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Bei diesen Worten lachte Duncan hemmungslos.

»Nun, es ist nicht mehr ganz so schlimm wie zu Großvaters Zeiten«, sagte er, als er sich wieder erholt hatte, und griff nach dem Dekanter. »Gott sei Dank.« Er verdrehte die Augen und verzog das Gesicht.

»Dann war Euer Großvater Covenanter?«

»Gott, ja.« Kopfschüttelnd schenkte Duncan erst Roger, dann sich selbst großzügig nach. »Ein fanatischer alter Kerl. Nicht, dass er keinen Grund dazu hatte. Man hat seine Schwester am Strand ersäuft, wisst Ihr?«

»Am Strand … Himmel.« Er biss sich zur Strafe auf die Zunge, war aber zu neugierig, um weiter darauf zu achten. »Ihr meint – hingerichtet durch Ertränken?«

Duncan nickte, den Blick auf sein Glas gerichtet, dann nahm er einen guten Schluck und behielt ihn kurz im Mund, bevor er schluckte.

»Margaret«, sagte er. »Ihr Name war Margaret. Achtzehn war sie damals. Ihr Vater und ihr Bruder – mein Großvater, aye? –, sie waren geflüchtet, nach der Schlacht von Dunbar, und hatten sich in den Bergen versteckt. Die Soldaten haben Jagd auf sie gemacht, aber sie hat nicht verraten, wohin sie gegangen waren, und sie hatte eine Bibel dabei. Dann wollten sie sie zwingen, ihrem Glauben abzuschwören, aber sie hat sich weiter geweigert – man kann genauso gut auf einen Stein einreden wie auf die Frauen dieser Seite der Familie«, sagte er und schüttelte den Kopf. »Sie lassen sich nicht erweichen. Die Soldaten haben sie an den Strand gezerrt, sie und eine alte Covenanterfrau aus dem Dorf, ihnen die Kleider vom Leib gerissen und sie beide an der Wasserlinie an Pfähle gefesselt. Und dann haben alle dort gewartet, bis das Wasser kam.«

Er trank noch einen Schluck, ohne sein Aroma abzuwarten.

»Die Alte ist zuerst verschwunden; sie hatten sie näher am Wasser festgemacht – wahrscheinlich dachten sie, Margaret würde aufgeben, wenn sie die Alte sterben sah.« Er grunzte und schüttelte den Kopf. »Aber nein, nichts dergleichen. Die Flut ist immer höher gestiegen, und die Wellen sind über sie hinweggeschlagen. Sie hat Wasser geschluckt und gehustet, und immer, wenn die Wellen zurückfluteten, klebte ihr das lose Haar im Gesicht wie Tang. Meine Mutter war dabei«, erklärte er und hob sein Glas. »Sie war damals erst sieben, aber sie hat es nie vergessen. Nach der ersten Welle, hat sie gesagt, war noch Zeit für drei Atemzüge, dann ist die Welle wieder über Margaret hinweggespült. Dann wieder aufs Meer hinaus … drei Atemzüge … und dann wieder inland. Und dann konnte man nichts mehr sehen außer ihrem Haar, das auf der Flut trieb.«

Er hob sein Glas noch etwas höher, und Roger hob das seine unwillkürlich zum Salut. »Jesus«, sagte er, und es war keine Gotteslästerung.

Der Whisky brannte ihm in der Kehle, während er hindurchrann, und er atmete tief durch und dankte Gott für das Geschenk der Luft. Drei Atemzüge. Es war ein Single Malt aus Islay, und der Jodgeschmack von See und Tang hing kräftig und rauchig in seinen Lungen.

»Möge Gott ihr Frieden schenken«, sagte er mit rauher Stimme.

Duncan nickte und griff erneut nach dem Dekanter.

»Ich denke, das hat sie sich verdient«, sagte er. »Obwohl sie –«, er wies mit dem Kinn in Richtung der Wiese, »sie haben gesagt, sie hatte gar nichts damit zu tun; Gott hat sie für die Erlösung auserwählt und die Engländer zur Verdammnis, und damit war die Sache erledigt.«

Das Licht wurde jetzt schwächer, und die Lagerfeuer begannen im Dämmerlicht auf der Wiese jenseits der Ställe zu leuchten. Ihr Rauch stieg Roger in die Nase, ein warmer, heimeliger Geruch, der trotzdem das Seine zu dem Brennen in seiner Kehle beitrug.

»Ich konnte nichts daran finden, was es wert wäre, dafür zu sterben«, sagte Duncan rückblickend und lächelte dann sein rasches, seltenes Lächeln. »Aber mein Großvater hat oft gesagt, das bedeutet nur, dass mir die Verdammnis bestimmt ist. ›Nach dem Willen Gottes und zu seinem immerwährenden Ruhm ist einigen Menschen und Engeln das ewige Leben vorbestimmt, und andere sind zu ewigem Tod verurteilt.‹ Das hat er jedes Mal gesagt, wenn das Gespräch auf Margaret kam.«

Roger nickte. Er erkannte den Satz aus dem Bekenntnis von Westminster. Wann war das gewesen – 1647? 1648? Eine Generation – oder zwei – vor Duncans Großvater.

