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Diese Tatsache blieb auch Kapitän Gill nicht lange verborgen, und er beendete seine Anstellung bei der Ankunft in ihrem ersten Hafen. Ich war geschäftlich in der Stadt und bin Gill begegnet, der mir von Higgins’ verzweifelter Lage erzählte.

Ich setzte alles daran, den Mann zu finden, weil ich Mitleid mit einem Soldaten empfand, der mir seinen Dienst ehrenhaft versehen zu haben schien, und weil ich es ein hartes Schicksal fand, dass er deswegen leiden sollte. Da ich entdeckte, dass er eine intelligente und allgemein angenehme Person ist, habe ich ihn in meine Dienste genommen, wo er sich als höchst zuverlässig erwiesen hat.

Ich sende ihn mit dem Wein, in der Hoffnung, dass Deine Frau vielleicht so liebenswürdig ist, Mr. Higgins zu untersuchen. Der örtliche Arzt, ein Dr. Potts, hat die Verletzung seines Auges für unheilbar erklärt, was ja der Fall sein mag. Doch da ich das Können Deiner Frau am eigenen Leib erfahren habe, frage ich mich, ob sie möglicherweise eine Behandlung für seine anderen Beschwerden vorschlagen kann; Dr. Potts war hier keine große Hilfe. Richte ihr bitte aus, dass ich ihr bescheidener Diener bin und ihr für ihre Freundlichkeit und ihr Geschick ewig dankbar bin.

Meine herzlichsten Grüße an Deine Tochter, der ich ein kleines Geschenk sende, das zusammen mit dem Wein ankommen wird. Ich baue darauf, dass ihr Ehemann in meiner Vertraulichkeit keinen Affront sieht, sondern vielmehr meine lange Bekanntschaft mit Deiner Familie in Betracht zieht und ihr erlauben wird, es anzunehmen.

Ich verbleibe wie immer Dein ergebener Diener,

John Grey

Kapitel 9

Die Schwelle zum Krieg

Juni 1773

Robert Higgins war ein schmächtiger junger Mann, so dünn, dass es den Anschein hatte, als würden seine Knochen mit Mühe und Not von seinen Kleidern zusammengehalten, und so blass, dass man sich leicht einbilden konnte, er sei tatsächlich durchsichtig. Dafür hatte ihn die Natur jedoch mit großen, aufrichtigen, blauen Augen, einer welligen, hellbraunen Haarpracht und einem derart schüchternen Auftreten bedacht, dass Mrs. Bug ihn augenblicklich unter ihre Fittiche nahm und ihre Absicht kundtat, ihn »aufzupäppeln«, bevor er wieder nach Virginia aufbrach.

Auch ich mochte Mr. Higgins sehr; er war ein lieber Junge mit dem sanften Akzent seiner Heimat Dorset. Allerdings fragte ich mich doch, ob Lord John Greys Großzügigkeit ihm gegenüber wirklich so uneigennützig war, wie es schien.

Auch John Grey war mir widerstrebend ans Herz gewachsen, nachdem wir vor ein paar Jahren gemeinsam die Masern durchgestanden hatten und er Brianna während Rogers Gefangenschaft bei den Irokesen ein guter Freund gewesen war. Dennoch blieb mir stets bewusst, dass Lord John Männer liebte – ganz besonders Jamie, jedoch mit Sicherheit auch andere Männer.

»Beauchamp«, sagte ich zu mir selbst, während ich Waldlilienknollen zum Trocknen ausbreitete, »du hast einen ausgesprochen argwöhnischen Charakter.«

»Aye, das stimmt«, sagte eine belustigt klingende Stimme hinter mir. »Wen verdächtigst du denn, was getan zu haben?«

Ich fuhr erschrocken zusammen, und die Lilienknollen flogen in alle Richtungen.

»Oh, du bist es«, knurrte ich. »Warum musst du dich so an mich heranschleichen?«

»Übung«, sagte Jamie und küsste mich auf die Stirn. »Ich möchte doch die Kunst der Pirsch nicht verlernen. Warum führst du Selbstgespräche?«

»Weil mich das eines aufmerksamen Zuhörers versichert«, sagte ich schnippisch, und er lachte und bückte sich, um mir beim Aufsammeln der Knollen zu helfen.

»Wen hast du denn unter Verdacht, Sassenach?«

Ich zögerte, brachte es aber nicht fertig, etwas anderes als die Wahrheit zu sagen.

