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»Nun denn … fühlt Ihr Euch jetzt ein wenig besser?« Lizzie kam einfach nicht mit dem Brandy, und ich fragte mich kurz, wo sie war. Bobby war immer noch sehr blass, nickte aber tapfer und kämpfte sich auf die Beine hoch. Dann stand er schwankend und blinzelnd da und versuchte, das Gleichgewicht zu halten. Das »M«-Brandzeichen auf seiner Wange zeichnete sich in aggressivem Rot auf seiner blassen Haut ab.

Durch Bobbys Ohnmacht abgelenkt, hatte ich nicht auf die Geräusche geachtet, die von der anderen Seite des Hauses kamen. Jetzt jedoch wurde ich mir des Klangs von Stimmen und herannahenden Schritten bewusst.

Jamie und die beiden Browns kamen um die Ecke des Hauses gebogen. Als sie uns sahen, blieben sie stehen. Jamies Stirn war leicht gerunzelt gewesen; jetzt nahm das Stirnrunzeln zu. Die Browns schienen dagegen von einer merkwürdigen, wenn auch grimmigen Heiterkeit erfüllt zu sein.

»Dann ist es also wahr.« Richard Brown sah Bobby Higgins scharf an, dann wandte er sich an Jamie. »Ihr beherbergt einen Mörder!«

»Ach ja?« Jamie war höflich, aber eiskalt. »Ich hatte ja keine Ahnung.« Er verbeugte sich nach bester französischer Hofmanier vor Bobby Higgins, dann richtete er sich auf und wies auf die Browns. »Mr. Higgins, darf ich Euch Mr. Richard Brown und Mr. Lionel Brown vorstellen. Meine Herren – mein Gast, Mr. Higgins.« Er sprach die Worte »mein Gast« mit einer besonderen Betonung aus, woraufhin Richard Brown seinen schmalen Mund so fest zusammenpresste, dass er beinahe unsichtbar wurde.

»Hütet Euch, Fraser«, sagte er und starrte Bobby dabei an, als wollte er ihn davor warnen, sich in Luft aufzulösen. »Den falschen Umgang zu hegen, kann heutzutage gefährlich sein.«

»Ich wähle meinen Umgang so, wie es mir passt, Sir.« Jamie sprach leise und biss jedes Wort einzeln mit den Zähnen ab. »Und den Euren wähle ich nicht. Joseph!«

Lizzies Vater, Joseph Wemyss, kam um die Ecke und führte die beiden aufmüpfigen Maultiere herbei, die jetzt beide so friedlich wie junge Katzen zu sein schienen, obwohl Mr. Wemyss neben ihnen wie ein Zwerg aussah.

Bobby Higgins, den diese Vorgänge völlig verwirrten, sah mich hilfesuchend an. Ich zuckte sacht mit den Achseln und schwieg, während die beiden Browns aufstiegen und starr vor Wut von der Lichtung ritten.

Jamie wartete, bis sie außer Sichtweite waren, dann atmete er aus, rieb sich heftig mit der Hand durch das Haar und brummte etwas auf Gälisch. Ich konnte ihm nicht bis ins Detail folgen, begriff aber, dass er den Charakter unserer Besucher mit dem von Mr. Higgins’ Hämorrhoiden verglich und diese dabei vorteilhafter wegkamen.

»Verzeihung, Sir?« Higgins’ Miene war verwirrt, aber eifrig bestrebt, es ihm recht zu machen.

Jamie sah ihn an.

»Sollen sie doch gehen und sich die Köpfe zerbrechen«, murmelte er und tat die Browns mit einer Geste ab. Er fing meinen Blick auf und wandte sich zum Haus. »Dann kommt, Bobby; ich habe Euch etwas zu sagen.«

Ich folgte ihnen ins Haus, sowohl aus Neugier als auch für den Fall, dass Mr. Higgins erneut unwohl wurde; sein Zustand schien zwar stabil zu sein, aber er war nach wie vor sehr blass. Verglichen mit Bobby Higgins, war Mr. Wemyss – der die hellen Haare und die schmächtige Gestalt seiner Tochter hatte – ein Bild blühender Gesundheit. Was war nur mit Bobby los?, fragte ich mich. Ich warf einen verstohlenen Blick auf die Sitzfläche seiner Hose, während ich ihm folgte, doch es war alles in Ordnung; kein Blut.

Jamie ging voraus in sein Studierzimmer und deutete auf die bunte Ansammlung von Hockern und Kisten, die er für Besucher benutzte. Doch sowohl Bobby als auch Mr. Wemyss blieben lieber stehen – Bobby aus naheliegenden Gründen, Mr. Wemyss aus Respekt; ihm war niemals wohl dabei, in Jamies Gegenwart zu sitzen, außer beim Essen.

Von keinerlei körperlichen oder gesellschaftlichen Vorbehalten behindert, ließ ich mich auf dem besten Hocker nieder und sah Jamie, der sich an den Tisch gesetzt hatte, der ihm als Schreibtisch diente, mit hochgezogener Augenbraue an.

