Bonnet wusste, dass das Gold existierte, vermutete, dass es sich auf der Plantage befand. Er hatte schon einmal versucht, es an sich zu bringen, und versagt. Er war alles andere als umsichtig, Bonnet – doch er war hartnäckig.
Roger hatte das Gefühl, dass seine Knochen aus seiner Haut wollten, so sehr verlangte es ihn danach, den Mann zu jagen und zu töten, der seine Frau vergewaltigt und seiner Familie gedroht hatte. Doch es waren sechsundsiebzig Menschen von ihm abhängig – nein, siebenundsiebzig. Sein Rachebedürfnis rang mit seinem Verantwortungsbewusstsein – und gab höchst widerstrebend nach.
Er holte langsam und tief Luft und spürte, wie sich der Knoten der Seilnarbe in seiner Kehle zuzog. Nein. Er musste aufbrechen und für die Sicherheit der neuen Pächter sorgen. Der Gedanke, sie mit Arch und Tom loszuschicken, während er zurückblieb und nach Bonnet suchte, war verlockend – doch es war seine Aufgabe; er konnte sie nicht vernachlässigen zugunsten einer zeitraubenden und wahrscheinlich nutzlosen persönlichen Angelegenheit.
Noch konnte er Jemmy ohne Schutz lassen.
Doch er musste es Duncan sagen; er konnte sich darauf verlassen, dass Duncan alles Nötige zum Schutz von River Run unternahm und die Autoritäten in Cross Creek veranlasste, Nachforschungen anzustellen.
Und morgen würde Roger dafür sorgen, dass Jemmy stets in Sicherheit war, ihn vor sich auf dem Sattel halten, ihn auf dem ganzen Weg in die Zuflucht der Berge keine Sekunde aus den Augen lassen.
»›Wer ist dein Papa?‹«, knurrte er, und die Wut rauschte erneut durch seine Adern. »Gottverdammt, ich bin das, du Mistkerl!«
Dritter Teil
Ein jedes Ding hat seine Zeit
Kapitel 16
Le Mot Juste
August 1773
Du lächelst ja«, sagte Jamie in mein Ohr. »War es schön?«
Ich wandte den Kopf und öffnete die Augen, die sich auf einer Höhe mit seinem Mund befanden – und der lächelte ebenfalls.
»Schön«, sagte ich nachdenklich und zeichnete mit der Fingerspitze den Verlauf seiner breiten Unterlippe nach. »Bist du mit Absicht bescheiden, oder hoffst du, mich durch klassische Untertreibung zu Lobeshymnen anzuspornen?«
Sein Mund wurde noch breiter, und seine Zähne schlossen sich sanft um meinen tastenden Finger, bevor sie ihn wieder losließen.
»Oh, Bescheidenheit natürlich«, sagte er. »Wenn ich dich zu Hymnen inspirieren wollte, würde ich es doch nicht mit Worten tun, oder?«
Er fuhr mir zur Illustration mit einer Hand sacht über den Rücken.
»Nun ja, die Worte helfen aber«, sagte ich.
»Ja?«
»Ja. Gerade jetzt war ich nämlich dabei, ›Ich liebe dich, ich hab dich so gern, ich bete dich an, ich muss meinen Schwanz in dir spüren‹ nach ihrer relativen Aufrichtigkeit zu sortieren.«
»Habe ich das gesagt?«, fragte er und klang leicht verschreckt.
»Ja. Hast du nicht zugehört?«
»Nein«, gab er zu. »Aber mir ist jedes Wort ernst gewesen.« Seine Hand umfasste meine Pobacke und wiegte sie beifällig. »Ist es immer noch, wenn du so fragst.«
»Was, sogar das letzte?« Ich lachte und rieb meine Stirn sanft an seiner Brust. Sein Kinn ruhte gemütlich auf meinem Scheitel.
»Oh, aye«, sagte er und zog mich mit einem Seufzer fest an sich. »Ich gebe zwar zu, dass das Fleisch einen kleinen Happen und eine kurze Ruhepause braucht, bevor ich an das nächste Mal denken kann, aber der Geist ist immer willig. Gott, du hast den schönsten fetten kleinen Arsch. Wenn ich ihn nur sehe, möchte ich es dir am liebsten gleich wieder besorgen. Dein Glück, dass du mit einem hinfälligen Greis verheiratet bist, Sassenach, oder du würdest dich in dieser Sekunde mit dem Hintern in der Luft auf den Knien wiederfinden.«
Er roch angenehm nach Straßenstaub und getrocknetem Schweiß und dem kräftigen Moschus eines Mannes, der sich gerade genüsslich ausgelebt hat.
