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Er zuckte mit den Achseln.

»Ich werde die guten brauchen. Und ich bezweifle sehr, dass er sie abfeuern wird.«

»Vertraust du auf ihre abschreckende Wirkung?« Ich war skeptisch, aber wahrscheinlich hatte er recht.

»Aye, schon. Aber mehr auf Bobby.«

»Inwiefern?«

»Ich bezweifle, dass er noch einmal eine Pistole abfeuern würde, um sein Leben zu retten – aber vielleicht würde er es tun, um deins zu retten. Und sollte es so weit kommen, werden sie zu nah sein, um danebenzuschießen.« Er sprach ganz sachlich, doch ich spürte, wie sich meine Nackenhaare aufstellten.

»Nun, das ist äußerst tröstlich«, sagte ich trocken. »Und woher weißt du so genau, was er tun würde?«

»Habe mich mit ihm unterhalten«, antwortete er knapp. »Der Mann, den er in Boston erschossen hat, war der erste Mensch, den er getötet hat. Er möchte es nicht wieder tun.« Er richtete sich auf und trat unruhig zur Arbeitsfläche, wo er sich damit beschäftigte, die verstreuten kleinen Instrumente aufzuräumen, die ich zum Reinigen ausgebreitet hatte.

Ich trat an seine Seite und sah ihm zu. Eine Handvoll kleiner Kautereisen und Skalpelle stand in einem Becher Terpentin. Er holte eins nach dem anderen heraus, wischte sie trocken und legte sie nebeneinander zurück in ihre Schatulle. Die spatenförmigen Metallspitzen der Kautereisen waren vom Gebrauch geschwärzt; die abgenutzten Skalpellklingen glänzten dumpf, doch ihre scharfen Kanten glitzerten, eine Haaresbreite aus leuchtendem Silber.

»Uns passiert schon nichts«, sagte ich leise. Ich hatte es als beruhigende Feststellung gedacht, doch es kam mit einem fragenden Unterton heraus.

»Aye, ich weiß«, sagte er. Er legte das letzte Eisen in die Schatulle, ohne aber den Deckel zu schließen. Stattdessen stand er da, die gespreizten Hände flach auf der Arbeitsplatte, und sah vor sich hin.

»Ich möchte nicht gehen«, sagte er leise. »Ich will es nicht tun.«

Ich war mir nicht sicher, ob er mit mir sprach oder mit sich selbst – aber ich hatte nicht das Gefühl, dass er nur seine Reise in das Cherokeedorf meinte.

»Ich möchte es auch nicht«, flüsterte ich und trat noch ein wenig dichter an ihn heran, so dass ich seinen Atem spürte. Da hob er die Hände, wandte sich mir zu, nahm mich in die Arme, und wir standen eng umschlungen da und lauschten dem Atem des anderen. Und der bittere Geruch des ziehenden Tees durchdrang die heimeligen Düfte nach Leinen, Staub und sonnengewärmter Haut.

Es waren immer noch Entscheidungen zu fällen, Entschlüsse zu fassen, Pläne zu schmieden. Viele sogar. Doch innerhalb eines Tages, einer Stunde, einer einzigen Absichtserklärung hatten wir die Schwelle zum Krieg überschritten.

Kapitel 10

Die Pflicht ruft

Er hatte zwar Bobby losgeschickt, um Roger Mac zu holen, hielt es aber nicht aus zu warten und machte sich selbst auf den Weg, während Claire ihre Medizin braute.

Im Freien schien alles von Frieden und Schönheit erfüllt zu sein. Ein Schaf mit zwei Lämmern stand träge in seinem Pferch und kaute mit langsamen Kieferbewegungen zufrieden vor sich hin, während die Lämmer ungeschickt wie zwei pelzige Grashüpfer hinter ihm herumhoppelten. Claires Kräuterbeet war voller grüner Keimlinge und den zerzausten Überresten der Stauden, die nach dem Winter gerade wieder neu zu sprießen begannen.

Die Brunnenabdeckung lag schief; er bückte sich, um sie an Ort und Stelle zu schieben, und stellte fest, dass sich die Bretter verzogen hatten. Er setzte ihre Instandsetzung mit auf die ewige Liste der Aufgaben und Reparaturen in seinem Kopf und wünschte sich sehnsüchtig, er könnte die nächsten paar Tage ganz mit Graben, Mistausfahren, Dachdeckerarbeiten und Ähnlichem verbringen statt mit dem Vorhaben, das er im Begriff war auszuführen.

Er hätte lieber die alte Kotgrube zugeschüttet oder Schweine kastriert, als zu Roger Mac zu gehen und ihn zu fragen, was er über Indianer und Revolutionen wusste. Er fand es irgendwie gruselig, mit seinem Schwiegersohn über die Zukunft zu sprechen, und versuchte, es grundsätzlich zu vermeiden.

