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Am Vordertheile dagegen stand Kapitän Hull mit etwas gespreizten Beinen, um sicherer zu balanciren, und hatte schon den Wurfspieß zur Hand, mit dem er den ersten Angriff machen wollte. Von seiner Geschicklichkeit durfte man sich versehen, daß die geworfene Harpune schon in der aus dem Wasser hervorstehenden Masse festsitzen werde.

Neben dem Kapitän lag in einer Kufe die erste der erwähnten Leinen, fest mit der Harpune verknüpft, mit welcher nach und nach auch die anderen vier verbunden werden sollten, im Fall der Walfisch in sehr bedeutende Tiefen tauchte.

»Alles fertig, Jungens? murmelte Kapitän Hull.

– Ja, erwiderte Howick, der seinen Riemen fester in den breiten Händen packte.

– So fahr’ zu! Fahr’ zu!«

Der Hochbootsmann gehorchte dem Befehle und die Jolle glitt bis auf zehn Fuß an das Thier heran.

»Ich werde über ihn wachen!« (S. 77.)

Dieses rührte sich nicht und schien zu schlafen. Die Walfische, welche man während des Schlafes antrifft, werden meistens sehr leicht erlegt, und es kommt oft vor, daß schon ein einziger Harpunenstich sie tödtlich verletzt.

»Diese Unbeweglichkeit ist wirklich zum Erstaunen! dachte Kapitän Hull. Der Spitzbube wird doch nicht schlafen und doch….. da steckt etwas dahinter!«

Derselbe Gedanke kam auch dem Hochbootsmann, der gern die andere Seite des Thieres gesehen hätte.

Am Hintertheile der Jolle aufrechtstehend… (S. 79.)

Jetzt war aber keine Zeit zur Ueberlegung, sondern zum Angreifen.

Kapitän Hull hielt seine Harpune an der Mitte des Schaftes, schwang sie mehrmals vor-und rückwärts, um die Sicherheit des Wurfes zu erhöhen,

während er nach der Seite des Jubart zielte. Dann schleuderte er sie mit allen Kräften gegen das Thier.

»Zurück! Zurück!« rief er gleichzeitig.

Die Matrosen ruderten kräftig rückwärts, um die Jolle den heftigen Schweifschlägen der Cetacee zu entziehen.

Da belehrte Alle ein Ausruf des Hochbootsmannes, warum der Walfisch so lange und so außerordentlich ruhig auf der Oberfläche des Meeres gelegen hatte.

»Ein junger Walfisch!« rief er.

Der Jubart drehte sich nämlich, nachdem ihn die Harpune getroffen, völlig auf die Seite und ließ dadurch erst einen jungen Wal sichtbar werden, den er eben zu säugen im Begriffe war.

Kapitän Hull wußte recht wohl, daß dieser Umstand den Fang des Jubart wesentlich erschweren mußte. Die Mutter würde sich ohne Zweifel viel wüthender vertheidigen, sowohl um ihrer selbst als um ihres »Kleinen« willen – wenn man dieses Beiwort noch für ein Thier gebrauchen kann, welches immerhin schon seine zwanzig Fuß maß.

Ganz wider Erwarten stürzte sich der Jubart jedoch nicht sogleich auf das Boot, und es ward nicht nöthig, um besser entfliehen zu können, die Leine zu kappen, welche es mit der Harpune in Verbindung hielt. Im Gegentheil tauchte der Walfisch, wie das ja häufig geschieht, gefolgt von seinem Jungen, schräg nach unten; dann schnellte er sich mit gewaltigem Sprunge wieder in die Höhe und schwamm, halb über, halb im Wasser mit entsetzlicher Schnelligkeit davon.

Noch bevor er jedoch zum ersten Male untertauchte, vermochten Kapitän Hull und der Hochbootsmann, weil sie standen, jenen vollständig zu übersehen und seinem wahren Werthe nach zu schätzen.

Dieser Jubart war in der That eine Balänoptere der größten Art. Vom Kopf bis zum Schwanze maß er mindestens achtzig Fuß. Seine durchweg bräunliche Haut erschien mit noch dunkleren Flecken gleichmäßig besäet.

Es wäre wirklich schade gewesen, nach einem zu Anfange so glücklichen Angriffe vielleicht in die Lage zu kommen, sich eine so reiche Beute entwischen zu lassen.

