Ein paar Sekunden ungläubigen Schweigens folgte auf diese Aussage.
»Tom Christie?«, sagte Brianna und wechselte einen verblüfften Blick mit Roger. »Warum denn das in aller Welt?« Der Schulmeister war ein verknöcherter Miesepeter und entsprach nicht den gängigen Vorstellungen von einer angenehmen Reisebegleitung.
Ihr Vater verzog ironisch den Mund.
»Aye. Nun ja. Es gibt da eine Kleinigkeit, die mir MacDonald vorenthalten hat, als er mich gebeten hat, sie aufzunehmen. Sie sind bis zum letzten Mann Protestanten.«
»Ah«, sagte Roger. »Ich verstehe.« Jamie sah ihm in die Augen und nickte, erleichtert, weil man ihn sofort verstand.
»Ich verstehe es nicht.« Brianna betastete stirnrunzelnd ihr Haar, dann zog sie das Band heraus, fuhr behutsam mit den Fingern hindurch und löste die Knoten, bevor sie es bürstete. »Wozu soll das gut sein?«
Roger und Jamie wechselten einen kurzen, aber vielsagenden Blick. Jamie zuckte mit den Achseln und setzte Jem auf seinen Schoß.
»Tja.« Roger rieb sich das Kinn und überlegte, wie er zweihundert Jahre religiöser Intoleranz unter den Schotten so erklären könnte, dass ihn eine Amerikanerin des zwanzigsten Jahrhunderts verstand. »Äh … erinnerst du dich an die Sache mit den Bürgerrechten in den Staaten, die Integration im Süden, das alles?«
»Natürlich.« Sie sah ihn mit zusammengekniffenen Augen an. »Okay. Und welche Seite symbolisieren die Neger?«
»Die was?« Jamies Miene war völlig verblüfft. »Was haben denn Neger damit zu tun?«
»Ganz so einfach ist es nicht«, versicherte ihr Roger. »Nur, damit du verstehst, um was für Emotionen es hier geht. Sagen wir, die Vorstellung, einen katholischen Grundbesitzer zu haben, dürfte unseren neuen Pächtern leichtes Unwohlsein verursachen – und umgekehrt?«, fragte er mit einem Blick auf Jamie.
»Was sind Neger?«, fragte Jemmy neugierig.
»Äh … dunkelhäutige Menschen«, erwiderte Roger, dem unvermittelt klarwurde, was für ein Sumpf sich durch diese Frage auftun konnte. Es war zwar so, dass der Begriff »Neger« nicht notwendigerweise gleichbedeutend mit »Sklave« war – doch der Unterschied war nur sehr gering. »Erinnerst du dich nicht, sie wohnen bei deiner Tante Jocasta?«
Jemmy runzelte die Stirn und setzte für einen bestürzenden Moment exakt die gleiche Miene auf wie sein Großvater.
»Nein.«
»Wie auch immer«, sagte Brianna und rief die Versammlung zur Ordnung, indem sie scharf mit der Bürste auf den Tisch hieb, »worauf ihr hinauswollt, ist also, dass Tom Christie Protestant genug ist, um das Vertrauen dieser neuen Leute zu gewinnen?«
»Etwas in der Art«, bestätigte ihr Vater, und sein linker Mundwinkel kräuselte sich. »Wenn sie deinen Mann hier sehen und Tom Christie, werden sie wenigstens nicht mehr ganz und gar das Gefühl haben, das Reich des Teufels zu betreten.«
»Ich verstehe«, sagte Roger erneut, diesmal in einem etwas veränderten Tonfall. Es war also nicht nur seine Stellung als Sohn des Hauses und allgemeine rechte Hand, nicht wahr – sondern die Tatsache, dass er Presbyterianer war, zumindest nominell. Er sah Jamie mit hochgezogener Augenbraue an, und dieser antwortete mit einem Achselzucken.
»Mmpfm«, sagte Roger, in sein Schicksal ergeben.
»Mmpfm«, sagte Jamie zufrieden.
»Hört auf damit«, sagte Brianna gereizt. »Schön. Du gehst also mit Tom Christie nach Cross Creek. Warum geht Arch Bug mit?«
Auf die unterschwellige Art Verheirateter wurde Roger bewusst, was seiner Frau so die Laune verdarb: der Gedanke, dass man sie zurückließ, um die Ernte zu organisieren – was ja schon unter den besten Bedingungen eine erschöpfende Drecksarbeit war –, während er sich mit einem Trupp seiner Religionsgenossen in der romantischen, aufregenden Metropole Cross Creek mit ihren zweihundert Einwohnern amüsierte.
