»Und dann«, sagte er einfach, »kommen wir zurück und kämpfen.«
Er nahm meine Hand, kehrte dem Haus den Rücken und wandte sich der Scheune zu, wo die Pferde geduldig in der Kälte warteten.
Epilog I: Lallybroch
Der Strahl der kleinen Taschenlampe wanderte langsam über den schweren Eichenbalken, hielt bei einem verdächtigen Loch inne, dann wanderte er weiter. Der untersetzte Mann hatte das Gesicht in gewissenhafter Konzentration gerunzelt und spitzte die Lippen wie ein Mensch, der gerade eine unangenehme Überraschung erlebt.
Brianna stand neben ihm und blickte in die schattigen Winkel der Decke im Eingangsflur hinauf. Ihre Stirn lag in ähnlichen Falten der Konzentration. Sie würde Holzwurm- oder Termitenbefall höchstens dann erkennen, wenn ihr tatsächlich ein Deckenbalken auf den Kopf fiele, dachte sie, doch es kam ihr höflich vor, so zu tun, als hörte sie zu.
Tatsächlich jedoch galt ihre Aufmerksamkeit nur zur Hälfte den Bemerkungen, die der untersetzte Mann seiner Gehilfin zumurmelte, einer kleinen jungen Frau, die einen viel zu großen Overall trug und pinkfarbene Strähnen in den Haaren hatte. Die andere Hälfte war auf den Lärm in der ersten Etage gerichtet, wo die Kinder eigentlich zwischen den Umzugskisten Versteck spielen sollten. Fiona hatte ihre Monsterbrut mitgebracht und die drei dann ganz geschickt hiergelassen, um irgendetwas zu erledigen. Sie hatte versprochen, zur Teezeit zurück zu sein.
Brianna sah auf ihre Armbanduhr, immer noch überrascht, sie dort zu finden. Wenn sie Blutvergießen vermeiden konnten, bis –
Sie verzog das Gesicht, als über ihr ein durchdringender Schrei erscholl. Die weniger abgehärtete Gehilfin des Handwerkers ließ mit einem Aufschrei ihr Klemmbrett fallen.
»MAMA!« Jem, in Plauderstimmung.
»WAS?«, brüllte sie als Antwort. »Ich habe zu TUN!«
»Aber Mama! Mandy hat mich gehauen!«, erscholl der entrüstete Bericht am Kopf der Treppe. Als sie hochsah, konnte sie seinen Scheitel erkennen, der vom Licht des Fensters beschienen wurde.
»Wirklich? Dann –«
»Mit einem Stock!«
»Was denn für ein –«
»Mit Absicht!«
»Also, ich glaube nicht –«
»UND …«, eine Pause vor der vernichtenden Anklage, »SIE HAT SICH NICHT ENTSCHULDIGT!«
Der Handwerker und seine Gehilfin hatten ihre Holzwurmsuche aufgegeben und lieber diese fesselnde Erzählung verfolgt. Jetzt hatten sie beide die Blicke auf Brianna gerichtet, von der sie zweifellos eine salomonische Entscheidung erwarteten.
Brianna schloss kurz die Augen.
»MANDY«, rief sie. »Entschuldige dich!«
»Willnich!«, erklang oben die schrille Weigerung.
»Aye, das tust du wohl!«, erklang Jems Stimme, gefolgt von Gerangel. Brianna hielt mit finsterer Miene auf die Treppe zu. Gerade als sie den Fuß auf die erste Stufe setzte, stieß Jem einen durchdringenden Schrei aus.
»Sie hat mich GEBISSEN!«
»Jeremiah MacKenzie, wage es nicht, zurückzubeißen!«, rief sie. »Hört sofort auf damit, alle beide!«
Jem steckte seinen zerzausten Kopf durch das Geländer. Ihm standen die Haare zu Berge. Er trug hellblauen Lidschatten, und jemand hatte ihm mit rosa Lippenstift einen Mund von einem Ohr zum anderen gezogen.
»Sie ist ein dreistes kleines Ding«, informierte er die faszinierten Zuschauer im unteren Stockwerk grimmig. »Das hat mein Opa gesagt.«
Brianna wusste nicht, ob sie lachen, weinen oder laut losschreien sollte, doch mit einer hastigen Geste in Richtung des Handwerkers und seiner Gehilfin rannte sie die Treppe hinauf, um für Ordnung zu sorgen.
Dies dauerte sehr viel länger als erwartet, weil sie dabei feststellte, dass Fionas Mädchen, die während der jüngsten Zankerei so auffallend still gewesen waren, deshalb so still gewesen waren, weil sie – nachdem sie Jem, Mandy und sich selbst verziert hatten – jetzt damit beschäftigt waren, mit Briannas neuem Make-up Gesichter an die Badezimmerwände zu malen.