Die Verfolgung oder vielmehr das Nachschleifen nahm nun seinen Anfang. Die Jolle, deren Ruder eingenommen worden waren, flog wie ein Pfeil über den Rücken der Wellen hin.

Howick behielt sie, trotz der schnellen und heftigen Oscillationen, stets in der Gewalt.

Kapitän Hull wiederholte, während er immer die Beute im Auge hatte, den gewohnten Refrain:

»Pass’ auf, Howick, pass’ auf!«

Es hätte gewiß dieser Ermahnungen kaum bedurft bei dem Hochbootsmann, der keinen Augenblick seiner Pflicht vergaß.

Da die Jolle indeß nicht mit derselben Geschwindigkeit dahinflog, wie der Walfisch, so rollte sich die Harpunenleine so rasch ab, daß man fürchten konnte, sie singe Feuer durch die Reibung, welcher sie am Rande des Bootes ausgesetzt war. Kapitän Hull sorgte dafür, daß sie immer angefeuchtet blieb, indem er die Kufe, in welcher sie aufgerollt lag, mit Wasser füllte.

Der Jubart schien in seiner Flucht weder einhalten, noch auch nur die Schnelligkeit derselben mäßigen zu wollen. Man knüpfte also die zweite Leine an das Ende der ersten und auch diese wurde eben so schnell fortgerissen.

Nach Verlauf von fünf Minuten mußte schon die dritte Leine zugegeben werden, welche gleich den beiden anderen unter dem Wasser verschwand.

Der Jubart hielt noch immer nicht ein. Offenbar hatte die Harpune einen lebenswichtigen Theil des Thieres nicht verletzt. An der schrägen Richtung der Leine konnte man sogar bemerken, daß der Walfisch eher noch immer tiefer hinabging, als zur Oberfläche emportauchte.

»Alle Teufel, rief Kapitän Hull, der Schurke wird alle unsere fünf Leinen aufzehren.

– Und schleppt uns ein gutes Stück vom »Pilgrim« weg, setzte der Hochbootsmann hinzu.

– Und doch, er muß ja, um Athem zu holen, auf die Oberfläche zurückkehren, antwortete Kapitän Hull. Es ist ja kein Fisch und er braucht seine nöthige Portion Luft so gut wie jeder Andere.

– Der hat den Athem angehalten, um besser ausreißen zu können!« meinte einer der Matrosen lächelnd.

In der That lief die Leine mit derselben Schnelligkeit weiter ab.

Der dritten Leine ward bald die vierte angefügt, was die Matrosen doch ein wenig beunruhigte, da es den schon gewissen Fang wieder unsicherer erscheinen ließ.

»Zum Teufel! murmelte Kapitän Hull, das ist mir doch noch nicht vorgekommen! Verwünschter Jubart!«

Endlich wurde auch die fünfte Leine angeschlossen und schon war sie zur Hälfte abgewickelt, als sie allmälig zu erschlaffen begann.

»Gut, gut! rief Kapitän Hull erfreut. Die Leine ist weniger gespannt. Der Bursche wird müde!«

Jetzt befand sich der »Pilgrim« mehr als fünf Meilen von der Jolle unter dem Winde.

Kapitän Hull hißte einen Wimpel an der Gaffelspitze und gab dem Fahrzeug damit das Signal, näher heran zu segeln.

Die Brise wehte freilich sehr schwach und im Ganzen ungünstig. Sie erhob sich nur in einzelnen leisen Stößen von kurzer Dauer. Gewiß mußte der »Pilgrim« Mühe haben, die Jolle zu erreichen, wenn es ihm überhaupt gelang.

Inzwischen war der Jubart, wie man vorhergesehen, nach der Oberfläche des Meeres zurückgekehrt, um Athem zu schöpfen, wobei sich die in seiner Seite festsitzende Harpune zeigte. Er hielt einige Augenblicke an, als wolle er sein Junges erwarten, das bei diesem Schnelllaufe ihm nicht zu folgen vermocht hatte.

Kapitän Hull ließ wiederum mit allen Kräften rudern, um jenen zu erreichen, und bald lag nur noch eine kleine Entfernung zwischen dem Thiere und dem Boote.

Zwei Ruder wurden eingenommen und zwei Matrosen bewaffneten sich, gleichwie der Kapitän, mit langen Spießen, um das Thier zu verwunden.

Howick versah getreulich seinen Posten und hielt sich bereit, die Jolle schnell zu wenden, im Fall der Walfisch auf diese zustürzen sollte.