»Wahrscheinlich war es leichter für ihn zu glauben, dass ihr Tod Gottes Wille war und nichts mit ihm zu tun hatte«, sagte Roger nicht ohne Mitgefühl. »Dann glaubt Ihr selbst also nicht daran? An Vorbestimmung, meine ich?«

Er fragte aus aufrichtiger Neugier. Auch die Presbyterianer seiner eigenen Zeit hielten an der Doktrin der Vorbestimmung fest – waren aber etwas flexibler in ihrer Grundeinstellung und nahmen es daher mit der Vorstellung der vorherbestimmten Verdammnis nicht so genau und hielten auch nicht allzu viel von dem Gedanken, dass jedes Detail im Leben prädestiniert war. Er selbst? Das wusste Gott allein.

Duncan zog die Schultern hoch, die rechte etwas höher, so dass er eine Sekunde lang wie verwachsen aussah.

»Das weiß Gott allein«, sagte er und lachte. Er schüttelte den Kopf und leerte einmal mehr sein Glas. »Nein, ich glaube nicht. Aber ich würde es nicht laut vor Hiram Crombie sagen – nicht einmal vor dem alten Christie.« Er deutete mit dem Kinn in Richtung der Wiese, von wo Roger zwei dunkle Gestalten Seite an Seite auf das Haus zugehen sehen konnte. Arch Bugs hochgewachsener, gebückter Körperbau war leicht zu erkennen, genau wie Tom Christies kürzere, kompaktere Figur. Noch als Umriss sah er streitlustig aus, dachte Roger, denn er machte beim Gehen kurze, scharfe Gesten und befand sich eindeutig in einer heftigen Diskussion mit Arch.

»Es gab manchmal erbitterte Streitereien darum, in Ardsmuir«, sagte Duncan und beobachtete die beiden sich nähernden Gestalten. »Die Katholiken hörten es nicht gern, wenn man ihnen sagte, sie wären verdammt. Und Christie und sein Trüppchen haben es ihnen mit Wonne immer wieder gesagt.« Seine Schultern bebten ein wenig vor unterdrücktem Gelächter, und Roger fragte sich, wie viel Whisky Duncan wohl schon getrunken hatte, bevor er auf die Terrasse gekommen war. Er hatte den älteren Mann noch nie so gesprächig erlebt.

»Mac Dubh hat dem schließlich ein Ende gesetzt, als er uns alle zu Freimaurern gemacht hat«, fügte er hinzu und beugte sich vor, um sich ein neues Glas einzuschenken. »Aber vorher hätte es beinahe Tote gegeben.« Er hob den Dekanter fragend in Rogers Richtung.

Da er einem Abendessen in Gesellschaft von Tom Christie und Hiram Crombie entgegensah, nahm Roger an.

Als sich Duncan vorbeugte, um ihm – immer noch lächelnd – einzuschenken, fielen die letzten Sonnenstrahlen auf sein wettergegerbtes Gesicht. Rogers Blick erfasste eine schwache weiße Linie, die Duncans Oberlippe durchschnitt, kaum sichtbar unter den Haaren, und er begriff ganz plötzlich, warum Duncan einen langen Schnurrbart trug – ein ungewöhnlicher Gesichtsschmuck in einer Zeit, in der die meisten Männer glatt rasiert waren.

Wahrscheinlich hätte er nichts gesagt, wäre der Whisky nicht gewesen und jener merkwürdige Bund zwischen ihnen – zwei Protestanten, zu ihrem Erstaunen an Katholiken gebunden und verwundert über die seltsamen Tiden des Schicksals, die über sie hinweggespült waren; zwei Männer, die durch unglückliche Ereignisse alles und jeden verloren hatten und sich jetzt ganz überrascht als Haushaltsvorstände wiederfanden und das Leben Fremder in der Hand hatten.

»Eure Lippe, Duncan.« Er fasste sich selbst kurz an den Mund. »Wie ist das passiert?«

»Och, das?« Überrascht fasste sich Duncan ebenfalls an die Lippe. »Nein, ich bin mit einer Hasenscharte geboren worden, sagt man zumindest. Ich kann mich selbst nicht daran erinnern; ich wurde geheilt, als ich nicht älter als eine Woche war.«

Jetzt war es Roger, überrascht zu sein.

»Wer hat Euch geheilt?«

Duncan zuckte mit den Achseln, diesmal mit einer Schulter.

»Ein fahrender Heiler, hat meine Mutter gesagt. Sie hatte sich schon damit abgefunden, mich zu verlieren, weil ich natürlich nicht trinken konnte. Sie und meine Tanten haben sich dabei abgewechselt, mir mit einem Tuch Milch in den Mund zu träufeln, aber sie sagt, ich war schon fast zu einem winzigen Skelett abgemagert, als dieser Zauberheiler ins Dorf kam.«