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»Ich glaube nicht, dass sie durch das Feuer gestorben ist«, sagte ich. »Da, ihre Beine und Füße sind unversehrt. Sie muss in das Herdfeuer gefallen sein. Ihr Haar hat Feuer gefangen, das dann auf die Schultern ihres Kleides übergesprungen ist. Sie muss so dicht an der Wand oder am Kaminabzug gelegen haben, dass die Flammen übergesprungen sind, und dann ist das ganze, verfluchte Haus in Flammen aufgegangen.«

Jamie nickte bedächtig, die Augen auf die Tote gerichtet.

»Aye, das klingt plausibel. Aber was ist es gewesen, das sie umgebracht hat, Sassenach? Die anderen sind ein wenig angesengt, aber keiner von ihnen ist so verbrannt. Doch sie müssen schon tot gewesen sein, als das Haus Feuer gefangen hat, weil keiner von ihnen hinausgelaufen ist. Eine tödliche Krankheit womöglich?«

»Das glaube ich nicht. Sie sehen nicht … Ich weiß es nicht. Lass mich noch einen Blick auf die anderen werfen.«

Ich schritt langsam an der Reihe regloser Körper entlang, deren Gesichter mit Tüchern zugedeckt waren, und beugte mich einzeln darüber, um erneut unter die improvisierten Leichentücher zu spähen. Es gab unzählige Krankheiten, die in dieser Zeit rasch zum Tode führen konnten – da es keine Antibiotika gab und keine Möglichkeit der Flüssigkeitszufuhr außer durch Mund und Rektum, konnte ein simpler Durchfall einen Menschen innerhalb von vierundzwanzig Stunden umbringen.

Ich bekam solche Dinge oft genug zu Gesicht, um sie zu erkennen, genau wie jeder andere Arzt, und ich war seit über zwanzig Jahren Ärztin. Dann und wann sah ich in diesem Jahrhundert Dinge, die mir in meinem eigenen nicht begegnet waren – vor allem grauenvolle Parasitenerkrankungen, die mit dem Sklavenhandel aus den Tropen kamen –, doch es war kein Parasit, der diese armen Seelen auf dem Gewissen hatte, und keine mir bekannte Krankheit hinterließ solche Spuren bei ihren Opfern.

Sämtliche Leichen – die Frau mit den Verbrennungen, eine viel ältere Frau und drei Kinder – waren innerhalb der Wände des brennenden Hauses gefunden worden. Kenny hatte sie gerade rechtzeitig ins Freie gezogen, bevor das Dach einstürzte, und war dann losgeritten, um Hilfe zu holen. Alle tot, bevor das Feuer ausbrach; daher mussten sie auch buchstäblich alle gleichzeitig gestorben sein, denn das Feuer hatte doch gewiss schnell zu schwelen begonnen, nachdem die Frau tot auf ihren Herd gefallen war?

Die Opfer lagen ordentlich unter den Zweigen einer riesigen Rotfichte aufgereiht, während die Männer daneben ein Grab auszuheben begannen. Brianna stand mit gesenktem Kopf neben dem kleinsten Mädchen. Ich kniete mich neben die winzige Leiche, und sie kniete sich mir gegenüber hin.

»Was ist es gewesen?«, fragte sie leise. »Gift?«

Ich sah überrascht zu ihr auf.

»Ich glaube schon. Wie bist du darauf gekommen?«

Sie warf einen Blick auf das blau angelaufene Gesicht unter uns. Sie hatte versucht, dem Mädchen die Augen zu schließen, doch sie quollen unter den Lidern hervor und verliehen dem Kind einen Ausdruck verblüfften Grauens. Ihre kleinen, groben Gesichtszüge waren, vor Qual verzerrt, erstarrt, und sie hatte Spuren von Erbrochenem in den Mundwinkeln.

»Pfadfinderhandbuch«, sagte Brianna. Sie sah sich nach den Männern um, doch keiner von ihnen war nah genug, um uns zu hören. Ihr Mund zuckte, und sie wandte den Blick von der Leiche ab und hielt mir ihre geöffnete Hand entgegen. »›Iss niemals einen Pilz, den du nicht kennst‹«, zitierte sie. »›Es gibt viele giftige Sorten, und sie zu unterscheiden, ist Aufgabe der Experten‹. Roger hat sie gefunden. Sie wachsen in einem Ring da drüben neben dem Baumstamm.«

Feuchte, fleischige Hütchen, blassbraun mit weißen, warzenartigen Flecken, die offenen Lamellen und schlanken Stiele so hell, dass sie im Schatten der Fichte beinahe zu phosphoreszieren schienen. Sie hatten ein hübsches, erdiges Aussehen, das ihre Tödlichkeit Lügen strafte.

