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Der Portugiese Negoro und der Amerikaner Harris standen offenbar im Einvernehmen.

Endlich kamen die schrecklichen Worte – die Erfüllung einer Ahnung Dick Sand’s – über seine Lippen:

»Afrika! Das äquatoriale Afrika! Das Afrika der Menschenhändler und Sklaven!«

Zweiter Theil. 

Erstes Capitel.

Der Sklavenhandel.

Sklavenhandel! Ein Jeder kennt die Bedeutung dieses Wortes, das in der menschlichen Sprache nie hätte Bürgerrecht erhalten sollen. Schon seit einer Reihe von Jahren ist dieser verabscheuungswürdige Handel, der lange Zeit zum Vortheil europäischer Mächte mit überseeischen Kolonialbesitzungen getrieben wurde, zwar streng verboten, dennoch blüht er noch immer, vorzüglich in Central-Afrika, in sehr großem Maßstabe. Mitten im 19. Jahrhundert sind doch noch mehrere Staaten, welche sich ausdrücklich christliche nennen, mit der Emancipation ihrer Sklaven noch nicht vorgegangen.

Man könnte glauben, daß wenigstens der offene Handel unterdrückt sei und das widerliche Feilschen um Menschenfleisch aufgehört habe. Dem ist leider nicht so, und der Leser muß diese Verhältnisse kennen lernen, um sich für den zweiten Theil unserer Erzählung zu interessiren. Er muß erfahren, was jene Menschenhetzen thatsächlich sind, welche einen ganzen Erdtheil zu entvölkern drohen, um einige Sklaven-Kolonien zu unterhalten, und auf welche Weise jene barbarischen Razzias ausgeführt werden, wie viel Blut sie kosten, welche Verwüstungen sie durch Mord, Brand und Plünderung erzeugen und zu wessen Nutzen sie noch unternommen werden.

Erst im 15. Jahrhundert tritt der Sklavenhandel zum ersten Male auf und er entstand nämlich unter folgenden Umständen:

Nach ihrer Vertreibung aus Spanien waren die Muselmänner über die Meerenge von Gibraltar nach der afrikanischen Küste entflohen. Die Portugiesen, welche jenes Uferland damals besaßen, verfolgten sie mit Ungestüm. Eine gewisse Anzahl jener Flüchtlinge ward gefangen und nach Portugal zurückgeschleppt. Diese verfielen dem harten Lose der Sklaverei und bildeten somit den ersten Kern afrikanischer Sklaven, der seit der christlichen Aera in West-Europa entstand.

Nun gehörten die gefangenen Mauren aber meist reichen Familien an, welche die Ihrigen um Gold wiederkaufen wollten. Die Portugiesen dagegen schlugen jedes, auch noch so hoch bemessene Lösegeld einfach aus. Für Gold hatten sie keine Verwendung. Ihnen fehlten vor Allem tüchtige Arme zur Arbeit in den aufblühenden Kolonien – um es kurz zu sagen.. – Sklavenarme!

Da es den maurischen Familien nicht gelang, ihre Angehörigen durch Geldopfer zu befreien, boten sie zum Austausch eine größere Zahl afrikanischer Neger an, welche sie sich ziemlich leicht verschaffen konnten. Die Portugiesen erkannten bei diesem Tausche ihren Vortheil nur zu gut und gingen also auf das Angebot ein – das war der Ursprung des ersten Sklavenhandels in Europa.

Gegen Ende des 16. Jahrhunderts fand dieser verächtliche Schacher allgemeine Anerkennung, welche bei den damaligen barbarischen Sitten ziemlich erklärlich erscheint. Alle Staaten begünstigten ihn geradezu, um die Kolonisirung der in der Neuen Welt erworbenen Inseln schneller und sicherer durchzuführen. In der That vermochten die Negersklaven da zu bestehen, wo nicht acclimatisirte und der tropischen Hitze ungewohnte weiße Arbeiter zu Tausenden dahingerafft worden wären. Der Transport der Neger nach den amerikanischen Kolonien geschah regelmäßig mittelst besonderer Schiffe, und bald führte dieser Zweig des atlantischen Handels die Gründung großartiger Comptoirs an verschiedenen Punkten der afrikanischen Küste herbei. Die »Waare« kostete im Productionslande nur wenig und der Verdienst war dabei ein sehr ergiebiger.

So nothwendig von den verschiedensten Gesichtspunkten aus die Gründung überseeischer Kolonien aber auch erscheinen mochte, so konnte sie doch nimmermehr jenen Handel mit Menschenfleisch rechtfertigen. Bald ließen sich auch edelmüthige Stimmen vernehmen, welche gegen den Negerhandel Einspruch erhoben und dessen Abschaffung im Namen der Menschlichkeit von den europäischen Regierungen forderten.

