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»Mann?«, sagte Roger und richtete die Augen dann allmählich auf die verbrannten Überreste der Hütte, während es ihm dämmerte. »Aye – wer hat ihnen die Hütte gebaut?«

»Es könnten doch die Frauen gewesen sein«, sagte Brianna und hob das Kinn.

»Du hättest es gekonnt, aye«, sagte er, und sein Mund zuckte, als er seiner Frau einen Seitenblick zuwarf. Brianna sah Jamie nicht nur an Haut und Haaren ähnlich; sie war barfuß einen Meter achtzig groß und besaß den klaren, kraftvollen Körperbau ihres Vaters.

»Möglich, dass sie es gekonnt hätten, aber sie waren es nicht«, sagte Jamie knapp. Er zeigte auf das Skelett der Hütte, in deren Innerem ein paar Möbelstücke ihre zerbrechliche Form behalten hatten. Während ich hinsah, erhob sich der Abendwind, und der Schatten eines Hockers fiel lautlos zu Asche zusammen, und Ruß und Asche wirbelten wie Gespenster über den Boden.

»Wie meinst du das?« Ich stand auf und trat an seine Seite, um in das Haus zu blicken. Es war buchstäblich nichts darin geblieben, obwohl der Schornstein noch stand und ein paar kantige Reste der Wände übrig geblieben waren, während die restlichen Stämme wie Mikadostäbchen eingestürzt waren.

»Hier ist kein Metall«, sagte er und machte auf den geschwärzten Herd aufmerksam, in dem die Reste eines Kessels lagen, der durch die Hitze in zwei Hälften gesprungen war, während sein Inhalt verdampft war. »Keine Töpfe bis auf den Kessel – und der ist zu schwer, um ihn fortzuschleppen. Keine Werkzeuge. Kein Messer, keine Axt – und man sieht ja, dass wer immer die Hütte gebaut hat, solche Werkzeuge hatte.«

Das stimmte; die Baumstämme waren zwar nicht entrindet, doch die Kerben und Enden trugen deutliche Spuren einer Axt.

Roger griff stirnrunzelnd nach einem langen Kiefernzweig und begann, in den Geröll- und Aschebergen umherzustochern, um sich zu vergewissern. Kenny Lindsay und Sinclair gaben sich gar nicht erst damit ab: Jamie hatte ihnen aufgetragen, nach einem Mann zu suchen, und sie machten sich prompt daran, genau das zu tun, und verschwanden im Wald. Fergus ging mit ihnen; Evan Lindsay, sein Bruder Murdo und die McGillivrays begannen damit, Steine für einen Grabhügel zusammenzutragen.

»Wenn es einen Mann gegeben hat – hat er sie allein gelassen?«, murmelte Brianna mir zu und ließ den Blick von ihrem Vater zu den aufgereihten Leichen wandern. »Hat die Frau vielleicht geglaubt, sie könnte allein überleben?«

Und sich und ihren Kindern dann das Leben genommen, um einen langsamen Tod durch Kälte und Hunger zu verhindern?

»Sie verlassen und alle Werkzeuge mitgenommen? Gott, ich hoffe nicht.« Ich bekreuzigte mich bei diesem Gedanken, obwohl mir im selben Moment Zweifel daran kamen. »Hätten sie sich nicht aufgemacht, um Hilfe zu suchen? Selbst mit den Kindern … Der Schnee ist fast völlig geschmolzen.« Nur die höchsten Bergpässe waren immer noch zugeschneit, und die Wege und Hänge waren zwar nass und schlammig vom Schmelzwasser, doch sie waren schon seit mindestens einem Monat passierbar.

»Ich habe den Mann gefunden«, sagte Roger und unterbrach meine Gedankengänge. »Hier – genau hier.«

Das Tageslicht verblasste allmählich, doch ich konnte sehen, dass er bleich geworden war. Kein Wunder; die verkrümmte Gestalt, die er unter den verkohlten Balken einer eingestürzten Wand ausgegraben hatte, sah so grauenerregend aus, dass sich jeder erschrocken hätte. Kohlschwarz, die Hände in der Boxerhaltung erhoben, die man bei Brandopfern häufig findet, so dass man sich kaum sicher sein konnte, dass es überhaupt ein Mann war – obwohl ich es glaubte, zumindest nach dem, was ich erkennen konnte.

Jegliche Spekulation über diesen neuen Leichenfund wurde durch einen Ruf vom Waldrand unterbrochen.

»Wir haben sie gefunden, Milord!«

Alle wandten die Köpfe und sahen Fergus am Rand der Lichtung winken.

»Sie«, in der Tat. Zwei Männer diesmal. Beide lagen im Schatten der Bäume auf dem Boden, nicht direkt beieinander, aber auch nicht weit voneinander, ein kurzes Stück vom Haus entfernt. Und beide, soweit ich das sagen konnte, durch eine Pilzvergiftung gestorben.

