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Ich hoffte, dass es auch diesmal so sein würde. Lizzies Puls schlug schnell und leicht, aber regelmäßig unter meinen Fingern, und sie begann, sich zu regen. Dennoch waren die Schnelligkeit und Plötzlichkeit, mit der der Anfall gekommen war, erschreckend. Hatte sie irgendeine Vorwarnung gehabt? Ich hoffte, dass die Sorge, die ich empfand, meinem Gesicht nicht anzusehen war.

»Bringt sie hinauf ins Bett, deckt sie zu, holt einen heißen Stein für ihre Füße«, sagte ich, während ich aufstand, abwechselnd an Bobby und Mr. Wemyss gewandt. »Ich setze Medizin für sie auf.«

Jamie folgte mir zum Sprechzimmer und blickte hinter sich, um sicherzugehen, dass die anderen außer Hörweite waren, bevor er etwas sagte.

»Ich dachte, du hast keine Chinarinde mehr?«, fragte er leise.

»Das stimmt ja auch. Verdammt.« Malaria war eine chronische Krankheit, aber es war mir gelungen, sie mit kleinen, regelmäßigen Dosen von Chinarinde unter Kontrolle zu halten. Doch im Lauf des Winters war mir die Chinarinde ausgegangen, und es hatte noch niemand an die Küste reiten können, um neue zu besorgen.

»Und nun?«

»Ich überlege.«

Ich öffnete die Schranktür und betrachtete die ordentlich aufgereihten Glasflaschen – von denen viele leer waren oder nur noch ein paar verstreute Blatt- oder Wurzelkrümel enthielten. Nach einem kalten, nassen Winter voller Grippe, Frostbeulen und Jagdunfälle war alles geplündert.

Fiebermittel. Ich hatte eine Reihe von Mitteln, die bei normalem Fieber helfen würden; Malaria war etwas anderes. Ich hatte zumindest reichlich Hartriegelwurzel und -rinde; ich hatte im Herbst vorausschauend große Mengen davon gesammelt. Ich griff danach und fügte nach kurzem Nachdenken noch ein Glas mit einer Enzianart hinzu, die man hier »Fieberkraut« nannte.

»Setz den Kessel auf, ja?«, bat ich Jamie und runzelte die Stirn, während ich Wurzeln, Rinde und Kraut in meinen Mörser bröselte. Alles, was ich tun konnte, war, die oberflächlichen Symptome Fieber und Schüttelfrost zu behandeln. Und den Schock, dachte ich, besser, wenn ich den auch behandelte.

»Und bring mir etwas Honig mit, bitte – oh, und Salz!«, rief ich ihm nach, denn er war bereits an der Tür. Er nickte und lief eilig in die Küche; seine Schritte erklangen rasch und fest auf den Eichendielen des Fußbodens.

Ich begann, die Mischung zu zerstampfen, während ich weiter über zusätzliche Möglichkeiten nachdachte. Ein kleiner Teil meines Gehirns war beinahe froh über diesen Notfall; so konnte ich die Notwendigkeit, von den Browns und ihrem vermaledeiten Komitee zu hören, noch eine Weile aufschieben.

Ich hatte ein höchst ungutes Gefühl. Egal, was sie wollten, es verhieß nichts Gutes, dessen war ich mir sicher; sie waren garantiert nicht freundschaftlich von Jamie geschieden. Und was die Reaktion anging, zu der sich Jamie möglicherweise verpflichtet sehen würde –

Rosskastanien. Die benutzte man manchmal gegen das Tertiärfieber, wie Dr. Rawlings es nannte. Hatte ich noch welche? Während ich meinen Blick rasch über die Gläser und Fläschchen in der Medizintruhe schweifen ließ, hielt ich inne, weil ich ein Glas sah, das etwa drei Zentimeter hoch mit getrockneten schwarzen Kügelchen gefüllt war. »Gallbeeren« stand auf dem Schildchen. Nicht von mir; es war eines von Rawlings’ Gläsern. Ich hatte sie noch nie für irgendetwas benutzt. Aber jetzt kam mir ein Gedanke. Ich hatte irgendetwas über Gallbeeren gelesen oder gehört; was war es nur?

Halb unbewusst ergriff ich das Glas, öffnete es und roch daran. Von den Beeren stieg ein scharfer, adstringierender Geruch auf, der leicht bitter war. Und irgendwie vertraut.

Ich ging mit dem Glas zum Tisch, wo mein großes, schwarzes Notizbuch lag, und blätterte hastig zu den ersten Seiten zurück, jenen Zeilen, die der Mann hinterlassen hatte, der der ursprüngliche Besitzer des Buchs und der Truhe gewesen war, Daniel Rawlings. Wo war es nur gewesen?

Ich blätterte noch auf der Suche nach dem Umriss einer halb erinnerten Notiz in den Seiten, als Jamie zurückkam. Er hatte einen Krug heißes Wasser, ein Schälchen Honig und eine kleine Portion Salz in den Händen – und die Beardsley-Zwillinge im Schlepptau.