»Krötenschwämme«, sagte ich halb zu mir selbst und nahm ihr mit spitzen Fingern einen der Pilze aus der Hand. »Agaricus pantherinus – so wird man sie zumindest nennen, sobald jemand dazu kommt, sie ordentlich zu benennen. Pantherinus, weil sie so schnell tödlich wirken – wie eine Raubkatze.«

Ich konnte sehen, wie sich Briannas Unterarm mit Gänsehaut überzog und sich ihre weichen, rotgoldenen Härchen aufstellten. Sie ließ ihre Hand kippen und warf die übrigen tödlichen Pilze auf den Boden.

»Welcher denkende Mensch isst denn Giftpilze?«, fragte sie und wischte sich mit einem leichten Schauder die Hand am Rock ab.

»Ein Mensch, der es nicht besser weiß. Vielleicht ein Mensch, der Hunger hat«, antwortete ich leise. Ich hob die Hand des kleinen Mädchens auf und zeichnete die zarten Knochen ihres Unterarms nach. Ihr Bäuchlein war leicht aufgetrieben, ob durch Unterernährung oder postmortale Veränderungen, konnte ich nicht sagen – doch ihre Schlüsselbeine waren so scharf wie Sensenklingen. Die Leichen waren alle dünn, wenn auch nicht total ausgehungert.

Ich blickte in die tiefblauen Schatten des Berghangs oberhalb der Hütte. Es war noch zu früh im Jahr, um auf Erntezüge zu gehen, doch im Wald gab es Nahrung im Überfluss – für jene, die sie erkennen konnten.

Jamie trat neben mich, kniete sich hin und legte mir seine kräftige Hand leicht auf den Rücken. Trotz der Kälte zog sich ein Schweißrinnsal über seinen Hals, und sein dichtes, rotes Haar war an den Schläfen dunkel.

»Das Grab ist fertig«, sagte er mit leiser Stimme, als könnte er das Kind erschrecken. »Ist es das, was das Kind umgebracht hat?« Er wies nickend auf die verstreuten Pilze.

»Ich glaube schon – und die anderen auch. Habt ihr euch hier umgesehen? Weiß irgendjemand, wer sie waren?«

Er schüttelte den Kopf.

»Keine Engländer; die Kleider sind falsch. Deutsche wären sicher nach Salem gegangen; sie lassen sich am liebsten bei ihresgleichen nieder. Vielleicht sind es Holländer gewesen.« Er deutete auf die Holzpantinen an den Füßen der alten Frau, die vom langen Tragen fleckig und rissig geworden waren. »Es sind keine Bücher oder Schriftstücke übrig geblieben, falls es je welche gegeben hat. Nichts, was uns ihren Namen verraten würde. Aber –«

»Sie waren noch nicht lange hier.« Eine leise, gebrochene Stimme ließ mich aufblicken. Roger war zu uns gekommen; er hockte an Briannas Seite und wies mit dem Kinn auf die schwelenden Überreste der Blockhütte. Daneben war ein kleiner Garten in die Erde gescharrt worden, doch die wenigen Pflanzen, die dort zu sehen waren, sprossen gerade erst aus dem Boden, und ihre zarten Blätter hingen schlaff und vom Frost geschwärzt herunter. Es gab keine Nebengebäude, keine Spur von Vieh, kein Maultier oder Schwein.

»Frisch emigriert«, sagte Roger leise. »Keine Leibeigenen; das hier war eine Familie. Sie waren es nicht gewohnt, im Freien zu arbeiten; die Hände der Frauen sind voller Blasen und frischer Narben.« Er rieb sich selbst unbewusst mit der Hand über das leinenbekleidete Knie; seine Handflächen waren inzwischen genauso mit glatten Schwielen überzogen wie Jamies, doch er war einmal ein dünnhäutiger Gelehrter gewesen; er erinnerte sich noch gut an die Schmerzen seiner Einarbeitung.

»Ich frage mich, ob sie Verwandte hinterlassen – in Europa«, murmelte Brianna. Sie strich dem kleinen Mädchen das blonde Haar aus der Stirn und legte ihm das Taschentuch wieder über das Gesicht. Ich sah, wie sich ihre Kehle bewegte, als sie schluckte. »Sie werden nie erfahren, was aus ihnen geworden ist.«

»Nein«, sagte Jamie abrupt. »Man sagt zwar, dass Gott die Narren beschützt – aber selbst der Allmächtige verliert wohl dann und wann die Geduld.« Er wandte sich ab und winkte Lindsay und Sinclair.

»Sucht nach dem Mann«, sagte er zu Lindsay. Alle Köpfe fuhren zu ihm auf.