»Es ist folgendermaßen«, begann er ohne Umschweife. »Brown und sein Bruder haben sich zu den Anführern eines Komitees für die Sicherheit erklärt und waren hier, um mich und meine Pächter als Mitglieder zu rekrutieren.« Er sah mich an, und seine Mundwinkel kräuselten sich. »Ich habe abgelehnt, wie ihr zweifellos bemerkt habt.«

Mein Magen verkrampfte sich ein wenig, als ich daran dachte, was Major MacDonald gesagt hatte – und daran, was ich wusste. Nun begann es also.

»Komitee für die Sicherheit?« Mr. Wemyss machte ein verwirrtes Gesicht und sah Bobby Higgins an – dessen Gesicht genau diesen Ausdruck mehr und mehr verlor.

»So, haben sie das?«, sagte Bobby leise. Ein paar lockige braune Haarsträhnen hatten sich aus seinem Zopf gelöst; er strich sich eine davon hinter das Ohr.

»Ihr habt also bereits von solchen Komitees gehört, Mr. Higgins?«, erkundigte sich Jamie mit gewölbter Augenbraue.

»Bin auf eins gestoßen, Sir. Aus nächster Nähe.« Bobby tippte sich mit dem Finger über das blinde Auge. Er war noch blass, erlangte aber allmählich seine Selbstbeherrschung zurück. »Das ist Pöbel, Sir. Wie die Mulis da draußen, nur mehr davon – und brutaler.« Er setzte ein unsicheres Lächeln auf und strich sich den Ärmel über der Bisswunde an seinem Arm glatt.

Die Erwähnung der Maultiere erinnerte mich abrupt an etwas, und ich stand auf und bereitete der Unterhaltung ein abruptes Ende.

»Lizzie! Wo ist Lizzie?«

Ohne eine Antwort auf diese rhetorische Frage abzuwarten, eilte ich zur Tür des Studierzimmers und rief ihren Namen – doch mir hallte nur Schweigen entgegen. Sie war ins Haus gegangen, um Brandy zu holen; wir hatten reichlich davon in einem Krug in der Küche, das wusste sie – ich hatte erst am Abend zuvor gesehen, wie sie ihn für Mrs. Bug vom Regal holte. Sie musste im Haus sein. Sie war doch wohl nicht hinausgegangen –

»Elizabeth? Elizabeth, wo bist du?« Mr. Wemyss folgte mir auf dem Fuße und rief nach seiner Tochter, während ich durch den Flur zur Küche ging.

Lizzie lag ohnmächtig vor dem Kamin, ein schlaffes Kleiderbündel, eine Hand ausgestreckt, als hätte sie versucht, sich aufzufangen, als sie hinfiel.

»Miss Wemyss!« Bobby Higgins schob sich mit panischem Gesichtsausdruck an mir vorbei und nahm sie in seine Arme.

»Elizabeth!« Mr. Wemyss drückte sich ebenfalls an mir vorbei, und sein Gesicht war beinahe genauso weiß wie das seiner Tochter.

»Nun lasst mich schon einen Blick auf sie werfen, ja?«, sagte ich und bahnte mir meinerseits den Weg an ihnen vorbei. »Legt sie auf die Kaminbank, Bobby, los.«

Er hielt sie in den Armen, während er vorsichtig aufstand, dann setzte er sich auf die Kaminbank, ohne sie loszulassen, zuckte dabei allerdings zusammen. Nun, wenn er den Helden spielen wollte, hatte ich keine Zeit, um mit ihm zu diskutieren. Ich kniete mich hin und suchte nach dem Puls an ihrem Handgelenk, während ich ihr mit der anderen Hand das hellblonde Haar aus dem Gesicht strich.

Ein Blick hatte ausgereicht, um mir zu sagen, was wahrscheinlich los war. Sie fühlte sich klamm an, und die Blässe in ihrem Gesicht hatte einen grauen Unterton. Ich konnte spüren, wie das Beben des kommenden Schüttelfrosts ihren Körper durchlief, obwohl sie bewusstlos war.

»Das Fieber ist wieder da, nicht wahr?«, fragte Jamie. Er war an meiner Seite erschienen und hielt Mr. Wemyss an der Schulter fest, um ihn zugleich zu trösten und zurückzuhalten.

»Ja«, sagte ich knapp. Lizzie hatte Malaria. Sie hatte sich vor ein paar Jahren an der Küste angesteckt und wurde hin und wieder rückfällig – obwohl sie seit über einem Jahr keinen Anfall mehr gehabt hatte.

Mr. Wemyss holte tief und deutlich hörbar Luft, und sein Gesicht bekam wieder ein wenig Farbe. Er war mit der Malaria vertraut und war zuversichtlich, dass ich damit fertigwerden würde. Es war schließlich nicht das erste Mal.