Er machte ein leises schottisches Geräusch, um mir zu sagen, dass ich mit dem Gestottere aufhören und es ausspucken sollte. Da ich genug Erfahrung hatte, um zu erkennen, dass er die Sache nicht ruhen lassen würde, bis ich das tat, spuckte ich also.
»Hast du dich je gefragt, ob Lord John ihn womöglich angenommen hat, weil … nun ja, William sieht dir schrecklich ähnlich, und das offenbar ja schon von klein an. Da Lord John dich körperlich … anziehend findet …« Die Worte erstarben, und als ich in sein Gesicht sah, hätte ich mir dafür auf die Zunge beißen können, dass ich sie gesagt hatte.
Er schloss einen Moment die Augen, damit ich nicht hineinsehen konnte. Seine Fäuste waren so fest geballt, dass die Adern von den Fingerknöcheln bis zum Unterarm vorsprangen. Ganz langsam entspannte er seine Hände. Er öffnete die Augen.
»Nein«, sagte er, und seine Stimme klang aufrichtig überzeugt. Er sah mich unverwandt an. »Und es ist nicht nur so, dass ich selbst den Gedanken daran nicht ertragen kann. Ich weiß es mit Sicherheit.«
»Natürlich«, sagte ich hastig, denn ich brannte darauf, das Thema auf sich beruhen zu lassen.
»Ich weiß es«, wiederholte er, diesmal schärfer. Seine beiden steifen Finger klopften ein einziges Mal gegen seinen Oberschenkel, dann kamen sie zur Ruhe. »Der Gedanke ist mir auch gekommen. Als er mir damals erzählt hat, dass er vorhatte, Isobel Dunsany zu heiraten.«
Er wandte sich ab und starrte zum Fenster hinaus. Adso war auf dem Hof und schlich sich im Gras an etwas heran.
»Ich habe ihm meinen Körper angeboten«, sagte Jamie abrupt, ohne sich zu mir umzudrehen. Die Worte kamen ruhig, doch ich konnte seinen verkrampften Schultern ansehen, was es ihn kostete, sie auszusprechen. »Zum Dank, habe ich gesagt. Aber es war …« Er machte eine merkwürdige, krampfhafte Bewegung, als versuchte er, sich von einer Fessel zu befreien. »Ich wollte genau wissen, was für ein Mensch er war. Dieser Mann, der meinen Sohn an Kindes statt annehmen wollte.«
Seine Stimme zitterte kaum merklich, als er »mein Sohn« sagte, und ich trat instinktiv zu ihm, denn ich hätte gern die offene Wunde unter diesen Worten verschlossen.
Er war stocksteif, als ich ihn berührte, und wollte sich nicht umarmen lassen – doch er nahm meine Hand und drückte sie.
»Glaubst du, du … konntest es wirklich erkennen?« Ich war nicht schockiert. John Grey hatte mir von diesem Angebot erzählt, vor Jahren auf Jamaika. Allerdings glaubte ich nicht, dass er darüber im Bilde war, was wirklich dahintersteckte.
Jamies Hand legte sich fester um die meine, und sein Daumen fuhr den Umriss des meinen nach und rieb sacht über meinen Nagel. Er blickte zu mir herab, und ich spürte, wie mir seine Augen suchend ins Gesicht sahen – nicht fragend, sondern so, wie man es macht, wenn man etwas Vertrautes ganz neu sieht – etwas mit den Augen sieht, das man lange Zeit nur mit dem Herzen gesehen hat.
Seine freie Hand hob sich und zeichnete meine Augenbrauen nach, dann blieben zwei Finger kurz auf meinem Wangenknochen liegen, bevor sie wieder emporwanderten, kühl in der Wärme meines Haars.
»Man kann einander nicht so nah sein«, sagte er schließlich. »Ineinander sein, den Schweiß des anderen riechen, die Körperhaare aneinanderreiben … und nichts von seiner Seele sehen. Oder wenn man es kann …« Er zögerte, und ich fragte mich, ob er an Black Jack Randall dachte oder an Laoghaire, die Frau, die er geheiratet hatte, weil er mich für tot hielt. »Nun … das ist etwas Schreckliches.«
Es herrschte Schweigen zwischen uns. Es raschelte plötzlich draußen im Gras, als Adso zum Sprung ansetzte und verschwand, und eine Nachtigall begann, in der großen Rotfichte Alarm zu schlagen. In der Küche fiel etwas scheppernd zu Boden, und dann ertönten rhythmische Wischgeräusche. All die heimeligen Geräusche dieses Lebens, das wir uns aufgebaut hatten.
Hatte ich das je getan? Mit einem Mann geschlafen, ohne etwas von seiner Seele zu sehen? Ich hatte, und Jamie hatte recht. Ein Hauch von Kälte berührte mich, und die Härchen meiner Haut richteten sich lautlos auf.