»Schön, dass ich dir gefehlt habe«, sagte ich zufrieden in den kleinen Zwischenraum unter seinem Arm hinein. »Du hast mir auch gefehlt.«
Mein Atem kitzelte ihn, und seine Haut zuckte plötzlich wie bei einem Pferd, das eine Fliege abschüttelt. Er rückte ein wenig zur Seite, drehte mich so, dass mein Kopf in seine Schulterhöhle passte, und seufzte genauso zufrieden.
»Nun gut. Ich sehe, dass hier noch alles steht.«
So war es. Es war Spätnachmittag, die Fenster waren offen, und die tiefstehende Sonne leuchtete zwischen den Bäumen hindurch, so dass sich wechselnde Muster auf den Wänden und Musselinlaken abmalten und wir in einer Laube aus murmelnden Schattenblättern dahintrieben.
»Das Haus steht noch, die Gerste ist zum Großteil geerntet, und es gab keine Toten«, sagte ich und machte es mir bequem, um ihm Bericht zu erstatten. Jetzt, da das Wichtigste erledigt war, würde er wissen wollen, was sich während seiner Abwesenheit in Fraser’s Ridge zugetragen hatte.
»Zum Großteil?«, sagte er und stürzte sich zielsicher auf den Punkt, an dem es hakte. »Was ist denn passiert? Es hat geregnet, aye, aber die Gerste hätte doch schon letzte Woche unter Dach und Fach sein sollen.«
»Kein Regen. Heuschrecken.« Ich erschauerte bei dem bloßen Gedanken daran. Just am Ende der Gerstenernte war eine ganze Wolke der gemeinen Glubschaugenviecher über uns hergefallen. Ich war in meinen Garten gegangen, um Gemüse zu ernten, und hatte feststellen müssen, dass besagtes Gemüse nur so wimmelte von keilförmigen Insektenkörpern und raschelnden Krallenfüßen. Meine Salat- und Kohlköpfe waren zu zerrupften Stümpfen abgenagt, und die Trichterwinden am Zaun hingen in Fetzen.
»Ich bin losgelaufen und habe Mrs. Bug geholt, und wir haben sie mit Besen vertrieben – aber dann sind sie in einer großen Wolke aufgestiegen und haben sich durch den Wald zu dem Feld hinter der grünen Quelle aufgemacht. Sie haben sich auf der Gerste niedergelassen; man konnte sie meilenweit kauen hören. Es hat sich angehört, als stampften Riesen durch Reis.« Gänsehaut überzog meine Schultern, und Jamie rieb geistesabwesend über meine Haut. Seine Hand war groß und warm.
»Mmphm. Dann haben sie nur das eine Feld erwischt?«
»O ja.« Ich holte tief Luft und roch jetzt noch den Rauch. »Wir haben das Feld abgefackelt und sie lebendig verbrannt.«
Ein überraschter Ruck durchfuhr seinen Körper, und er sah zu mir herab.
»Was? Wer ist denn auf diese Idee gekommen?«
»Ich«, sagte ich nicht ohne Stolz. Wenn ich es im Nachhinein kaltblütig betrachtete, war es eine vernünftige Vorgehensweise; es waren noch mehr Felder in Gefahr, nicht nur mit Gerste, sondern auch mit heranreifendem Mais, Weizen, Kartoffeln und Heu – ganz zu schweigen von den Gemüsegärten, die für die meisten Familien überlebenswichtig waren.
Tatsächlich jedoch war es eine Entscheidung, die aus kochender Wut geboren wurde – aus schierer brutaler Rache für die Vernichtung meines Gartens. Ich hätte liebend gern jedem einzelnen Insekt die Flügel ausgerissen und die Überreste zertrampelt – doch sie zu verbrennen war fast genauso gut gewesen.
Es war Murdo Lindsays Feld; Murdo, der weder der Hellste noch der Schnellste war, hatte gar keine Zeit gehabt, angemessen auf meine Ankündigung zu reagieren, dass ich vorhatte, die Gerste anzuzünden, und er stand noch mit offenem Mund auf den Stufen seiner Blockhütte, als Brianna, Lizzie, Marsali, die Bugs und ich schon mit Reisigbündeln um das Feld rannten, die Stöckchen an Fackeln anzündeten und sie so weit wie möglich in das Meer aus reifem, trockenem Getreide warfen.
Die trockenen Halme gingen erst knisternd, dann dröhnend in Flammen auf. Durch die Hitze und den Rauch Dutzender Feuer verwirrt, flogen die Heuschrecken wie Funken auf, dann fingen ihre Flügel Feuer, und sie verbrannten und verschwanden in der aufsteigenden Säule aus Rauch und wirbelnder Asche.