zwei Schwere und sechs Leichte Kreuzer, dazu zwölf Jäger, die auf dem Weg zum Gasriesen waren und dabei einem Vektor folgten, der den Schluss zuließ, dass sie aus der Nähe der bewohnten Welt gekommen sein mussten.

»Wenn es den Syndiks gelingt, alle Kräfte zu sammeln und zu bündeln… wenn sie diese drei winzigen Flotten zusammenfügen…«, begann Geary.

»…dann haben sie eine kleine Flotte«, meinte Desjani. »Wenn man die Streitkräfte von diesem Planet und die in der Nähe des Gasriesen dazu nimmt und dabei das Schlachtschiff unberücksichtigt lässt, dann kommt in etwa das zusammen, was die Syndiks auch schon hatten, als wir das letzte Mal hier durchgekommen sind. Sieht so aus, dass hier Ruhe geherrscht hat. Die Jungs nahe dem Hypernet-Portal müssen die Verstärkung sein, die die Zentralregierung der Syndiks auf Prime hergeschickt hat.