Er stieß einen Seufzer aus, der von seinen Füßen her zu kommen schien, und rieb sich mit der Hand über sein zusammengebundenes Haar.
»Aber er hat abgelehnt. John.« Jetzt blickte er auf und lächelte mich schief an. »Er liebte mich, hat er gesagt. Und wenn ich das nicht erwidern konnte – und er wusste, dass ich es nicht konnte –, wollte er kein Falschgeld für bare Münze nehmen.«
Er schüttelte sich heftig wie ein Hund, der aus dem Wasser kommt.
»Nein. Ein Mann, der so etwas sagt, vergeht sich nicht an einem Kind, weil dessen Vater so hübsche blaue Augen hat, davon bin ich überzeugt, Sassenach.«
»Nein«, gab ich ihm recht. »Sag mir …« Ich zögerte, und er fixierte mich mit hochgezogener Augenbraue. »Wenn er … äh … auf dein Angebot eingegangen wäre – und du hättest feststellen müssen …« Ich suchte nach vernünftigen Worten. »Dass er nicht so anständig war wie erhofft –«
»Ich hätte ihm dort am Ufer das Genick gebrochen«, sagte er trocken. »Es hätte keine Rolle gespielt, ob sie mich gehängt hätten; ich hätte nicht zugelassen, dass er den Jungen bekommt. Aber er hat es nicht getan, und ich habe ihm den Jungen gelassen«, fügte er mit einem angedeuteten Achselzucken hinzu. »Und wenn unser Bobby das Bett Seiner Lordschaft aufsucht, dann glaube ich, dass es aus freien Stücken geschieht.«
Männer sind nicht unbedingt in Bestform, wenn jemand eine Hand in ihrem Hintern stecken hat. Ich hatte das schon öfter beobachtet, und Robert Higgins war keine Ausnahme von der generellen Regel.
»Also, das wird nicht sehr weh tun«, sagte ich so beruhigend wie möglich. »Alles, was Ihr tun müsst, ist ganz stillhalten.«
»Oh, das werde ich, Ma’am, ganz bestimmt«, versicherte er mir inbrünstig.
Ich hatte ihn auf dem Sprechzimmertisch. Er trug nur sein Hemd und befand sich im Vierfüßlerstand, wodurch sich die Stelle, an der ich operieren musste, praktischerweise auf meiner Augenhöhe befand. Die Zange und die Fäden, die ich brauchen würde, lagen rechts von mir auf dem kleinen Tisch, und daneben eine Schale mit frischen Blutegeln für den Notfall.
Er schrie kurz auf, als ich ein in Alkohol getränktes Läppchen auf die Stelle drückte, um sie gründlich zu säubern, aber er hielt Wort und regte sich nicht.
»Also, wir werden hier sehr guten Erfolg haben«, versicherte ich ihm und ergriff eine langschenklige Zange. »Aber wenn die Linderung von Dauer sein soll, müsst Ihr Eure Ernährung drastisch ändern. Versteht Ihr mich?«
Er schnappte heftig nach Luft, als ich eine der Hämorrhoiden packte und zu mir herunterzog. Es waren drei, eine klassische Anordnung auf neun, zwei und fünf Uhr. Rund wie Himbeeren und ganz genauso gefärbt.
»Oh! J-Ja, Ma’am.«
»Hafermehl«, sagte ich bestimmt. Ich nahm die Zange in die andere Hand, ohne ihren Druck zu verringern, und ergriff mit der Rechten eine Nadel mit einem Seidenfaden. »Jeden Morgen Porridge, ohne Ausnahme. Habt Ihr eine Veränderung bei Eurer Verdauung bemerkt, seit Mrs. Bug Euch zum Frühstück Porridge gibt?«
Ich legte den Faden locker um den unteren Rand der Hämorrhoide, dann führte ich die Nadel vorsichtig unter der Schlaufe durch, so dass ich eine kleine Schlinge bekam, und zog sie zu.
»Ahhh … oh! Äh … ganz ehrlich, Ma’am, es ist, als würde man Ziegel mit Igelstacheln scheißen, egal, was ich esse.«
»Nun, das wird sich ändern«, versicherte ich ihm und befestigte den Faden mit einem Knoten. Ich ließ die Hämorrhoide los, und er holte tief Luft. »Also, Trauben. Ihr mögt doch Trauben, oder?«
»Nein, M’m. Ich bekomm Zahnweh davon.«
»Wirklich?« Seine Zähne sahen nicht besonders verfault aus; besser, wenn ich mir seinen Mund näher ansah; möglicherweise litt er ja an leichtem Skorbut. »Nun, dann soll Mrs. Bug Euch einen schönen Rosinenkuchen backen, den könnt Ihr ohne Schwierigkeiten essen. Hat Lord John einen Koch, der sein Handwerk versteht?« Ich zielte mit meiner Zange auf die nächste Hämorrhoide und packte sie. Da er das Gefühl jetzt kannte, grunzte er nur kurz.