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– Nun und dieser Hund? forschte Mrs. Weldon weiter.

– Dieser Hund dürfte ihm angehört haben, konnte, wenn meine Hypothese richtig ist, glücklicher als sein Herr, am Congo das Ufer wieder erreichen und wurde da, zur Zeit als diese Ereignisse sich abspielten, vom Kapitän des »Waldeck« aufgenommen.

– Aber wissen Sie denn, warf Mrs. Weldon ein, ob jener französische Reisende überhaupt einen Hund bei sich gehabt hat? Ist das von Ihnen nicht eine bloße Vermuthung?

– Allerdings, Mistreß Weldon, antwortete Kapitän Hull. Gewiß dagegen ist doch, daß Dingo die beiden Buchstaben S und V kennt und daß diese die Initialen der beiden Namen des Franzosen sind. Wie das Thier nun gerade diese zu unterscheiden gelernt haben sollte, vermag ich zwar nicht zu entscheiden, doch bleibt es dabei, er erkannte sie bestimmt, und sehen Sie, er stößt sie vor sich her, als lüde er uns ein, sie mit ihm zu lesen.«

In der That konnte man Dingo’s Absicht kaum mißverstehen.

»War Samuel Vernon wohl allein, als er das Ufer des Congo verließ? fragte Dick Sand.

– Das weiß ich zwar nicht, erwiderte Kapitän Hull, doch ist es wahrscheinlich, daß er eine Escorte Eingeborner mit sich führte.«

Bei diesen Worten verließ Negoro seine Küche und trat auf das Verdeck. Niemand bemerkte zuerst seine Gegenwart und wurde den sonderbaren Blick gewahr, den jener dem Hunde zuschleuderte, als er die beiden Buchstaben erkannte, vor welchen der Hund Wache zu halten schien. Sobald Dingo den Küchenmeister witterte, gab er gleich wieder Zeichen von höchster Erregung kund.

Negoro begab sich sofort in die Wohnräume der Mannschaft, doch nicht ohne eine drohende Handbewegung gegen das Thier zu machen.

»Hierunter steckt ein Geheimniß! murmelte Kapitän Hull, dem dieser Auftritt nicht entgangen war.

– Ist es aber nicht sehr auffallend, Herr Kapitän, sagte der Leichtmatrose, daß ein Hund die Buchstaben des Alphabets zu erkennen im Stande ist?

– Ei nun rief der kleine Jack, Mama hat mir öfters die Geschichte eines Hundes erzählt, der lesen und schreiben und sogar Domino spielen konnte, wie ein ordentlicher Schulmeister.

– Mein liebes Kind, antwortete Mrs. Weldon lächelnd, jener Hund, der übrigens Munito hieß, war keineswegs ein so großer Gelehrter, wie Du glaubst. Wenn das richtig ist, was mir von ihm erzählt wurde, so konnte derselbe von denen, die er zum Zusammensetzen eines Wortes brauchte, nicht einen Buchstaben von dem anderen unterscheiden. Sein Herr dagegen, ein geschickter Amerikaner, hatte sich, da ihm das außerordentlich seine Gehör Munito’s auffiel, befleißigt, ihn nach dieser Seite hin weiter auszubilden und dadurch an’s Wunderbare grenzende Wirkungen erzielt.

– Wie gelang ihm das? fragte Dick Sand, den diese Geschichte fast ebenso interessirte wie den kleinen Jack.

– Nun, sehr einfach. Sollte Munito vor dem Publikum »arbeiten«, so wurden ähnliche Buchstaben wie die vorliegenden auf dem Tische ausgebreitet. Auf diesem Tische lief der Pudel hin und her, bis ihm mit lauter oder leiser Stimme ein Wort aufgegeben wurde. Als einzige unumgängliche Bedingung mußte nur die erfüllt sein, daß sein Herr das Wort auch kannte.

– Wenn sein Herr also nicht zugegen war?… fragte der Leichtmatrose.

– Da konnte der Hund nichts ausführen, antwortete Mrs. Weldon, und zwar aus folgendem Grunde Waren die Buchstaben auf dem Tische aufgestellt, so lief Munito zwischen dem Alphabet auf und ab. Kam er dabei an denjenigen, den er auswählen mußte, um das verlangte Wort zu bilden, so blieb er stehen, aber das geschah nur, weil er ein für jedes Andere nicht wahrnehmbares Geräusch hörte, das von einem Zahnstocher herrührte, welchen sein Herr in der Tasche etwas umbog und abspringen ließ. Dieses Geräusch war für Munito das Zeichen, den Buchstaben, bei dem er sich befand, zu erfassen und denselben nach den etwa schon vorgeholten aufzustellen.

– Das war also das ganze Kunststück! rief Dick Sand.

