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»Manchmal schmerzt es nicht zu sterben, mon p’tit chat«, hatte sie ihm spöttisch hinterhergerufen. »Aber meistens schmerzt es doch.«

»Nein, das tut es nicht«, brummte er und blieb angewidert stehen, als er sich selbst reden hörte. Himmel. Es war nicht er selbst, den er hörte, sondern sein Patenonkel.

»Hab keine Angst, Junge. Es tut gar nicht weh zu sterben.« Er sah nicht, wohin er trat, und stolperte, fing sich wieder und blieb stehen, den Geschmack von Metall auf der Zunge.

Sein Herz hämmerte plötzlich grundlos, als sei er meilenweit gerannt. Er sah die Blockhütte vor sich, kein Zweifel, und hörte die Rufe der Eichelhäher in den noch spärlich belaubten Kastanien. Doch noch deutlicher sah er Murtaghs Gesicht, dessen grimmige Linien sich zu einem friedlichen Ausdruck entspannten, sah die schwarzen Augen, die fest auf die seinen gerichtet waren, deren Blick aber immer wieder klar wurde und verschwamm, als sähe sein Patenonkel zugleich ihn an und etwas, das sich weit hinter ihm befand. Er spürte Murtaghs Gewicht in seinen Armen, spürte seinen Körper plötzlich schwer werden, als er starb.

Die Vision verschwand genauso abrupt, wie sie erschienen war, und er fand sich am Rand einer Regenpfütze wieder, in der eine Holzente halb im Schlamm vergraben war.

Er bekreuzigte sich mit einem raschen Wort des Friedens für Murtaghs Seele, dann bückte er sich und zog die Ente aus dem Schlamm, den er in der Pfütze abwusch. Seine Hände zitterten, was auch kaum ein Wunder war. Seine Erinnerungen an Culloden waren spärlich und bruchstückhaft – doch sie kehrten allmählich zurück.

Bis jetzt waren es nur Momente am Rande des Einschlafens gewesen. Dort hatte er Murtagh schon öfter gesehen, dort und in den Träumen, die darauf folgten.

Er hatte Claire nichts davon erzählt. Noch nicht.

Er drückte die Tür der Blockhütte auf, doch sie war leer, das Herdfeuer fast erloschen, und der Webstuhl ruhte. Brianna war wahrscheinlich bei Fergus und besuchte Marsali. Wo mochte Roger Mac nur sein? Er trat wieder ins Freie und lauschte.

Axthiebe tönten hinter der Hütte schwach aus dem Wald. Dann ließen sie nach, und er hörte Männerstimmen, die sich zum Gruß erhoben. Er drehte sich um und hielt auf den Pfad zu, der bergauf führte. Er war halb mit frischem Frühlingsgras bewachsen, wies aber die schwarzen Flecken frischer Fußspuren auf.

Was hätte ihm die Alte wohl gesagt, wenn er sie bezahlt hätte?, fragte er sich. Hatte sie gelogen, um ihn für seinen Geiz zu strafen – oder ihm aus demselben Grund die Wahrheit gesagt?

Eins der unangenehmen Dinge an jeder Unterhaltung mit Roger Mac war, dass sich Jamie sicher war, dass er zuverlässig die Wahrheit sagte.

Er hatte vergessen, die Ente bei der Hütte zurückzulassen. Er wischte sie an seiner Hose ab und schob sich grimmig durch das sprießende Grün, um zu hören, was für ein Schicksal ihn erwartete.

Kapitel 11

Blutbild

Ich schob das Mikroskop zu Bobby Higgins hinüber, der von seinem Botengang zurückgekehrt war und jetzt vor Sorge um Lizzie seine eigenen Schmerzen vergaß.

»Seht Ihr diese runden, rötlichen Flecken?«, sagte ich. »Das sind Lizzies Blutkörperchen. Jeder Mensch hat Blutkörperchen«, fügte ich hinzu. »Sie sind es, die das Blut rot färben.«

»Grundgütiger«, murmelte er erstaunt. »Das wusste ich gar nicht.«

»Nun, jetzt wisst Ihr es«, sagte ich. »Seht Ihr, dass einige der Blutkörperchen geplatzt sind? Und in einigen kleine Flecken sind?«

»Ja, Ma’am«, sagte er und verzog das Gesicht, während er angestrengt in das Mikroskop blickte. »Was sind das für Flecken?«

»Parasiten. Kleine Lebewesen, die in das Blut geraten, wenn man von einer bestimmten Moskitoart gestochen wird«, erklärte ich ihm. »Sie heißen Plasmodium. Wenn man sie einmal in sich trägt, leben sie im Blut weiter – aber dann und wann beginnen sie, sich zu vermehren. Wenn es zu viele werden, platzen sie aus den Blutkörperchen heraus, und das löst den Malariaanfall aus – das Fieber. Die Reste der geplatzten Blutkörperchen lagern sich in den Organen ab, und man fühlt sich elend und krank.«