Als sie eine Viertelstunde später wieder nach unten kam, fand sie den Handwerker friedlich auf einem umgekippten Kohleeimer, wo er Pause machte, während seine Gehilfin mit offenem Mund durch den Eingangsflur wanderte, ein angebissenes Brötchen in der Hand.
»Sind das alles Ihre Kinder?«, fragte sie Brianna mit einem mitfühlenden Zucken ihrer gepiercten Augenbraue.
»Nein, zum Glück nicht. Sieht hier unten denn alles gut aus?«
»Bisschen feucht«, sagte der Handwerker gutgelaunt. »Das war bei so einem alten Haus aber zu erwarten. Von wann ist es denn, wissen Sie das?«
»1721, du Schlaukopf«, sagte seine Gehilfin, die sich den verächtlichen Ton anscheinend erlauben durfte. »Hast du beim Hereinkommen nicht gesehen, dass es auf dem Türsturz steht?«
»Nein, wirklich?« Neugier regte sich in der Miene des Handwerkers, aber nicht genug, um aufzustehen und sich selbst zu überzeugen. »Es wird aber ein Vermögen kosten, das hier wieder hinzukriegen, oder?« Er deutete zur Wand, wo eines der Eichenpaneele durch Tritte und Säbelhiebe beschädigt war, gekreuzte Schlitzspuren, die zwar im Lauf der Jahre dunkler geworden, aber deutlich zu erkennen waren.
»Nein, daran ändern wir nichts«, sagte Brianna, die einen Kloß in der Kehle hatte. »Das ist kurz nach ’45 passiert. Es bleibt, wie es ist.« Wir lassen es so, hatte ihr Onkel zu ihr gesagt, damit wir immer daran denken, was für Menschen die Engländer sind.
»Oh, historisch. Dann haben Sie recht«, sagte der Handwerker und nickte wissend. »Amerikaner interessieren sich oft nicht so sehr für Geschichte, oder? Wollen allen möglichen Schnickschnack, Elektroherde, automatischen Kram. Zentralheizung!«
»Ich bin mit Toiletten zufrieden, die vernünftig spülen«, beruhigte sie ihn. »Und mit warmem Wasser. Apropos, könnten Sie gleichzeitig einen Blick auf den Boiler werfen? Er steht in einem Schuppen im Garten, und er ist mindestens fünfzig Jahre alt. Und den Durchlauferhitzer oben im Bad wollen wir ebenfalls austauschen.«
»Oh, aye.« Der Handwerker strich sich die Krümel vom Hemd, schraubte seine Thermosflasche zu und erhob sich umständlich. »Dann sehen wir uns das mal an, Angie.«
Brianna verharrte argwöhnisch am Fuß der Treppe und lauschte auf Streitgeräusche, bevor sie ihm folgte, doch oben war alles in Ordnung; sie konnte Bauklötze klappern hören, die offenbar an die Wand geworfen wurden, aber kein Wutgeschrei. Als sie sich umwandte, um dem Handwerker zu folgen, sah sie, wie er vor dem Türsturz stehen blieb.
»’45, was? Hast du dir schon einmal vorgestellt, wie es wäre?«, sagte er gerade. »Wenn Bonnie Prince Charlie gewonnen hätte, meine ich.«
»Oh, davon träumst du bloß, Stan! Er hatte doch keine Chance, dieses Weichei aus Italien.«
»Na, na, er hätte es bestimmt geschafft, wenn die verflixten Campbells nicht gewesen wären. Verräter, aye? Bis zum letzten Mann. Und die Frauen auch«, fügte er lachend hinzu – woraus Brianna schloss, dass der Nachname seiner Gehilfin wahrscheinlich Campbell war.
Sie gingen weiter zum Schuppen, und ihr Streit wurde hitziger, doch Brianna blieb stehen, weil sie ihnen erst folgen wollte, wenn sie sich wieder im Griff hatte.
O Gott, betete sie inbrünstig, o Gott – lass sie in Sicherheit sein! Bitte, bitte, lass sie in Sicherheit sein. Es spielte keine Rolle, wie lächerlich es war, für die Sicherheit von Menschen zu beten, die seit zweihundert Jahren tot waren – tot sein mussten. Es war das Einzige, was sie tun konnte, und sie tat es täglich mehrere Male, jedes Mal, wenn sie an sie dachte. Öfter noch, jetzt, da sie nach Lallybroch gezogen waren.
Sie drängte die Tränen zurück und sah Rogers Mini Cooper über die gewundene Zufahrt kommen. Auf dem Rücksitz stapelten sich Kartons; er war endlich dabei, die letzten Reste des Sammelsuriums in der Garage des Reverends auszuräumen und das zu retten, was möglicherweise für irgendjemanden noch Wert hatte – also einen bestürzend hohen Anteil des Garageninhalts.