Ich sah sie an, sagte aber nichts; sie hatten die Angewohnheit, unerwartet aufzutauchen wie ein Paar Stehaufmännchen.

»Ist Miss Lizzie sehr krank?«, fragte Jo ängstlich und blickte an Jamie vorbei, um zu sehen, was ich tat.

»Ja«, sagte ich und beachtete ihn nur halb. »Aber keine Sorge, ich mache ihr gerade Medizin.«

Da war die Stelle. Eine kurze Anmerkung, als naheliegender Gedanke nachträglich an das Protokoll der Behandlung eines Patienten angefügt, dessen Symptome eindeutig nach Malaria aussahen – und der, wie ich mit einem dumpfen Stich feststellte, gestorben war.

»Der Händler, von dem ich die Chinarinde erworben habe, sagt mir, dass die Indianer eine Pflanze namens Gallbeere benutzen, die der Chinarinde an Bitterkeit gleichkommt und die sie als vorzüglich bei Tertiär- und Quartärfiebern ansehen. Ich habe zu Versuchszwecken einige gesammelt und habe vor, bei nächster Gelegenheit einen Aufguss zu verwenden.«

Ich nahm eine der getrockneten Beeren aus dem Glas und biss hinein. Beißender Chiningeschmack breitete sich in meinem Mund aus – begleitet von reichlichem Speichelfluss, weil sich mein ganzer Mund verkrampfte und mir infolge der Bitterkeit sofort das Wasser in die Augen stieg. Gallbeere, in der Tat!

Ich war mit einem Satz am offenen Fenster, spuckte die Beere in das darunter liegende Blumenbeet und hörte gar nicht auf zu spucken. Die Beardsleys kicherten und prusteten, amüsiert über die unerwartete Unterhaltungseinlage.

»Alles in Ordnung, Sassenach?« In Jamies Gesicht kämpften Belustigung und Sorge um die Vorherrschaft. Er goss einen Schluck Wasser aus dem Krug in einen Tonbecher, fügte einen Schuss Honig hinzu und reichte ihn mir.

»Bestens«, krächzte ich. »Nicht fallen lassen!« Kezzie Beardsley hatte das Glas mit den Gallbeeren in die Hand genommen und roch vorsichtig daran. Auf meine Ermahnung hin nickte er zwar, stellte das Glas aber nicht wieder hin, sondern reichte es stattdessen seinem Bruder.

Ich nahm einen guten Schluck heißen Honigwassers in den Mund und schluckte. »Diese Beeren – sie enthalten so etwas wie Chinin.«

Jamies Miene veränderte sich sofort, und der Ausdruck der Sorge ließ nach.

»Dann helfen sie der Kleinen?«

»Ich hoffe es. Ich habe aber nicht viele.«

»Heißt das, Ihr braucht noch mehr von diesen Dingern für Miss Lizzie, Mrs. Fraser?« Jo blickte zu mir auf, und seine dunklen Augen lugten scharf über das kleine Glas hinweg.

»Ja«, sagte ich überrascht. »Du willst doch wohl nicht sagen, dass du weißt, wo du sie herbekommst?«

»Aye, Ma’am«, sagte Kezzie, wie üblich etwas zu laut. »Von den Indianern.«

»Welche Indianer?«, fragte Jamie, und sein Blick wurde schärfer.

»Die Cherokee«, sagte Jo mit einer vagen Geste. »Auf dem Berg.«

Diese Beschreibung hätte auf ein halbes Dutzend Dörfer zutreffen können, doch offenbar meinte er ein bestimmtes Dorf, denn die beiden machten auf der Stelle kehrt wie ein Mann und schienen sofort losziehen und Gallbeeren holen zu wollen.

»Wartet, Jungs«, sagte Jamie und hielt Kezzie am Kragen zurück. »Ich gehe mit euch. Ihr werdet schließlich etwas zum Eintauschen brauchen.«

»Oh, wir haben Felle in Hülle und Fülle«, versicherte ihm Jo. »Die Jagdsaison war gut.«

Jo war ein exzellenter Jäger, und Kezzie hörte zwar noch nicht gut genug, um erfolgreich zu jagen, doch sein Bruder hatte ihm das Fallenstellen beigebracht. Ian hatte mir erzählt, dass sich die Biber-, Marder-, Hirsch- und Hermelinfelle im Schuppen der Beardsleys fast bis zur Decke stapelten. Sie trugen den Geruch stets am Leib, ein schwacher Hauch von getrocknetem Blut, Moschus und kalten Haaren.

»Aye? Nun, das ist wirklich großzügig von dir, Jo. Aber ich komme trotzdem mit.« Jamie sah mich an, um mir mitzuteilen, dass seine Entscheidung gefallen war – er mich aber trotzdem um meine Billigung bat. Ich schluckte, und es schmeckte bitter.