Die Dinge, die Claire ihm von ihrer eigenen Zeit erzählte, kamen ihm oft wie Fantasiegebilde vor, denen die unterhaltsame, halb reale Aura von Märchen anhaftete, und waren manchmal makaber, aber stets interessant, weil er dabei auch immer etwas über seine Frau erfuhr. Brianna teilte oft kleine, alltägliche Details über mechanische Erfindungen mit ihm, was interessant war, oder wilde Geschichten über Männer, die auf dem Mond herumliefen, was ungeheuer amüsant war, aber keine Gefahr für seinen Seelenfrieden darstellte.

Roger Mac dagegen hatte eine kaltblütige Art zu erzählen, die ihn in gewisser Weise an die historischen Werke erinnerte, die er gelesen hatte, und daher etwas ganz konkret Unheilvolles an sich hatte. Sich mit Roger Mac zu unterhalten, ließ es nur zu möglich erscheinen, dass dieser, jener oder ein anderer angsteinflößender Umstand nicht nur tatsächlich eintreten würde, sondern höchstwahrscheinlich auch direkte persönliche Konsequenzen haben würde.

Es war, als unterhielte man sich mit einem besonders böswilligen Wahrsager; einem, dem man nicht genug bezahlt hatte, um etwas Angenehmes zu hören zu bekommen. Dieser Gedanke erinnerte ihn plötzlich an ein Erlebnis, das wie ein Anglerkorken an die Oberfläche seines Verstandes schnellte.

In Paris. Er war mit Freunden, anderen Studenten, auf Sauftour in den nach Urin stinkenden Wirtshäusern in der Nähe der Université gewesen. Er war selbst ziemlich betrunken gewesen, als einer von ihnen unvermittelt auf den Gedanken kam, sich die Hand lesen zu lassen. Er war den anderen in die Ecke gefolgt, in der wie immer die Alte saß, die es tat, kaum zu sehen im Dunkel des Wirtshauses und den Wolken aus Pfeifenrauch.

Er hatte nicht vorgehabt, es ebenfalls zu tun; er hatte nur ein bisschen Kleingeld in der Tasche und wollte es nicht für gottlosen Unsinn verplempern. Das hatte er auch laut gesagt.

Woraufhin eine fleischlose Klaue aus der Dunkelheit geschossen kam, seine Hand gepackt und lange, schmutzige Nägel in seine Haut gebohrt hatte. Er hatte überrascht aufgeschrien, und seine Freunde hatten gelacht. Sie lachten noch lauter, als sie ihm auf die Handfläche spuckte.

Sie verrieb ganz geschäftsmäßig den Speichel auf seiner Haut, beugte sich so dicht zu ihm herüber, dass er ihren alten Schweiß riechen und die Läuse in ihrem angegrauten Haar herumkriechen sehen konnte, das unter dem Rand ihres rötlich schwarzen Schultertuchs hervorlugte. Sie starrte auf seine Hand, und ihr schmutziger Fingernagel zeichnete die Linien darauf nach und kitzelte ihn dabei. Er versuchte, die Hand wegzuziehen, doch sie umklammerte sein Handgelenk noch fester, und er stellte überrascht fest, dass er sich nicht aus ihrem Griff lösen konnte.

»Tu es un chat«, hatte die Alte im Tonfall böswilligen Interesses angemerkt. »Du bist eine Katze, du. Eine kleine, rote Katze.«

Dubois – so hieß er, Dubois – hatte zur Belustigung der anderen sofort zu miauen und zu jaulen angefangen. Er selbst weigerte sich, auf den Köder hereinzufallen, sagte nur: »Merci, Madame«, und versuchte erneut, seine Hand wegzuziehen.

»Neuf«, sagte sie, während sie ihm hier und dort auf die Handfläche tippte, dann einen Finger ergriff und bedeutungsvoll damit wackelte. »Du hast eine Neun in deiner Hand. Und den Tod«, fügte sie beiläufig hinzu. »Du wirst neunmal sterben, bevor du im Grab zur Ruhe kommst.«

Dann hatte sie ihn losgelassen, begleitet von einem Chor sarkastischer Oh-là-làs der französischen Studenten und dem Gelächter der anderen.

Er prustete und schob die Erinnerung wieder dorthin, woher sie aufgetaucht war. Sollte sie dort bleiben. Doch die Alte weigerte sich, einfach so zu gehen, und rief ihn über die Jahre hinweg, wie sie ihm durch die lärmerfüllte, biergeschwängerte Luft des Wirtshauses hindurch nachgerufen hatte.