– Das ganze Geheimniß, erwiderte Mrs. Weldon. Eine sehr einfache Sache, wie Alles, was in diesem Genre der Zauberei geleistet wird. In Abwesenheit des Amerikaners wäre Munito nicht mehr Munito gewesen. Deshalb eben bin ich erstaunt, daß Dingo, da sein Herr nicht hier ist – wenn der Reisende Samuel Vernon überhaupt jemals sein Herr war – diese beiden Buchstaben habe wieder herausfinden können.

– In der That, erwiderte Kapitän Hull, das ist wirklich erstaunlich. Doch bedenken Sie wohl, daß es sich hier nur um zwei bestimmte Buchstaben handelt, nicht um ein ganz beliebig gewähltes Wort. Alles in Allem bewies z.B. jener Hund, der an das Thor eines Klosters klopfte, um die für vorüberkommende Arme bestimmten Speisen zu erhalten, und der andere, welcher gleichzeitig mit noch einem dazu abgerichtet war, einen Tag um den anderen abwechselnd einen Bratspieß zu drehen und der sich weigerte, diesen Dienst an einem für ihn sonst freien Tage zu thun, eigentlich einen weit höheren Grad nahezu menschlicher Intelligenz. Jedenfalls liegt uns hier eine völlig unbestreitbare Thatsache vor. Unter allen Lettern dieses Alphabets hat Dingo nur das S und V gewählt. Die anderen scheint er gar nicht zu kennen. Wir dürfen also daraus schließen, daß seine Aufmerksamkeit aus irgend einem uns unbekannten Grunde gerade diesen beiden Buchstaben zugewendet wurde.

– Ach, Herr Kapitän, rief der junge Leichtmatrose, wenn Dingo reden könnte!…. Vielleicht erzählte er uns, was diese beiden Buchstaben bedeuteten und warum er unserm Küchenmeister stets knurrend die Zähne weist!

– Und was für Zähne!« antwortete Kapitän Hull, als Dingo eben den Rachen öffnete und seine gewaltigen Spitzzähne zeigte. 

Sechstes Capitel.

Ein Walfisch in Sicht.

Es erscheint wohl nicht wunderbar, daß dieser merkwürdige Vorfall wieder holt der Gegenstand des Gespräches zwischen Mrs. Weldon, Kapitän Hull und dem jungen Leichtmatrosen war. Vorzüglich der Letztere konnte sich eines gewissen Mißtrauens gegenüber Negoro nicht entschlagen, dessen Aufführung übrigens zu keinerlei Klagen Veranlassung gab.

Während diese Unterhaltungen auf dem Hinterdeck gepflogen wurden, sprach man auf dem Vorderdeck eben davon, nur daß man dort nicht die nämlichen Folgerungen daraus zog. In den Schlafräumen der Mannschaft galt Dingo für weiter nichts als einen Hund, der lesen und vielleicht sogar besser schreiben konnte als irgend ein Matrose an Bord. Was das Sprechen betraf, so glaubte man, er werde gewiß gute Gründe haben, es zu unterlassen.

»Eines schönen Tages aber, meinte der Obersteuermann, wird der Hund kommen und fragen, welchen Kurs wir halten, und wenn der Wind aus West-Nord-West-Halbnord bläst, werden wir ihm wohl Rede stehen müssen.

– Ja, es giebt ja Thiere, welche sprechen können, warf da ein Matrose dazwischen ein, z.B. Elstern oder Papageien! Nun, warum soll ein Hund nicht dasselbe im Stande sein, wenn er Lust dazu hätte? Es ist doch wahrlich weit schwieriger, mit einem Schnabel zu reden als mit einem Maule.

Negoro machte eine drohende Handbewegung (S. 53.)

– Ohne Zweifel, erwiderte der Hochbootsmann Howick, nur hat man das mein Lebtag noch niemals gesehen.«

Dingo, der Held des Tages. (S. 58.)

Die guten Leute wären gewiß höchlichst erstaunt gewesen, hätte man ihnen gesagt, daß das schon dagewesen sei, und daß ein dänischer Gelehrter einen Hund besessen, welcher etwa zwanzig Worte ganz deutlich aussprach. Davon freilich, daß das Thier auch verstanden hätte, was es sagte, konnte natürlich keine Rede sein.

Offenbar verband jener Hund, dessen Kehlkopf so organisirt war, daß er articulirte Töne hervorzubringen vermochte, mit seinen Worten nicht mehr Sinn als die Papageien, die Staare und die Elstern mit den ihrigen. Ein Satz ist bei diesen Thieren nichts Anderes als eine Art gesprochener Gesang oder Geschrei aus einer fremden Sprache, deren Sinn nicht zu enträthseln ist.