»Oh.« Er richtete sich auf und warf einen angewiderten Blick auf das Mikroskop. »Das … das ist ja schauderhaft!«

»Ja, das stimmt«, sagte ich, und es gelang mir, dabei keine Miene zu verziehen. »Aber Chinin – eine Art Medizin – hilft, es zu verhindern.«

»Oh, das ist gut, Ma’am, sehr gut«, sagte er, und seine Miene erhellte sich. »Woher Ihr nur solche Dinge wisst«, sagte er und schüttelte den Kopf. »Das ist wirklich ein Wunder!«

»Oh, ich weiß eine ganze Menge über Parasiten«, sagte ich beiläufig und hob die Untertasse von der Schale, in der ich die Mischung aus Hartriegelrinde und Gallbeeren hatte ziehen lassen. Die Flüssigkeit hatte eine kräftige lila-schwarze Farbe und sah jetzt nach dem Abkühlen leicht dickflüssig aus. Außerdem roch sie todbringend, woraus ich schloss, dass sie fertig war.

»Sagt mir, Bobby – habt Ihr schon einmal von Hakenwürmern gehört?«

Er sah mich verständnislos an.

»Nein, Ma’am.«

»Mm. Würdet Ihr das bitte für mich halten?« Ich legte ein zusammengefaltetes Stück Gaze über den Hals einer Flasche und reichte sie ihm zum Festhalten, während ich die lilafarbene Mixtur hineingoss.

»Diese Ohnmachtsanfälle, die Ihr habt«, sagte ich und hielt den Blick auf die laufende Flüssigkeit gerichtet. »Seit wann geht das schon so?«

»Oh … sechs Monate vielleicht?«

»Verstehe. Ist Euch zufällig eine Reizung aufgefallen – vielleicht ein Juckreiz? Oder Ausschlag? Das müsste vor etwa sieben Monaten gewesen sein? Höchstwahrscheinlich an den Füßen.«

Er starrte mich an, und der Ausdruck seiner sanften blauen Augen war wie vom Donner gerührt, als hätte ich gerade seine Gedanken gelesen.

»Aber ja, so war es, Ma’am. Das war letzten Sommer.«

»Ah«, sagte ich. »Nun denn. Ich glaube, Bobby, dass Ihr wahrscheinlich von Hakenwürmern befallen seid.«

Er schielte entsetzt an sich herunter.

»Wo denn?«

»Im Inneren.« Ich nahm ihm die Flasche ab und verkorkte sie. »Hakenwürmer sind Parasiten, die sich durch die Haut graben – meistens durch die Fußsohlen – und dann durch den Körper wandern, bis sie den Intestinalbereich erreichen – Euren, äh, Darm«, korrigierte ich, als ich sein verständnisloses Gesicht sah. »Die ausgewachsenen Würmer haben gemeine hakenförmige Mäuler – so etwa –« Ich krümmte meinen Zeigefinger, um es ihm zu demonstrieren. »Damit durchbohren sie die Darmwände, damit sie Euer Blut saugen können. Deshalb fühlt man sich sehr schwach, wenn man sie hat, und man fällt oft in Ohnmacht.«

Seinem plötzlichen klammen Aussehen nach dachte ich, er würde auf der Stelle in Ohnmacht fallen, daher führte ich ihn hastig zu einem Hocker und drückte ihm den Kopf zwischen die Knie.

»Ich bin mir allerdings nicht sicher, dass dies wirklich das Problem ist«, sagte ich, über ihn gebeugt, zu ihm. »Ich habe mir nur gerade die Glasträger mit Lizzies Blut angesehen und an Parasiten gedacht, und – nun, ich musste ganz plötzlich denken, dass eine Hakenwurmdiagnose sehr gut zu Euren Symptomen passen würde.«

»Oh?«, sagte er schwach. Sein dicker, gelockter Zopf war nach vorn gefallen, und sein Nacken lag frei, hellhäutig und zart wie der eines Kindes.

»Wie alt seid Ihr, Bobby?«, fragte ich, denn mir fiel plötzlich auf, dass ich keine Ahnung hatte.

»Dreiundzwanzig, Ma’am«, sagte er. »Ma’am? Ich glaube, ich muss mich übergeben.«

Ich schnappte mir einen Eimer, der in der Ecke stand, und reichte ihn Bobby gerade noch rechtzeitig.

»Bin ich sie losgeworden?«, fragte er schwach. Er setzte sich auf und wischte sich den Mund mit dem Ärmel ab, während er in den Eimer blinzelte. »Ich könnte das noch einmal machen.«