»Ich habe mich gefragt, ob John Grey es mit unserem Mr. Higgins treibt«, sagte ich geradeheraus. »Oder ob er es vorhat.«

Er kniff kurz die Augen zu, machte aber keinen schockierten Eindruck – was wiederum den Verdacht erregte, dass er selbst ebenfalls darüber nachgedacht hatte.

»Was bringt dich denn auf diesen Gedanken?«

»Erstens ist er ein sehr hübscher junger Mann«, sagte ich. Ich nahm ihm eine Handvoll Lilienknollen ab und machte mich daran, sie auf einem Stück Gaze auszubreiten. »Und zweitens hat er die schlimmsten Hämorrhoiden, die ich je bei einem Mann in seinem Alter gesehen habe.«

»Er hat zugelassen, dass du sie dir ansiehst?« Jamie war doch rot geworden, als das Gespräch auf Analverkehr kam; er hasste es, wenn ich indiskret wurde, aber er hatte schließlich gefragt.

»Nun, es hat mich große Überzeugungskraft gekostet«, sagte ich. »Er hat mir ganz bereitwillig davon erzählt, war aber nicht sehr darauf versessen, sie von mir untersuchen zu lassen.«

»Diese Vorstellung würde mir auch nicht gefallen«, versicherte mir Jamie, »und ich bin mit dir verheiratet. Warum in aller Welt solltest du dir so etwas ansehen wollen, außer vielleicht aus morbider Neugier?« Er warf einen argwöhnischen Blick auf mein schwarzes Notizbuch, das aufgeschlagen auf dem Tisch lag. »Du zeichnest doch da keine Bilder von Bobby Higgins’ Hinterteil, oder?«

»Das ist nicht nötig. Ich kann mir keinen Arzt vorstellen, egal zu welcher Zeit, der nicht weiß, wie Hämorrhoiden aussehen. Die alten Israeliten und Ägypter hatten schließlich auch schon welche.«

»Ach ja?«

»Es steht in der Bibel. Frag Mr. Christie«, empfahl ich ihm.

Er bedachte mich mit einem schrägen Seitenblick.

»Du hast mit Tom Christie über die Bibel diskutiert? Du hast wirklich mehr Mut als ich, Sassenach.« Christie war ein zutiefst überzeugter Presbyterianer, und er war am glücklichsten, wenn er jemanden mit einer schönen Passage aus der Heiligen Schrift erschlagen konnte.

»Nicht ich. Germain hat mich letzte Woche gefragt, was Afterknollen sind.«

»Was ist das denn?«

»Hämorrhoiden. ›Sie aber sprachen: Welches ist das Schuldopfer, das wir ihm geben sollen? Sie antworteten: Fünf goldene Afterknollen und fünf goldene Mäuse nach der Zahl der fünf Fürsten der Philister‹«, zitierte ich, »oder so ähnlich. Besser kann ich es aus dem Gedächtnis nicht wiederholen. Mr. Christie hat Germain zur Strafe einen Bibelvers aufschreiben lassen, und da der Junge eine wissbegierige Seele ist, wollte er wissen, was er da geschrieben hat.«

»Und Mr. Christie wollte er natürlich nicht fragen.« Jamie rieb sich stirnrunzelnd mit dem Finger über den Nasenrücken. »Möchte ich wissen, was Germain angestellt hat?«

»Mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht.« Tom Christie verdiente sich den Pachtzins für sein Land, indem er uns als Schulmeister diente, und es schien ihm zu gelingen, auf seine Weise Disziplin zu halten. Allein Germain Fraser als Schüler zu haben, war meiner Meinung nach schon die gesamte Summe in Naturalien wert.

»Goldene Afterknollen«, murmelte Jamie. »Nun, das ist eine Idee.« Er hatte jene leicht verträumte Miene aufgesetzt, die er oft trug, kurz bevor er mit einem haarsträubenden Gedanken herausrückte, der irgendetwas mit Verstümmelung, Tod oder lebenslänglicher Einkerkerung zu tun hatte. Ich fand seinen Gesichtsausdruck ein wenig alarmierend, doch welchen Gedankengang die goldenen Hämorrhoiden auch immer ausgelöst haben mochten, er ließ vorerst davon ab und schüttelte den Kopf.

»Nun gut. Wir waren bei Bobbys Hinterteil?«

»Oh, ja. Was den Grund angeht, warum ich kurz auf Mr. Higgins’ Hämorrhoiden sehen wollte«, nahm ich unseren letzten Gesprächsfaden wieder auf, »so wollte ich sehen, ob Amelioration oder Entfernung die beste Behandlung wäre.«

Bei diesen Worten fuhren Jamies Augenbrauen in die Höhe.