»Das ist aber kein Holländer«, sagte Sinclair zum etwa vierten Mal und schüttelte den Kopf, während er über einer der Leichen stand.

»Vielleicht ja doch«, sagte Fergus skeptisch. Er kratzte sich mit der Spitze des Hakens, den er als Ersatz für seine linke Hand trug, an der Nase. »Von den Westindischen Inseln, non?«

Eine der namenlosen Leichen war tatsächlich die eines Schwarzen. Die andere war weiß, und beide trugen eine schlichte, abgetragene Kluft aus handgesponnenem Leinen – Hemden und Kniehosen, keine Röcke trotz des kalten Wetters. Und beide waren barfuß.

»Nein.« Jamie schüttelte den Kopf und rieb sich unbewusst über seine eigene Kniehose, als wollte er sich von der Berührung der Toten reinigen. »Die Holländer auf Barbuda halten Sklaven, aye – aber diese Männer hier sind besser genährt als die Bewohner der Hütte.« Er nickte in Richtung der stummen Reihe Frauen und Kinder. »Sie haben nicht hier gelebt. Außerdem …« Ich sah, wie sich sein Blick auf die Füße der Toten heftete.

Die Füße waren schmutzig an den Knöcheln und von dicken Schwielen überzogen, aber mehr oder weniger sauber. Die Fußsohlen des Schwarzen hatten eine rosa-gelbliche Farbe ohne jede Spur von Schmutz oder zwischen den Zehen klemmenden Blättern. Diese Männer waren nicht barfuß im Wald unterwegs gewesen, das stand fest.

»Also sind möglicherweise noch mehr Männer hier gewesen? Und als die beiden hier gestorben sind, haben ihre Begleiter ihnen die Schuhe abgenommen – und alle anderen wertvollen Gegenstände«, fügte Fergus praktisch denkend hinzu und wies von der abgebrannten Hütte auf die halb entkleideten Leichen, »und sind geflohen.«

»Aye, möglich.« Jamie spitzte die Lippen und ließ den Blick langsam über den Boden des Hofes wandern – doch die Erde war von Fußtritten umgepflügt, ganze Grasbüschel waren entwurzelt, und der Hof war mit Asche und verkohlten Holzstückchen übersät. Es sah aus, als sei die Lichtung von einer Herde wild gewordener Flusspferde heimgesucht worden.

»Ich wünschte, Ian wäre hier. Er ist unser bester Spurenleser; er könnte vielleicht wenigstens erkennen, was hier geschehen ist.« Er deutete in den Wald, wo die Männer gefunden worden waren. »Wie viele es waren und in welche Richtung sie verschwunden sind.«

Jamie war selbst kein übler Spurenleser. Aber das Licht ließ jetzt rapide nach; auch auf der Lichtung, auf der die abgebrannte Hütte stand, erhob sich die Dunkelheit, sammelte sich unter den Bäumen und kroch wie Öl über die aufgerissene Erde.

Sein Blick glitt prüfend zum Horizont, wo die Wolkenstreifen rosa und golden zu glühen begannen, während die Sonne hinter ihnen versank, und er schüttelte den Kopf.

»Begrabt sie. Dann gehen wir.«

Eine grauenvolle Entdeckung stand uns noch bevor. Der verbrannte Mann war als einziger der Toten nicht durch Gift oder Feuer umgekommen. Als sie seine verkohlte Leiche aus der Asche hoben, um sie zu ihrem Grab zu tragen, löste sich etwas von seinem Körper und landete mit einem leisen Plumps schwer auf dem Boden. Brianna hob es auf und rieb mit der Ecke ihrer Schürze darüber.

»Ich nehme an, das hier haben sie übersehen«, sagte sie ein wenig trostlos und hielt es uns hin. Es war ein Messer oder zumindest eine Messerklinge. Der hölzerne Schaft war vollständig verbrannt, und die Klinge selbst war von der Hitze verbogen.

Ich machte mich auf den durchdringenden Gestank verbrannten Fettes und Fleisches gefasst, beugte mich über die Leiche und betastete vorsichtig ihren Bauch. Feuer zerstört vieles, konserviert aber gleichzeitig die seltsamsten Dinge. Die dreieckige Wunde war ganz deutlich zu sehen, eingesengt in die Höhlung unter seinen Rippen.

»Sie haben ihn erstochen«, sagte ich und wischte mir ebenfalls die verschwitzten Hände an meiner Schürze ab.

»Sie haben ihn umgebracht«, sagte Brianna, die mein Gesicht beobachtete. »Und seine Frau –« Sie blickte zu der jungen Frau auf dem Boden, deren Kopf unter ihrer Schürze verborgen war. »Sie hat Pilzeintopf gekocht, und sie haben ihn alle gegessen. Auch die Kinder.«