Im Jahre 1751 stellten sich die Quäker an die Spitze der abolitionistischen Bewegung, und zwar im Herzen Nordamerikas, wo ein ganzes Jahrhundert später der Secessionskrieg ausbrach, dem die Frage der Sklaven-Emancipation bekanntlich nicht fremd war. Mehrere Staaten des Nordens, Virginien, Connecticut, Massachusets, Pennsylvanien verfügten die Abschaffung des Sklavenhandels und befreiten die früher mit großen Unkosten nach ihren Gebieten eingeführten Sklaven.

Dieser von den Quäkern eröffnete Feldzug beschränkte sich jedoch nicht auf die Grenzen der nördlichen Provinzen der Neuen Welt. Die Sklavenhalter und Freunde der Sklaverei wurden selbst jenseits des Atlantischen Oceans lebhaft angegriffen. Aus Frankreich und vor Allem aus England recrutirten sich die Anhänger des Spruches: »Eher als ein richtiges Princip mögen die Kolonien untergehen!« So lautete das edelmüthige Feldgeschrei in der ganzen Alten Welt, und trotz der dabei in Frage kommenden großen politischen und commerciellen Interessen machte sich seine Wirkung durch ganz Europa hin bemerkbar.

Der Anstoß war gegeben. England schaffte 1807 in seinen Kolonien den Sklavenhandel ab und 1814 folgte Frankreich seinem Beispiele. Die beiden mächtigen Nationen einigten sich über einen diesbezüglichen Vertrag, den Napoleon während der Hundert Tage bestätigte.

Freilich hatte dieser Vertrag Alles in Allem keinen höheren Werth als den einer rein theoretischen Erklärung. Die Negerschiffe segelten nach wie vor über die Meere und löschten ihren »Cargo an Ebenholz« in den Häfen der Kolonien.

Um jenem Handel ein Ende zu machen, bedurfte es mehr praktischer Maßnahmen. Es erklärten zunächst die Vereinigten Staaten im Jahre 1820 und England 1824 den Sklavenhandel als Räuberei und als dem Gesetze verfallene Seeräuber Diejenigen, welche ihn betrieben. Als solche drohte ihnen die Todesstrafe und jedenfalls setzten sie sich der hartnäckigsten Verfolgung aus. Frankreich beeilte sich, diesem neuen Vertrage beizutreten. Die Staaten Südamerikas dagegen, vorzüglich die spanischen und portugiesischen Kolonien, schlossen sich dieser Abolitionsacte nicht an und die Ausfuhr von Negern nahm zu ihren Gunsten den gleichen Fortgang, trotz des allgemein anerkannten Visitationsrechtes, welches sich darauf beschränkte, festzustellen, ob die verdächtigen Schiffe unter wahrer oder falscher Flagge segelten.

Das neue Abolitionsgesetz hatte indeß keine rückwirkende Kraft. Man ließ wohl keine neuen Sklaven zu, doch die früheren hatten damit noch nicht ihre Freiheit wiedererhalten.

Auch nach dieser Seite ging England mit gutem Beispiele voran. Eine Generaldeclaration vom 14. Mai 1833 emancipirte alle Sklaven der britischen Kolonien und im August 1838 wurden wirklich 670.000 Sklaven für frei erklärt.

Zehn Jahre später, also 1848, emancipirte die Republik die Sklaven der französischen Kolonien, d.h. gegen 260.000 Neger.

Der 1859 zwischen den Föderirten und den Conföderirten der Vereinigten Staaten ausgebrochene blutige Krieg vollendete das Werk der Emancipation und verbreitete es über das gesammte Nordamerika.

Die drei großen Seemächte hatten jenes Werk der Menschlichkeit also glücklich durchgeführt. Heute florirt der schändliche Sklavenhandel nur noch in den spanischen oder portugiesischen Besitzungen oder zur Deckung des Bedürfnisses für die türkischen oder arabischen Völker des Ostens.

Wenn Brasilien auch seinen Sklaven noch nicht die Freiheit schenkte, so läßt es doch mindestens keine neuen zu und sichert auch den im Lande gebornen Negerkindern die Freiheit.

Im Innern von Afrika sind in Folge der blutigen Raubzüge, welche afrikanische Häuptlinge zum Zwecke der Menschenjagd anzustellen pflegten, ganze Völkerstämme in Sklaverei gerathen. Die betreffenden Karawanen bewegen sich dann aus dem Binnenlande nach zweierlei Richtungen; entweder östlich nach der portugiesischen Kolonie Angola, oder westlich nach Mozambique. Die unglücklichen Sklaven, von denen übrigens nur ein kleiner Theil seinen Bestimmungsort wirklich erreicht, werden entweder nach Kuba oder nach Madagaskar übergeführt; andere wieder schleppt man nach den arabischen oder türkischen Ländern in Asien, nach Mekka oder Maskat. Die englischen und französischen Kreuzer vermögen diesem Handel nur unzulänglich zu steuern, da eine wirksame Ueberwachung jener ausgedehnten Küstenstriche allzu große Schwierigkeiten bietet.