»Es wird hauptsächlich Arch sein, der ihnen hilft, sich hier niederzulassen und vor der Kälte ihre Unterkünfte zu bauen«, sagte Jamie in aller Logik. »Du willst doch wohl nicht andeuten, dass ich ihn allein schicken sollte, um mit ihnen zu sprechen?«
Bei diesen Worten lächelte Brianna unwillkürlich; Arch Bug, der seit Jahrzehnten mit der redseligen Mrs. Bug verheiratet war, war für seine Wortkargheit bekannt. Er konnte zwar sprechen, tat es aber nur selten und beschränkte seine Redebeiträge auf ein gelegentliches, freundliches »Mmp«.
»Nun, wahrscheinlich werden sie im Leben nicht merken, dass Arch katholisch ist«, sagte Roger und rieb sich mit dem Zeigefinger über die Oberlippe. »Ist er das überhaupt? Ich habe ihn noch nie gefragt.«
»Ja«, sagte Jamie trocken. »Aber er ist alt genug, um zu wissen, wann es besser ist zu schweigen.«
»Nun, ich sehe schon, dass das ein munterer Ausflug wird«, sagte Brianna und zog die Augenbrauen hoch. »Was glaubst du, wann ihr wieder da seid?«
»Himmel, ich habe keine Ahnung«, sagte er, und seine beiläufige Gotteslästerung bereitete ihm sofort Gewissensbisse. Er musste sich das abgewöhnen, und zwar schnell. »In einem Monat? Sechs Wochen?«
»Mindestens«, sagte sein Schwiegervater gut gelaunt. »Sie sind schließlich zu Fuß.«
Roger holte tief Luft, während er sich einen langsamen Marsch von Cross Creek in die Berge ausmalte, en masse, Arch Bug zu seiner Linken und Tom Christie zur Rechten, Zwillingssäulen der Schweigsamkeit. Er ließ den Blick sehnsüchtig auf seiner Frau ruhen, während er sich vorstellte, sechs Wochen lang allein am Straßenrand zu schlafen.
»Großartig«, sagte er. »Dann spreche ich heute Abend mit Tom und Arch?«
»Papa weg?« Jem, der in groben Zügen mitbekam, worum es ging, rutschte vom Schoß seines Großvaters und sauste zu Roger hinüber, um ihn am Bein zu packen. »Mit, Papa!«
»Oh. Hm, ich glaube nicht –« Sein Blick fiel auf Briannas resigniertes Gesicht, dann auf das Glas mit dem rot-grünen Inhalt hinter ihr auf dem Tisch. »Warum eigentlich nicht?«, sagte er plötzlich und lächelte Jem an. »Großtante Jocasta würde dich bestimmt gern sehen. Und Mami kann nach Herzenslust alles in die Luft jagen, ohne sich darum sorgen zu müssen, wo du bist, aye?«
»Sie kann was?« Jamie musterte ihn verblüfft.
»Er explodiert nicht«, sagte Brianna. Sie nahm das Glas mit dem Phosphor in die Hand und wiegte es beschützend. »Er brennt nur. Bist du dir sicher?« Diese letzten Worte waren an Roger gerichtet und wurden von einem fragenden Blick begleitet.
»Ja, ganz sicher«, sagte er und bemühte sich, Zuversicht auszustrahlen. Er sah Jemmy an, der »Mit! Mit! Mit!« intonierte und dabei auf und ab hüpfte wie ein verrückt gewordener Popcornkrümel. »Wenigstens werde ich unterwegs jemanden haben, mit dem ich mich unterhalten kann.«
Kapitel 13
In guten Händen
Es war schon fast dunkel, als Jamie hereinkam und mich am Küchentisch antraf, den Kopf auf meine Arme gestützt. Beim Klang seiner Schritte fuhr ich blinzelnd auf.
»Geht es dir gut, Sassenach?« Er setzte sich auf die Bank gegenüber und betrachtete mich. »Du siehst aus, als hätte man dich rückwärts durchs Gebüsch gezerrt.«
»Oh.« Ich tastete vage an meinen Haaren herum, die tatsächlich abzustehen schienen. »Äh. Ja, es geht mir gut. Hast du Hunger?«
»Natürlich. Hast du denn schon etwas gegessen?«
Ich kniff die Augen zu und rieb mir das Gesicht, während ich versuchte nachzudenken.
»Nein«, entschied ich schließlich. »Ich wollte auf dich warten, aber ich scheine eingeschlafen zu sein. Es gibt Eintopf. Mrs. Bug hat ihn dagelassen.«
Er stand auf und spähte in den kleinen Kessel, dann schwenkte er ihn an seinem Haken zum Aufwärmen über das Feuer.
»Was hast du denn gemacht, Sassenach?«, fragte er und kam zurück. »Und wie geht es der Kleinen?«
»Mit der Kleinen bin ich beschäftigt gewesen«, sagte ich und unterdrückte ein Gähnen. »Mehr oder weniger.« Ich erhob mich langsam unter dem spürbaren Protest meiner Gelenke und stolperte zur Anrichte, um Brot zu schneiden.